(c) Rosella Roth

„Die Artenkrise braucht endlich mehr politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit!“

Einmal im Jahr organisiert die Schweisfurth Stiftung einen Blühbotschafter:innen-Lehrgang. Dabei besuchen die Teilnehmenden unterschiedliche Projekte und Orte. Zu jedem Treffen sind ExpertInnen eingeladen, die grundlegendes Fachwissen zur Ökologie und den Ansprüchen der Insekten an ihren Lebensraum vermitteln und praktisch erlebbar machen.Die Themen sind z.B. Saatgut- und Pflanzenauswahl, Anlegen kommunaler Blühflächen, Möglichkeiten der Landwirtschaft sowie die Vorstellung verschiedener Netzwerke. Der rote Faden dabei ist die Frage: Was können wir tun, um die Lebensbedingungen der Insekten zu verbessern?

Am Ende der Ausbildung setzen die Teilnehmenden ein Projekt in ihrem Lebensumfeld unter Begleitung um. Nadia Sadeghian hat an unserem Blühbotschafter:innen-Lehrgang teilgenommen. Ihr Wissen setzt sie nun tatkräftig für mehr Artenschutz in ihrem oberbayerischen Heimatdorf Waakirchen ein:

Nadia, wie bist du auf den Lehrgang gestoßen?

Mein Vater, der aus dem Iran stammt, ist leidenschaftlicher Gärtner und auch ich interessiere mich schon mein Leben lang für Blumen. Die Bio-Gärtnerin unseres Dorfes machte mich darauf aufmerksam, wie wichtig Wildblumen für den Insektenschutz sind, und empfahl mir den Blühbotschafter:innenkurs – sie hatte selbst daran teilgenommen und war sehr begeistert.

Was hat dir am Kurs gefallen?

Der Lehrgang war für mich ein echtes Erweckungserlebnis. Ich habe erstmals die Artenkrise verstanden: Ohne Wildblumen keine Bestäuber, ohne Bestäuber keine Pflanzen, ohne Pflanzen keine Tiere – und schließlich keine Menschen. Zugleich habe ich gelernt, dass jede heimische Wildblume und jeder neue Lebensraum der Artenvielfalt helfen.

Was hat den Lehrgang für dich so wertvoll gemacht?

Vor allem die Kursleiterin Carmen Grimbs, die uns mit Begeisterung angeleitet und betreut hat. Auch die Referent:innen waren hochkarätig. Aus unserem Kurs ist ein starkes Netzwerk entstanden, in dem wir uns bis heute gegenseitig unterstützen. So hat zum Beispiel die Teilnehmerin Karin Haslbeck das Start-up Wilder Stadtgarten gegründet, das heimische Wildstauden aus regionalem Saatgut vermehrt und verkauft – eine ideale Ergänzung zu unserem eigenen Projekt.

Worum genau handelt es sich bei diesem Projekt?

Waakirchen blüht auf! ist ein neues Mitmachprojekt des Waakirchener Vereins Wos Guads vor Ort e.V. Es dient dem Schutz und der Förderung der Wildbienen in der Gemeinde und der Umgebung. In Privatgärten, auf Balkonen und Betriebshöfen entstehen kleine Trittsteinbiotope für Wildbienen und andere Insekten. Das Projekt bietet allen Teilnehmenden kostenfrei Informationen, Vorträge, gebietsheimisches Saatgut, Kies zum Abmagern der Beete und gemeinsame Pflanzaktionen. Wer Spaß an Naturbeobachtungen hat und die Artenvielfalt fördern möchte, findet hier ein starkes Netzwerk für gegenseitige Unterstützung und wertvollen Erfahrungsaustausch. Mehrere Projektpartner:innen, darunter auch Karin Haslbeck, und die Raiffeisenbank im Oberland als Schirmherrin unterstützen uns.

Was ist deine Vision?

Ich wünsche mir, dass daraus eine größere Bewegung in unserem Ort und in der Region entsteht. Die Artenkrise braucht endlich mehr politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Meiner Meinung nach sollte diese bislang überwiegend ehrenamtliche Arbeit für den Schutz von Wildbienen und anderen Insekten zudem von Kommunen und staatlicher Seite deutlich stärker unterstützt werden – finanziell wie personell.

Insektensterben stoppen – Mehr Wildnis für Stadt und Land!

