(c) Schweisfurth Stiftung

Kontaktforum Hofübergabe 

Der Wechsel eines Hofs in neue Hände ist eine organisatorische, finanzielle und emotionale Herausforderung. 

Hofübergabe – das war lange ein Familienthema. Doch die Zahl der außerfamiliären Besitzwechsel steigt. Nicht immer bleiben die Betriebe erhalten, oft werden sie an Investoren verkauft. Mit der Tagung „Kontaktforum Hofübergabe“ engagiert sich das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk seit sieben Jahren für den Erhalt von Höfen durch gut vorbereitete Übergaben, seit 2021 unter der Trägerschaft der Schweisfurth Stiftung. Die Veranstaltung findet jährlich in zwei Regionen Deutschlands statt, und 2024 und 2025 nahmen über 70 Personen teil. 

Kontaktforum Hofübergabe: ein Begegnungsraum  

Bei der dreitägigen Veranstaltung treffen sich Hofabgebende und Hofsuchende. Der Schwerpunkt liegt auf der außerfamiliären Hofübergabe. In vertrauensvoller Atmosphäre können sich die Teilnehmenden offen austauschen, im Vordergrund steht das Gespräch zwischen den Generationen. Das Rahmenprogramm umfasst Erfahrungsberichte, eine Hofbörse sowie Workshops zu den finanziellen, organisatorischen und sozialen Aspekten. 

Gemeinsam neue Wege gehen 

Eine Hofübergabe ist für beide Seiten ein existenziell wichtiges Ereignis. Beide starten in einen neuen Lebensabschnitt. Loslassen und Neustart – das ist die Herausforderung. Das Kontaktforum Hofübergabe möchte das Bewusstsein dafür schaffen, dass es um mehr geht als nur Kaufen und Verkaufen. Die Teilnehmenden lernen, sich auch auf der emotionalen Ebene einzulassen. Es geht um Selbstreflexion – was bedeutet die Hofübergabe für mich? – und darum, die Perspektive der anderen Seite kennenzulernen und zu verstehen.  

Organic Future Camp 2025: Deine Ideen. Deine Zukunft. Dein Beitrag.

Du hast Ideen für eine nachhaltigere Landwirtschaft oder überlegst, wie unsere Lebensmittelproduktion zukunftsfähig werden kann? Dann ist das Organic Future Camp 2025 genau dein Event! Vom 16. bis 18. Juni 2025 verwandelt sich das Wassergut Canitz in Sachsen in einen Hotspot für junge Menschen zwischen 16 und 32 Jahren, die gemeinsam clevere Lösungen entwickeln und eine nachhaltige und ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft gestalten wollen. Und direkt danach geht es weiter: Vom 18. bis 19. Juni laufen die Öko-Feldtage, die größte Outdoor-Fachmesse für Ökolandbau in Deutschland. Dort kannst du deine Ideen nicht nur präsentieren, sondern auch mit Profis und Besucher:innen diskutieren.

Warum du dabei sein solltest

Weil es hier um dich und deine Visionen geht! Das Camp bietet dir die einmalige Chance, dich mit anderen jungen Leuten, die genauso für nachhaltige Themen brennen wie du, kreativ auszutauschen. Du lernst von Expert:innen aus der Praxis, Forschung und Politik, entwickelst neue Perspektiven und bringst gemeinsam mit anderen Motivierten Ideen für die Zukunft auf die große Bühne. Das OFC ist kein langweiliges Fachseminar, sondern ein Ort, an dem junge Ideen groß werden!

  • Deine Visionen einbringen und die Zukunft eines ökologisch ausgerichteten Ernährungssystems aktiv mitgestalten.
  • Spannende Leute kennenlernen – von anderen jungen Engagierten bis zu Profis aus Forschung, Praxis und Politik.
  • Kreativ arbeiten und gemeinsam clevere Lösungen entwickeln.

Festival-Vibes statt Frontalvortrag

Hier erwartet dich mehr als nur ein Programm: Das OFC kombiniert Spaß, Austausch und echtes Zukunftsdenken. Ob bei interaktiven Workshops, spannenden Challenges oder im direkten Dialog mit Expert:innen – du bist von Anfang an mitten im Geschehen. Jede Idee zählt und wird gehört!

