100 Tage krisenKONTERKIOSK – ein Abschlussbericht
100 Tage gefüllt mit Ideen, Visionen, Aktionen, interessanten Gesprächen, Gießkannen, Schweiß, Käsebroten und jeder Menge Erfahrungen sind vorbei und eins lässt sich sagen: Es lohnt sich ein Projekt zu starten – aus der Überzeugung und mit dem Anspruch etwas zu bewegen. Bei mir, Lena Jacobi, war und IST es die bäuerliche Landwirtschaft, deren Erhaltung und Förderung mich antreibt.
Landwirtschaft in der Stadt erlebbar machen
Das Ziel von krisenKONTERKIOSK war es, das Thema Landwirtschaft und die Art und Weise, wie Lebensmittel erzeugt, verarbeitet und konsumiert werden, zum öffentlichen Thema zu machen. Während der documenta in Kassel, wollte ich den Menschen mit dem kleinen Bauernladen und Gemeinschaftsgarten mitten im Univiertel anschaulich erzählen, wie wir Bäuerinnen und Bauern arbeiten und warum so und nicht anders. Doch nicht nur das Erzählen, vor allem das Zuhören liegt mir am Herzen. Mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und die persönlichen Geschichten, Erfahrungen und Gedanken zu hören und zu verstehen.
Gerade das Beobachten der Menschen am krisenKONTERKIOSK gab Aufschluss darüber, was sie bewegt: Viele bewunderten die Blumen, Auberginen und Bohnen in den Hochbeeten oder verglichen den Geruch der unterschiedlichen Teesorten. Andere studierten die Plakate und Flyer am Kiosk, wieder andere machten Selfies oder aßen einfach nur ein Käsebrot. Die meisten sahen dabei sehr zufrieden aus!
Nicht nur die StudentInnen wünschen sich die langfristige Integration von mehr Grün in den Unialltag, auch viele zufällige, oft internationale BesucherInnen waren begeistert vom Projekt. Gerade für ältere Menschen ist die Landwirtschaft ein sehr emotionales Thema. Denn mit ihr verändert sich viel. Nicht nur global gesehen, sondern auch genau da, wo sie betrieben wird. Der Bauerngarten zwischen großen, grauen Unibauklötzen wurde als Oase wahrgenommen. Jung und Alt konnten hier abschalten, entspannen, verweilen. Ich habe gesehen, dass eine bunte, kreative, kleinstrukturierte Landwirtschaft, die man auch anfassen kann, direkte Auswirkungen auf die Menschen hat. Nicht nur politisch, vielmehr emotional – nämlich dann, wenn man ein Teil davon sein kann.
Persönliche Erfahrung als wichtiger Kompass für Nachhaltigkeit
Ich selbst bin quasi zwischen Kuhstall, Acker und Bauerngarten aufgewachsen. Manchmal fand ich die Begeisterung für die paar Hochbeete in Kassel fast übertrieben und dachte „ja, is‘ halt ‘n Garten“. Aber dann habe ich verstanden, dass dieser Garten für viele Menschen längst nichts Alltägliches mehr ist und deshalb eine große Bereicherung.
In einer Diskussionsrunde war die Frage: „Wie und wo können wir denn nun konkret etwas ändern? Wo setzten wir an?“ Keine leichte Frage, denn inzwischen ist es für die meisten VerbraucherInnen nicht leicht herauszufinden, welche Produkte die ökologisch und sozial verträglichsten sind. Regional? Bio? Fair? Selbst mit fast abgeschlossenem landwirtschaftlichem Studium verliert man leicht den Überblick. Wo können wir ansetzten?
100 Tage Erleben und Beobachten haben gezeigt, was das bisschen Acker zum Anfassen, Riechen, Ernten mit den Menschen gemacht hat. Es bewegt sie. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die jeder sehen und anfassen kann, vor allem Kinder. Wir brauchen ein Bildungssystem, das Landwirtschaft und Ernährung zum Hauptfach macht. Wir brauchen engagierte KindergärtnerInnen und LehrerInnen, die mit den Kindern ackern, wir brauchen Höfe und Ställe mit offenen Toren. Wir brauchen Bäuerinnen und Bauern, die noch wissen, was da blüht und gerne von ihrer Leidenschaft erzählen. Mein Vater fängt seine Hofführungen meistens so an: „Bauer sein ist für mich der schönste Beruf den’s gibt.“ Deshalb weiß ich, dass es sich lohnt, weiter dafür zu kämpfen, dass dieser schönste Beruf erhalten bleibt. Damit alle anderen das auch wissen, müssen wir es ihnen nicht nur erzählen, sondern auch zeigen.
Rückenwind für AktivistInnen
Während der 100 Tage am Kiosk habe ich natürlich noch viele weitere Erfahrungen gemacht. Eine den größeren war sicherlich, dass es ziemlich gut tut Rückenwind zu haben. Bei einem Projekt, das von Herzblut und Engagement lebt, viele Höhen und einige Tiefen mit sich bringt, habe ich schnell gemerkt: Allein geht’s nicht! Ohne Familie und Freunde, die einspringen wenn sie gebraucht werden, hätte ich wohl keine 100 Kiosk-Tage durchgehalten. Diese Durchhaltekraft bewundere ich bei so vielen jungen und alten AktivistInnen, die schon seit vielen Jahren für ihre Überzeugungen kämpfen. Ich hoffe, der Wind weht noch lange weiter in die richtige Richtung!
Und es geht weiter…
Die Hochbeete werden vom studentisch betriebenen Café am selben Ort weiter bewirtschaftet und sind so weiterhin für alle zugänglich. Der Kiosk wird im nächsten Sommer in einem Kasseler Hausprojekt wieder aufgebaut und als soziale Plattform genutzt.
Ein Projektbericht von Lena Jacobi, Betreiberin des krisenKONTERKIOSK im Rahmen der documenta 2017. Headerfoto: Josef Jacobi, Fotogalerie: Daniel Münderlein.
Das Projekt wurde von der Schweisfurth Stiftung unterstützt.
