Herausragender Einsatz für den letzten Wildfluss Europas mit Wolfgang Staab-Naturschutzpreis ausgezeichnet
Der österreichische Gewässerökologe Prof. Dr. Friedrich Schiemer erhält den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis der Schweisfurth Stiftung
Der Gewässerökologe Prof. Dr. Friedrich Schiemer aus Österreich wurde mit dem mit 20.000 Euro dotierten Wolfgang Staab-Naturschutzpreis 2025 ausgezeichnet. Der Preis wird gefördert mit Mitteln aus dem Wolfgang Staab-Naturschutzfonds der Schweisfurth Stiftung. Schiemer setzt sich seit Jahrzehnten auf herausragende Weise wissenschaftlich und politisch für den Schutz von Flüssen und Flussauen ein. Als Vorsitzender des Vereins RiverWatch engagiert er sich seit 2012 verstärkt für die Vjosa in Albanien – den letzten frei fließenden Fluss Europas außerhalb Russlands. Dank seines Einsatzes wurde der Bau zweier Wasserkraftwerke an dem Fluss verhindert und im Jahr 2023 die Vjosa zu Europas erstem Wildfluss-Nationalpark ausgerufen. Die Preisverleihung an Friedrich Schiemer fand im Rahmen der vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) ausgerichteten Fachtagung „Bundesprogramm Blaues Band Deutschland“ am 23. September in Bonn statt.
Dr. Alfred Herberg, Leiter des Fachbereichs II, Schutz, Entwicklung und nachhaltige Nutzung von Natur und Landschaft, im BfN: „Die Vjosa ist einer der letzten großen unverbauten Wildflüsse in Europa. Sie und ihre Nebenflüsse bilden ein Ökosystem mit einer beträchtlichen biologischen Vielfalt von nationaler und globaler Bedeutung. Die Auszeichnung der Vjosa als Wildfluss-Nationalpark war ein Meilenstein, zu dem Friedrich Schiemer wesentlich beigetragen hat. Wir bedanken uns für seinen unermüdlichen Einsatz für den Schutz der Flüsse und gratulieren ihm von ganzem Herzen zu diesem würdigen Preis.“
Prof. Dr. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und Laudator: „Friedrich Schiemer ist es zu verdanken, dass sich zur Vjosa eine große Forschungsbewegung aus albanischen und internationalen Wissenschaftlern gebildet hat, die sich auch gegenüber der Politik Gehör verschafft. Sein zentrales Anliegen ist, dass wissenschaftliche Erkenntnisse auf Augenhöhe in die politische Entscheidungsfindung einfließen. Dafür bringt er als Brückenbauer Akteure mit unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen an einen Tisch und sucht das Verbindende. Eine Eigenschaft, die heute wichtiger ist, denn je.“
Prof. Dr. Friedrich Schiemer: „Flusslandschaften verdienen als zentrale Landschaftselemente besonderen Schutz, sie zählen weltweit zu den am stärksten bedrohten Lebensraumtypen. Ich bin der Stifterin Dr. Dorette Staab sehr dankbar, dass sie über den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis die besondere Bedeutung des Flussschutzes hervorhebt und das herausragende Engagement der Flussschützer wertschätzt. An der Vjosa ist nach wie vor der Einsatz von Wissenschaft und Zivilgesellschaft gefragt. Die industrielle Nutzung, der Ausbau der Infrastruktur sowie Missmanagement gefährden die ökologische Integrität des Nationalparks – und seinen globalen Naturschutzwert.“
Zum Preisträger und seinem Engagement
Prof. Dr. Friedrich Schiemer wurde 1941 in Wien geboren. Er wuchs nahe der Donau auf und begeisterte sich bereits als Kind an Streifzügen durch die wilde Natur der Donau-Auen. Friedrich Schiemer studierte Zoologie und Botanik an der Universität Wien und forschte danach in den USA und in England. Zurück in Österreich war er beteiligt an der Besetzung der Hainburger Au im Dezember 1984, wo ein Wasserkraftwerk gebaut werden sollte. Gemeinsam mit weiteren Forschern lieferte er wissenschaftlichen Argumente und Daten für den Schutz der Donauflusslandschaft. Die Hainburger Au wurde 1996 zum Nationalpark erklärt.
Ab 1968 lehrte und forschte der inzwischen emeritierte Schiemer als Universitäts-Professor für Limnologie (der Wissenschaft der Binnengewässer als Ökosystem) an der Uni Wien, er gründete und leitete dessen Institut für Ökologie und Naturschutzbiologie.
Seit 2012 liegt der Schwerpunkt seines Engagements als Vorsitzender von RiverWatch auf der Vjosa in Albanien, dem größten Wildfluss Europas außerhalb Russlands. Schiemer brachte lokale und internationale Wissenschaftler:innen in Albanien zusammen, um das Flussökosystem der Vjosa zu erforschen. Die von ihm und seinen Forschungskollegen vorgelegten Studien verhinderten den Bau zweier Wasserkraftwerke. Wegen Friedrich Schiemers Verdiensten wurde das im Oktober 2020 im Beisein des damaligen Albanischen Präsidenten Ilir Meta eröffnete Vjosa Research Center in Tepelena nach ihm benannt.
2023 wurde die Vjosa in ihrem gesamten Lauf in Albanien sowie vier ihrer Zuflüsse – Bënçë, Shushica, Drinos und Kadhiq – in einer Länge von insgesamt 400 Kilometern und mit einer Fläche von mehr als 12.700 Hektar zum ersten Wildfluss-Nationalpark Europas erklärt.
Über den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis
Wolfgang Staab (1938-2004) machte sich als leidenschaftlicher Umweltschützer in Rheinland-Pfalz einen Namen. Als Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des BUND wirkte er viele Jahre sehr erfolgreich; später war er als Schatzmeister im BUND-Bundesverband tätig. Im Jahr 2014 richtete Dr. Dorette Staab den Wolfgang Staab-Naturschutzfonds innerhalb der Schweisfurth Stiftung ein. Seitdem wird der mit 20.000 dotierte Preis an Einzelpersonen aus Wissenschaft und Umweltschutz vergeben, die sich im besonderen Maße für eine nachhaltige Entwicklung der Fluss- und Auenlandschaft und damit für Ökosysteme von überregionaler Bedeutung einsetzen.
Für die Verleihung des Wolfgang Staab-Naturschutzpreises 2027 können ab sofort Bewerbungen beziehungsweise Nominierungen bei der Schweisfurth Stiftung eingereicht werden.
Über die Fachtagung im Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“
Die Verleihung des diesjährigen Wolfgang Staab-Naturschutzpreises fand im Rahmen einer Fachtagung des BfN zum Bundesprogramm Blaues Band Deutschland statt. Mit dem Bundesprogramm setzen sich das Bundesumweltministerium und Bundesverkehrsministerium gemeinsam für eine naturnahe Entwicklung der Bundeswasserstraßen und ihrer Auen ein. Im Bundesprogramm ist das BfN für die Umsetzung des „Förderprogramm Auen“ verantwortlich; darüber können verschiedene Akteure wie Verbände, Vereine oder Kommunen Fördergelder für Umsetzung von Auenrenaturierungsmaßnahmen einwerben. Auf der Fachtagung wurde zum einen die Renaturierung von Wasserstraßen und ihrer Auen in Zeiten des Klimawandels beleuchtet und über Projektentwicklung und Antragstellung, Kooperationsmöglichkeiten und Zusammenarbeit mit Trägern öffentlicher Belange diskutiert.