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Wie Urban Gardening die Städte verändert. Eine Tagung

Als eine der „hoffnungsvollsten sozial-ökologischen Bewegungen“ bezeichnet unsere Gastautorin Dr. Christa Müller die urbanen Gemeinschaftsgärten, die seit der Jahrtausendwende überall in Deutschland entstehen. Zum Thema „Die Stadt ist unser Garten – Wie die urbane Gartenbewegung unsere Städte verändert“ fand vom 24.-26. Mai 2024 eine spannende Kooperationstagung der anstiftung mit der Schweisfurth Stiftung und der Selbach-Umwelt-Stiftung in der Evangelischen Akademie Tutzing am Starnberger See statt. Dr. Christa Müller, Kuratorin der Schweisfurth Stiftung und Vorstand der anstiftung, hat die wichtigsten Ergebnisse der Veranstaltung zusammengefasst.

Sind die urbanen Gemeinschaftsgärten von „queeren Störenfrieden“ zu ökologischen Leistungsträgern geworden? Den Eindruck könnte man gewinnen, führt man sich die Fülle der Aufgaben vor Augen, die Gärten im Kontext des sozial-ökologischen Krisenmodus der Städte mittlerweile übernehmen müssen, wenn sie städtische Förderung und Flächen bekommen wollen.

Die auf mittlerweile fast 1000 Projekte angewachsene neue urbane Gartenbewegung stand am letzten Mai-Wochenende am Starnberger See im Fokus der Tagung Die Stadt ist unser Garten. Wie die urbane Gartenbewegung unsere Städte verändert.

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Sophia Kipp (li.), Humboldt-Universität zu Berlin und Dr . Christa Müller, anstiftung

Im Einführungsvortrag beleuchteten wir drei Soziologinnen – Andrea Baier, Christa Müller, Karin Werner – die nunmehr zwei Dekaden dauernde Geschichte der Bewegung. Uns lag dabei vor allem daran, die tieferen Bedeutungsebenen der Projekte freizulegen: Gärten als Orte der terrestrischen Moderne, Gärten als Ernährungsorte, Gärten als Lernorte, Gärten als Ökosysteme; aber eben auch Gärten als politische Orte und Gärten im System politischer Governance.

„Leider haben nicht alle Stadtverwaltungen einen Toni“, bedauerte eine Teilnehmerin. Die Rede war von Toni Karge, dem Urban-Gardening-Beauftragten des Berliner Senats, der die Bewegung durch jahrelanges Engagement im Gemeinschaftsgarten himmelbeet von innen kennt. Aber selbst wenn es eine Ansprechperson in der Stadtverwaltung gibt, die die Bedarfe und Logiken der Projekte barrierefrei versteht, bleibt, so der Stadtplaner, der kontinuierlich erzeugte „Druck“ von den Projekten unverzichtbar, um weiterhin Flächen für urbanes Gärtnern für die sozial-ökologische Wende in den Städten zu sichern.

Die Ernährungswende braucht auch Lebensmittel aus der Stadt und der Region

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Toni Karge, der Urban-Gardening-Beauftragte des Berliner Senats

Toni Karge war nicht der einzige Vortragende, der bewusst eine hybride Rolle einnimmt und seine Perspektive in die jeweiligen Segmente der Wissenschaft, der Kultur oder der Politik zu übersetzen weiß. Auch Elke Krasny, Professorin an der Wiener Akademie der bildenden Künste, versteht sich als Kuratorin, Wissenschaftlerin, Feministin und Care-Aktivistin zugleich – und entwickelte in ihrem Vortrag „Caring Urbanism: Von Gärten der Sorge auf einem erschöpften Planeten“ eine spezifische Methodik des „Denkens-mit-Gartenarbeit“. Ähnliches gilt für Harald Lemke, Philosoph, Stadtaktivist und – laut seiner Selbstbeschreibung – Freizeit-Terraner. Er stellte dar, wie sehr sich Gastrosophie und Gartenaktivismus gegenseitig brauchen und bedingen, um die Welt zu einem schöneren und gerechten Ort für alle zu machen.

Gastrosophie meint die Philosophie des Essens und Einladens. Gute Lebensmittel aus der Region oder gar dem unmittelbaren städtischen Umfeld sind dafür eine zentrale Voraussetzung. Sie stehen im engen Zusammenhang mit der Ernährungswende. Das Thema Essbare Stadt im internationalen Vergleich bespielten Ina Säumel und Sophia Kipp von der Humboldt-Universität zu Berlin mit Fallbeispielen aus Singapore, Berlin, Quito und Havanna.

Überforderung der urbanen Gartenbewegung mit Migrationssozialarbeit

Die großen Erfolge, die die urbane Gartenbewegung unübersehbar aufweist, und die sich nicht zuletzt in wirkmächtigen Anschlüssen an Diskurse, Wissenschaftspraxen, Forschungspartnerschaften oder den Eingang in Förderprogrammatiken ausdrücken, haben unausweichlich auch ihre Schattenseiten. Alexander Follmann, Wissenschaftler von der Universität Bonn und Aktivist beim Gemeinschaftsgartennetzwerk um NeuLand Köln, das sich äußerst gelungen in Stadtentwicklungsprozesse einmischen konnte, zeigte eben auch die inneren und äußeren Widersprüche der sozial-ökologischen Transformation durch Urban Gardening am Beispiel von Ernährungsrat, Essbare Stadt und Gemeinschaftsgärten in Köln auf.