Geld anders anlegen – mitbestimmen und nachhaltige Projekte unterstützen
Bankenkrise, Immobilienblase, Spekulationsgeschäfte mit Grundnahrungsmitteln – es gibt zahlreiche Gründe, warum konventionelle Geldinstitute in die Kritik geraten. Immer mehr Kunden verlieren das Vertrauen in die Handhabung ihrer Hausbank und suchen nach einer Alternative, die den eigenen ökologischen, sozialen und ethischen Ansprüchen gerecht wird. Damit kann niedrigschwellig gestaltend in das globale Wirtschaftssystem eingegriffen werden. Indem sie in nachhaltige Projekte investieren, können Anleger die Dynamik des Kapitalmarktes aktiv nutzen, um die Welt in ihrem Sinne zukunftsfähiger mit zu gestalten.
Die Nachfrage nach ethischen Bankgeschäften hat zur Gründung von grünen Banken wie der GLS Bank, der Ethikbank, der Triodos Bank oder der Umweltbank geführt und auch dazu, dass immer mehr etablierte Banken Ethikfonds, nachhaltige Sparangebote oder Green-Bonds (Anleihen mit denen Investoren die Finanzierung von nachhaltigen Projekten unterstützen) anbieten.
Die grünen Vorreiter
Die oben genannten ethischen Banken haben sich dem Themenkomplex des nachhaltigen Wirtschaftens verschrieben. Sie unterstützen mit dem Geld der Anleger die Energiewende, ökologische Landwirtschaft, Bildungs- und Sozialprojekte und legen ihre Geschäfte transparent offen. Die GLS Bank führt beispielsweise eine eigene Zukunftsstiftung Landwirtschaft, die die Erhaltung und Weiterentwicklung biologischer Landwirtschaft und neue Qualitätsansätze fördert. Der Tierzuchtfonds ist eine gemeinsame Initiative des Deutschen Tierschutzbundes, der Schweisfurth Stiftung und der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und fördert in diesem Rahmen eine artgemäße Tierzucht.
Zudem schließen ethische Banken häufig Investitionen in Unternehmen aus, die in den Bereichen Rüstung, Atomkraft, fossile Energieträger sowie Gentechnik tätig sind oder Tierversuche, Kinderarbeit und sonstige Menschenrechtsverletzungen dulden.
Erste Bemühungen der Großbanken
Insbesondere im Bereich ethisch-ökologischer Investments sehen Institute zunehmend großes Wachstumspotenzial. 2016 lag der Weltmarktanteil von Green-Bonds bei 1,4 % und selbst bei diesen zeigt sich: Die perfekte Geldanlage gibt es nicht. Anleger müssen Prioritäten setzen und jene Produkte auswählen, die zumindest die für sie wichtigsten Kriterien erfüllen. Denn alle Banken definieren ethische, ökologische und soziale Investments unterschiedlich. Sogenannte nachhaltige Fonds picken sich außerdem häufig nur die, nach ökologischen oder sozialen Aspekten, besten Firmen einer Branche heraus – auch, wenn es sich um Unternehmen aus der Auto- oder Ölindustrie handelt.
Unabhängige Testinstitute kommen so, je nachdem nach welchen Kriterien bewertet wird, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Es lohnt sich daher den Kriterienkatalog und die Messmethode genau zu überprüfen und nicht nur auf die Endnote zu achten. Ein Beispiel: Die South Pole Group, eine Ausgründung der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, berechnete in einer aktuellen Studie den CO₂-Fußabdruck verschiedener Aktien und Aktienfonds und hat festgestellt, dass vier ethisch-ökologische Fonds nach diesem Kriterium schlechter abschneiden als andere konventionelle Fonds. In der Erklärung wird klar warum: In den ethisch-ökologischen Fonds waren einige Aktien von Solarzellen-Produzenten. Diese haben zunächst einen vergleichsweise großen CO₂-Fußabdruck, weil bei der Herstellung der Solarzellen viel Energie verbraucht wird. Auf Dauer helfen die produzierten Solarzellen aber bei der Senkung des CO2-Ausstoßes. Da die Bewertung nur eine Momentaufnahme ist, ist die Aussagekraft des CO₂-Fußabdrucks zur Gesamtbeurteilung begrenzt.
Ein sehr umfangreiches und vielschichtiges Bewertungssystem bietet die oekom research AG. Unternehmen werden dabei branchenspezifisch nach etwa 100 Kriterien (aus einem Pool von 700 Kriterien) in den Bereichen Umwelt, Soziales und Kultur bewertet. Ein sehr gutes Rating erhalten nur Unternehmen, die in allen Bereichen sehr fortschrittlich sind und nicht weil sie derzeit im Vergleich mit anderen Unternehmen an der Spitze stehen.
Regionales Öko-Investment
Möglichkeiten für regionale ökologische Geldanlage abseits der traditionellen Bankenlandschaft bieten die Bürgeraktiengesellschaften Regionalwert AGs (zum Beispiel in Freiburg). Sie geben regelmäßig in Eigenemission Aktien aus. Das Geld der Investoren fließt beispielsweise als Eigenkapital in Höfe, die Investitionen brauchen oder keinen Nachfolger haben. Mit der Investition verpflichten sich die Partnerbetriebe – Erzeuger, Verarbeiter, Händler, Gastronomen – soziale und ökologische Standards einzuhalten. Und darauf, sich untereinander möglichst viel Erzeugnisse abzunehmen. Die lokale Investition bietet den Aktionären die Möglichkeit, einen persönlichen Bezug zu den Projekten aufzubauen. Außerdem ist sie Anreiz, sich persönlich für den Erfolg der unterstützen Betriebe einzusetzen. Wenn die finanzierten Betriebe mittelfristig profitabel sind, ist die Regionalwert AG als Eigenkapital-Investor am Gewinn beteiligt. Die Aktionäre entscheiden dann auf der Hauptversammlung, ob sie die Gewinne reinvestieren oder als Dividende ausschütten.
Zum Weiterlesen:
- Max Deml/Holger Blisse: Grünes Geld. Das Handbuch für ethisch-ökologische Geldanlagen, 2012/2013, Hampp Verlag
- Mechthild Upgang: Gewinn mit Sinn: Wie Sie Ihr Geld sicher anlegen – mit gutem Gewissen, 2009, oekom verlag
- Klaus Gabriel/Markus Schlagnitweit: Das gute Geld, 2009, Tyrolia
- Anno Fricke: Grüne Geldanlage – Verantwortungsvoll investieren, Stiftung Warentest, 2010 Verlag?
Leuchtturmprojekt für urbane Agrikultur in Windhoek
Die namibianische Hauptstadt liegt im globalen Trend: Es wird erwartet, das sich die städtische Bevölkerung bis 2050 von 322.000 auf etwa 700.000 Menschen verdoppelt. Um die Ernährung der Einwohner heute und in Zukunft sicherzustellen, sieht das Projekt „Growing Food in Windhoek“ insbesondere die Regierung in der Pflicht an einer zukunftsfähigen urbanen Entwicklung mitzuwirken. Mit dem Unterzeichnen des Milan Urban Food Policy Pacts hat die Stadt ihre strategische Rolle in der Mitgestaltung anerkannt. Daran hat auch die von der Schweisfurth Stiftung geförderte Projektleiterin Ina Neuberger Wilkie, Senior Project Manager des World Future Councils, entscheidend mitgewirkt. Sie stellte am 2. April 2017 in Bregenz beim World Future Forum 2017 das erfolgreiche Projekt zur Bekämpfung von Hunger vor.
Eloolo Permaculture Initiative
Neben der Regierung, ist auch die Zivilgesellschaft in Windhoek in das Projekt einbezogen. Dem extremen Klima zum Trotz werden urbane Gärten angelegt, um Hunger, Unter- und Fehlernährung entgegenzuwirken. Dabei wird von den Gärtnern viel Geschick verlangt, denn die Anbauzeiträume sind kurz und müssen effizient gestaltet werden. Angewandt wird das Prinzip der Permakultur, das bereits Anfang der 70er Jahre von Bill Mollison und David Homgren insbesondere für trockene Landschaften entwickelt wurde. Dabei sollen Ökosysteme geschaffen werden, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit von natürlichen Ökosystemen besitzen und so zeitlich unbegrenzt funktionieren. „Die Philosophie hinter Permakultur ist eine Philosophie, die mit und nicht gegen die Natur arbeitet.“, so Bill Mollison.
Reiche Ernte
Marula, Feigen, Papaya, Karee, Moringa, Tomaten, Zitronen, Mangold – die Früchte des Projekts wachsen. Neben der tatsächlichen Ernte werden best practice Beispiele und Know-How ausgetauscht, Stakeholder werden vernetzt und Lösungen in Workshops in Windhoek geteilt: im Grundschulgarten von Van Rhyn, auf lokalen Märkte wie dem Green Market, Okuryangava, Tukondejeni, The Organic Box und AMTA, in Management-Initiativen von Gärten und vielen mehr.
Bauernhof braucht Region – Region braucht Bauernhof
„Ist das ein Schaf oder ein Wollschwein?“ – so lautete die erste Frage der Kinder als wir mit dem Auto auf den Breitenwegerhof bei Freiburg im Breisgau fuhren. Die Antwort gab Betriebsleiterin Katharina Goetjes wenig später bei der Hofführung mit 25 bunt gemischten Teilnehm enden. Auf Initiative der Schweisfurth Stiftung und in Kooperation mit RegioWerk trafen sich am 4. April 2017 Menschen mit unterschiedlichen beruflichen und privaten Hintergründen aus und rund um Freiburg. Ziel war es, neue Möglichkeiten zu entdecken, die sowohl dem Hof helfen, als auch den Bedürfnissen der Menschen aus der Region gerecht werden. Sprich, die Beziehung zwischen Stadt und Land zu stärken.
Hof braucht Region
Der erste Teil der Werkstatt Stadt-Land-Tisch stand unter dem Blickwinkel „Hof braucht Region“. Während der Hofführung wurde direkt erlebbar, was die Menschen, die am Hof arbeiten leisten. Die Kälber auf dem Breitenwegerhof dürfen morgens und abends direkt am Euter der Mutter oder einer Amme trinken. So kommen sie in den Genuss von wichtigen sozialen Kontakten, die ein Eimer mit Milch als „Trinkstelle“ nicht bieten kann. Eindrucksvoll war der Vergleich verschiedener Hühnerrassen. Einerseits die Hybridhühner mit einer hohen Legeleistung, die jedoch nicht vermehrt werden können. Andererseits gleich nebenan das Zweinutzungshuhn der Rasse „Le Bleues“. Diese legen zwar weniger Eier, setzen dafür aber etwas mehr Fleisch an, sodass sie sich auch als Masthuhn eignen. Trotz der Zweinutzung müsste ein Ei der Rasse „Le Bleues“ nach aktuellen Berechnungen des Breitenwegerhofes das Doppelte kosten, um wirtschaftlich zu sein. Im Rahmen einer Seminararbeit an der Universität Freiburg ist eine ausführliche Datenerhebung und betriebswirtschaftliche Berechnung geplant.
Ausmisten, Käseschmieren und Treckerfahren
Eine Besonderheit der „Werkstatt Stadt – Land – Tisch“ in Südbaden war, dass vier Erfahrungsbotschafter im Vorfeld die Möglichkeit hatten, jeweils einen Tag auf dem Hof mitzuarbeiten – vom Ausmisten, Käseschmieren bis hin zum Treckerfahren. Ihre unmittelbaren Eindrücke vom Hofleben und dem Reichtum, der in der Beziehung zum Land liegt, waren wertvolle Beiträge, die den Workshop-Tag bereichert haben. „Mein romantisches Bild der Landwirtschaft wurde zerstört, aber gleichzeitig habe ich mich selten so glücklich und zufrieden gefühlt wie am Ende dieses Tages“, so einer der Botschafter.
