Insektensterben stoppen – Mehr Wildnis für Stadt und Land!
Die Schweisfurth Stiftung hat 2021 31 Menschen im Blühbotschafter:innen-Lehrgang dazu ausgebildet, durch eigene Projekte vor Ort die Artenvielfalt zu erhöhen
Was hilft der Insektenvielfalt? Und was kann ich als Einzelne:r tun, um die Lebensbedingungen der Insekten zu verbessern? Antworten auf diese Fragen erhielten hochmotivierte Teilnehmer und Teilnehmerinnen zweier Blühbotschafter Lehrgänge von Mai bis Juli dieses Jahres. Die von der Schweisfurth Stiftung organisierten Exkursionen und Vorträge in München und Weilheim zur Stärkung der Insektenvielfalt waren ein voller Erfolg: Die neu ausgebildeten Blühbotschafter:innen werden rund 30 neue insektenfreundliche Projektflächen in ganz Deutschland entstehen lassen.
Mehr Wissen und Tatkraft für den Insektenschutz
Die Artenvielfalt ist um 31 Blühbotschafter:innen reicher geworden: So viele Multiplikator:innen hat die Schweisfurth Stiftung bei ihren diesjährigen Blühbotschafter:innen-Lehrgängen ausgebildet. Sie alle wollen sich künftig aktiv für bessere Lebensbedingungen blütenbesuchender Insekten, für blütenreiche und insektenfreundliche Gärten, Siedlungen und Landschaften einsetzen. Die Blühbotschafter:innen nahmen von Mai bis Juli 2021 in München und Weilheim gemeinsam mit Projektleiterin Carmen Grimbs an verschiedensten Exkursionen und Vorträgen zum Thema Insektenvielfalt teil. Zu jedem Treffen waren Expert:innen eingeladen, die Fachwissen zu Ökologie und den Ansprüchen der Insekten an ihren Lebensraum vermittelten und praktisch erlebbar machten. Beispielsweise zeigte Julie Weissmann (BUND) den Teilnehmer:innen, wo die wilden Bienen Münchens wohnen. Der rote Faden dabei war die Frage: Was kann jeder Einzelne tun, um die Lebensbedingungen der Insekten zu verbessern?
Landwirte und Krankenschwestern schaffen Blühflächen
Unter den Teilnehmenden waren alle Altersklassen, Vorkenntnisse und Interessensgebiete vertreten. Sie alle werden sich künftig auf vielfältigste Weise für die Insektenvielfalt einsetzen. So will eine Erzieherin das erlernte Wissen künftig in einem Projekt zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung mit Kindern umsetzen. Eine Landwirtsfamilie wird im Anschluss an den Lehrgang Blühflächen als Trittsteine in der Agrarlandschaft anlegen. Und eine Krankenschwester darf an ihrem Krankenhaus als Blühbotschafterin eine neu anzupflanzende Fläche in Blühflächen umwandeln.
„Das Blühbotschafter:innen Lehrgang vermittelte mir als große Tier- und Naturfreundin eine Quelle neuen Wissens. Es ist eine Freude und treibt meinen Elan nochmal deutlich an, mich mit Gleichgesinnten für den Natur- und Artenschutz sowie den Erhalt der Biodiversität zu engagieren“, resümiert Teilnehmerin Nicole Klötzer.
Hohe Motivation und viele neue Ideen
Projektleiterin Carmen Grimbs von der Schweisfurth Stiftung ist rundum zufrieden mit dem Resultat: „Alle Teilnehmer:innen waren hoch motiviert, voller Tatendrang und hatten zumeist schon vor den Lehrgängen konkrete Umsetzungsideen. Besonders gefreut hat mich, dass zu den am Anfang der Kurse angedachten Projektideen noch viele neue Idee hinzukamen. So konnten die Lehrgänge dazu beitragen, das Spektrum der Möglichkeiten zu vergrößern und die Umsetzung konkret anzugehen.“
Klarheit über Ursachen des Insektensterbens schaffen und Engagierte vernetzen
Der Schweisfurth Stiftung ist es ein Anliegen, durch die Lehrgänge Bewusstsein für die schwierige Situation für blütenbesuchende Insekten zu schaffen. Auch die Zusammenhänge zwischen Biodiversitäts- und Klimakrise sollen in den Kursen herausgearbeitet werden. Am Wichtigsten ist jedoch die konkrete Umsetzung vor Ort: Speziell in Städten zerstört die Nachverdichtung viele Lebensräume zum Beispiel von Wildbienen. Durch das Schaffen vieler kleiner naturnaher Flächen kann gerade hier ein großer Beitrag geleistet werden. Für die Kontinuität des Engagements der Blühbotschafter:innen ist die Vernetzung und der Austausch der Multiplikator:innen untereinander essentiell. Deswegen steht die Schweisfurth Stiftung den Teilnehmer:innen natürlich auch nach den Lehrgängen mit Rat und Tat zur Seite und organisiert regelmäßige Austausch- und Vernetzungstreffen.