Widersprüche, Herausforderungen und bisweilen auch Überforderungen thematisierten auch die parallel laufenden Praxisworkshops sowie die abschließende Podiumsdiskussion am Sonntagmorgen. Nun kamen nach drei Tagen konstruktiver und von gegenseitiger Wertschätzung geprägter Debatte auch Kontroversen zum Vorschein: Diskutiert wurden die zum Teil großen Lasten, die den Gärten in den Großstädten zunehmend aufgebürdet werden, wie zum Beispiel der Umgang mit traumatisierten Menschen, der Umgang mit Drogenabhängigen (ohne professionelle Unterstützung) für unerfahrene Engagierte aus der Zivilgesellschaft. Eva Kirschenmann berichtete in ihrem Workshop „Stadtumgestaltung von unten“ aus Bremen, dass Gemeinschaftsgärten bisweilen schlicht überfordert sind, Probleme zu lösen, die an anderen Stellen entstehen und für die die Gesellschaft insgesamt Verantwortung zu übernehmen hat. Und die Frankfurter GemüseheldInnen problematisierten den Versuch der Stadt, sie in ihrem Engagement für mehr Grünräume zusätzlich in die Pflicht zu nehmen, Aufgaben aus dem Bereich der Migrationssozialarbeit zu übernehmen, zumal sie über keine entsprechende Expertise in diesem Bereich verfügen.

Dabei steht die Solidarität mit Geflüchteten in der Gartenbewegung grundsätzlich nicht in Frage, im Gegenteil: Ein großer Teil des bundesweiten Netzwerks Urbane Gärten, das Anuscheh Amir-Khalili und Gudrun Walesch von der anstiftung vorstellten, besteht explizit aus Interkulturellen/Transkulturellen Gärten, die ein großes Potenzial für die postmigrantische Gesellschaft darstellen – und aus ihr erwachsen.

Skandalisierung von Umwelt-Ungerechtigkeit ist notwendig

Und schließlich zeigt nicht zuletzt auch die Notwendigkeit des Abbaus von Umwelt-Ungerechtigkeit, die Kerstin Stelmacher anhand des sozial-räumlichen Zusammenspiels von Luftverschmutzung, fehlendem Naturzugang und sozialer Unterschichtung anhand von Kartenmaterial visualisierte, wieviel noch zu tun bleibt – und ohne die Skandalisierung dieser Zustände durch eine engagierte Zivilgesellschaft tut sich deutlich zu wenig. Dafür wiederum ist Wissen vonnöten – und auch dieses wird, wie Marco Clausen betonte, in urbanen Gemeinschaftsgärten als kollektive Lern- und Bildungsräume generiert und weitergegeben.

Wir haben auf der Tagung eine der hoffnungsvollsten sozial-ökologischen Bewegungen beleuchtet – aus der Perspektive verschiedener Wissenschaftszweige wie der Soziologie, der Philosophie, der Wirtschaftswissenschaften, der Kritischen Geographie oder der Kunst- und Kulturwissenschaften – aber eben auch aus der von praktisch inspirierten Ansätzen und Praxisräumen wie dem „Achtsamen Gärtnern“ (mit Daniel Dermitzel), der Permakultur, der Urbanistik, der Kompostologie.

Kompostierung als Workshop-Methode

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collagenCollage-Workshop des QueerEcologiesCollective

Und am Ende wurde dann tatsächlich alles wieder kompostiert: Im Collage-Workshop des QueerEcologiesCollective (Ella von der Haide und Manuel Wagner) zerschnipselten die Tagungsteilnehmer:innen lustvoll Headlines, Fotos, Berichte und Thesen zur Bewegung und setzten sie neu zusammen. Es könnte eben auch alles anders sein.

Was bleibt, ist danke zu sagen. Für das exzellente bio-veggie Essen vom Küchen-Team der Evangelischen Akademie Tutzing, für das Engagement aller, die da waren, für die Kooperationen, für die sternenklare Nacht und den freien Blick auf die Berge.

Wer tiefer eintauchen will in die einzelnen Inhalte, kann dies in unserem zur Tagung erschienenen Buch tun, wer einfach nur die Präsentationen anschauen will oder sich über eine Fotoauswahl einen Eindruck von der Stimmung an diesem wunderbaren Ort verschaffen möchte, kann auch dies gerne tun:

Copyright Fotos: anstiftung

BioThesis 2024 – And the winner is…

Der Forschungspreis BioThesis würdigt wegweisende Arbeiten im Einklang mit den aktuellen Herausforderungen der Bio-Lebensmittelbranche.

Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der deutschen Land- und Lebensmittelwirtschaft ist es von entscheidender Bedeutung, nachhaltige und faire Lösungen zu finden, um unseren Planeten und die Tiere, die ihn bewohnen, zu schützen. Die Bio-Branche spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem sie sich für eine ganzheitliche Ernährung, Gesundheit und Fairness einsetzt – von der Produktion bis auf den Teller.

Zur Förderung der nächsten Generation im Bereich der Bioforschung und Bio- Land und-Lebensmittelwirtschaft wird dieses Jahr bereits zum 10. Mal der Forschungspreis BioThesis auf der Biofach verliehen.

Die diesjährigen Gewinnerinnen, Paula Henzl von der Universität Hohenheim und Silke Oppermann von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, haben mit ihren Arbeiten nicht nur faszinierende Erkenntnisse gewonnen, sondern auch konkrete Beiträge zur Bewältigung aktueller Herausforderungen geleistet.