Region braucht Hof
Im zweiten Teil der Werkstatt Stadt-Land-Tisch war die Kreativität der Teilnehmenden gefragt. Der Fokus lag auf den Fragen: Was wünscht sich die Region vom Hof? Wie können sich die Menschen der Region am Hof miteinbringen? Aus der Vorarbeit und der Hofführung haben sich folgende Themenfelder herauskristallisiert:
- „Soziale Landwirtschaft“ (z.B. Arbeit mit Menschen mit Behinderungen oder Personen mit Burnout)
- praktische „Mitmach-Aktionen“ auf dem Hof
- Potentiale für „neue Geschäftsmodelle“ (z.B. Frozen Joghurt in Demeter Qualität)
- „Region braucht Hof“ (Verbindung von Einkauf und Erlebnis, Ursprung der Lebensmittel aufzeigen)
Es geht weiter
Als wir abends vorbei an den Mangalitza Wollschweinen nach Hause fuhren, wurden die neu-entwickelten Ideen und Konzepte eifrig diskutiert. In Kleingruppen werden die gehobenen Möglichkeiten für Region und Hof konkretisiert. Anfang Mai geht es weiter. Interessierte sind herzlich willkommen und können sich bei werkstatt@regio-werk.de oder werkstatt@schweisfurth-stiftung.de melden.
Zusammenarbeit will gelernt sein
Der Traum: Als Betriebsgemeinschaft zusammen einen Bauernhof bewirtschaften. Die Realität: Wo Menschen zusammen arbeiten, entstehen Auseinandersetzungen. Der Weg: Methoden anwenden, die verhindern, dass der gemeinsame Erfolg gefährdet wird. Und gegebenenfalls Hilfe von außen hinzuziehen. Genau dies bietet Stephan Illi zusammen mit seinem Partner Thomas Schmid an. Sie haben „Wir kooperieren“ gegründet gemeinsam mit Unterstützern wie der Schweisfurth Stiftung und der Software AG Stiftung. Mit ihrem „Methodenkoffer“ lernen Betriebsgemeinschaften, Konflikte zu lösen und Strategien für gute Zusammenarbeit zu entwickeln. Im Interview erklärt Illi, was Berater in schwierigen Situationen leisten können und wie der gemeinsame Traum vom Hof dauerhaft Wirklichkeit wird.
Schweisfurth Stiftung: Wie viele landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften konnten Sie seit dem Start von wir-kooperieren.org betreuen?
Stephan Illi: Seit Oktober 2015 arbeiten wir mit acht Betriebsgemeinschaften zusammen. Der Schwerpunkt liegt bisher in Baden-Württemberg und Süddeutschland. Sie haben ganz unterschiedliche Betriebsstrukturen, gemeinsam ist ihnen aber, dass sie sich durch die Verteilung der Verantwortlichkeiten im Gegensatz zu den Familienbetrieben eher in Richtung Vielfalt und Diversifizierung entwickeln. Die Bandbreite reicht von Höfen, die durch zwei Familien betrieben werden, bis zu großen vielfältigen Gemeinschaften mit über 60 Mitarbeitern und zu großen Höfen mit sozialer Landwirtschaft.
Wo liegen aus Ihrer Erfahrung die größten Herausforderungen, wenn sich Menschen zusammentun, um gemeinsam einen Hof zu bewirtschaften? Bei welchen Problemen werden Sie am häufigsten hinzugezogen?
In der Regel haben die Betriebsleiter beim Start eines Hofprojektes nur wenig Erfahrung damit, wie Zusammenarbeit gut funktioniert. Jeder der Beteiligten hat seine eigene Vision vom Hof, seine eigenen Aufgaben und Rollen. Selbst unter den gleichen Begriffen versteht möglicherweise jeder etwas anderes. Dadurch kommt es über die Jahre zu einer Fülle von Missverständnissen. Das kann dazu führen, dass man sich unverstanden und in seiner Person und seinen Stärken nicht gesehen fühlt. Obwohl einem das nicht bewusst ist, interessiert man sich dann entsprechend auch weniger für die Situation der anderen. Es wird immer schwerer, sich wirklich zu begegnen. Der zuerst positive Blick auf die Kollegen wandelt sich. Darunter leidet die Arbeitsfreude. Es gibt öfter Streit, wichtige Entscheidungen werden blockiert und letztlich verschlechtert sich auch die wirtschaftliche Situation des Hofes.
Gut ist, wenn die Beteiligten in einem möglichst frühen Stadium dieser Abwärtsspirale Beratung suchen. Oftmals passiert das aber deutlich zu spät. Es ist ja auch nicht leicht zu bemerken, dass die Spannungen an der Gesamtsituation liegen und nicht in erster Linie daran, dass der Andere nicht meinen Erwartungen entspricht.
Was tun Sie, um die Situation zu verbessern, und wie lange dauert ein solcher Prozess?
Wir werden ja hinzugezogen, weil sich zum Beispiel die Kommunikation in der Gemeinschaft deutlich verschlechtert hat. Es geht also darum, einander wieder zuzuhören, eigene Bedürfnisse mitzuteilen und die der anderen kennen zu lernen, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und die eigenen Aufgaben zu klären. Entsprechend gehen wir, wie auf www.wir-kooperieren.org dargestellt, an die gemeinsame Arbeit. Aus den Bedürfnissen, Wünschen und Zukunftsbildern aller Projektbeteiligten wird ein gemeinsames Leitbild erarbeitet. Dann erstellt das Hofteam mit unserer Hilfe eine Strategie, die klärt, wie und bis wann sie die gemeinsam festgelegten Ziele angehen. Die Aufgaben jedes Einzelnen werden so genau wie möglich festgelegt. Sehr wichtig ist uns das Thema wirtschaftliche Planung und Transparenz. Es soll deutlich werden, was jeder Einzelne zum Gesamterfolg des Hofes beiträgt. Mit unseren Methoden kann man schnelle Verbesserungen erreichen, denn die Gesprächsfähigkeit sollte sich schon nach den ersten Treffen erhöhen. Wenn man nach einigen Monaten gemeinsamer Arbeit wieder über alles reden kann und viel Klarheit über den Betrieb geschaffen ist, treten persönlichere Themen in den Vordergrund. Also Fragen wie: Wie schafft man es, dass sich die verschiedenen Charaktere nicht verletzen und gegenseitig runterziehen, sondern ihre Stärken nutzen?
