(c) von Manuel Schneider erhalten, noch offen.

Nachruf auf Prof. Dr. Engelhard Boehncke (1935-2025)

Am 22. März 2025 ist nach langer, schwerer Krankheit Prof. Dr. Engelhard Boehncke verstorben. Die Schweisfurth Stiftung verliert einen langjährigen Impulsgeber, Begleiter und Freund.

Die Verbesserung der Beziehung von Mensch und Tier im Bereich der Landwirtschaft war mit Gründung der Stiftung ein, wenn nicht das Grundanliegen der Stiftungsarbeit. Gemeinsam mit Engelhard Boehncke konnten seit 1989 erste Projekte in diesem Förderschwerpunkt entwickelt und umgesetzt werden. Ein besonderes Anliegen war dabei der Brückenschlag zwischen akademischer Forschung und landwirtschaftlicher Praxis. Dem dienten drei, seit 1992 in mehrfacher Auflage erschienene Leitfäden für eine artgemäße Rinder-, Schweine- und Hühnerhaltung, an denen Engelhard Boehncke maßgeblich mitgewirkt hatte – zugleich ein erstes größeres gemeinsames Publikationsprojekt der Schweisfurth Stiftung mit der Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL).

Ein weiteres Projekt der Schweisfurth Stiftung, das sich Engelhard Boehncke verdankte, ist der Forschungspreis für artgemäße Nutztierhaltung, den die Stiftung von 1991 bis 2001 gemeinsam mit der renommierten Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) alljährlich vergeben hat. Als damaliger Präsident der IGN hat Engelhard Boehncke den Preis, der sich an junge Wissenschaftler:innen richtet, mitkonzipiert und zehn Jahre lang mit großem Elan die Juryarbeit geleitet. Ein Impuls, der bis heute wirkt: Die IGN hat den Forschungspreis seit 2002 eigenständig fortgeführt und vergibt ihn 2025 bereits im 34. Jahr!

Beliebter Hochschullehrer …

Der Agrarwissenschaftler und Veterinärmediziner Engelhard Boehncke, der 1975 einen Ruf an die Universität Kassel/Witzenhausen erhalten hatte, war ein überaus beliebter Hochschullehrer. Generationen von Studierenden hat er in sehr passionierter Form das nötige Fachwissen und Ethos vermittelt für eine Landwirtschaft, die den Tieren als unseren Mitgeschöpfen gerecht wird. Neben Fragen der Tiergesundheit war es vor allem die Einbindung der Tierhaltung in den ökologischen Kreislauf landwirtschaftlicher Betriebe, die er lehrte und gemeinsam mit seinen Mitarbeiter:innen erforschte. Rund 350 Diplomarbeiten und 10 Dissertationen entstanden unter seiner Betreuung. Als international gefragter Referent setzte er sich unermüdlich dafür ein, dass die artgerechte Tierhaltung in der ökologischen Landwirtschaft eine zentrale Rolle spielte.

… Pionier des Ökolandbaus

Im Jahr 1984 wurde er von der Generalversammlung der IFOAM, dem internationalen Dachverband ökologischer Landwirtschaft, zum Präsidenten des Vorstandes gewählt. In den vier Jahren seiner Amtszeit entwickelte sich die IFOAM zu einer globalen Organisation. Mit seiner Umsicht und Geduld, seiner integrativen Fähigkeit und insbesondere seinem Humor verstand es Engelhard Boehncke, die Ökobewegung in einer herausfordernden Zeit zusammenzuhalten und weiterzuentwickeln.

Im Jahr 2008 wurde Engelhard Boehncke mit dem One World Award von Rapunzel und IFOAM für sein Lebenswerk (Lifetime Achievement) ausgezeichnet. Diese besondere Ehrung würdigte seine jahrzehntelange internationale Arbeit im Bereich der ökologischen Landwirtschaft und seine unermüdlichen Bemühungen für eine nachhaltige Agrarkultur.

Die ökologische Landbaubewegung verliert mit Engelhard Boehncke einen Pionier und Mitstreiter, der mit wissenschaftlicher Expertise, großem Herz und einem weiten geistigen Horizont sich ganz dem Anliegen einer ökologischen und tiergerechten Landwirtschaft verschrieben hat. Die Schweisfurth Stiftung wird den Verstorbenen in dankbarer und würdiger Erinnerung bewahren.

Engelhard Boehncke ist persönlich zu erleben in dem im Rahmen des 9. Traineeprogramms Ökolandbau 2012 entstandenen Dokumentarfilm »Bio-Pioniere erzählen«.

 

Dr. Manuel Schneider, von 1989 bis 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung