Tierschutz in der Umkleidekabine
Nach der Ölindustrie gilt Mode als das zweitschmutzigste Geschäft der Welt. 2700 Liter Wasser frisst die Produktion eines einzigen T-Shirts, 7000 Liter die Produktion einer Jeans. Drei von vier hergestellten Kleidungsstücken werden jedoch nach einer kurzen Lebensdauer verbrannt oder landen auf dem Müll. Auch die globale Lederindustrie trägt zur unrühmlichen Bilanz bei: Jährlich werden über eine Milliarde Tiere geschlachtet und ihre Häute zu Bekleidung, Schuhen, Modeartikeln, Möbeln, Interieur und Accessoires verarbeitet – oft unter undenkbaren Bedingungen in der Haltung und Verarbeitung. Während die meisten Leder oder Schaffelle zumindest Abfälle aus der Fleischindustrie sind, werden die Tiere für Edelfelle meistens extra gezüchtet. Laut Tierschutzorganisation PETA landen 40 % der weltweiten Schlachtungen nicht auf dem Teller, sondern dienen einzig der Lederherstellung.
Bisher nur ein Nischenprodukt, versuchen nun immer mehr Modelabels auf umwelt- und tierfreundliche Materialien umzustellen. Denn wer es mit Tierschutz wirklich ernst meint, muss auf dem Teller und in der Umkleidekabine auf nachhaltige und ethische Produktionsbedingungen achten. Wer dabei nur danach auswählt, dass Textilien ohne den Einsatz tierischer Fasern erzeugt wurden, findet in den Ladenregalen bereits jetzt eine breite Auswahl. Der Marktanteil von Fasern nicht tierischen Ursprungs liegt auf dem Weltmarkt derzeit bei über 90 %.
Umweltverschmutzung und Tierleid durch Textilproduktion
Jedoch verursachen auch viele Produkte ohne tierische Fasern bei ihrer Herstellung Tierleid: Farb- und Hilfsmittel werden noch immer in Tierversuchen getestet. Klebstoffe bestehen sehr oft aus Inhaltsstoffen, die tierischen Ursprungs sind oder ebenfalls an Tieren getestet wurden. Synthetische Fasern wie Polyester bestehen aus Erdöl, das nicht biologisch abbaubar ist und dessen Förderung zu Lasten der Umwelt geht. Auch der konventionelle Anbau von Pflanzenfasern hat in manchen Fällen negative Auswirkungen auf die Tierwelt. Nutzinsekten sterben durch den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut oder synthetischen Insektiziden. Vegan bedeutet somit nicht zwangsläufig öko. Auch bei veganen Kleidungsstücken ist es entscheidend, sich zu informieren und nachzufragen, wie das Produkt hergestellt wurde.
Rhabarber-Leder und ökologische Nutztierhaltung
Wer, statt komplett zu verzichten, auf ökologische und ethische Produkte wechseln möchte, findet auch da einige gute Alternativen. Ein Beispiel ist die Lederproduktion. Betrachtet man diese aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit, kann zwischen der ökologischen Gerbung ohne giftige Chromsalze und dem Ursprung der Häute aus ökologischer Nutztierhaltung differenziert werden.
Eines der wenigen deutschen Labels, das sich explizit auf „nachhaltiges Leder“ spezialisiert hat, ist Deepmello. Statt der mineralischen Gerbung mit toxischen Chromsalzen, die weltweit zu mehr als 80 % eingesetzt wird, nutzt die Marke eine pflanzliche Gerbmethode mit Rhabarberwurzel-Extrakt. Der Rhabarber wird in der Nähe von Magdeburg angebaut, das Leder größtenteils in Bayern hergestellt. Mittelfristig ist Deepmello bestrebt, alle Leder aus Biohäuten herzustellen. „Jedoch muss dafür die Bereitschaft der Kunden größer werden, Naturmerkmale im Leder, zum Beispiel Kampfspuren oder Spuren von Verletzungen, zu akzeptieren“, erklärt Gründerin Anne-Christin Bansleben in einem Interview mit der Zeit.
Orientierungshilfe für KonsumentInnen
Auch bei Textilien aus kontrolliert biologischem Anbau müssen strengere Regelungen in der Tierhaltung eingehalten werden. Orientierungshilfe im Laden bieten dafür Textillabels, wie zum Beispiel der Global Organic Textile Standard (GOTS), der vorschreibt, dass die eingesetzten Fasern zu mindestens 70 % aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammen müssen. Das Label NATURTEXTIL BEST verlangt sogar 100 % Biofasern. Textilien mit dem NATURLEDER IVN Label werden ausschließlich aus Ledern von Tieren der Fleischindustrie gefertigt. Der Anbauverband Biokreis bietet als einziges Siegel die Sicherheit, dass ein Leder von Bio-Tieren stammt. Verbandszeichen wie Bioland, Naturland oder vor allem demeter garantieren ebenfalls strenge Tierwohl-Richtlinien.