Preisträgerin in der Kategorie Beste Bachelorarbeit ist Paula Henzl von der Universität Hohenheim. Ihre Arbeit „Determinanten der Fleischqualität und -leistung von Kälbern aus der kuhgebundenen Aufzucht“ ist unserer Jury besonders ins Auge gefallen. Die Arbeit wurde im Rahmen des Projekts WertKalb erstellt, das sich darauf konzentriert, männlichen Kälbern der ökologischen Milchviehwirtschaft einen Mehrwert zu bieten. Die Studie untersucht die Fleischqualität und -leistung von Kälbern, die bei ihren Müttern aufwachsen, und analysiert verschiedene Einflussfaktoren, darunter Betriebsmanagement, Fütterung, und Schlachtgewicht. Die Ergebnisse zeigen, dass Kälber im Kurzkontakt die besten Ergebnisse erzielen konnten, wobei weitere Forschung notwendig ist, um detaillierte Informationen zum Betriebsmanagement zu erhalten.

In der Kategorie Beste Masterarbeit gewinnt Silke Oppermann von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Sie wird für Ihre Arbeit „Climate Neutrality on Sale – Assessment of Climate Neutrality Labels and their Contribution to Achieving the Paris Climate Targets“ mit dem Forschungspreis ausgezeichnet. Die Arbeit setzt sich kritisch mit Klimaneutralitätslabels auf Lebensmitteln auseinander und bewertet deren Beitrag zu den Pariser Klimazielen. Die Ergebnisse zeigen, dass die derzeitigen Klimaneutralitätslabels in vielen Kategorien mangelhaft abschneiden und wahrscheinlich nicht zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Die Autorin schlägt vor, staatliche ganzheitliche Nachhaltigkeitssiegel einzuführen und Klimaneutralitätskennzeichnungen zu verbieten, um Verbraucher vor irreführenden Informationen und Greenwashing zu schützen.

In einer Zeit, in der ein Umdenken in der Lebensmittelproduktion und -konsumation unerlässlich ist, setzen die Forschungsarbeiten der BioThesis-Preisträgerinnen einen bedeutenden Beitrag für eine fairere, nachhaltigere und gesündere Zukunft. Die Bio-Branche bleibt dabei weiterhin Vorreiter in der Forschung und Innovation für eine bessere Welt.

Übernommen aus der Pressemitteilung vom 14. Februar 2024

Lammsbräu Preis für Nachhaltigkeit 2023 erhalten!

Wir freuen uns sehr den von Neumarkter Lammsbräu vergebenen Preis für Nachhaltigkeit in der Kategorie „Non-Profit-Organisation“ 2023 erhalten zu haben. Der seit 2002 verliehene Preis ist einer der bedeutendsten Nachhaltigkeitspreise in Deutschland und ehrt außergewöhnliche Initiativen und Projekte.

Johannes Ehrnsperger (Jurymitglied, Inhaber und Geschäftsführer, Neumarkter Lammsbräu) begründet die Auswahl mit folgenden Worten: „Mit dem Projekt 100 Mitmach-Regionen hat sich die Schweisfurth Stiftung die gezielte Ansprache von 12.000 Menschen vorgenommen. Ziel ist es, Menschen zu ermutigen, sich in ihrem Umfeld für eine nachhaltige Region einzusetzen. Dabei wird die Bio-Blase verlassen und eine integrierende Qualität entwickelt, Vorbehalte in der Bevölkerung werden überwunden.“

„Der Preis für Nachhaltigkeit in der Kategorie „Non-Profit-Organisation“ von Lammsbräu geht vor allem an die vielen vielen Menschen in den 100 Mitmach-Regionen. Sie schaffen ein Bild, wie ihre Region nachhaltig, lebendig und lebenswert aussehen kann und übersetzen diese Vision auf den Mitmach-Konferenzen in konkrete Aktionen, bei denen bereits heute alle mitmachen können“, mit diesen Worten gibt Dr. Niels Kohlschütter den Dank gleich weiter.

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch unseren 20 Kooperationspartnern, die auf vielfältige Weise die Regionen unterstützen.

Ohne Förderung hätte dieses Projekt nicht stattfinden können. Danke an die Deutsche Postcode Lotterie, die den finanziellen Startschuss gegeben hat, die Deutsche Stiftung Engagement & Ehrenamt, mit deren Hilfe die digitale Basis für das Projekt ermöglicht wurde, und die Software AG Stiftung, ohne deren Förderung das Projekt nicht in dieser Form stattfinden könnte.

Das Projekt der 100 Mitmach-Regionen wird von vier Organisationen gestemmt:
Wirundjetzt e.V., der Be the change Stiftung, den Pioneers of Change und der Schweisfurth Stiftung als Projektträger.

Lust mitzumachen? Schau, was in Deiner Region los ist! Mehr Informationen zu den einzelnen Regionen hier.


Zur Pressemitteilung von Lammsbräu.

Herausragende Bachelor- und Masterarbeiten mit Forschungspreis gekürt

Pressemitteilung zur Verleihung des Forschungspreises Bio-Lebensmittelwirtschaft am 27.07.2022 in Nürnberg:


„Herausragende Arbeiten“ entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette – Forschungspreis BioThesis auf der Biofach 2022 verliehen

Die Bio-Branche setzt sich für eine ganzheitliche Ernährung, Gesundheit und Fairness ein. Dabei geht es nicht nur darum, gute Lebensmittel zu produzieren, sondern auch, entlang der gesamten Lieferkette fair und nachhaltig – im Einklang mit der Natur zu wirtschaften. Dies bezieht sich auf Boden, Pflanze Tier, und Mensch. Um diesen Zielen täglich näher zu kommen, bedarf es Forschung und Innovation. Mit der BioThesis zeichnen wir darum jedes Jahr herausragende Bachelor- und Masterarbeiten aus, die sich mit den Herausforderungen der Bio-Lebensmittelbbranche und einem nachhaltigen Umbau der Ernährungswirtschaft beschäftigen.