Insgesamt dauert es 2-3 Jahre, bis sich die Kultur der Zusammenarbeit nachhaltig verbessert, indem Transparenz hergestellt und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufgebaut wird.
Gibt es auch Fälle, in denen Sie den Klienten raten, die betreffende Betriebsgemeinschaft aufzugeben?
Solange die Menschen Hoffnung haben, besteht immer die Chance zu positiver Veränderung. Nur wenn die wirtschaftliche Situation schon sehrschwierig ist, kann es sein, dass sich keine gemeinsame Lösung finden lässt.
Was kostet Ihre Beratung die Klienten?
Vom Beratungsdienst Ökologischer Landbau Ulm wird die Beratung für seine Mitglieder im Rahmen seiner im Mitgliedsbeitrag enthaltenen Dienstleistungen angeboten. Thomas Schmid ist dort angestellt und führt diese Beratungen durch. In anderen Regionen berate ich auf Tagessatzbasis. Die Idee hinter wir-kooperieren.org ist aber auch, dass die Betriebsgemeinschaften zumindest einige Schritte ohne externe Begleitung machen können. Denkbar ist natürlich auch, dass andere Berater mit den Methoden arbeiten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von wir-kooperieren.org?
Genau letzteres ist unser Wunsch: Dass auch andere Berater unsere Methoden aufgreifen und sich mit uns darüber austauschen. Zudem möchten wir unsere Methoden für wertschöpfungsübergreifende Kooperationen weiterentwickeln. Und wir möchten die Wahrnehmung dafür schärfen, dass auch ein Familienbetrieb − zum Beispiel mit mitarbeitendem Hofnachfolger − eine Art Betriebsgemeinschaft ist. Auch innerhalb von Familien funktioniert die Zusammenarbeit oft nicht „einfach so“. Ein gemeinsam erarbeitetes Zukunftsbild, Aufgabenklärung, eine sorgfältige Jahresplanung und regelmäßiger Austausch sind wichtig, wenn es funktionieren soll.
Insofern arbeiten wir daran, dass sich die Methoden von wir-kooperieren.org noch deutlich mehr als bisher verbreiten.
Stephan Illi
ist Projektleiter von wir-kooperieren.org. Der studierte Agraringenieur war sieben Jahre lang geschäftsführender Vorstand im Demeter Bundesverband in Darmstadt. Zuvor war er 13 Jahre als Geschäftsführer der Demeter Milchbauerngemeinschaft und Demeter Erzeugerberater in Bayern mit dem Schwerpunkt Umstellungsberatung tätig. Seit 2013 ist Stephan Illi freier Berater. Er lebt in Prien am Chiemsee.
Backzutaten der Zukunft: Regionale Produkte und altbewährte Rezepte
Niemand backt so gut wie Oma: Diese Küchenweisheit macht sich das soziale Start-up-Unternehmen Kuchentratsch aus München zunutze. Seniorinnen backen hier im Auftrag Kuchen, Torten & Co. – und können sich so etwas zu ihrer Rente dazuverdienen. Gleichzeitig nehmen sie aktiv am gesellschaftlichen Leben teil und lernen neue Leute kennen.
Süß auf Bestellung
Die Gründerinnen Katharina Mayer und Katrin Blaschke starteten den Backbetrieb vor rund zwei Jahren, gleich nach Ihrem erfolgreichen Studienabschluss. Zielgruppe sind neben Bäckereien und Privatleuten Firmenkunden, die für Veranstaltungen oder Konferenzen über die Internetseite www.kuchentratsch.com Torten und Kuchen bestellen können. Auch Teamevents veranstalte Kuchentratsch seit kurzem. Gruppen von bis zu 20 Leuten können unter der professionellen Anleitung der Omas ihren Lieblingskuchen backen – vom Schokokuchen über Nussecken und Linzer Torte bis zur Apfeltart. Auch auf spezielle Kundenwünsche wie vegane, laktose-, und glutenfreie Kuchen können die Damen auf Anfrage eingehen.
Rohstoffe von regionalen Lieferanten
Dabei verfolgt Kuchentratsch eine in allen Belangen auf Nachhaltigkeit und kurze Lieferwege ausgerichtete Philosophie. Deshalb verwenden die Omas ausschließlich regionale und nachhaltige Zutaten: Die Eier liefert jeden Mittwoch Bauer Josef aus Tiefenbach, das Biomehl kommt aus Landshut und die Milchprodukte stammen aus artgerechte Haltung von Kühe im Bayrischen Voralpenland. So kann man es sich mit gutem Gewissen schmecken lassen!
Wo Kinder gut essen lernen: Bildungswerk Kronsberghof
Gemüse, Milch, Eier − für die meisten Kinder kommen Nahrungsmittel heute aus dem Supermarkt. Wer sie wie herstellt, lernen die wenigsten. Dabei ist dieses Wissen die Grundlage für eine gesunde Ernährung und für die Wertschätzung von Lebensmitteln. Deshalb bietet das Bildungswerk Kronsberghof gGmBH Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion hautnah zu erfahren.
Lernort Bauernhof
Mit den jeweils altersgerecht konzipierten Bildungsangeboten des Kronsberghofes werden die ganz Kleinen ebenso angesprochen wie Abiturienten. Das Bildungswerk vermittelt Kindergartengruppen und Schulklassen an Bauernhöfe und lebensmittelverarbeitende Betriebe in der Region. Hier erleben die Teilnehmer, wie Korn wächst und zu Brot verarbeitet wird, wie die Tiere leben, die Milch, Eier und Fleisch liefern. Trägerin des Bildungswerks ist die Schweisfurth Stiftung zusammen mit dem Verein „Ländliche Erwachsenenbildung in Niedersachsen e.V.“.
