Scheitern erlaubt! – Zukunftspreis des Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerks verliehen
Ein innovatives Wettbewerbskonzept: Die Bewerber:innen für den Zukunftspreis 2025 durften erstmals nicht nur erfolgreiche Projekte einreichen, sondern auch solche, mit denen sie gescheitert waren. Von der Jury berücksichtigt wurden grundsätzlich alle Vorhaben, die unabhängig von ihrem Ausgang relevante Erkenntnisse für alle jungen Menschen in der Land- und Lebensmittelwirtschaft lieferten. Der erste Preis, ein Wochenende auf dem Gut Sonnenhausen, ging an Anna-Maria Bissinger (29) vom Biohöfle Mertingen, Bayern. Prämiert wurde sie für das Konzept einer Projektstelle, die einer neuen Mitarbeiterin mit dem Versuchsanbau von Freilandtomaten einen risikofreien Einstieg in die Bio-Landwirtschaft ermöglichen sollte. Weitere Ehrungen gab es für das Engagement für gute Arbeitsbedingungen in der Bio-Landwirtschaft und den bodenschonenden, erdölfreien Anbau von Mulchkartoffeln.
Anna-Maria Bissinger vom Biohöfle Mertingen führt einen Gemischtbetrieb mit Milchvieh und Feldgemüse. Um einer ehemaligen freiwilligen Helferin auf ihrem Hof, den Einstieg in die Biolandwirtschaft zu ermöglichen, ging sie mit ihr eine einjährige Kooperation im Angestelltenverhältnis ein. Sie stellte einen halben Hektar Land für den bisher kaum erprobten Freilandanbau von Tomaten zur Verfügung. Im Gegenzug flossen die Erkenntnisse zurück an den Betrieb. Es wurden 750 Pflanzen in vier resistenten, samenfesten Sorten gepflanzt. Bio-Tomaten werden in Deutschland bisher fast ausschließlich in Treibhäusern mit Temperaturregulierung und Bewässerungsmanagement angebaut. Der Anbau im Freiland unter den natürlichen Klimabedingungen unserer Breiten, wie hohe Niederschläge oder Trockenstress, stellt ein hohes Verlustrisiko für die Ernte dar. Ist die Freilandernte erfolgreich, erhält man dagegen in direkter Sonneneinstrahlung gereifte, geschmacklich und qualitativ hochwertige Früchte. Für das Jahr 2026 hat Bissinger die Tomatenstelle erneut ausgeschrieben. Sie betont: „Wir brauchen für den Nachwuchs in unserer Branche mehr solcher niedrigschwelligen Angebote für den Einstieg!“
Der zweite Platz des Zukunftspreises geht an die Bio-Junglandwirtin Cara Leisner aus Witzenhausen, Hessen. Sie steht an der Schwelle vom Ökolandbau-Studium zur Existenzgründung und hat für ihre Bewerbung den Text „Was bedeutet gute Arbeit für dich?“ eingereicht. Leisner setzt sich darin mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bio-Landwirtschaft auseinander. Es geht um Themen wie Selbstausbeutung oder die wirtschaftlich fragile Situation von Betrieben.
Annegret Finck aus dem Ökodorf Lebensgarten Steyerberg, Niedersachsen, erhielt den dritten Platz. Sie erprobte den Kartoffelanbau mit Mulch – aber nicht in Dammkultur, wie er schon praktiziert wird, sondern auf flachem Boden. Dieses bodenschonende Verfahren wird bislang noch selten im Kartoffelanbau angewandt. Sie betreibt ihre Landwirtschaft möglichst erdölfrei, also klimafreundlich und zukunftsfähig, und probiert für dieses Ziel neue Techniken aus.
Preis für mutige Ideen
Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung und Jurymitglied: „Mit dem Zukunftspreis ehren wir junge Menschen, die mit mutigen Ideen zur Weiterentwicklung des Ökolandbaus beitragen. Unsere Preisträger:innen 2025 erforschen und erproben Tag für Tag, wie Lebensmittel noch schonender für Natur und Umwelt produziert werden können. Gleichzeitig setzen sie sich für soziale Themen wie den niedrigschwelligen Zugang zur Landwirtschaft, für gute Arbeitsbedingungen und Hofgemeinschaften ein.“ Hervorzuheben sei bei der Konzeption des Preises durch das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk die neue Fehlerkultur. Scheitern stigmatisiere nicht, sondern werde als wichtiger Teil eines gemeinsamen Lernprozesses verstanden.
Der Zukunftspreis 2025
Der Zukunftspreis des Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerks wird alle zwei Jahre vergeben. Er richtet sich an engagierte Junglandwirt:innen, Gärtner:innen, Imker:innen, Winzer:innen, Studierende und weitere Nachwuchskräfte im Agrarsektor, die sich aktiv für eine ökologische und zukunftsfähige Landwirtschaft einsetzen. Die diesjährigen Preisträger:innen wurden im Rahmen der Öko-Junglandwirt:innen-Tagung vom 14. bis 16. November in Fulda bekanntgegeben. Der erste Preis, ein Wochenende auf dem Gut Sonnenhausen bei München, wurde von Georg Schweisfurth gesponsert. Die Sieger des zweiten und dritten Platzes haben ein Abonnement der Zeitschrift Ökologie & Landbau und BioHandel gewonnen.