Mitmachen: Partizipation als Grundlage für die Gestaltung der eigenen Region

In Wurzen und Lindau wurde gerade einmal mehr deutlich: Das Konzept der Mitmach-Konferenz der Schweisfurth Stiftung ist ein voller Erfolg. Immer mehr Menschen wollen selbst aktiv werden und sich für eine nachhaltige und enkeltaugliche Zukunft einsetzen. Das Credo lautet: Nicht mehr länger warten bis sich etwas in Politik und Wirtschaft ändert, sondern selbst Gestalter*in der eigenen Region werden. Die Mitmach-Konferenz befähigt dazu.

Wie gestalten wir gemeinsam die Region nachhaltig?

Diese Frage stand im Mittelpunkt der Zukunftswerkstatt in Wurzen , welche von der Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit einem transdisziplinären Projektkonsortium im Rahmen des Projektes WERTvoll organisiert wurde. Dazu wurden am 28.11.2019 Akteure aus den Bereichen Landwirtschaft, Gemeinschaftsverpflegung, Handel, Kommunikation und Kulturlandschaftsentwicklung zusammengebracht, um für einen Tag gemeinsam an Strukturen für eine nachhaltige Versorgung der Großstadt Leipzig durch ihr Umland zu erarbeiten. Ziel dabei war es, konkrete Ansätze der Zusammenarbeit zu entwickeln, welche zudem die Stadt-Land-Beziehungen stärken und Leipzig und Umgebung langfristig zu einem Leuchtturm für andere Regionen zu machen.

Mitmach-Konferenz für alle: Das Open-Source Prinzip

Was es für die Organisation und Durchführung einer Mitmach-Konferenz braucht, soll zukünftig allen Interessierten zugänglich sein. Denn nur so kann sich das vielversprechende, partizipative Veranstaltungsformat verbreiten und noch mehr Menschen dazu befähigen, Gestalter*in der eigenen Region zu werden. Deshalb erstellt die Schweisfurth Stiftung aktuell, zusammen mit WirUndJetzt e.V. , der Be the Change Stiftung und den Pioneers of Change, ein Handbuch und einen Onlinekurs, sodass Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum eigenständig eine Mitmach-Konferenz veranstalten und damit ihre Region nachhaltig prägen können. Dass das funktioniert, zeigte dieses Jahr der Verein WirUndJetzt e.V.: Für ein Wochenende verwandelten dieser am 2. und 3. November 2019 die Inselhalle in Lindau in ein Labor für die nachhaltige Gestaltung der Bodenseeregion.

Einfaches Konzept, große Wirkung

Bei einer Mitmach-Konferenz kommen für einen oder mehrere Tage Menschen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft zusammen, um darüber zu diskutieren wie Bürger*innen zur nachhaltigen Gestaltung der Region beitragen können. Es wird eine Landkarte erarbeitet, welche Initiativen es schon gibt, welche es vielleicht noch braucht und wie diese unterstützt werden können. Im Zentrum steht dabei das Mitmachen: Nach kurzen Impulsvorträgen werden gemeinsam konkrete Ideen und Umsetzungskonzepte erarbeitet. Ziel ist es, dass die Teilnehmer*innen miteinander in den Dialog treten, sich vernetzen und dadurch Veränderungen anstoßen und neue Kooperationen in die Wege leiten. Wie die beiden Veranstaltungen in Wurzen und Lindau zeigen: Das Konzept geht auf!

Mehr Informationen zu dem Projekt finden Sie hier:

mitmach-konferenz.org
wertvoll.stoffstrom.org

Grenzenloses Wissen oder wie Nachbarn voneinander lernen können!

„Um die natürlichen Lebensgrundlagen auch für nachfolgende Generationen zu erhalten, braucht es grenzübergreifende Zusammenarbeit. Mit dem Ziel Praxiswissen schnell zu verbreiten. Der interessante Austausch mit Vertretern aus den Niederlanden hat dies einmal mehr gezeigt“, so Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.