Deine Chance, was zu bewegen

Am Ende des Camps wird euer gemeinsames Konzept vor Publikum und Vertreter:innen des BMEL präsentiert. Eure Ideen helfen die Bio-Strategie 2030 weiter mit Leben zu füllen. Damit kannst du einen unmittelbaren Beitrag zur Entwicklung der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft leisten!

Drei Stationen – Volle Power für deine Ideen

1. Know-how tanken: Lass dir von Profis zeigen, wie die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft in der Praxis funktioniert. Hier bekommst du Einblicke, die dich weiterbringen.
2. Kreative Methoden lernen: Ob Design Thinking oder Moderationstechniken – du lernst Werkzeuge kennen, mit denen du deine Ideen perfekt rüberbringst und weiterentwickelst.
3. Zukunft gestalten: Mit Unterstützung von Profis entwickelt ihr eine gemeinsame Vision, die ihr am Ende vor großem Publikum präsentiert. Eine einmalige Gelegenheit, deine Vision groß rauszubringen!

Jetzt bist du dran!

Melde dich an und sei Teil des Organic Future Camp 2025. Mehr Infos gibt’s hier.
Deine Ideen. Deine Zukunft. Let’s make it happen!

Das Camp wird aus dem Bundesprogramms Ökologischer Landbau im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Kontakt: hallo [ at ] organicfuturecamp.de

Gedanken zur Öko-Junglandwirt:innen-Tagung 2024

Ein Gastbeitrag von Hannah Grevis (GELA Ochsenherz) aus den Hofnachrichten der Gemeinsam Landwirtschaften Ochsenherz aus Österreich

„Ich wünsche uns Leidenschaft und Emotionen. Diskutiert, denkt und entscheidet euch für
Leidenschaft und Emotionen, für eine nachhaltige Transformation und die Arbeit auf euren
Betrieben“ (Dr. Jürn Sanders, Fibl Schweiz)

Es ist Freitag Abend und ich sitze mit über 180 jungen Öko-Junglandwirt:innen, werdenden AgrarwissenschaftlerInnen und ReferentInnen im grössten Tagungsraum der Jugendherberge Fulda. Ich befinde mich auf der 18. Öko-Junglandwirt:innen-Tagung und bin sehr gespannt auf das was mich hier erwartet. Die Tagung trägt den Titel „Lebens(t)raum Landwirtschaft“ und lädt dazu ein, junge Menschen eines vielseitigen Berufsfeldes zusammen zu bringen, Wissen zu Teilen, eine Möglichkeit des Austauschs und der Vernetzung zu schaffen und vorallem mit Leidenschaft und Emotionen wichtige Transformationen voranzutreiben.

Die Tagung beginnt mit einem Impulsvortrag von Dr. Jürgen Sannders (Fibl Schweiz). Er spricht über die Herausforderungen der Klimakrise, eines gesamtgesellschaftlichen Wandels und der Chancen des Ökolandbaus einen positiven Wandel mitzugestalten. Im Anschluss wird viel diskutiert: über Arbeitsbedingungen, finanzielle Hürden, 80Std. Wochen und Schulden. Darüber, dass auch Leidenschaft und Emotionen diese nicht begleichen!

Am Abend sitzt man am Feuer, in Mehrbettzimmern oder an der Bar, diskutiert weiter oder tauscht sich aus. Ich begegne vielen jungen Menschen, die sich mit ähnlichen Dingen beschäftigen, sich leidenschaftlich für ihre Höfe einsetzen und sich genau wie ich darüber freuen die eigene Arbeit mal nicht erklären zu müssen.

Samstags gibt es viele spannende Workshops auf der Öko-Junglandwirt:innen-Tagung: Manche TeilnehmerInnen beschäftigen sich mit rechten Bewegungen in der Landwirtschaft, andere testen ein neues Planspiel zum Thema Allmende und wieder andere beschäftigen sich mit Zwischenfrüchten und internationalen Bauernverbänden.

Am Nachmittag fahren alle Teilnehmenden auf Exkursion und entdecken unterschiedliche Projekte und Betriebe der Region. Ich fahre zum einzigen Weingut der Rhön, auf dem sowohl spannende Daten für die Forschung erfasst werden, als auch mit der Mehrfachnutzung des Weinbergs experimentiert wird.

Am späten Nachmittag gibt es Zeit und Raum für offene Thementische und Projektpitches, sodass unermüdlich weiterdiskutiert und informiert wird. In der Nacht wird dann lange getanzt und gefeiert, Produkte der jeweiligen Höfe getauscht und verkostet.

