Tierwohl

Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht: Für ein wesensgemäßes Aufwachsen

Mutter und Kind – eine besondere Beziehung bei Menschen wie auch bei Kuh & Co. Selbstverständlich also, dass Kälber bei ihren Müttern aufwachsen? Leider nein. Das ist aktuell die absolute Ausnahme. Stattdessen werden Kälber mittels Nuckeleimer oder Tränkeautomat aufgezogen und müssen auf Kontakt mit ihren Müttern verzichten. Eine Reihe engagierter Landwirt:innen sowie Akteur:innen aus Forschung und Tierschutz wollen dies ändern und haben dazu Ende März 2021 die Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht als Verein gegründet. Den ersten Meilenstein haben die Initiator:innen schon erreicht: In einem partizipativen Prozess, moderiert von der Schweisfurth Stiftung, wurden Kriterien für die kuhgebundene Kälberaufzucht in der Öko-Milchviehhaltung definiert.

Für eine artgerechte Aufzucht

„Die kuhgebundene Kälberhaltung gewinnt insbesondere in jüngster Zeit an Bedeutung in der Milchviehbranche. Die Zahl der Pionier-Landwirt:innen, die diese artgerechte Form der Aufzucht praktizieren, nimmt zu. Zugleich erlangt die Thematik zunehmend Aufmerksamkeit seitens der Verbraucher:innen“, erklärt Saro Ratter, Projektmanager der Schweisfurth Stiftung und weiter: „Mit der gemeinsamen Entwicklung der Kriterien schaffen wir nun sowohl für Betriebe als auch für Verbraucher:innen Orientierung und Klarheit. Zugleich zeigen wir einen Weg auf, der die in der Praxis zumeist getrennten Produktionsbereiche Milch und Rindfleisch perspektivisch wieder zusammenführt.“

So sehen die Kriterien beispielsweise vor, dass Kälber mindestens 90 Tage von den eigenen Müttern oder Ammenkühen gesäugt werden müssen und enthalten Regelungen zum schonenden Absetzverfahren. Während der gesamten Säugezeit müssen die Kälber ökologisch aufgezogen werden, auch die männlichen Kälber und die nicht als künftige Milchkühe benötigten weiblichen. Dies kann auf dem eigenen Betrieb geschehen oder aber in Partnerbetrieben, die nach den festgesetzten Kriterien arbeiten. Höchstens 15 Prozent dürfen an andere ausgewählte Aufzuchtbetriebe abgegeben werden.

Die Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht: Kooperation von starken Partnern

Die Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht engagiert sich für mehr Tierschutz in der Milchviehhaltung. Konkret setzt sich der Verein für die Weiterentwicklung und Verbreitung der kuhgebundenen Kälberaufzucht und dem Verbleib von Milchviehkälbern auf Ökobetrieben ein. Dazu werden praxisnahe Forschung zum Thema kuhgebundene Aufzucht, die Aufklärung von Verbraucher:innen sowie die Weiterentwicklung der Kriterien gefördert. Außerdem soll den Betrieben eine freiwillige Zusatzzertifizierung angeboten werden.

Vollmitglieder können diejenigen Öko-Betriebe werden, die die Aufzucht gemäß den Kriterien praktizieren. Außerdem können Fördermitglieder natürliche Personen, Organisationen, Körperschaften des öffentlichen Rechts und Unternehmen werden, die sich mit den Zielen des Vereins identifizieren. Die Öko-Verbände BIOLAND, BIOKREIS, DEMETER, GÄA und NATURLAND arbeiten in einem Beirat des Vereins an den Themen Weiterentwicklung der Kriterien, Zertifizierung und Kennzeichnung. Mit dieser Kooperation erhält der Verein fachkundige Unterstützung und eine breite Akzeptanz im Handel. „Die Initiator:innen der Interessengemeinschaft kuhgebundene Kälberaufzucht haben es geschafft sowohl Milch-Bauern und -Bäuerinnen als auch Akteur:innen aus Handel, Verarbeitung, Forschung und Tierschutz unter einem Dach zu vereinen. Das zeigt die Kraft und Dynamik des Vereins. Jetzt braucht es noch das Engagement der Verbraucher:innen, um für den notwendigen Absatz zu sorgen“, kommentiert Ratter.

Mehr zur Arbeit der Schweisfurth Stiftung zum Thema kuhgebundene Kälberaufzucht finden Sie hier.

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