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Dorothee Schweisfurth – ein Nachruf

Am 8.12.2017 starb die Co-Initiatorin der Schweisfurth Stiftung Dorothee Schweisfurth. Im Frühjahr 1985 hörte ich das erste Mal von ihr. Mein Partner in der Unternehmensberatung Schirmer, Norbert Schirmer, beschrieb sie als eine überaus kreative, kluge und lebenslustige Frau. Er führte aus, dass sie ihren Mann, Karl Ludwig Schweisfurth, einen der großen deutschen Fleischwarenunternehmer, dabei begleite, einen Umstieg zu wagen: aus der konventionellen Industriedenke in ein Neuland des Wirtschaftens, wo es ökologisch, handwerklich, in geschlossenen Wirtschaftskreisläufen zugehen sollte. Ein neuer Wirtschaftsstil sollte unternehmerisch erkundet werden, der im besseren Einklang mit der Natur sei. Ein Versuch sollte gewagt werden, bei dem Landwirtschaft, Verarbeitung von Lebensmitteln und Vermarktung wieder einen regionalen Zuschnitt bekommen sollten – und zwar in einer Größe, die musterbildend sein könne. Arbeit und Technik, Bauen und Wohnen, Gesundheit und Verantwortung den nachfolgenden Generationen gegenüber sollten in eine neue Harmonie gebracht werden. Eine Vision!

Es klang nach etwas Großem und Langweitreichenden. Unsere Unternehmensberatung, die auf cultural change spezialisiert war, wurde gebeten, das Ehepaar Schweisfurth bei der Umsetzung zu begleiten. So entstand, in teils mühevollem Ringen, ein Konzept für ein Praxismodell und eine Stiftung, die als Think Tank all das erarbeiten sollte, was für die konkrete Umsetzung und Etablierung einer systemaren Alternative für die Lebensmittelwirtschaft damals unbekannt war.

Dorothee brachte ihr großes Netzwerk an Vordenkern ein: Frederic Vester, Hans Peter Dürr, Albrecht Graf Matuschka, um nur einige Namen zu nennen. Sie brachte auch ihre Freunde aus Industrie und Marktforschung ein, wo sie selber ausgeprägte Expertise besaß. So stießen John Hormann aus dem IBM Top Management und Horst Nowak von Sinus dazu.

Anfang 1986, die Stiftung war gegründet, lernte ich sie dann persönlich kennen. Sie hatte ein großzügiges Dachgartenbüro in München eingerichtet, wo eine kleine Gruppe von kulturell kreativen Menschen anfangen durfte, an der Verwirklichung der Schweisfurthschen Vision mitzuwirken. Die Schönheit der Einrichtung war beeindruckend. Ihr einnehmendes Wesen, ihr Gespür für Menschen, ihre Liebe zum Detail schufen eine Arbeitsatmosphäre, in der schnell die ersten Projekte entstanden: die Förderung einer Kartoffelkäfersammelmaschine, die Unterstützung ernährungsökologischer Konzepte nach Prof. Leitzmann, die Bauökologie nach Prof. Schneider – das waren die Anfänge.

Als stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende wirkte sie an der Seite des Vorsitzenden Karl Ludwig Schweisfurth bis 2001. In diesen Jahren habe ich als Vorstand mich immer auf ihre Urteilssicherheit verlassen können. Sei es bei zu fördernden Personen aus Wissenschaft und Bildung, sei es bei Institutionen, mit denen die Stiftung zusammenarbeiten durfte, sei es bei Projektideen, die operativ weiterentwickelt wurden – Dorothee wusste mit hoher Genauigkeit, was für die Stiftung gut war. Sie hatte einen ausgeprägten Instinkt und ein klares Unterscheidungsvermögen, so dass sie wesentlich dazu beitrug, dass unsere Projekte gelingen konnten.

Nach dem Bezug des Südlichen Schlossrondell 1 in München Nymphenburg als neuer Wirkungsstätte 1991 verantwortetet sie die Vortragsveranstaltungen mit. Sie war mir eine konstruktive Gesprächspartnerin bei der Auswahl von Themen, der Bildung von Themenreihen und der Anbindung von Fort- und Weiterbildungen, besonders im Gesundheitsbereich. So waren Organisationen der Naturheilkunde, der ganzheitlichen Zahnmedizin aber auch des stillen Qui Gong inspirierende Kooperationspartner. Alle Besucher waren fasziniert von der Kraft dieses Ortes, den Dorothee mit ihrem Sinn für ästhetische Stimmigkeit erzeugt hatte.

Ihre besondere Aufmerksamkeit erhielt das von Prof. Busch-Lüthi ins Leben gerufene Netzwerk „Vorsorgendes Wirtschaften“. Dorothee wirkte in diesem Netzwerk mit ihrem volkswirtschaftlichen Hintergrund aktiv mit. Sie hatte erkannt, dass ein Umsteuern industrieller Wirtschaftsformen in Richtung Nachhaltigkeit nur gelingen wird, wenn der Leitgedanke derVorsorge alles andere bestimmt.

Besonders dankbar sind Projektpartner und StiftungsmitarbeitertInnen immer dafür gewesen, dass sie mit ihrer so ausgeprägten Gastfreundschaft und ihrer Herzlichkeit ein Klima der Nähe und Verbundenheit, der Wertschätzung und Anerkennung geschaffen hat.
Wir werden diese herausragende Stifterinnenpersönlichkeit immer in ehrendem Angedenken bewahren. Danke Dorothee!