Ein großes Thema ist seit einiger Zeit die Fragestellung der „wahre Preis“ unserer Lebensmittel. Internalisierung von Umwelt- und Sozialleistungen führen zu höheren Preisen. Die Unternehmen die diese Leistungen externalisieren, das heißt der Gesellschaft oder kommenden Generationen aufbürden, haben im jetzigen System den besten Preis. Ganz im Sinne dieser aktuellen Fragestellung hat sich Alexander Greiner von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde mit dem wahren Preis unserer Milch beschäftigt. Er geht das Thema in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise an und berücksichtigt dabei auch die wesensgemäße Haltung der Milchkühe – also die Frage des Tierwohls. Herr Greiner hat anhand eines Praxisbeispiels ein sehr komplexes Themenfeld bearbeitet und dabei wertvolle Erkenntnisse für den gesellschaftlichen Diskurs geliefert. Für seine Arbeit erhält er den zweiten Platz in der Kategorie „Beste Bachelorarbeit“.

Den ersten Platz erreicht Georg Saathoff von der Universität Kassel. Seine Bachelorarbeit handelt von einem Trennversuch von Weizen-Erbsen-Mischkulturen zur Nutzbarmachung für Speisezwecke. Erbsen und Weizen bilden eine intelligente Mischkultur zum gegenseitigen Nutzen und zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Wenn wir resiliente Strukturen und gesündere Böden schaffen wollen, sind Forschungen zu Mischkulturen und deren späteren Verwendungsmöglichkeiten essentiell. Praxisorientierte Arbeiten in Kooperation mit Lebensmittelverarbeitern wie die von Herrn Saathoff leisten einen großen Beitrag für mehr Akzeptanz und Mut, sich mit neueren Anbaumethoden auseinander zu setzen und diese praktisch umzusetzen.

Neben diesen beiden herausragenden Bachelorarbeiten, prämierte die Jury dieses Jahr auch wieder zwei Masterarbeiten. Sind die Kund*innen bereit mehr für Bio und regionale Lebensmittel zu zahlen? Und wenn ja, was motiviert sie zu ihrer Kaufentscheidung? Dieser Frage ist Johanna Lieb von der Technischen Universität München in ihrer Masterarbeit nachgegangen. „In meiner Masterarbeit wollte ich die Wahrnehmung und das Verständnis von verschiedenen Lebensmittelkennzeichnungen erforschen, um einen Beitrag zur Erleichterung von Kaufentscheidungen für Konsument*innen zu leisten,“ so Johanna Lieb. Frau Liebs Forschung leistet einen wichtigen Beitrag, in Zukunft noch mehr Kund*innen für Bio-Lebensmittel zu gewinnen. Für ihre Leistung wird sie mit dem zweiten Platz in der Kategorie „Beste Masterarbeit“ ausgezeichnet.

Gewinner in der Kategorie „Beste Masterarbeit“ ist in diesem Jahr Moritz Hentschl von der Universität Augsburg mit seiner Arbeit über die „Quantifizierung der Emissionen aus Landnutzungsänderungen durch den deutschen Verbrauch von tierischen Lebensmitteln“. Er erarbeitete ein Verfahren, das die Landnutzungsänderungen Regenwaldabholzung und Moor-Trockenlegung für tierische Lebensmittel aus konventioneller Produktion inklusive der benötigten Futtermittel in Treibhausgas-Äquivalenten bemisst und durch Kostenfaktoren in volkswirtschaftlich relevante Folgeschäden transformiert. Herrn Hentschls Erkenntnisse sind wegweisend für die weitere Gestaltung von (Preis-) Politik, Nachhaltigkeitslabels und zukunftsorientiertem Handeln.

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Bis zum 1. April bewerben oder nominieren: Ausschreibung zum Wolfgang Staab-Naturschutzpreis 2022 läuft

Engagierte Flussschützer:innen aufgepasst: Im Herbst 2022 vergibt die Schweisfurth Stiftung zum achten Mal den mit 20.000 Euro dotierten Wolfgang Staab-Naturschutzpreis. Er richtet sich an Umweltschützer:innen, die sich im besonderen Maße für den Fluss- und Auenschutz einsetzen.

Der Wolfgang Staab-Naturschutzfonds der Schweisfurth Stiftung ruft Interessierte auf, sich bis zum 1. April für einen der bedeutendsten Naturschutzpreise Deutschlands zu bewerben oder Nominierungen für diesen einzureichen. Der mit 20.000 Euro dotierte Wolfgang Staab-Naturschutzpreis wird jährlich an Personen vergeben, die besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung der Fluss- und Auenlandschaften erbracht hat. Im vergangenen Jahr wurde die slowenische Flussschützerin Andreja Slameršek für ihr Engagement ausgezeichnet. Die Verkündung des oder der diesjährigen Preisträger:in findet diesen Herbst voraussichtlich in Bonn statt.