Ich verlasse die Tagung mit einer ganzen Menge neuer Impulse, mit etwas mehr Mut und viel Emotionen und Leidenschaft für die landwirtschaftliche Arbeit, ihre Herausforderungen, die Chancen und diejenigen die es anpacken, die eine nachhaltige Lebensmittelproduktion fördern und umsetzten.

Danke, dass auch ihr ein Stück Transformation in der Landwirtschaft vorantreibt!

Neue Stiftungsgemeinschaft: Schweisfurth Stiftung und Stiftung Ökologie & Landbau arbeiten enger zusammen

Die Schweisfurth Stiftung und die Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL) werden ab Januar 2025 in einer Stiftungsgemeinschaft sowohl inhaltlich als auch institutionell eng miteinander kooperieren. Die Geschäftsstelle der SÖL wird zu Jahresbeginn mit der Geschäftsstelle der Schweisfurth Stiftung in München zusammengelegt. Zentrale Projekte der SÖL, die Zeitschrift „Ökologie und Landbau“ und die Öko-Feldtage, werden künftig in Zusammenarbeit beider Stiftungen umgesetzt.

Der Geschäftsführende Vorstand der SÖL, Dr. Uli Zerger, scheidet Ende Dezember dieses Jahres altersbedingt aus. Die Leitung der SÖL übernimmt in Personalunion Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung. Die zukünftige Kooperation beider Stiftungen ermöglicht es, Kosten zu senken und Mittel zu bündeln, um noch wirksamer die Ökologisierung der Landwirtschaft voranzutreiben.

Seit Jahrzehnten thematisch verbunden

Inhaltlich gab es zwischen beiden Stiftungen von Anfang an viel Gemeinsames. Bereits vor über 30 Jahren führte sie vor allem die Suche nach einem ökologisch wie ethisch angemessenen Umgang mit Tieren in der Landwirtschaft in zum Teil mehrjährigen Bildungsprojekten für Bäuerinnen und Bauern zusammen. An diese Tradition und thematische Verbundenheit wollen die Schweisfurth Stiftung und die SÖL anknüpfen. Die Arbeitsfelder beider Stiftungen werden eng miteinander verzahnt. Die Schweisfurth Stiftung wird Mitherausgeberin der verbandsunabhängigen Zeitschrift Ökologie & Landbau und ist künftig Mitorganisatorin der Öko-Feldtage.

SÖL-Stiftungsrat mit neuen Mitgliedern

Auf der Sitzung des SÖL-Stiftungsrats am 3. Dezember 2024 wurden als neue Mitglieder  gewählt: Dr. Christa Müller, Anne Schweisfurth und Prof. Dr. Jürgen Heß – die auch Kuratoriumsmitglieder der Schweisfurth sind. Der bisherige Vorsitzende des Stiftungsrats der SÖL, Dr. Manuel Schneider, bleibt in diesem Amt. Dr. Robert Hermanowski, Lotte Pfeffer-Müller, Dr. Nina Rumland und Prof. Dr. Hubert Weiger legen zum Ende des Jahres ihr Amt nieder.

Über die Schweisfurth Stiftung:

Die Schweisfurth Stiftung engagiert sich seit 1985 für eine zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft. Sie wurde vom Unternehmer und Pionier Karl Ludwig Schweisfurth gegründet und legt heute den Fokus auf eine artgerechte Tierhaltung, eine regionale und ökologische Lebensmittelversorgung, gute Stadt-Land-Beziehungen und den Naturschutz. Die Stiftung ist Impulsgeberin, Beraterin und Prozessbegleiterin für Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik, und Verwaltung und gestaltet zusammen mit Kooperationspartnern regionale Nachhaltigkeitsprozesse.

Über die Stiftung Ökologie & Landbau:

Die Stiftung Ökologie & Landbau setzt sich seit 1975 für eine Landwirtschaft ein, die von bäuerlichen Werten geprägt ist, verantwortlich mit Lebensgrundlagen wie Boden und Wasser umgeht, eine artgemäße Tierhaltung praktiziert und den Menschen ein gesundes Lebensumfeld sichert. Ziel ist, dass der ökologische Landbau sowohl quantitativ als auch qualitativ weiterentwickelt wird. Zentrales Anliegen der Stiftung ist es, über entsprechende Bildungsangebote die Gesellschaft für die Bedeutung einer umwelt-, tier- und menschengerechten Landbewirtschaftung zu sensibilisieren.