Der Ernährungsführerschein
Grundschulkinder der dritten Jahrgangsstufe können beim Bildungswerk den „Ernährungsführerschein“ machen. In sieben Unterrichtseinheiten und bei einem Vormittag auf dem Bauernhof lernen die Kinder, woher die Lebensmittel kommen, wie sie verarbeitet und gelagert werden und wie man einfache, gesunde Gerichten zaubert. Das Gelernte wird in einer Theorie- und Praxisprüfung abgefragt, das erworbene Wissen in einem Führerschein mit Passbild und Stempel dokumentiert. Es wird die Kinder ihr Leben lang begleiten − beim Einkaufen, in der Küche und am Esstisch. Daneben gibt es viele weitere spannende Angebote für Schüler, Eltern und Lehrer.
Die aktuellen Kurse und Aktivitäten finden Sie auf http://www.bildungswerk.leb.de
Projektname: Bildungswerk Kronsberghof
Startschuss: 1997
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal, regional
Zielgruppe: Kinder, Jugendliche, Lehrer, Eltern
Maßnahme: Die Schweisfurth Stiftung ist einer der rechtlichen Träger des Bildungswerkes und sorgt für kontinuierliche Weiterarbeit.
Leitung / Ansprechpartner/in für alle Ernährungsthemen: Karen Lau vom Bildungswerk Kronsberghof, karen.lau@leb.de
Mehr unter: www.bildungswerk.leb.de
Wenn zwei sich streiten, freut sich: keiner.
Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Gerade junge Menschen auf dem Land schließen sich vermehrt zu gemeinschaftlich geführten Höfen zusammen. Dabei gibt es neben bürokratischen auch menschliche Hürden zu überwinden. Unterschiedliche Vorstellungen, Arbeitsweisen, Pläne und Werthaltungen treffen aufeinander – und nicht immer entwickeln sich daraus innovative Ideen, sondern es kommt zu handfesten Auseinandersetzungen. Konfrontation ist wichtig und gesund, doch was ist zu tun, wenn das soziale Miteinander nicht klappt und deshalb die gesamte Hofexistenz in Frage gestellt wird?
Zusammenarbeit kann man lernen!
Hier setzt das Projekt „Wir kooperieren“ an, das von der Schweisfurth Stiftung, der Software AG-Stiftung und von der Cocreatio Stiftung für Kooperation und kollektive Entwicklung gefördert wird. Es bietet Werkzeuge, die landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften besser auf ihre Aufgaben vorbereiten und den Prozess des Miteinanders begleiten. Denn: Kooperation kann man lernen.
Wegweiser für mehr Kooperation: In 12 Schritten zum Erfolg
Das Handwerkszeug für ein gutes Miteinander – Formulare, Anleitungen, Checklisten, Beispiele – ist auf der Homepage des Projektes zu finden. Die Werkzeuge sind direkt anwendbar und mit Praxisbeispielen versehen.
Die Werkzeuge sind in 12 Bereiche untergliedert:
• Diagnose
• Prozessvereinbarung und Überblick
• Leitbild
• Strategie und Ziele
• Aufgaben und Zuständigkeiten
• Fertigkeiten und Weiterbildung
• Planung und Steuerung
• Information und Vertrauen
• Verträge und Vereinbarungen
• Ressourcen
• Begegnung und Teamentwicklung
• Zukunftsfähigkeit
Seit Mitte August ist die Internetseite des Projektes online: Unter www.wir-kooperieren.org können sich Interessierte und Betroffene informieren und die Tools kostenlos herunterladen.
Erfahrungs-, Spiel- und Lernraum: Das ganz andere Schullandheim
Schullandheim einmal anders − das Dorf für Kinder und Tiere in Herrmannsdorf bei München schafft Nähe: Zwischen Menschen untereinander, zwischen Mensch, Tier und Natur. Kinder haben hier die Möglichkeit, fernab von Smartphone und Spielkonsole das Dorfleben mit allen Sinnen zu erfahren. Sie pflanzen, ernten und verarbeiten ihr eigenes Gemüse, versorgen die Tiere und stellen Lebensmittel selbst her. Außerdem organisieren sie sich im Rahmen eines Dorfrates, verteilen demokratisch Aufgaben und Pflichten. Daneben gibt es viel Zeit für Entdeckungen und Spiele in und mit der Natur.
Das Projekt Dorf für Kinder und Tiere findet in den Sommermonaten statt und wird von der Schweisfurth Stiftung gefördert.
Sie möchten sich über das Dorf für Kinder und Tiere informieren oder mit einer Schulklasse teilnehmen?
Kontakt:
Dorf für Kinder und Tiere e.V.
Herrmannsdorf
85625 Glonn
Tel.: 08093 / 9094-0
info@dorfkindertiere.de
www.dorfkindertiere.de
Projektname: Dorf für Kinder und Tiere
Startschuss: 2006
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal
Zielgruppe: Kinder, Eltern, Lehrer, Schulen
Maßnahme: Jährliche Förderung
Mehr unter: dorfkindertiere.de
Unsere aktuelle Buchreihe zur Agrarkultur
Praxisnah ist die von der Schweisfurth Stiftung herausgegebene Publikationsreihe „Agrarkultur im 21. Jahrhundert“, die im Metropolis-Verlag erscheint. In den einzelnen Bänden erklären die Autorinnen und Autoren anhand konkreter Problemstellungen, wie Menschen nachhaltig und gut auf und mit dem Planeten Erde leben können. Auch im 21. Jahrhundert lassen sich viele Potenziale für ökonomische, ökologische und kulturelle Entwicklungen im Leben auf und mit dem Lande finden. Ziel der Reihe ist es, möglichst viele Mitdenker und Mitmacher bei der Gestaltung nachhaltiger Lebensformen zu entwickeln.
Bisher erschienen − Marburg, Metropolis Verlag:
Anita Idel (7. Auflage, 2019): Die Kuh ist kein Klima-Killer!
Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können.