Die Niederlande stehen hinsichtlich der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung vor ähnlichen Fragestellungen wie ihre europäischen Nachbarländer: Wie können die Klimaziele des Pariser Abkommens erreicht werden? Wie lässt sich der dramatische Verlust der Biodiversität stoppen? Und wie können Boden und Wasser effektiv geschützt werden? In vielen Ländern gibt es bereits Leuchtturmbeispiele und vielversprechende Ansätze, wie diese Herausforderungen bewältigt werden können. Die Niederlande sandte deshalb nun ihre Botschaftsräte in verschiedene Nachbarländer aus, mit dem Auftrag, Best-Practice-Projekte zu identifizieren. Im Zuge dessen ist der niederländische Botschaftsrat für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität, Peter Vermeij zusammen mit seiner Kollegin Anna Meyer zum Austausch in die Schweisfurth Stiftung gekommen.

Mitmach-Konferenz und Boden-Allianz überzeugen

Beeindruckt hat dabei unter anderem das Konzept der regionalen Mitmach-Konferenz, dass die Schweisfurth Stiftung im Rahmen des Projektes Stadt-Land-Tisch entwickelt und beispielsweise im Chiemgau und der Region Bodensee Oberschwaben umgesetzt hat. Bei Mitmach-Konferenzen treffen sich VertreterInnen aus (Land-)Wirtschaft, Politik, Verwaltung sowie alle interessierten BürgerInnen und stellen Projekte und Initiativen aus der Region vor. Ziel ist es Synergien aufzudecken, neue Kooperationen zu initiieren und das Schwarmwissen aller TeilnehmerInnen zu nutzen. Dadurch wird die Vernetzung und Mitarbeit für eine zukunftsweisende, lebenswerte und enkeltaugliche Region gefördert.

Außerdem überzeugte das Solidaritätsprojekt Boden-Allianz in Pfaffenhofen a. d. Ilm, das Dr. Niels Kohlschütter beratend unterstützt. Mit dem Projekt sollen Landökosysteme geschützt, wiederhergestellt und deren nachhaltige Nutzung gefördert werden. Konkret bedeutet dies, dass in den nächsten Jahren die landwirtschaftliche Fläche, die ökologisch und naturnah bewirtschaftet wird, verdreifacht werden soll. Dazu werden gemeinsam mit BürgerInnen und lokalen LandwirtInnen Maßnahmen ergriffen, um gesunde, fruchtbare Böden und die biologische Vielfalt zu erhalten, wiederherzustellen und zu schützen.

Von den Niederlanden lernen

Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung tauscht sich mit Evelien Verbij, Direktorin von BoerenNatuur aus.

Viel gelernt werden kann auch von den Niederlanden – wie sich bei einem Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in Berlin zeigte. Hier hatte Dr. Niels Kohlschütter die Gelegenheit sich mit Evelien Verbij, Direktorin von BoerenNatuur über die Arbeit der Organisation auszutauschen. Sie verfolgt einen – bislang einzigartigen – gemeinschaftlichen Ansatz, um die Agrarumweltmaßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union umzusetzen. Im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen erhalten LandwirtInnen finanzielle Unterstützung, wenn sie sich freiwillig zum Schutz der Umwelt und zum Erhalt der Naturlandschaften verpflichten. Um die Verteilung dieser Fördergelder effizienter zu gestalten, gründete BoerenNatuur 40 Kollektive, verteilt über ganz Niederlande. Gemeinsam setzen die LandwirtInnen in ihren Kollektiven Maßnahmen zur Steigerung der biologischen Vielfalt sowie zur Förderung der Wasser- und Bodenqualität um. Das Ergebnis: Die Landwirte profitieren von dem kollektiven Ansatz auf zweierlei Weise: Zum einen erhalten sie dadurch mehr Einfluss und Wissen. Zum anderen nahm der bürokratische Aufwand sowohl für die gesamte Administration als auch für die Bauern selbst deutlich ab. Dadurch konnten die administrativen Kosten um bis zu 20 Prozent reduziert werden, die dann den LandwirtInnen zu Gute kommen. „Dieser Ansatz überzeugt uns! Wir sind froh über den fruchtbaren Austausch mit unseren Kollegen aus den Niederlanden. Wir alle können viel voneinander lernen“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter das Treffen mit den niederländischen Vertretern.