Der Wolfgang Staab-Naturschutzpreis ist benannt nach Wolfgang Staab (1938-2004), der sich an der Spitze des BUND-Landesverbandes Rheinland-Pfalz einen Namen machte. „Wer etwas tut, hat Recht. Wer nichts tut, hat Unrecht“ war ein Leitspruch des kämpferischen Umweltschützers, der 2004 bei einem Autounfall ums Leben kam. Dr. Dorette Staab stiftete den Preis, der 2015 zum ersten Mal vergeben wurde.

Flüsse und ihre Auen zählen zu den aktuell am stärksten bedrohten Lebensräumen. Gleichzeitig gelten sie als die vielfältigsten und artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas. Für die Rückhaltung von Hochwasser und als Puffer bei Trockenheit, für die Selbstreinigung der Flüsse, für die Anreicherung und Reinigung des Grundwassers sowie als Biokorridore in der Landschaft spielen sie eine herausragende Rolle. Heiße und trockene Sommer, wie sie vermehrt auftreten, setzen der Gewässerökologie stark zu. Genauso wie die Verbauung, Kanalisierung, der Abbau von Kiesen und Sanden sowie der Bau immer neuer Wasserkraftwerke. Mit dem Wolfgang Staab-Naturschutzpreis soll auf diese Probleme aufmerksam gemacht und der Schutz von Flüssen und Auen gefördert werden.

Bewerbungen bzw. Nominierungen können bis zum 1. April 2022 per E-Mail bei Nora Klopp oder per Post an die Schweisfurth Stiftung, Rupprechtstr. 25, 80636 München eingereicht werden. Hier finden Sie das Nominierungsformular sowie das Bewerbungsformular.

Unermüdliche Kämpferin für den Erhalt frei fließender Flüsse ausgezeichnet

Dass die zwei großen Flüsse Sloweniens, die Mur und die Save, noch weitgehend ungehindert durch ihre Flussbetten fließen können, ist maßgeblich der Naturschützerin Andreja Slameršek zu verdanken. Ihr gelang es mit der Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen, mehrere geplante Wasserkraft-Projekte zu stoppen, die die einzigartigen, ökologisch wertvollen Auenlandschaften der beiden Flüsse zerstört hätten. Für ihren herausragenden Einsatz für die Natur von europäischem Wert wurde heute die Biologin Slameršek mit dem Wolfgang Staab-Naturschutzpreis 2021 ausgezeichnet. Dieser Preis wird jährlich verliehen und ist mit 20.000 Euro dotiert – finanziert aus Mitteln des Wolfgang Staab-Naturschutzfonds der Schweisfurth Stiftung.

„Ohne den unermüdlichen, fachlich versierten Einsatz von Andreja Slameršek wären die geplanten Kraftwerke an Mur und Save wohl bereits genehmigt. Andreja ist eine Kämpfernatur, die wesentlich dazu beiträgt, wertvolle Flusslandschaften zu erhalten. Sie ist ein wichtiges Vorbild für alle, die sich für die Natur einsetzen und zwar trotz zum Teil heftiger Angriffe aus Behörden- und Regierungskreisen. Wir brauchen mehr solche ‚Davids‘  wie Andreja im Kampf gegen die Goliaths“, sagte Laudator Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von RiverWatch, bei der Preisverleihung in München.

Insgesamt acht Wasserkraftwerke sollten nach Plänen der Energiewirtschaft in Slowenien an der Mur entstehen und den Fluss auf mehr als 50 Kilometern aufstauen. Die Save wiederum soll in weiten Teilen in ein Band aus Stauseen verwandelt werden. Andreja Slameršek, Präsidentin der Slovenian Native Fish Society (DPRS), schrieb und koordinierte zum großen Teil ehrenamtlich die Eingaben und Klagen mehrerer Naturschutzorganisationen in allen relevanten Genehmigungsprozessen zum Bau der Wasserkraftwerke. Sie vernetzte Anwohner und verschiedene Gruppen aus Politik und Kultur, organisierte runde Tische, Filmabende, Ausstellungen und Medienaktionen.

Mit Erfolg: Seit 2019 ist die energetische Nutzung der Mur im nationalen Energie- und Klimaplan Sloweniens ausgeschlossen. Ebenfalls 2019 stoppte der slowenische Verwaltungsgerichtshof den Bau des geplanten Wasserkraftwerks Mokrice an der Save aufgrund formaler und inhaltlicher Mängel, im Sommer dieses Jahres bestätigte der Oberste Gerichtshof diese Entscheidung. Die Save und ihre einzigartige Fischfauna sind vorerst geschützt.

Gesunde Auen sind wie Lebensadern unserer Landschaft. Sie beherbergen eine faszinierende Artenvielfalt, sind natürliche Hochwasserspeicher und nehmen klimaschädliche Treibhausgase auf. Durch wasserbauliche Eingriffe wie Flussbegradigungen, Eindeichungen und Uferbefestigungen, durch den Bau von Wasserkraftwerken und die Erweiterung von Siedlungs- und Industrieflächen sind Flussauen jedoch inzwischen der am stärksten gefährdete Lebensraum Europas.

„Andreja Slameršek ist es gelungen, die hohe Bedeutung des Schutzes von Flüssen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln und das Thema erfolgreich auf die politische Agenda zu setzen. Mit der Verleihung des Wolfgang Staab-Naturschutzpreises 2021 möchten wir sie in ihrer wichtigen Arbeit unterstützen und ihren herausragenden Einsatz würdigen“, begründet die Jury, bestehend aus Dr. Dorette Staab (Stifterin), Prof. Dr. Emil Dister (ehem. Karlsruher Institut für Technologie/Aueninstitut), Andreas Krug (Bundesamt für Naturschutz) und Dr. Niels Kohlschütter (Schweisfurth Stiftung), ihre Entscheidung.