Weitere Informationen zum Projekt Blühbotschafter:innen-Lehrgang sind hier zu finden.
Unser Dank gilt zudem unseren Förderpartnern, ohne deren Unterstützung der Lehrgang nicht hätte stattfinden können:
Vom Winde verweht! Ferntransport von Pestiziden in der Luft wissenschaftlich belegt
Der Verdacht steht schon länger im Raum, nun hat ihn eine Studie, die das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft zusammen mit dem Umweltinstitut München in Auftrag gegeben hat, eindeutig bestätigt: Pestizide sind überall in unserer Atemluft. In der Regel als Pestizid-Cocktail mit fünf bis über 30 Pestiziden. Von den in der Luft gefundenen Pestiziden sind 30 % nicht (mehr) zugelassen. Das ergab die Untersuchung von 163 Standorten in ganz Deutschland im Zeitraum von 2014 bis 2019. Die weitreichende Implikation: Die Ko-Existenz von Bio-Anbau und konventioneller Landbewirtschaftung ist grundsätzlich gefährdet. Gibt es kein entschlossenes, zeitnahes Handeln seitens der Politik, wird Bio ohne Kontamination langfristig eine Utopie.
Wichtige Pionierarbeit
Noch nie zuvor wurde in Deutschland der Pestizidgehalt der Luft so umfassend untersucht. Das alarmierende Ergebnis: An drei Viertel aller Untersuchungsstandorte konnten die WissenschaftlerInnen des Instituts TIEM (Team Integrierte Umweltüberwachung) mindestens fünf und bis über 30 Pestizide nachweisen – sowohl in der Stadt, auf dem Land und sogar in Naturschutzgebieten. Selbst auf der Spitze des Brockens in Mitten des Nationalparks Harz fanden die WissenschaftlerInnen 12 Pestizide. „Mit der Studie wurde wichtige Pionierarbeit geleistet. Sie liefert den wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Pestizide in allen Regionen Deutschlands und weit abseits der Ursprungs-Äcker nachweisbar sind“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung und Mitglied im Vorstand des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Bio in Gefahr!
Die Ergebnisse der Studie zur Pestizid-Belastung der Luft hat weitreichende Implikationen für die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft: Die Pestizide gelangen über die Luft auch auf die Äcker von Bäuerinnen und Bauern, die nach ökologischen Prinzipien arbeiten, d.h. naturverträglich und ohne den Einsatz synthetisch-chemischer Pestizide. „Immer wieder werden biologisch bewirtschaftete Äcker durch Ackergifte kontaminiert, ganze Ernten gehen so verloren“, erklärt Boris Frank, Vorsitzender des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Deshalb ruft das Bündnis die Bundesregierung auf umgehend zu handeln. Konkret fordern sie ein sofortiges Verbot der Ackergifte, die sich am stärksten verbreiten, u.a. Glyphosat, sowie eine stärkere Berücksichtigung des sogenannten Ferntransports von Pestizidwirkstoffen im europäischen Pestizid-Zulassungsverfahren. „Nur so erfüllt die Politik ihre staatliche Vorsorgepflicht gegenüber den Menschen und der Natur und ermöglicht die zukünftige Existenz und den Ausbau des von ihr selbst geforderten Öko-Landbaus. Die Ko-Existenz von ökologischem Anbau und konventioneller Landbewirtschaftung ist eine legitime Forderung und muss in Deutschland dauerhaft gewährleistet werden“, erläutert Kohlschütter.
Hier geht es zur Studie „Pestizid-Belastung der Luft“.
