Tierwohl

„Alles andere wäre für mich Betrug am Gast“

Karl Kranawetter betreibt mit seiner Partnerin Olimpia Cario das Bio-Restaurant Biorestaurant Steirer Eck in Rosenheim. Seine österreichische Lust am Genuss verbindet er dort mit sorgfältig ausgewählten regionalen Bio-Zutaten. Besonders beim Fleisch achtet Kranawetter auf eine regionale Herkunft und die artgerechte Zucht und Haltung der Tiere. Kraftfutter, Mastbeschleuniger, Antibiotika und festgelegte Gewichtszunahmen gibt es bei keinem der Zulieferer. Für diese strenge Orientierung an Tierwohl und Qualität wurde das Steirer Eck 2014 mit der Tierschutzkochmütze im Projekt Tierschutz auf dem Teller der Schweisfurth Stiftung ausgezeichnet. Uns erzählt Kranawetter, warum er der konventionellen Gastronomie den Rücken gekehrt hat, wo das beste Rindfleisch herkommt und was er angehenden Bio-Köchen rät.

Schweisfurth Stiftung: Das Bewusstsein für gesunde und tierwohlorientierte Ernährung wächst. Dafür steht auch ihr Restaurant. Strömen die Leute jetzt also in Scharen zu Ihnen?

Karl Kranawetter: Nein. Es gibt natürlich Hochs und Tiefs, aber das Grundproblem ist immer noch dasselbe: Die meisten Leute wollen den Preis nicht akzeptieren, den hochwertige und sorgfältig zubereitete Bio-Lebensmittel kosten. Ich betreibe das „Steirer Eck“ jetzt seit sechs Jahren, und bis heute ist es finanziell eine Gratwanderung. Immerhin haben wir uns inzwischen in Rosenheim und Umgebung einen solchen Bekanntheitsgrad erarbeitet, dass ich vorsichtig optimistisch bin.

Um ein Bio-Restaurant aufzubauen, braucht man also einen langen Atem…

Ja, aber für mich ist das nicht nur meine Arbeit, es ist eine Herzensangelegenheit. Meine Lebensgefährtin und ich, wir sind beide ausgebildete Köche. Wir machen das nicht, weil wir viel Geld verdienen wollen, sondern weil wir dazu beitragen möchten, die Welt besser zu machen. Wenn Du nur auf den Gewinn schaust, dann bleibt irgendetwas auf der Strecke. Entweder quält man die Tiere oder die Menschen. Ich habe mich selbstständig gemacht, weil ich so nicht arbeiten wollte. Ich habe einen anderen Anspruch.

Dafür nehmen Sie und ihre Partnerin viel zusätzliche Mühe in Kauf.

Ich rufe halt nicht einfach beim Zulieferer an und sage, ich brauche soundsoviele Kilo abgepacktes Filet und soundsoviele Schnitzel. Ich fahre zu den Biobauernhöfen, von denen ich Fleisch beziehe, und schaue mir an, wie die Tiere gehalten und gefüttert werden. Unser Rindfleisch kommt zum Beispiel aus Irschenberg aus einem Biobetrieb, in dem per Weideschuß geschlachtet wird. Das Tier hat keinen Stress durchs Verladen oder den Transport zum Schlachthof. So etwas ist derzeit nur mit Ausnahmegenehmigung möglich. Und so kann man natürlich keine Massen produzieren, aber ein extrem hochwertiges Fleisch. Von diesem Hof bekommen wir dann beispielsweise ein halbes Kalb, das wir selbst zerlegen und verarbeiten. Das verlangt Können und Zeit, aber das ist es uns wert. Ich verwende nur saisonales Obst und Gemüse, keine Bio-Tomaten aus Spanien, die nach nichts schmecken. Wenn bei uns Marillenknödel auf der Karte stehen, dann nehmen wir dafür die echten Wachauer Marillen, weil die einen unvergleichlichen Geschmack haben. Und zu den Knödeln wollen wir kein industriell erzeugtes Vanilleeis servieren, weil da lauter Dreck drinnen ist. Also machen wir unser Eis selber.

Würden Sie anderen Gastronomen, die eine Umstellung auf Bio erwägen, eher zu- oder abraten?

Wenn der Standort stimmt, würde ich zuraten und auch gerne mit meinem Rat mithelfen. Wir brauchen mehr Leute in der Gastronomie, die an die Lebensmittel, die sie verarbeiten, auch einen ethischen Anspruch haben. Und die ihre Verantwortung gegenüber den Gästen sehen, ehrliches Essen zu servieren. Für mich wäre es ein Betrug am Gast, würde ich es nicht machen. Freilich: Man sollte das nicht machen und glauben, man wird damit in ein paar Jahren reich. Aber man kann sich kreativ betätigen und etwas verändern. Schließlich hat unser Essen einen enormen Einfluss auf unseren Körper und die Welt, in der wir leben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Alle Preisträger vom Projekt Tierschutz auf dem Teller: http://www.tierschutz-auf-dem-teller.de/index.php/preistraeger

2012 wurde das Projekt als ein Gewinner des Wettbewerbs „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Die langjährige Projektleiterin Isabel Boergen berichtete im Januar 2016 was seitdem mit Tierschutz auf dem Teller erreicht wurde.

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