>> Zur Pressemitteilung

Prof. Dr. Jürgen Heß erhält die Professor-Niklas-Medaille

Die Schweisfurth Stiftung freut sich sehr, dass ihr Kuratoriumsmitglied Prof. Jürgen Heß mit der Professor-Niklas-Medaille ausgezeichnet wurde – der höchsten Ehrung des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Eine verdiente Anerkennung für die herausragenden Leistungen von Prof. Heß, der den Öko-Landbau in Wissenschaft, Lehre und Praxis wesentlich weiterentwickelt und verankert hat.

Ein Leben für den ökologischen Landbau

Die Schweisfurth Stiftung gratuliert ihrem langjährigen Kurator Prof. Jürgen Heß herzlich zur Auszeichnung mit der Professor-Niklas-Medaille in der Kategorie „Lebenswerk”. Seit Jahrzehnten ist Prof. Heß eine prägende Persönlichkeit in der Forschung und für die Praxis des ökologischen Landbaus in Deutschland. Als Leiter des Fachgebiets Ökologischer Land- und Pflanzenbau an der Universität Kassel von 1997 bis 2021 prägte er den Fachbereich. Unter seiner Führung wurde die Staatsdomäne Frankenhausen zu Deutschlands größtem Bio-Versuchsgut ausgebaut und er war maßgeblich an der Einführung der Öko-Feldtage beteiligt, der größten Outdoor-Veranstaltung des Ökolandbaus. Prof. Heß hat die Bundesregierung beraten und das erste Bundesprogramm ökologischer Landbau (BÖL) wesentlich mitgestaltet. Seit 2021 ist er Vorstandsvorsitzender des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL) in Frankfurt.

Cem Özdemir würdigt herausragendes Engagement der Preisträger:innen

Mit der Verleihung der Professor-Niklas-Medaille würdigt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft besondere Verdienste und herausragendes Engagement für die Ernährungs-, Land- und Forstwirtschaft. Bundesminister Cem Özdemir überreichte Heß und drei weiteren Persönlichkeiten die Auszeichnung im Rahmen des Politischen Erntedanks Anfang Oktober 2024. “Wir zeichnen heute vier herausragende Persönlichkeiten aus, die den landwirtschaftlichen Berufsstand in Deutschland und auch die Arbeit unseres Ministeriums maßgeblich geprägt haben und prägen. Sie alle haben in ihren jeweiligen Bereichen Pionierarbeit geleistet – beim Tierschutz und bei der Gleichstellung im ländlichen Raum, für die Ökolandbau-Forschung und für das Vorankommen der Agroforstwirtschaft. Sie waren zugleich Beraterinnen und Berater, Kritikerinnen und Kritiker und haben dabei stets mit Leidenschaft und großer Expertise die Weiterentwicklung unserer Land- und Ernährungswirtschaft vorangetrieben”, sagte Bundesminister Cem Özdemir bei der Preisverleihung.

Mitglied des Kuratoriums der Schweisfurth Stiftung ist Prof. Heß seit 2015. In dieser Funktion hat er die Arbeit der Stiftung strategisch mitgeprägt und bereichert sie stetig mit seinem enormen Fachwissen. Wir danken ihm aus ganzem Herzen für sein jahrelanges ehrenamtliches Engagement für die Stiftung und sind stolz, einen so engagierten und wegweisenden Experten in unseren Reihen zu wissen.

Mehr Informationen zur Auszeichnung und den weiteren Preisträgern finden Sie in der Meldung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Gruppenfoto, von rechts nach links: Bundesminister Cem Özdemir, Dr. Brigitte Rusche, Prof. Dr. Jürgen Heß, Petra Bentkämper, Thomas Domin und die Moderatorin
© BMEL/ Photothek

Öko-Junglandwirt:innen-Tagung – jetzt anmelden!

Vorträge, Seminare, Workshops und Exkursionen – das Programm für die nächste Tagung der Öko-Junglandwirt:innen vom 15.-17. November 2024 in Fulda steht. Es verspricht spannende Vorträge, neue Ideen, Raum für Diskussion und unsere beliebten Thementische. Interesse? Das Programm der 18. Öko-Junglandwirt:innen-Tagung mit dem Thema Lebens(t)raum Ökolandbau ist online. Eine Anmeldungen ist ab sofort über die Website des Öko-Junglandwirte-Netzwerks möglich.

