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Teamwork statt Höfesterben – neue Wege für die Landwirtschaft

Zum ersten Fachtag Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) hat das SoLaWi Netzwerk am 24. Januar nach Berlin eingeladen. Der Zuspruch war überwältigend: Über 160 Menschen haben sich angemeldet, der Saal in der Heinrich Böll Stiftung war voll, die Atmosphäre konzentriert und die Debatten lebhaft. Die Schweisfurth Stiftung war einer der Förderer des Fachtags.

Gemeinsam säen, gemeinsam ernten

„Die SoLaWi Landwirtschaft hat für mich Zukunft. Während immer mehr Bauern ihre Landwirtschaft aufgeben, wächst das SoLaWi Netzwerk beständig an“, erklärt Mathias von Mirbach vom Kattendorfer Hof, einer der ersten SoLaWi Landwirte in Deutschland. „Was mir früher gefehlt hat war ein Gegenüber, mit dem ich mich austauschen und gemeinsam Verantwortung übernehmen kann. Dieses Gegenüber habe ich im Rahmen der SoLaWi mit seinen Mitgliedern gefunden. Außerdem ist die Finanzierung viel nachhaltiger – wir bauen auf eine engagierte und verlässliche Community.“ Gemeinsam werden die Produktionskosten gedeckt und die Ernte geteilt. Auf dem Kattendorfer Hof kommen einmal im Jahr die Mitglieder zusammen. Die Kosten des landwirtschaftlichen Betriebs werden offen gelegt und in sogenannten „Bieterrunden“ gibt jeder solange verdeckt an, wie viel er oder sie geben will und kann, bis die Kosten gedeckt sind. Im Gegenzug erhält jeder nicht nur Anteile der Ernte, sondern auch das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft und übernimmt Verantwortung für eine enkeltaugliche Lebensmittelproduktion in seiner Region. Das ist solidarische Landwirtschaft.

Multi-Stakeholder Einbindung

Mit dem ersten SoLaWi Fachtag hat das Netzwerk ein weiteres Gegenüber gefunden – den Dialog mit Politik, Forschung und Gesellschaft. Wie wichtig dieser Austausch ist, wurde im Impulsdialog zwischen Stephanie Wild vom SoLaWi Netzwerk und Dr. Niels Kohlschütter von der Schweisfurth Stiftung deutlich. An Hand der Studie „Wie essen wir 2030?“ zeigten die beiden auf, dass eine vielfältige und regionale Landwirtschaft fördernde politische Rahmenbedingungen braucht. Zum Beispiel, dass Junglandwirten der Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen erleichtert wird und diese nicht an den meistbietenden Großinvestor vergeben werden. Prof. Franz-Theo Gottwald betonte zudem, dass Landwirte für einen erfolgreichen Einstieg Unterstützung benötigen, z.B. in Form von Beratung zu Organisationsform oder Prozessmanagement. Um das zu leisten, braucht die Politik wiederum Beispiele aus der Praxis, die alternative Wirtschaftsformen glaubwürdig vorleben und sich aktiv am politischen Diskurs beteiligen.

Die Agrarexperten von SPD (Rainer Spiering, MdB), den Grünen (Friedrich Ostendorff, MdB) und der Linken (Dr. Kirsten Tackmann MdB) zeigten sich vom Niveau der Beiträge und den Ideen aus der Zivilgesellschaft beeindruckt. Besonders ein Vorschlag von Judith Hitchman, Präsidentin URGENCI (CSA international), neue Zielindikatoren in der Agrarpolitik festzusetzen (z.B.: Wie viele Menschen können von einem Hektar Fläche ernährt werden) wurde intensiv diskutiert. Es bleibt zu hoffen, dass viele Modelle und Vorschläge aus der Zivilgesellschaft für eine nachhaltige Agrarpolitik von der nächsten Regierung aufgegriffen und unterstützt werden.

 

Headerfoto: ©Solidarische Landwirtschaft/Schweisfurth Stiftung

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