Mur und Save – zwei bedeutende Flüsse für Slowenien und Europa

Die Mur in Slowenien ist Teil einer europäisch bedeutenden Flusslandschaft – dem „Amazonas Europas“– der die Flusssysteme von Mur, Drau und Donau umfasst und sich über Österreich, Slowenien, Kroatien, Ungarn und Serbien erstreckt. Die slowenische Mur und ihre Auen beherbergen die größten Auenwälder Sloweniens sowie eine ungewöhnliche Fischartenvielfalt mit über 60 Arten. Außerdem leben in dem Gebiet verschiedene bedrohte Tierarten, darunter Eisvogel, Schwarzstorch, Seeadler, Biber, Fischotter und viele mehr. Die slowenischen Mur-Auen sind als Natura 2000-Gebiet geschützt und wurden 2019 als Biosphärenpark von der UNESCO anerkannt.

Die Save ist Sloweniens größter Fluss. Sie ist teilweise als Natura 2000 Gebiet geschützt und vor allem aufgrund ihrer Fischfauna von großer ökologischer Bedeutung. Berühmt ist die Save für ihre Huchenbestände. Der Huchen ist mit den Forellen verwandt und kann bis zu 1,5 Meter lang werden. Ehemals weit verbreitet, gilt dieser „Tiger der Flüsse“ vor allem wegen des Wasserkraftausbaus heute als global bedroht.

Über Andreja Slameršek

Andreja Slameršek wurde 1980 in Ptuj im Nordosten Sloweniens geboren. Sie studierte Chemie und Biologie und arbeitete nach ihrem Studium im Slowenischen Institut für Naturschutz. Von  2016 bis 2020 war sie Geschäftsführerin der von ihr gegründeten Nature Conservation Consulting und ist seit 2015 ehrenamtliche Präsidentin der Slovenian Native Fish Society (DPRS).

Über den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis

Der Wolfgang Staab-Naturschutzpreis wird aus Mitteln des Wolfgang Staab-Naturschutzfonds der Schweisfurth Stiftung gefördert. Um den natürlichen Zustand der Flüsse und Auen zu bewahren und wiederherzustellen, wird der mit 20.000 Euro dotierte Preis jährlich für besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung der Fluss- und Auenlandschaften vergeben. Für die Verleihung des Preises in 2022 können ab sofort und bis Ende Februar Bewerbungen bzw. Nominierungen eingereicht werden.

Wolfgang Staab (1938-2004) machte sich als leidenschaftlicher Umweltschützer in Rheinland-Pfalz einen Namen. Als Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des BUND wirkte er viele Jahre sehr erfolgreich; später war er als Schatzmeister im BUND-Bundesverband tätig. 2014 richtete Frau Dr. Dorette Staab den Wolfgang Staab-Naturschutzfonds innerhalb der Schweisfurth Stiftung ein.

Die Schweisfurth Stiftung sagt: „Danke, Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, für 35 Jahre wertvolle, richtungsweisende Arbeit!“

Zum 30. Juni 2021 verabschiedet die Schweisfurth Stiftung ihren Gründungsvorstand Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald. Er hat 35 Jahre lang die Arbeit der Stiftung maßgeblich geprägt. Mit Herzblut und Sachverstand hat sich der Theologe und promovierte Philosoph für eine öko-soziale Agrarkultur und einen ganzheitlichen Mitweltschutz engagiert. Dafür sagt die Schweisfurth Stiftung: „Danke – für diesen langjährigen Einsatz, die wichtigen Impulse, das Brücken bauen, das kluge und vorausschauende Denken und Handeln und das Weichen stellen für die Zukunft.“

„Als wissensdurstiger, kommunikativer und politisch denkender Mensch war Franz-Theo Gottwald über Jahre hinweg derjenige, der die Menschen in der Stiftung zusammenbrachte und Brücken baute. Das sind seine Stärken. Die vielen gelungenen Kooperationen kamen und kommen zustande Dank seiner Fähigkeit, im Gespräch achtsam und wahrnehmend zu sein. Stiftungsarbeit bedeutet auch, auf viele Herausforderungen zu reagieren und diese zu meistern, umzulenken – das hat er an vielen Stellen getan und stets gezeigt, wie ausdauernd, zukunftsgerichtet und vorausschauend er denkt und handelt. Mit seiner wertvollen und richtungsweisenden Arbeit hat er die Schweisfurth Stiftung immer wieder vorangebracht“ würdigt Anne Schweisfurth, Kuratoriumsvorsitzende der Schweisfurth Stiftung, das Engagement von Franz-Theo Gottwald.

Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald: Pionier der öko-sozialen Agrarkultur

1985 nahm Franz-Theo Gottwald als selbstständiger Organisationsberater den Auftrag des Unternehmers und Metzgermeisters Karl-Ludwig Schweisfurth an, das wissenschaftliche Konzept für die sich in Gründung befindende Schweisfurth Stiftung in München zu entwickeln. Gemeinsam erarbeiteten sie die Stiftungsausrichtung und das Leitbild der ökologisch-sozialen Agrarkultur im Einklang mit der Natur. Seither setzt er sich mit Leidenschaft und Verstand für dessen Umsetzung in der Praxis ein. Neben zahlreichen Projekten, Vorträgen und Beratungen veröffentlichte er als Autor und Herausgeber rund 70 Bücher und zahlreiche Fachartikel. Zudem lehrte er zwei Jahrzehnte zur Politischen Ökologie an der Hochschule für Politik in München und forscht und lehrt seit 2001 zur Agrar-, Ernährungs- und Umweltethik an der Humboldt Universität Berlin. Sein herausragendes Engagement wurde mit zahlreichen Preisen gewürdigt, u.a. 2018 mit der Bayerischen Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt. Franz-Theo Gottwald wird sich als selbstständiger Berater und ehrenamtlich in unterschiedlichen Funktionen weiterhin für die Transformation der Land- und Lebensmittelwirtschaft zu regionalen, ökologisch-sozialen Ernährungssystemen einsetzen.

Bei der Verabschiedung stellte der Journalist Dr. Geseko von Lüpke heraus: „Es ist Franz-Theo Gottwald gelungen, den Paradigmenwechsel der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts hin zu einem ganzheitlichen und erfüllten Leben in die für ihn persönlich wichtigsten Themen: Tierwohl, Nachhaltigkeitsinnovationen und Lebensmittelqualität genauso praktisch zu übersetzen wie in seiner ethisch fundierten Technologiekritik.“

Franz-Theo Gottwald freut sich mit Dr. Niels Kohlschütter einen Nachfolger gefunden zu haben, der die Themenanliegen kraftvoll und zielführend auf ihren gesellschaftlichen Impact hin weiterentwickelt.

Interviews mit Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald und dem Kuratorium der Schweisfurth Stiftung

Übergabe an den neuen Stiftungsvorstand Dr. Niels Kohlschütter

Nach 35 Jahren erfolgreicher Vorstandsarbeit verabschiedet die Schweisfurth Stiftung Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald am 30. Juni 2021. Die offizielle Übergabe an seinen Nachfolger Dr. Niels Kohlschütter, der bereits seit Juli 2020 die Rolle als geschäftsführender Vorstand übernommen hat, erfolgte am 21. Juni auf Gut Sonnenhausen. Beide sind dankbar: Franz-Theo Gottwald, dass er einen Nachfolger gefunden hat, der die Werte und Inhalte der Stiftung weiterträgt und Niels Kohlschütter, dass er im Rahmen der Schweisfurth Stiftung die Themenfelder, die ihm am Herzen liegen, weiterentwickeln kann.

35 Jahre Stiftungsarbeit für eine nachhaltige Agrarkultur

Franz-Theo Gottwald hat in enger Zusammenarbeit mit dem Stifterehepaar in den ersten 10 Jahren seines Wirkens das Leitbild einer ökologischen und sozialen Agrarkultur etabliert und in die politische Arbeit unter EU-Kommissar Franz Fischler im Sinne einer multifunktionalen Landwirtschaft eingebracht. Die Förderung der Verbesserung der Lebensbedingungen der vom Menschen genutzten Tiere spielte dabei eine besondere Rolle. Ab 2000 gehört seine Aufmerksamkeit verstärkt dem Ausbau regionalwirtschaftlicher Verbindungen zwischen Landwirtschaft und handwerklicher Verarbeitung. Seit 2010 konzentrierte sich die Stiftungsarbeit unter seiner Führung auf den Aufbau von Netzwerken für eine nachhaltige Entwicklung der Agrar- und Ernährungswirtschaft.

„Was mir besonders wichtig war? Die Stiftung im Sinne des Stifters als Denkwerkstatt für systemische Alternativen zu positionieren: von der Energie-Effizienz über die Permakultur bis hin zum zertifizierten Biolandbau. Mit Pilot- und Leuchtturmprojekten konnte vielfach sichtbar gemacht werden, was das Nachhaltigkeitsprogramm der Stiftung für die Bewältigung der Herausforderungen im 21. Jahrhundert bewirken kann!“ – so der mehrfach für seine Stiftungsarbeit ausgezeichnete Gründungsvorstand. Und weiter: „Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft bedarf es vielfältiger Dialoge und der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anspruchsgruppen! Nur dann können Natur-positive Lösungen für belastbare Ernährungssysteme jenseits der konventionellen Kontroversen gemeinsam gefunden und umgesetzt werden.“

Fragen zur Transformation der Land- und Lebensmittelwirtschaft und die Werte der Schweisfurth Stiftung bleiben aktuell

Dass die Fragen bezüglich des Trilemmas aus Biodiversitäts- und Klimakrise und einem dysfunktionalem Ernährungssystem immer drängender werden, ist spürbar. Bei dem Ringen um enkeltaugliche Handlungsmöglichkeiten ist es wichtig, dass wir Werte wie das Vorsorgeprinzip nicht aus dem Blick verlieren. „In vielen Bereichen, wie zum Beispiel dem Bodenleben, stehen wir mit unserem Wissen zu den komplexen Zusammenhängen noch ganz am Anfang. Um unsere Lebensgrundlagen auch für zukünftige Generationen zu erhalten, ist es aus meiner Sicht elementar, dass wir uns an das Vorsorgeprinzip halten und nicht mit Interventionen in Zusammenhänge des Lebens eingreifen, dessen Folgen wir nicht abschätzen können und die wir später nicht wieder einfangen können. Ausgestorbene Insekten kommen zum Beispiel nicht wieder zurück.“ erklärt Niels Kohlschütter einen der zentralen Werte der Schweisfurth Stiftung.