(Öko)Landwirt*in zu sein – das ist viel mehr als ein Beruf, eher eine Berufung. Ob Familientradition oder Quereinstieg in den Ökolandbau, es gibt kaum Landwirt*innen, denen es an Leidenschaft und ethischen Idealen fehlt: Für den Boden, die Pflanzen, die Tiere, das soziale Miteinander, die Ernährungspolitik, Ökosysteme, Biodiversität und Klima – oder gleich alles zusammen. Der Traum vom und die Realität des Lebens im ländlichen Raum sind jedoch nicht immer deckungsgleich. Wie kann der Lebensraum
zum Lebenstraum Ökolandbau werden?

Wie können soziale Faktoren wie die Kommunikation zwischen Führungskräften & Arbeitnehmer*innen konstruktiv gestaltet werden?
Wie können wir durch Landwirtschaft Lebensräume für Tiere, Pflanzen und andere Wesen erhalten und fördern? Wie kann die
mentale Belastung reduziert werden? Wie kann mit rechten Tendenzen umgegangen werden?
Neben der Gestaltung des Lebens(t)raums muss der Betrieb laufen, Innovationen mitgegangen sowie Investitionen getätigt werden,
und natürlich müssen die Absatzmärkte und Finanzen stimmen.

Mehr zum Öko-Junglandwirte-Netzwerk, für das die Schweisfurth Stiftung als Trägerin fungiert, sind hier zu finden.

„Von paleo bis vegan – gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft“

Eine Diskussionsrunde auf dem Internationalen Butcher’s Festival

Mitte Juni fand in Glonn bei München das erste Internationale Butcher’s Festival auf dem Gelände der Hermannsdorfer Landwerkstätten statt. Die Besucher:innen durften die Kunst des Metzgerhandwerks aus verschiedenen Ländern hautnah erleben, in Talkrunden tauschten sich die Gäste darüber aus, was das Handwerk aktuell bewegt. Dr. Niels Kohlschütter, Agrarwissenschaftler und Vorstand der Schweisfurth Stiftung, moderierte eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wie können wir uns in Zukunft nachhaltig ernähren, so dass wir alle satt werden und der Planet gesund bleibt? Und brauchen wir dazu die Nutztierhaltung und wenn ja, wie sollte diese aussehen?“ Die wichtigsten Statements im Überblick.

Dr. Niels Kohlschütter stellte zunächst zwei Ernährungsstile vor, eine mit und eine ohne Nutztierhaltung: „‘Paleo‘ steht für eine Ernährungsweise, die zu Zeiten des Paläolithikums, der Altsteinzeit, vorherrschend war. Daher wird die Paleo-Diät auch als Steinzeiternährung bezeichnet. Vertreter:innen der Paleo-Diät gehen davon aus, dass diese sich evolutionsbedingt auch heute noch positiv auf den Menschen auswirkt und essen vorwiegend Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst und Nüsse. Auf Getreide, Zucker, Hülsenfrüchte oder Milch wird verzichtet. ‚Vegan‘ ist ein Ernährungsstil, der ohne tierische Produkte, also ohne Nutztiere auskommt.“ Als Möglichkeit, wie ein zukunftsfähiges Ernährungssystem mit Fleisch aussehen könnte, verwies Dr. Kohlschütter auf die Planetary Health Diet. Es wurde entwickelt von der Nichtregierungsorganisation EAT und der renommierten medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“:

„Die EAT-Lancet-Kommission besteht aus 37 Expert:innen unterschiedlicher Fachgebiete aus 16 Ländern. Diese hat die Planetary Health Diet entwickelt, eine Strategie für Landwirtschaft und Ernährung, die die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen schützen soll. Der Report zeigt, dass es machbar ist, bis zum Jahr 2050 etwa zehn Milliarden Menschen auf der Erde gesund zu ernähren, ohne den Planeten zu zerstören. Dazu müsste der Konsum von Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen ungefähr verdoppelt werden, der Verzehr von Fleisch und Zucker dagegen halbiert. Neben der veränderten Ernährungsweise müssten die Lebensmittelproduktion verbessert und Lebensmittelabfälle stark reduziert werden. Die EAT-Lancet Kommission zeigt somit, dass wir uns unter Berücksichtigung der ökologischen Grenzen vielfältig ernähren und gleichzeitig zur Regeneration der Ökosysteme beitragen können.“