Die Schweisfurth Stiftung hat 2021 31 Menschen im Blühbotschafter:innen-Lehrgang dazu ausgebildet, durch eigene Projekte vor Ort die Artenvielfalt zu erhöhen

Was hilft der Insektenvielfalt? Und was kann ich als Einzelne:r tun, um die Lebensbedingungen der Insekten zu verbessern? Antworten auf diese Fragen erhielten hochmotivierte Teilnehmer und Teilnehmerinnen zweier Blühbotschafter Lehrgänge von Mai bis Juli dieses Jahres. Die von der Schweisfurth Stiftung organisierten Exkursionen und Vorträge in München und Weilheim zur Stärkung der Insektenvielfalt waren ein voller Erfolg: Die neu ausgebildeten Blühbotschafter:innen werden rund 30 neue insektenfreundliche Projektflächen in ganz Deutschland entstehen lassen.

Mehr Wissen und Tatkraft für den Insektenschutz

Die Artenvielfalt ist um 31 Blühbotschafter:innen reicher geworden: So viele Multiplikator:innen hat die Schweisfurth Stiftung bei ihren diesjährigen Blühbotschafter:innen-Lehrgängen ausgebildet. Sie alle wollen sich künftig aktiv für bessere Lebensbedingungen blütenbesuchender Insekten, für blütenreiche und insektenfreundliche Gärten, Siedlungen und Landschaften einsetzen. Die Blühbotschafter:innen nahmen von Mai bis Juli 2021 in München und Weilheim gemeinsam mit Projektleiterin Carmen Grimbs an verschiedensten Exkursionen und Vorträgen zum Thema Insektenvielfalt teil. Zu jedem Treffen waren Expert:innen eingeladen, die Fachwissen zu Ökologie und den Ansprüchen der Insekten an ihren Lebensraum vermittelten und praktisch erlebbar machten. Beispielsweise zeigte Julie Weissmann (BUND) den Teilnehmer:innen, wo die wilden Bienen Münchens wohnen. Der rote Faden dabei war die Frage: Was kann jeder Einzelne tun, um die Lebensbedingungen der Insekten zu verbessern?

Landwirte und Krankenschwestern schaffen Blühflächen

Unter den Teilnehmenden waren alle Altersklassen, Vorkenntnisse und Interessensgebiete vertreten. Sie alle werden sich künftig auf vielfältigste Weise für die Insektenvielfalt einsetzen. So will eine Erzieherin das erlernte Wissen künftig in einem Projekt zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung mit Kindern umsetzen. Eine Landwirtsfamilie wird im Anschluss an den Lehrgang Blühflächen als Trittsteine in der Agrarlandschaft anlegen. Und eine Krankenschwester darf an ihrem Krankenhaus als Blühbotschafterin eine neu anzupflanzende Fläche in Blühflächen umwandeln.

„Das Blühbotschafter:innen Lehrgang vermittelte mir als große Tier- und Naturfreundin eine Quelle neuen Wissens. Es ist eine Freude und treibt meinen Elan nochmal deutlich an, mich mit Gleichgesinnten für den Natur- und Artenschutz sowie den Erhalt der Biodiversität zu engagieren“, resümiert Teilnehmerin Nicole Klötzer.

Hohe Motivation und viele neue Ideen

Projektleiterin Carmen Grimbs von der Schweisfurth Stiftung ist rundum zufrieden mit dem Resultat: „Alle Teilnehmer:innen waren hoch motiviert, voller Tatendrang und hatten zumeist schon vor den Lehrgängen konkrete Umsetzungsideen. Besonders gefreut hat mich, dass zu den am Anfang der Kurse angedachten Projektideen noch viele neue Idee hinzukamen. So konnten die Lehrgänge dazu beitragen, das Spektrum der Möglichkeiten zu vergrößern und die Umsetzung konkret anzugehen.“

Klarheit über Ursachen des Insektensterbens schaffen und Engagierte vernetzen

Der Schweisfurth Stiftung ist es ein Anliegen, durch die Lehrgänge Bewusstsein für die schwierige Situation für blütenbesuchende Insekten zu schaffen. Auch die Zusammenhänge zwischen Biodiversitäts- und Klimakrise sollen in den Kursen herausgearbeitet werden. Am Wichtigsten ist jedoch die konkrete Umsetzung vor Ort: Speziell in Städten zerstört die Nachverdichtung viele Lebensräume zum Beispiel von Wildbienen. Durch das Schaffen vieler kleiner naturnaher Flächen kann gerade hier ein großer Beitrag geleistet werden. Für die Kontinuität des Engagements der Blühbotschafter:innen ist die Vernetzung und der Austausch der Multiplikator:innen untereinander essentiell. Deswegen steht die Schweisfurth Stiftung den Teilnehmer:innen natürlich auch nach den Lehrgängen mit Rat und Tat zur Seite und organisiert regelmäßige Austausch- und Vernetzungstreffen.

Weitere Informationen zum Projekt Blühbotschafter:innen-Lehrgang sind hier zu finden.

Unser Dank gilt zudem unseren Förderpartnern, ohne deren Unterstützung der Lehrgang nicht hätte stattfinden können: