Essen für den Wandel – Nachbericht vom Slow Food Terra Madre Kongress

Ein Beitrag von Matthias Middendorf, Projektleiter der Schweisfurth Stiftung und Teilnehmer der Slow Food Youth Akademie 2018

Vom 20. bis 24. September 2018 fand in Turin die internationale Veranstaltung Terra Madre Salone del Gusto von Slow Food statt. Unser Mitarbeiter Matthias Middendorf war Teil der deutschen Delegation und schildert seine Erfahrungen und Begegnungen vom Event in Italien. 5.000 Terra-Madre-Delegierte und rund 900 Aussteller aus 160 Ländern versammelten sich für die Veranstaltung und machten in einem bunten Programm erlebbar, dass Slow Food eine vielseitige internationale Bewegung ist.

Slow Food versteht sich als politische Organisation und engagiert sich weltweit für gute, saubere und faire Lebensmittel – dabei geht es um mehr als Genuss: „Slow Food ist eine internationale Bewegung, die weltweit aktiv ist und die globalen Prozesse des Lebensmittelsystems zukunftsfähiger gestalten will“, unterstrich Dr. Ursula Hudson, Vorstandsvorsitzende von Slow Food Deutschland e.V., in ihrer Eröffnungsrede für die deutsche Delegation. „Das sollten wir uns für unser Handeln hierzulande immer ins Bewusstsein rufen, damit wir den Blick fürs große Ganze nicht verlieren“. Dieses große Ganze wurde in Turin erlebbar. Aus 160 Ländern waren Slow Food Delegierte in das Ursprungsland der Bewegung gekommen. So auch Janina Hielscher, die den Master Dienstleistungs- und Ernährungswirtschaft studiert und bei Slow Food Youth Münster aktiv ist. „Es geht mir um die Veränderung des Lebensmittelsystems. Slow Food ist dabei ein super Werkzeug“. Wie 5.000 andere Delegierte ist sie der Einladung zu Terra Madre und zum Salone del Gusto gefolgt. Auf dem Markt, der seit 1996 stattfindet, präsentieren und verkaufen alle zwei Jahre LandwirtInnen, ViehzüchterInnen und LebensmittelhandwerkerInnen aus aller Welt ihre Produkte. Das Ziel der Veranstaltung ist, KleinerzeugerInnen und hochwertige Lebensmittel zu unterstützen, die vom globalen Markt in die Enge getrieben werden.

Essen für die Food-Revolution

Seit 2004 findet zudem das Terra Madre Treffen mit Foren, Podiumsveranstaltungen und Workshops statt. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Food for Change – Essen für den Wandel“. Es geht um nichts weniger als die Food-Revolution für ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem. In einem riesigen Programm konnten sich die Delegierten dieses Jahr zu thematischen Schwerpunkten wie Fleisch, Fisch, Saatgut, Bienen und Insekten sowie Lebensmittel und Gesundheit austauschen – teilweise übersetzt in 5 Sprachen gleichzeitig. Ein zentraler Programmpunkt für mich war das Arbeiten an konkreten Herausforderungen in einem World Café, organisiert durch das internationale Slow Food Youth Netzwerk. In diesem Workshop trafen verschiedenste Persönlichkeiten aufeinander, zum Beispiel eine junge Farmerin aus den USA auf einen Bauern aus Uganda oder eine Aktivistin gegen Lebensmittelverschwendung aus Belgien auf ein Slow Food Mitglied aus Chile. Es ging um Erfahrungsaustausch und die Vernetzung der Bewegung – auf Augenhöhe und mit viel Spaß am Engagement. Es war beeindruckend zu erleben, wie die unterschiedlichen Delegationen aus dem globalen Süden und Norden den Markt und das Terra Madre Programm aktiv mitgestaltet haben.

Zusammenarbeit von Stadt und Land in der Region Piemont

Hinter der Veranstaltung steht eine riesige Organisationsleistung, vieles davon ehrenamtlich. So müssen beispielsweise hunderte TeilnehmerInnen aus dem Globalen Süden betreut werden, von der Beantragung des Visums bis zum Transfer zur Veranstaltung und zur Unterkunft. Einen großen Beitrag leistet dafür die gesamte Region Piemont. Der Großteil der Delegierten wird privat in der Umgebung untergebracht und mit Bussen jeden Morgen nach Turin und am Abend wieder zu den Gastfamilien befördert.

Fokus auf die Vernetzung der Jugend

Terra Madre zeigt: Die Food-Revolution beginnt im Kleinen und wird von den Mitgliedern hinaus in die Welt getragen. Es war ein großes Privileg als Mitglied der deutschen Delegation ein kleines Puzzleteil dieser Bewegung zu sein. Dass Slow Food Deutschland den Großteil der begrenzten Delegiertenplätze für junge und junggebliebene Menschen zur Verfügung stellt, sei hier besonders hervorgehoben. Was ich ganz persönlich von der Veranstaltung mitnehme ist ein besseres Verständnis von Slow Food sowie die Vernetzung mit vielen Slow Food AktivistInnen aus der ganzen Welt. Dadurch wird der Nährboden für die so wichtige Revolution des Lebensmittelsystems gesetzt, die durch Slow Food in vielen Orten weltweit aktiv mitgestaltet wird. Und das nicht mit dem Zeigefinger, sondern mit Freude und Begeisterung, wie die bunte Abschlussparade am Sonntag in Turin gezeigt hat, in der die internationale Kampagne „Food for Change“ offiziell gestartet wurde.

Headerfoto: © Slow Food Youth Network and the team of producestudio