„Wieviele Tiere braucht der Planet?“

Dr. Anita Idel ist Tierärztin, Mediatorin und Autorin. Ihr Buch „Die Kuh ist kein Klima-Killer! – Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können“ erschien 2024 in 10. Auflage. Sie wurde mehrfach für ihr Engagement für die Ökologisierung der Landwirtschaft und eine gesunde Tierzucht ausgezeichnet. Idel verwies auf den gesamtökologischen Zusammenhang und die Bedeutung der Koevolution von Graslandschaften und Weidetieren:

„Die Frage lautet für mich nicht, wie viele Tiere verkraftet unser Planet, sondern, wie viele Tiere braucht unser Planet und welche? Zusätzlich begrüße ich für den gärtnerischen Bereich auch Forschung zur biozyklisch-veganen Landwirtschaft. Aber Prärien und andere fruchtbarste Böden dieser Welt, wie die 100-Punkte-Böden in Deutschland, haben alle eine gemeinsame Geschichte als Steppenböden: Sie sind über Jahrtausende und länger beweidet worden. Gräser verzichten – einmalig im Pflanzenreich – nicht nur völlig auf Abwehrmaßnahmen gegen das Gefressen-werden, sondern profitieren sogar von ihrer echten Symbiose mit den Weidetieren: Die Koevolution der Gräser und der Weidetiere regt durch den Biss das Wachstum der Feinwurzeln an. 80 Prozent der Bodenbildung entsteht durch Wurzelbiomasse. Wir brauchen das Weidetier zur Bildung des Bodens mit all seinen Funktionen – der Bodenbildung, der biologischen Vielfalt sowie zur Aufnahme und Speicherung von Wasser. Alternativlos sind Weidetiere bei der Nutzung von Auen. Wir brauchen Auen als Verbundbiotope. Und als Überschwemmungsflächen, wie wir bei den jüngsten Hochwassern wieder gesehen haben.“

Axel Anders, Mitglied im Vorstand des Förderkreises Biozyklisch-Veganer Anbau e. V., vertrat in der Runde die Ziele einer pflanzenbasierten Landwirtschaft ohne Nutztiere. Er erläuterte das Konzept des biozyklisch-veganen Anbaus und wie dieses Agrarsystem ohne tierische Betriebsmittel funktioniert:

„Die Kernfrage lautet: Kann man langfristig die Bodenfruchtbarkeit auf rein pflanzlicher Grundlage ohne den Dung von Nutztieren erhalten? Dies wird in der Landwirtschaft kaum thematisiert, man weiß wenig darüber, es gibt kaum Forschung dazu. Es gibt aber erste Langzeitstudien mit sehr positiven Ergebnissen. Auch eine Vielzahl von Betrieben in Europa, vor allem in Deutschland und Griechenland, zeigen seit Jahren in der Praxis, dass es bereits mit den Methoden des klassischen Ökolandbaus funktioniert. Mit einem ausgeklügelten Kompostsystem (Biozyklische Humuserde) lassen sich die Erträge sogar noch erhöhen. Dieser Weg ist also möglich. Viele Menschen wollen keine tierischen Produkte mehr essen und wollen auch nicht, dass die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel mit Tierleid verknüpft ist. Denen könnte man mit Produkten, die mit dem Biozyklisch-Veganen Gütesiegel gekennzeichnet sind, welches erstmals eine ökologische Qualität ‚Vegan ab Feld‘ garantiert, ein alternatives Angebot machen.“

Öko-Landwirtschaft aus Liebe zum Tier

Sven Gabriel ist Metzger, Koch, Jäger und Landwirt. Gemeinsam mit seiner Frau hat er vor sieben Jahren den Betrieb Gut Fahrenbach, einen Bioland-Betrieb übernommen. Er setzt sich für die Verarbeitung und Vermarktung von Bio-Fleisch in regionalen Kreisläufen ein. Er erklärte seine persönliche Sicht auf landwirtschaftliche Tierhaltung:

„Ich halte Rinder auf einem Bioland-Betrieb. Für den Beruf Landwirt habe ich mich genau aus diesem Grund entschieden: Ich wollte mit Tieren umgehen. Durch die Tiere ist Leben auf dem Hof. Für mich käme Landwirtschaft ohne Nutztiere deshalb nicht in Frage.