Nachhaltigkeitsforum Chiemgau übernimmt Staffelstab: Fortsetzung der Arbeit der Mitmach-Konferenz

Beim „Erfolgs-Workshop der Mitmach-Konferenz Chiemgau“ standen Austausch und Netzwerken zwischen den Akteuren im Mittelpunkt, die sich für eine enkeltaugliche Region engagieren. Von der Schweisfurth Stiftung wurde symbolisch der Staffelstab an das neu gegründete „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ übergeben. Eine gelungene Folgeveranstaltung, findet auch Schirmherr und Bürgermeister Peter Solnar.

Rund 50 Personen trafen sich Anfang April 2019 in Aschau im Chiemgau zum „Erfolgs-Workshop“. Die Veranstaltung knüpfte an die „Mitmach-Konferenz Chiemgau“ an, die die Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit regionalen Akteuren im November 2018 in Söllhuben initiiert und durchgeführt hat. In Aschau nahmen die TeilnehmerInnen die aktuellen Entwicklungen einzelner Projekte in den Fokus: In den kommenden Wochen und Monaten anstehende Aktionen und Veranstaltungen sowie  geplante Kooperationen zwischen einzelnen Akteuren aus der Region wurden vertieft und konkretisiert.

Die Schirmherrschaft für den „Erfolgs-Workshop“ hatte der Bürgermeister von Aschau, Peter Solnar, übernommen. In seinem Grußwort unterstrich er, wie wichtig es ist, die vielen einzelnen Beteiligten und Aktivitäten zusammenzubringen und in eine gemeinsame Struktur zu fassen. Damit bezog er sich auf das im Januar 2019 gegründete „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“, welches zukünftig die verschiedenen Projekte, Initiativen und Unternehmen bündeln wird, die sich mit ihren vielfältigen Aktivitäten für ein enkeltaugliches Chiemgau engagieren.

Die verschiedenen Phasen vom ersten Vorbereitungsstammtisch im November 2017, über die Mitmach-Konferenz im November 2018, der Gründung vom „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ bis zum „Erfolgs-Workshop“ in Aschau veranschaulichte Matthias Middendorf, Projektleiter der Schweisfurth Stiftung, in seiner Begrüßung. Sinnbildhaft überreichte er dann den Staffelstab an die regionalen Akteure. „Es ist ein großer Erfolg,“ so Middendorf, „für uns alle, dass sich engagierte Mitmacher gefunden und organisiert haben und so die Mitverantwortung für die nachhaltige Entwicklung der Region übernehmen.“ Damit bekräftigt die Schweisfurth Stiftung, dass die Verantwortung nach der Vorbereitung und Begleitung durch die Stiftung in den vergangenen Monaten nun in den Händen der MitmacherInnen im Chiemgau liegt.

Es folgten im Verlauf des Tages insgesamt 14 Kurzvorstellungen von Projekten, Unternehmen und Initiativen. Thematisiert wurden dabei die Themen Landwirtschaft und Ernährung ebenso wie Nahversorgung und regionale Wirtschaft, Mobilität und Netzwerkarbeit. Dabei war es spannend, die Entwicklung der Projekte zu verfolgen. Seit der Mitmach-Konferenz haben mehrere Treffen vom „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ stattgefunden. Der Sachranger Dorfladen berichtete über die Auszeichnung zum „Dorfladen des Jahres“ und Landwirt Ludwig Moosmüller vom ersten Stammtisch zum Thema Humusaufbau, um nur einige Beispiele zu nennen. Neben intensiven Gesprächen an Thementischen und Informationsständen war genügend Raum für neue Projektideen, um zum Beispiel die Jugend stärker einzubeziehen. Die erfolgreiche Organisation und Durchführung des „Erfolgs-Workshops“ beweist erneut eindrucksvoll die gute Vernetzung der Akteure, wenngleich zukünftig auch weitere Personenkreise und Themenhalter aktiv einbezogen werden sollen. Die bisherige Arbeit gilt es nun weiter zu strukturieren und voranzutreiben. Hierfür trifft sich das „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ zu ihrem nächsten öffentlichen Stammtisch am Montag, den 15. April 2019 um 18:00 Uhr im „Salettl“ der Simseer Weidefleisch eG in Stephanskirchen.

Der „Erfolgs-Workshop“ wurde selbstständig vom „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ organisiert und durch Gabi Toepsch moderiert. Die Gemeinde Aschau unterstützte die Veranstaltung finanziell.