Karl Ludwig Schweisfurth. Der Unruhe-Stifter.

„„Ein Schwein, das in seinem Leben nie galoppiert ist, nie in der Erde gewühlt hat − das weiß vielleicht gar nicht, dass es ein Schwein ist!“ So dachte der Stifter Karl Ludwig Schweisfurth seit seiner Wandlung vom Großindustriellen zum Bio-Pionier. Er war im besten Sinne ein Unruhe-Stifter.

Schweisfurth wurde 1930 in Herten geboren und verstarb 2020 in München. Der gelernte Metzgermeister übernahm nach dem 2. Weltkrieg die elterliche Metzgerei und baute sie zu einem der größten fleischverarbeitenden Unternehmen Europas aus: Herta.

Das Tier als Produktionsfaktor

Jeden Monat wurden hier rund 100.000 Schweine und 20.000 Rinder zu Wurst verarbeitet. Das Tier als Massenware, als bloßer Produktionsfaktor, landete am Ende vakuumverpackt und zu immer günstigeren Preisen auf deutschen Tellern. Mit unternehmerischer Begeisterung und innovativen Ideen, die sich Schweisfurth von den gigantischen Schlachthöfen Chicagos abgeschaut hatte, baute er das Unternehmen Herta zu einem hochmodernen Betrieb aus. Schweisfurth wurde zum Beispiel für das Wirtschaftswunder der späten Nachkriegsjahre: Größer, schneller, weiter − und billiger.

Einmal alles anders, bitte!

In den Achtziger Jahren dann die Wende − Schweisfurth konnte das gigantische System der industriellen Fleischproduktion nicht mehr ertragen: das Leid der Tiere, den Verlust der handwerklichen Fähigkeiten, Lebensmittel, die längst keine Mittel zum Leben mehr waren. Alles anders machen, das wollte er. Noch einmal neu anfangen: Kleiner, feiner, handwerklich − und mit Respekt vor dem Tier und der Natur.

Er verkaufte Herta an den Lebensmittelkonzern Nestlé und gründete 1985 die Schweisfurth Stiftung. Gleichzeitig baute er in Glonn bei München ein Modellunternehmen für ökologische, tiergerechte und handwerkliche Lebensmittelproduktion auf. Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten verwirklichen das, was die Schweisfurth Stiftung in ihrem Leitbild für eine zukunftsfähige, regionale und ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft beschreibt: Nähe, Handwerk, Fairness, Qualität.

Als geborener Unternehmer war Karl Ludwig Schweisfurth bis zu seinem Tode aktiv. Neben seinem Ehrenvorsitz im Kuratorium der Stiftung widmete er sich insbesondere seinem „Altersprojekt“, der Symbiotischen Landwirtschaft. Hier leben Tiere − Rinder, Schweine, Schafe, Gänse, Enten und Hühner − im Einklang mit der Natur und zu ihrem gegenseitigen Nutzen. Immer wieder war der Stifter Pionier.

Für sein Engagement erhielt Karl Ludwig Schweisfurth zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem 2014 den Bayerischen Naturschutzpreis.

Anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens hat die Stiftung 2012 das Jubiläumsbuch „Vision leben. 25 Jahre Schweisfurth Stiftung für Ökologische Agrar- und Ernährungskultur“ herausgebracht. Der Band ist eine Zeitreise durch die vielfältigen Aktivitäten der Stiftung und dokumentiert reich bebildert Begegnungen, Ansichten und Visionen.

PDF Download:

VISION LEBEN 1. Kapitel – Material in Bewegung (ca. 12,0 MB)
VISION LEBEN 2. Kapitel – Vom Acker auf den Tisch (ca. 6,5 MB)
VISION LEBEN 3. Kapitel – Pioniere und Vordenker (ca. 1,5 MB)
VISION LEBEN 4. Kapitel – Werte weitergeben (ca. 5,0 MB)
VISION LEBEN 5. Kapitel – Menschen dahinter (ca. 3,1 MB)