Klimaentlastung durch Landwirtschaft? – Geht!
Der jüngste Aufruf an die Weltgemeinschaft ihr Verhalten und ihren Umgang mit der Umwelt, aber auch untereinander zu ändern stammt vom IPCC . In seinem neuen Sonderbericht über Klimawandel und Landnutzungssysteme wird deutlich, dass ein „Weiter so“ nicht zukunftsfähig ist. Ein Mahner und zugleich Impulsgeber der ersten Stunde ist auch Ernst Ulrich Weizsäcker. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde das Symposium „Wir sind dran: Inspirieren – Reflektieren – Handeln – Symposium für eine nachhaltige Welt“ von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie veranstaltet. Dabei hat Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung, die Notwendigkeit und das Potenzial für einen Wandel in der Landwirtschaft aufgezeigt – sein Kommentar:
Zukunftsthema Landnutzung
Ein zentrales Ergebnis des neuen Sonderberichts des IPCCs lautet: wir müssen die Art und Weise der Landnutzung ändern. Denn fast 25 Prozent der eisfreien Landfläche sind von Landdegradierung betroffen. Das heißt, die biologische Funktionalität dieser Flächen schwindet: auf Äckern wächst weniger Getreide, auf Weiden weniger Gras und die biologische Vielfalt nimmt ab. Langfristig ist dies eine Gefahr für die Ernährungssicherheit. Verantwortlich dafür ist unter anderem die industrielle Landwirtschaft mit ihren umweltbelastenden Praktiken wie beispielsweise Anbau von Monokulturen, Überweidung, intensive Verwendung von anorganischen Düngemitteln. Doch Landwirtschaft hat – wird sie naturverträglich betrieben – großes Potenzial zum Erhalt und Aufbau eines gesunden Bodens beizutragen.
Klimapositive Landwirtschaft geht!
Denn eine Landwirtschaft, die sich positiv auf das Klima auswirkt, ist möglich. Dazu braucht es sowohl Pflanzen als auch Weidetiere: Pflanzen besitzen die Fähigkeit CO2 aufzunehmen, dieses in den Boden zu transportieren, wo es dann gebunden wird. Das bestätigen auch die neuesten Forschungsergebnisse von Christine Jones zum sogenannten „Liquid Carbon Pathway“. Wichtig dabei: Der Prozess darf nicht durch Überdüngung des Bodens blockiert werden. Aber auch Weidetiere haben – entgegen der landläufigen Meinung – das Potenzial eine klimapositive Wirkung zu erzeugen. Entwickelt in Jahrmillionen langer Co-Evolution mit Weidetieren unterliegt Grasland einer besonderen Wachstumsdynamik: durch die Beweidung von Grasland wird ein Wachstumsimpuls ausgelöst, wodurch Gras zur Photosynthese und dadurch zur CO2-Aufnahme angeregt wird. Zusätzlich lässt dieser Effekt die unterirdischen Wurzeln wachsen, wodurch die Humusbildung gesteigert wird. Dadurch entsteht ein Boden, der mehr CO2 binden kann als Waldböden.
Die Devise muss jetzt lauten: Vom Wissen zum Handeln
Das macht deutlich: alle für eine tatsächlich nachhaltige und klimafreundliche Landwirtschaft erforderlichen Produktionsmethoden sind bekannt und vorhanden. Doch wie bereits Johann Wolfgang von Goethe feststellte: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“ Wir müssen jetzt vom Wissen zum Handeln zu kommen. Nur so kann die Transformation gelingen.