Das Rind ist einerseits globaler Landschaftsgärtner, andererseits extrem energiereich gefüttertes Hochleistungstier. Dr. Anita Idel stellt die Frage nach dem richtigen System. Dieses Buch ist mehr als die Rehabilitierung der Kuh. Die Autorin dokumentiert den zerstörerischen Beitrag der intensiven Landwirtschaft zum Humusverlust und zum Klimawandel. Sie lässt Menschen zu Wort kommen, die durch Weidewirtschaft mit Kuh und Co. und dem Wissen des 21. Jahrhunderts die symbiotischen Potenziale des Boden-Pflanze-Tier-Komplexes wiederbeleben.
Hubert Wiggering, Detmar Schallwich unter Mitwirkung von Roderich Thien (2019): Ein Krieg im Kornfeld
Cyberkrieg und Digitalisierung – Feldroboter und Tablets, Cyborgs und Landwirte
In diesem Buch wird eine teils turbulente, teils ausholend intensive Geschichte erzählt. Sie beginnt an zwei völlig unterschiedlichen Orten der Welt, wo die Menschen versuchen, von ihrer Arbeit auf dem Land und von dem zu leben, was dieses Land ihnen gibt. Auf den ersten Blick scheinen die so weit voneinander entfernt liegenden Welten kaum etwas gemeinsam zu haben. Doch die persönlichen Schicksale führen die Beteiligten zusammen.
Hubert Wiggering (2017): Land, Landschaft, Landwirtschaft 2071
Eine Geschichte zwischen Traum und Trugschluss, die gerne eine Fiktion wäre und doch von der Realität eingeholt wird
2017 – 2071! Nicht nur ein Zahlendreher, sondern zwei Blickrichtungen, nach vorne und zurück. Land zum Wirtschaften, Landschaften, die wir gestalten. Unsere Verantwortung sinnvoll mit den Ressourcen umzugehen wird weiter steigen. „Weiter so“? Das kann nicht die Lösung sein. Wie vielschichtig aber die Überlegungen zur Landwirtschaft und zur zukünftigen Produktion von Nahrungsmitteln sind, wird in diesem Buch erzählerisch subtil aufgezeigt. Auch wenn wir uns oft selbst im Wege stehen, es gibt immer Lösungen. Wenn wir aus dem heutigen Tun lernen, müssen wir nicht immer wieder dieselben Fehler machen. Viele werden dafür in die Verantwortung genommen. Das gilt gleichermaßen für die Landwirte als Primärproduzenten, für die Veredlungsindustrie wie für uns alle als Konsumenten. Das gilt ebenso für die Wissenschaftler, die vielen Berater und die Politiker, die zukünftig einfach nur die richtigen Entscheidungen treffen müssen. Bereits heute lässt sich erahnen, wie schwierig dies auch im Jahre 2071 sein wird, wenn die Welt und auch die Landwirtschaft sich dramatisch verändert hat.
Michael Beleites (2016): Land-Wende.
Raus aus der Wettbewerbsfalle!
Die Industrialisierung der Landwirtschaft wird weder von profitgierigen Landwirten, noch durch geizige VErbraucher bewirkt. Ihr Verursacher ist der Verdrängungswettbewerb, die Logik vom „Wachsen oder Weichen“ der Höfe. Michael Beleites untersucht die Wettbewerbslogik dort, wo sie herkommt – in der Biologie. Sein Befund: Nicht Kampf und Konkurrenz leiten die Naturprozesse, sondern Kooperation und ökologische Integration, die Umweltresonanz.
Franz-Theo Gottwald, Isabel Boergen (Hg.) (2013): Essen & Moral.
Beiträge zur Ethik der Ernährung
Jeder Bissen ein Fall für das Gewissen? Die ausgewählten Beiträge schildern die mannigfaltigen ethischen Herausforderungen, denen sich jeder von uns täglich aufs Neue stellen muss − sei es als Produzent, Vermarkter oder Verbraucher. Details wie die Patentierung von Leben oder die Kennzeichnung gentechnikfreier Lebensmittel werden von den Autorinnen und Autoren dabei ebenso aufgegriffen wie grundsätzliche philosophische Fragen, die sich etwa beim Verzehr von Produkten tierischer Herkunft stellen.
Karin Jürgens (2013): Milchbauern und ihre Wirtschaftsstile.
Warum es mehr als einen Weg gibt, ein guter Milchbauer zu sein.
Wie können Bauern die Zukunft ihrer landwirtschaftlichen Betriebe sichern?
Die freiberufliche Agrarwissenschaftlerin Dr. Karin Jürgens beschreibt anhand der Biografien von Milchviehbetrieben und deren Wirtschaftsstilen Entwicklungsoptionen jenseits von Wachsen oder Weichen.
Kristina Pezzei (2012): Verkaufen können wir selber!
Wie sich Landmenschen ihren Laden zurück ins Dorf holen.
Dieses Buch handelt von Menschen, deren Ideen und was sie daraus machten, um sich wieder Läden ins eigene Dorf zu holen. Es berichtet von Initiativen und Aktionen, die oft ohne finanzielle Unterstützung, dafür aber mit viel ehrenamtlichem Einsatz neue Wege ausprobieren. Die Journalistin und Geografin Kristina Pezzei hat Dorfläden in ganz Deutschland besucht. Sie zeigt, dass solche Projekte funktionieren und sogar als Vorbilder für ähnliche Vorhaben in Städten dienen können.
Franz-Theo Gottwald (2. Auflage, 2012):Esst anders!
Vom Ende der Skandale. Über inspirierte Bauern, innovative Handwerker und informierte Genießer.
Wir brauchen eine ethische und politische Wende, die sich an Gerechtigkeit, Souveränität, der Würde des Lebens und an der Re-Regionalisierung orientiert. Sonst werden Lebensmittelskandale, Pandemien, Tierquälerei und Umweltverbrauch notwendige Folgen der städtischen Essgewohnheiten bleiben. Das Buch verdeutlicht, warum wir so leben, wie wir essen und warum wir jetzt anders essen müssen, damit auch künftige Generationen noch gut zu essen haben.