Arbeiten in Netzwerken

Nach zwei Jahren Arbeit in der praktischen Landwirtschaft und dem Studium der Agrarwissenschaften in Weihenstephan forschte Niels Kohlschütter fünf Jahre zunächst in Berlin, dann in Bonn zu dem Themenkomplex Agrobiodiversität, bevor er über acht Jahre für ein großes Bio-Unternehmen Anbauprojekte begleitet und den Rohstoffeinkauf geleitet hat. 2017 kam er als Geschäftsführer zur Schweisfurth Stiftung. „Seine Erfahrungen aus Praxis, Wissenschaft, weltweiten Lieferketten sowie über 10 Jahre ehrenamtliches Engagement in der Jugendarbeit sind ein breites Fundament, um die Werte der Schweisfurth Stiftung weiterzutragen und das Engagement für eine nachhaltige Land- und Lebensmittelwirtschaft weiterzuentwickeln“ hebt die Kuratoriumsvorsitzende Anne Schweisfurth hervor und ergänzt: „Ich habe den Eindruck, die Menschen legen ihre Anliegen gerne in seine Hände. Auch ich tue das gern –im Namen unserer ganzen Familie.

„Dankbar bin ich sowohl für die Möglichkeit im Rahmen der Schweisfurth Stiftung an meinem Herzensthema eines enkeltauglichen und für alle gesunden Ernährungssystems mitwirken zu können, als auch für das großartige Netzwerk der Stiftung und die vielfältigen Partner:innen. Denn die Herausforderungen können wir nur gemeinsam erfolgreich anpacken.“ freut sich Niels Kohlschütter auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit.

Agrarbericht 2021: Das Ganze im Blick

Alles hängt miteinander zusammen: Corona, Klima, Biodiversität. Klar ist deshalb: Um diese Krisen zu lösen, dürfen sie nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Klar ist auch, dass eine tiefgreifende Transformation des Agrar- und Ernährungssystems dazu notwendig ist. Davon sind die Autor:innen des diesjährigen Kritischen Agrarberichts zum Schwerpunkt „Welt im Fieber – Klima & Wandel“ überzeugt. Wie der Wandel gelingen kann, welche innovativen Ansätze es bereits gibt und was es für eine erfolgreiche Umsetzung Bedarf wird darin ausführlich diskutiert, u.a. mit Beiträgen von Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Senior Advisor der Schweisfurth Stiftung, und Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.

Agrar- und Ernährungswende müssen zusammen gedacht werden

Eine Agrarwende ist ohne die Transformation des Ernährungssystems nicht möglich. Davon ist Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald überzeugt. Für das Gelingen der Ernährungswende spielen die Verbraucher:innen eine wesentliche Rolle. Erste Anzeichen für ein Umdenken seitens der Konsument:innen sind da: „Der Markt für genießbare, nährstoffreiche, pflanzliche Alternativen zu Produkten tierischen Ursprungs wächst dynamisch. So setzte beispielsweise die Rügenwalder Mühle, einer der Pioniere und Trendtreiber für Fleisch- und Wurstwarenersatz in Deutschland, im ersten Halbjahr 2020 50 Prozent mehr davon ab als im Vorjahreszeitraum“, so Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald. Dies lässt sich insbesondere auf die Änderung der Essgewohnheiten von jungen Erwachsenen zurückführen, wie auch der von der Heinrich Böll Stiftung jüngst erschienene Fleischatlas resümiert: „Im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung ernähren sich doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegetarisch oder vegan.“ Tierethische Gründe, Klimaschutz und Gesundheit sind die wesentlichen Treiber dieser Entwicklung. Die ausführliche ernährungsökologische Analyse von Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald über das Potenzial pflanzlicher Alternativen zu tierischen Produkten gibt es hier zum Nachlesen.

Eine zukunftsfähige Landwirtschaft

– geht nur ohne chemisch-synthetische Pestizide. Zu diesem Schluss kommen Dr. Niels Kohlschütter und Co-Autorin Johanna Bär, Geschäftsführerin des Bündnisses für enkeltaugliche Landwirtschaft, in ihrem Beitrag „Vom Winde verweht – Studie belegt Pestizidbelastung der Luft in Deutschland“. Das alarmierende Ergebnis der Studie: An drei Viertel aller Untersuchungsstandorte konnten mindestens fünf und bis über 30 Pestizide nachgewiesen werden – sowohl in der Stadt, auf dem Land und sogar in Naturschutzgebieten. Ein Beleg für den massiven Pestizideinsatz in der Landwirtschaft mit weitreichenden Konsequenzen für Umwelt und Gesundheit. „Wir fordern deshalb, dass die EU-Kommission bis 2035 alle chemisch-synthetischen Pestizide verbietet und dabei mit denen beginnt, die für unsere Gesundheit und Umwelt am gefährlichsten sind“, erklärt Dr. Niels Kohlschütter., „Hier setzen wir auf die Anpassung der EU-Verordnung zur Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse.“ Alle Hintergründe zur Studie können hier Nachgelesen werden.

Über den kritischen Agrarbericht

„Der kritische Agrarbericht“ wird seit 1993 alljährlich vom AgrarBündnis e.V. herausgegeben, einem Zusammenschluss von derzeit 25 Verbänden der bäuerlichen und ökologischen Landwirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes, des Tierschutzes, der Entwicklungszusammenarbeit sowie der Kirchen. „Der kritische Agrarbericht“ dokumentiert die ganze thematische Breite der agrarpolitischen Debatte eines Jahres vor dem Hintergrund der europäischen und weltweiten Entwicklung.