Anne Schweisfurth: Franz-Theo, was hattet ihr, also Du, mein Vater Karl Ludwig und seine Frau Dorothee, für eine Vision zur Stiftungsgründung im Jahr 1985? Franz-Theo Gottwald: Zwischen uns herrsch- te der gemeinsame Wunsch, eine Land- und Lebensmittelwirt- schaft in der Gesell- schaft zu verankern, bei der Arbeit und Technik in besseren Einklang mit der Natur kommen. Wir wollten zeigen, wie sich der ökolo- gische Landbau entwickeln kann – insbesondere wie die Tierhaltung ver- bessert werden kann. Auch in der Wissenschaft und in der Politik wollten wir einen Unterschied machen. Und das haben wir: Dank der Schweisfurth Stiftung konnte unter anderem der erste Lehrstuhl Deutschlands für ökologische Nutztierhaltung an der Uni Kassel- Witzenhausen etabliert werden. Anne Schweisfurth: Das Thema Tierwohl zieht sich durch Dein Leben, vor allem die ethischen Fra- gen dazu. Wie gehen bioethische Fragen nach dem Tierwohl mit der Praxis auf den Höfen zusammen? Franz-Theo Gottwald: Schöpfungsethik praktisch umzusetzen, kann vor allem im Umgang mit den Tieren deutlich werden. Die Lebenswelt der Tiere sollte so gestaltet sein, wie es ihren Bedürfnissen entspricht. Bioethi- sches Wissen ist hierzu hilfreich. Wichtig ist es aber auch, Landwirt:innen mitzu- nehmen und zu zeigen, dass es anders geht und wie sie mit dem Neuen umge- hen können. Die Haupthürde der Veränderung liegt nach meiner Erfah- rung im Gewissen. Viele Bauern und Bäuerinnen fragten mich: Haben wir denn bisher alles falsch gemacht? Anne Schweisfurth: Um diese Hürde zu überwinden, braucht es sicherlich lange Gespräche, ein be- hutsames Sprechen und miteinander Entwickeln. Du hast nach 35 Jahren ein unglaubliches Wissen, unglaublich viel Erfahrung. Was willst Du nun damit machen? Franz-Theo Gottwald: Mein Hauptanliegen für die nächsten Jahre besteht darin, den Biolandbau weiter zu entwickeln. Er hat sich in die Mitte der Gesellschaft bewegt, was das Anliegen der Schweisfurth Stiftung war. Aber es gibt neue Herausforderungen: beispielsweise die Überschüsse an Nährstoffen in den Böden durch die Geflügelfreilandhaltung. Und ich will mich dafür einsetzen, dass Bio-Landwirte und konventionelle Landwirte einander begegnen. Vielleicht entsteht so eine neue Form der nachhalti- gen Praxis, die jenseits dessen liegt, was die beiden bisher trennt. Gespräch | 05