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Junglandwirtin übernimmt!

Für die studierte Landwirtin Anna-Maria ist seit ihrem 14. Lebensjahr klar, dass sie auf dem elterlichen Biohof bleibt & Betriebsleitung wird.

Josef und Brigitte Bissinger betreiben in dritter Generation einen Milchviehhof in Mertingen nördlich von Augsburg. Seit 2015 arbeiten sie ökologisch, neben der Viehhaltung bauen sie Zuckerrüben und Dinkel an. Josef und Brigitte haben 55 Milchkühe, drei Schafe und: vier Kinder. Eines davon – Anna-Maria (26) wird den Hof übernehmen. Nora Klopp, Projektmanagerin der Schweisfurth Stiftung, hat die zukünftige Betriebsleiterin und ihre Eltern zur anstehenden Hofübergabe vor Ort interviewt.

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Josef und Brigitte, Ihr wollt in zwei Jahren euren Hof an Anna-Maria übergeben. War das immer so geplant?

Brigitte: Wir haben vier Kinder, aber es war immer die Anna-Maria, die mit dem Josef draußen war. Sie hat die Landwirtschaft geliebt, sie hat die Tierhaltung geliebt, die Natur – alles! Als wir dann die Kinder gefragt haben, war es klar: Anna-Maria will den Hof übernehmen. Die Geschwister waren einverstanden, sie haben andere Interessen.

Anna-Maria: Ich war bei der Entscheidung etwa 14 Jahre alt. Als Kindergärtnerin oder Krankenschwester, da wäre ich den ganzen Tag drinnen, das ist nicht meins. Hier auf dem Hof bin ich draußen und kann machen, was ich will.

Was nimmst du von deinen Eltern mit, Anna-Maria, und was planst du anders zu machen?

Anna-Maria: Ich übernehme natürlich die ganze Basis, was meine Eltern aufgebaut haben. Die will ich ja auch nicht von jetzt auf Morgen kaputt bzw. alles komplett neu machen. Denn es ist ja gut, was jetzt da ist. Aber ich will auch vieles anders machen. Ich möchte einen vielfältigen Hof mit vielen Standbeinen. Weidetiere ja, aber auch Schweine, die die Gemüseabfälle fressen. Es soll ein Kreislauf entstehen und alles, was hier produziert wird, bestmöglich genutzt werden. Wenn ich den Milchbetrieb als Haupterwerb aufgeben möchte, muss ich mehr Ackerbau betreiben, mehr Früchte anbauen. Eine Idee ist, Rote Bete und Meerrettich für Aufstriche anzubauen, die ich dann über eine mobile Käserei vor Ort verarbeiten lassen kann.

Brigitte, Josef, wie seht Ihr die Übergabe an Eure Tochter?

Josef: Grundsätzlich bin ich wie alle Eltern stolz, eine Nachfolgerin zu haben, die das machen will und mit Tatendrang dabei ist. Man kann sich nichts Besseres wünschen. Wenn ein Hof weitergeht, ist das was ganz anderes, als wenn man weiß: jetzt hört er irgendwann auf. Anna-Maria kann ihn gestalten, wie sie es für richtig empfindet. Da muss ich jetzt zurückstehen, denn es hilft ja nicht, wenn ich immer sage: Jetzt machst Du das so oder so. Jeder muss seine Erfahrungen sammeln.

Brigitte: Ich bin ganz stolz, dass sie das macht. Wir haben jetzt 30 Jahre auf dem Hof gearbeitet und dann es ist wirklich eine Wertschätzung, wenn der Hof weitergeführt wird, egal in welche Richtung.

Was sind die Herausforderungen für die Übergabe?

Brigitte: Ich bin bei der Übergabe 55 Jahre alt und möchte und muss weiterarbeiten entweder hier oder woanders. Wir bekommen ja noch keine Rente. Ich möchte keine Existenzängste haben. In welche Richtung der Betrieb geht, das muss Anna-Maria wissen. Aber es muss eben so sein, dass wir abgesichert sind.

Josef: In der Landwirtschaft nagst Du mit der Rente am Hungertuch. Der, der übernimmt, muss die deshalb die finanzielle Verantwortung für die alte Generation übernehmen. Das hat aber auch Vorteile, wenn man als Betriebsübernehmender dann noch jemanden hat, den man wenn nötig um Rat fragen kann.

Ich bin auf jeden Fall dafür, dass wir uns noch mal gemeinsam beraten lassen, besonders zu finanziellen und steuerlichen Themen. Wie machen wir das am Geschicktesten? Es ist nicht damit getan, dass wir sagen, wir übergeben jetzt und damit ist gut.

Brigitte: Es braucht da aber auch ein wenig Vertrauen, alles kann man nicht im Vornherein regeln.

Anna-Maria – welche Herausforderungen siehst du darüber hinaus?

Anna-Maria: Also für mich ist auch das Thema Gender ein Thema. Ich muss mich als weibliche Betriebsleitung viel mehr unter Kolleg:innen beweisen als mein Vater das musste. Mit mir wird nicht so gesprochen, wie mit meinem Papa. Das fängt schon beim Traktorfahren an. Bei den Männern wird grundlegend davon ausgegangen, dass sie Bulldog fahren können. Das mache ich auch, und dann schauen die Kollegen total überrascht, gerade, wenn ich den größten fahre.

Und wenn ich im Studium mit einem männlichen Kollegen rede, z. B. über Bodenbearbeitung, dann redet er mit dem Nachbarn im Detail darüber und mit mir nur oberflächlich. Als ob wir Frauen das fachlich nicht wissen würden. Das ist auf allen Ebenen so – ich muss mich da echt anders behaupten als Frau.

Was würdet ihr anderen Betrieben mitgeben, die eine Hofübergabe planen?

Josef: Ganz spontan: Man muss in die nächste Generation Vertrauen haben. Das ist schon mal der Grundsatz. Dann ist man selbst auch ruhiger. Und es braucht gegenseitige Akzeptanz. Ein guter Umgang ist wichtig. Wenn die Chemie nicht passt, ist das ganz schlecht. Die passt bei uns, sage ich mal. Und als Abgebender muss man auch bereit sein, zurückzustecken. Ich persönlich bin ja froh, wenn ich Verantwortung abgeben und verlagern kann. Und wenn das dann nicht so abrupt ist, von heute auf Morgen, dann passt das schon!

Wenn es jemand anders wäre, als meine Tochter, der ich den Betrieb übergeben würde, wäre es um einiges schwieriger. Man kennt die Leute dann nicht so lange und nicht so gut. Aber auch hier ist das Vertrauen wichtig. Manchmal trifft man jemanden und hat gleich das Gefühlt, dass man die Person versteht und kennt. Und dann geht es sicherlich leichter.

Anna-Maria: Wenn es keine familieninterne Übergabe ist, dann muss man noch offener als abgebender Betriebsleiter sein und den jungen Leuten etwas zutrauen. Die Übergabe muss gewollt sein, aber wenn es nicht geht, muss man das auch akzeptieren – zu sich stehen, sich nicht verbiegen. Und wenn es harmonisch nicht geht, braucht man einen Plan B.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Anna-Maria engagiert sich seit 2021 aktiv im Öko-Junglandwirte-Netzwerk – ihr Fokus liegt auf der Organisation des Kontaktforums Hofnachfolge.