Zusammenarbeit mit Universitäten
Junge Menschen für eine nachhaltige Neugestaltung der Land- und Lebensmittelwirtschaft zu begeistern, ist eines der Anliegen der Schweisfurth Stiftung. An der Humboldt-Universität zu Berlin lehrt Stiftungsvorstand Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald alle zwei Jahre im Rahmen einer Vorlesungsreihe „Agrar-, Ernährungs- und Umweltethik“. Sein Ziel ist es dabei, Studentinnen und Studenten zu befähigen, selbstständig bioethische Problemstellungen zu identifizieren, zu analysieren und angemessene Lösungen zu entwickeln.
Auch am Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) an der Universität Witten-Herdecke bringt sich die Schweisfurth Stiftung regelmäßig mit Beiträgen bei der jährlich stattfindenden Zukunftskonferenz Food ein.
Deutsches Netzwerk für Ernährungsethik DNEE
Mit jeder Kaufentscheidung wird auch eine Wahl für oder gegen die Art und Weise der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung getroffen. Bei Lebensmitteln gehören zu den entscheidenden Fragen unter anderem: Einsatz von Pestiziden und Antibiotika? Gentechnische Veränderungen im Erbgut? Erhaltung fruchtbarer Böden? Tierwohl? Transportwege? Wir in der Schweisfurth Stiftung sind überzeugt, dass es häufig keine Ja/Nein-Antworten gibt. Es ist unser Anliegen, gemeinsam mit anderen Institutionen Bewusstsein zu schaffen für die Komplexität und Verbundenheit der Zukunftsherausforderungen.
Ist Essen noch Privatsache?
Angesichts gravierender Auswirkungen, die Ernährungsverhalten haben kann, ist jede einzelne Konsumentscheidung auch moralisch relevant.
Ernährungsgerechtigkeit, Intensivtierhaltung, Klimawandel, Ressourcenknappheit, Welthunger − jede Mahlzeit in der globalisierten Welt ist mit Folgen für andere Menschen, Tiere und Umwelt verbunden. Um den vielfältigen ernährungsethischen Fragen nachzugehen, hat die Schweisfurth Stiftung das Deutsche Netzwerk für Ernährungsethik (DNEE) gegründet. DNEE ist eine Plattform zur Vernetzung von Akteuren, die sich mit der ethischen Dimension von Landwirtschaft und Ernährung beschäftigen.
Das Netzwerk fördert den Austausch, regt gesellschaftliche Diskussionen und politische Diskurse an und stellt Informationen rund um die Ethik der Ernährung bereit.
Projektname: Deutsches Netzwerk Ernährungsethik
Startschuss: 2008
Status: läuft
Wirkungskreis: global
Zielgruppe: Wissenschaftler, Praktiker und Interessierte, die sich mit Foodethics beschäftigen
Maßnahme: Trägerschaft
Leitung / Ansprechpartner/in: Nora Klopp, Schweisfurth Stiftung
wir-kooperieren.org
Was brauchen wir für ein gutes Leben? Wie lassen sich Betriebsgemeinschaften nachhaltig entwickeln? Welche Kooperationsmöglichkeiten gibt es zwischen Stadt und Land und was braucht es für ein gutes Miteinander?
Tolle Idee − und dann?
Der zündenden Idee, einen Biohof gemeinsam zu bewirtschaften, folgt oft eine Phase harter Um- und Auseinandersetzung. Unterschiedliche Vorstellungen, Arbeitsweisen und Weltanschauungen prallen aufeinander. Damit aus solchen Prozessen eine erfolgreiche und fruchtbare Kooperation für möglichst alle Beteiligten wachsen kann, arbeiten wir gemeinsam mit der Software AG Stiftung und Projektleiter Stephan Illi an einer Studie zur „Förderung der Zusammenarbeit von biodynamischen Bauern als Impuls zur Diversifizierung des Ökolandbaus“.
Ziel ist es, gemeinsam herauszufinden, wie sich zwischenmenschliche Konflikte bei der Gründung oder Führung von Hofgemeinschaften in der Landwirtschaft lösen lassen. Kernstück des Projekts ist eine gezielte Beratung, mit deren Hilfe die Beteiligten Entwicklungsprozesse erfolgreich umsetzen können.
Einzigartiges Beratungsangebot
Da es bisher kaum Angebote gibt, die Zusammenarbeit systematisch und grundlegend zu erlernen, schließt dieses wegweisende Projekt eine große Lücke. „Auf der Webseite www.wir-kooperieren.org wird die zielgerichtete Beratung ergänzt durch praktisches Handwerkszeug zum Herunterladen“, so Projektleiter Stephan Illi. Das Angebot richtet sich an bestehende ebenso wie an in Gründung befindliche Hofgemeinschaften.
Solidarische Regionen
Wie groß der Wunsch nach Nähe zwischen Bauern und Konsumenten tatsächlich ist, zeigt das Projekt „Solidarische Regionen“. Zur Jahreswende 2014/2015 wurden über vier Monate hinweg Biokunden, Biobauern sowie Verarbeiter und Händler der Biobranche befragt: Wünschen Sie sich eine tiefergehende Beziehung über die Wertschöpfungskette hinweg? Und wenn ja, wie sieht dieses Interesse konkret aus?
Wer macht was und wie?
Die Auswertung zeigte deutlich, dass ein wachsender Anteil der Verbraucher gerne mehr über regionale Erzeuger und Hersteller wissen will. Auch die Gesichter und Geschichten hinter den Lebensmitteln kennenzulernen, ist den Konsumenten zunehmend ein Anliegen. Ebenso wurde großes Interesse an mehr Teilhabe festgestellt, etwa durch Mitfinanzierung von Betriebsinvestitionen. Einige der Befragten wollten gerne ganz konkret auf Höfen mitarbeiten.
Im Artikel Erfolgsrezept Kooperation: Durch gute Zusammenarbeit Veränderungen vorantreiben finden Sie aktuelle Informationen zum Projekt.
Gefördert durch