Weitere Informationen finden Sie zudem in der Pressemitteilung des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Ausführliche Informationen zu Methoden, Studiendesign und dem in der Studie angewendeten Citizen Science Ansatz gibt es hier zum Nachlesen.
Blühbotschafter:innen-Lehrgang
Hintergrund
Es ist schlimmer als erwartet – zu diesem Ergebnis kommen die WissenschaftlerInnen der im November 2019 im Nature Magazin veröffentlichten Studie der TU München. Sie konnten zeigen, dass in Deutschland die Biomasse der Fluginsekten in den vergangenen 30 Jahren um 75 % zurückgegangen ist. Allein bei den Wildbienen sind bereits 50 % der Arten auf der roten Liste (5. Fassung vom Bundesamt für Naturschutz).
Doch wildlebende Insekten, wie zum Beispiel Bienen oder Schmetterlinge, haben eine zentrale Funktion in unserem Ökosystem und sind essentiell für uns Menschen: Denn etwa 80 % unserer Wild- und Nutzpflanzen sind auf die Bestäubung von Insekten angewiesen. Genau diese Ökosystemdienstleistung ist aufgrund des aktuellen, dramatischen Insektenschwundes akut gefährdet. Nun gilt es diesen Trend umzukehren und den Artenschwund zu stoppen.
Ziel
Jeder Einzelne kann zum Schutz blütenbestäubender Insekten beitragen! Wie das konkret funktioniert, können Interessierte im BlühbotschafterInnen-Lehrgang der Schweisfurth Stiftung lernen. Zentrales Ziel des Lehrgangs ist es, die Teilnehmenden dazu zu befähigen, selbst Projekte zum Schutz der Insekten bzw. zum Arterhalt in ihrem persönlichen Umfeld wie bspw. in der Schule, der Kommune oder auf dem Firmengelände anzustoßen, umzusetzen und langfristig zu begleiten.
Zielgruppe
BlühbotschafterInnen sind Menschen, die sich für eine blühende Landschaft und damit für den Schutz blütenbesuchende Insekten einsetzen: GartenliebhaberInnen, HausmeisterInnen, LandwirtInnen, Kommunale MitarbeiterInnen, NaturschützerInnen, ImkerInnen, PädagogInnen und alle sonstigen Interessierte über 18 Jahre.
Inhalte
Einmal im Jahr organisiert die Schweisfurth Stiftung einen BlühbotschafterInnen-Lehrgang. Dabei besuchen die Teilnehmenden unterschiedliche Projekte und Orte. Zu jedem Treffen sind ExpertInnen eingeladen, die grundlegendes Fachwissen zur Ökologie und den Ansprüchen der Insekten an ihren Lebensraum vermitteln und praktisch erlebbar machen.Die Themen sind z.B. Saatgut- und Pflanzenauswahl, Anlegen kommunaler Blühflächen, Möglichkeiten der Landwirtschaft sowie die Vorstellung verschiedener Netzwerke. Der rote Faden dabei ist die Frage: Was können wir tun, um die Lebensbedingungen der Insekten zu verbessern?
Am Ende der Ausbildung setzen die Teilnehmenden ein Projekt in ihrem Lebensumfeld unter Begleitung um.
Lesen Sie mehr zum Blühbotschafter:innen Lehrgang im Nachbericht 2020 Jede Blüte zählt! Gemeinsam den Sinkflug der Insekten stoppen und im Nachbericht 2021 Insektensterben stoppen – Mehr Wildnis für Stadt und Land!
Sie möchten das Projekt unterstützen? Hier finden Sie mehr Infos.
Projektname: Blühbotschafter:innen-Lehrgang
Startschuss: Mai 2020
Status: läuft
Wirkungskreis: Bayern
Zielgruppe: Gartenliebhaber:innen, Hausmeister:innen, kommunale Mitarbeiter:innen, Imker:innen, Planer:innen, Pädagog:innen, Landwirt:innen
Maßnahmen: In einem fünftägigen Lehrgang vermitteln Expert:innen grundlegende Kenntnisse im Bereich Artenschutz, mit dem Ziel, die Teilnehmenden zu Multiplikator:innen auszubilden.
Ansprechpartnerin: Carmen Grimbs, Kontakt: cgrimbs [at] schweisfurth-stiftung.de