Amelie Schweisfurth, Enkelin des Gründers der Herrmannsdorfer Landwerkstätten, ist Metzgerin in der fünften Generation und absolviert gerade ihre Meisterausbildung. Zudem ist sie gelernte Köchin und hat in diesem Beruf bereits in verschiedenen Städten und Ländern

gearbeitet. Sie betonte den Zusammenhang zwischen der Nutztierhaltung, einer guten Schlachtung und der Qualität des Fleisches:

„Wir handwerklichen Metzger wollen die beste Qualität produzieren, Güteprodukte. Das können wir nur, wenn wir Tiere haben, die ein gutes Leben hatten und in Ruhe geschlachtet werden. Die artgerechte ökologische Haltung des Tiers ist sehr wichtig. Wir Metzger müssen uns also darum kümmern, dass Tiere gut gehalten werden.“

International Butcher’s Festival in Herrmannsdorf

Am 15. Und 16. Juni luden die Herrmannsdorfer Landwerkstätten zum ersten Mal zu einem International Butcher’s Festival, einer internationalen Metzger:innen-Feier, ein. Mehrere Hundert Menschen aus ganz Europa kamen nach Glonn südöstlich von München, um sich dort über die aktuellen Herausforderungen des Metzgerhandwerks auszutauschen, gemeinsam fachzusimpeln und zu feiern. Besucher:innen erhielten Einblicke in die praktische Arbeit von Metzger:innen. So konnten sie beispielsweise das Schlachten von Schweinen, die traditionelle Herstellung von polnischer Blutwurst oder das Zerlegen eines Limpurger Kalbs von der Schwäbischen Alb live miterleben. Der Unternehmer Karl Ludwig Schweisfurth (1930-2020), der die Herrmannsdorfer Landwerkstätten aufgebaut hat, gründete 1985 die Schweisfurth Stiftung. Sie engagiert sich für regional-ökologische Ernährungssysteme. Vorstand der Stiftung ist Dr. Niels Kohlschütter.

Weitere Informationen:

Buchtipp:

Anita Idel (2024, 10. Auflage): Die Kuh ist kein Klimakiller! Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können. Marburg: Metropolis.

Unser Jahresbericht 2023

Im Jahr 2023 haben wir viel bewegt und selbst viel hinzugelernt: Wir haben ein Mentorenprogramm aufgebaut für Landwirt:innen, die die kuhgebundene Kälberhaltung einführen wollen. Wir haben ein großes Netzwerk für Menschen geschaffen, die tatkräftig die regionale und ökologische Ernährung voranbringen möchten. Und wir haben Pionier:innen gesucht, gefunden und ausgezeichnet, die sich fürs Tierwohl, für köstliche und frische Lebensmittel sowie für den Schutz unserer Flüsse einsetzen.

Für die Schweisfurth Stiftung war das Jahr 2023 verbunden mit einem ehrlichen Blick in den Spiegel. Unsere beiden großen Projekte „mehrWERT Ökokalb“ und „WERTvoll“ sind zum Abschluss gekommen, und 78 Mitmach-Regionen haben sich mit unserer Unterstützung auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht. Wir haben uns gefragt: Mit welchen Annahmen sind wir in die Projekte gestartet? Was hat bzw. was hat nicht funktioniert? Diese Fragen haben wir uns in unserem Jahresbericht 2023 gestellt.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen sind wir in Aufbruchstimmung ins neue Jahr 2024 gestartet: Wir werden uns noch mehr dafür einsetzen, dass sich veränderungswillige Menschen vernetzen, voneinander lernen und Maßnahmen für eine regional-ökologische Ernährung schnell umsetzen bzw. mit Nachdruck politisch einfordern können. Wir machen ihr Engagement sichtbar und zeigen damit auch der Politik: Der Wandel ist gewollt und er ist möglich!

Wir freuen uns, dass wir dieses Vorhaben bereits im Februar erfolgreich umsetzen konnten: Auf der Biofach gründete sich mit unserer Unterstützung das „Bündnis Junge ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft“ (Bündnis JöLL). Bei der Gründungsveranstaltung des neuen Dachverbands für die junge ökologische Lebensmittelwirtschaft war Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, anwesend: „Ich bin gespannt auf die Vorschläge vom Bündnis JöLL, insbesondere was die Zukunft unserer Höfe oder Bäckereien, unserer Tierhaltung oder der Agrarpolitik angeht“, sagte sie.

Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald erhält Bundesverdienstkreuz

Die Schweisfurth Stiftung gratuliert ihrem Gründungsvorstand Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald ganz herzlich zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Ausgezeichnet wurde Gottwald für seine jahrzehntelangen herausragenden Leistungen im Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz. Der Bayerischer Staatsminister für Umwelt- und Verbraucherschutz Thorsten Glauber verlieh dem Theologen und promovierten Philosophen das „Verdienstkreuz am Bande“ am 26. Februar 2024 in München.

Als Vorstand der Schweisfurth Stiftung prägte Gottwald 35 Jahre lang mit Herzblut und Sachverstand maßgeblich deren Arbeit. Dies würdigte Staatsminister Glauber auch in seiner Laudatio: „Von 1988 bis 2020 engagierten Sie sich als Vorstand der Schweisfurth Stiftung für eine zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft, die gute Arbeit und Respekt vor dem Lebendigen verbindet. Unter Ihrer Leitung hat die Stiftung in den vergangenen Jahrzehnten über 1.500 Projekte zu einer Fülle von Themen initiiert und durchgeführt: von ökologisch, ethisch verantwortbarer Landwirtschaft über Fragen der Ernährungssicherheit bis hin zu einem nachhaltigen Umgang mit unserer Natur – alles war dabei.“

In seiner Rede erläuterte Professor Gottwald, dass er die hohe Auszeichnung als Würdigung seiner persönlichen Haltung dem Leben gegenüber versteht, „die auf Wohlsein für alles Lebendige auf diesem Planeten eingestellt ist. (…) Das breite Feld der Agrar- und Ernährungswirtschaft war und ist für die Verwirklichung dieser Berufung besonders geeignet.“ Er dankte in diesem Zusammenhang ganz besonders der Familie Schweisfurth, ihm den Aufbau und das langjährige Management der Stiftung anvertraut habe. So hatte er einen institutionellen Rahmen „um komplexe Themen der nachhaltigen Entwicklung von resilienten Ernährungssystemen, mit den Mitteln von Forschung, Wissenschaft und Bildung [zu] gestalten.“

Das Bundesverdienstkreuz

Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wird in verschiedenen Stufen an in- und ausländische Frauen und Männer für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen verliehen sowie für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland, z. B. auch Verdienste aus dem sozialen, karitativen und mitmenschlichen Bereich.

Porträt Prof. Dr. Theo Gottwald anlässlich der Verabschiedung aus dem Vorstand der Schweisfurth Stiftung 2021.

BioThesis 2024 – And the winner is…

Der Forschungspreis BioThesis würdigt wegweisende Arbeiten im Einklang mit den aktuellen Herausforderungen der Bio-Lebensmittelbranche.

Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der deutschen Land- und Lebensmittelwirtschaft ist es von entscheidender Bedeutung, nachhaltige und faire Lösungen zu finden, um unseren Planeten und die Tiere, die ihn bewohnen, zu schützen. Die Bio-Branche spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem sie sich für eine ganzheitliche Ernährung, Gesundheit und Fairness einsetzt – von der Produktion bis auf den Teller.

Zur Förderung der nächsten Generation im Bereich der Bioforschung und Bio- Land und-Lebensmittelwirtschaft wird dieses Jahr bereits zum 10. Mal der Forschungspreis BioThesis auf der Biofach verliehen.

Die diesjährigen Gewinnerinnen, Paula Henzl von der Universität Hohenheim und Silke Oppermann von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, haben mit ihren Arbeiten nicht nur faszinierende Erkenntnisse gewonnen, sondern auch konkrete Beiträge zur Bewältigung aktueller Herausforderungen geleistet.

Preisträgerin in der Kategorie Beste Bachelorarbeit ist Paula Henzl von der Universität Hohenheim. Ihre Arbeit „Determinanten der Fleischqualität und -leistung von Kälbern aus der kuhgebundenen Aufzucht“ ist unserer Jury besonders ins Auge gefallen. Die Arbeit wurde im Rahmen des Projekts WertKalb erstellt, das sich darauf konzentriert, männlichen Kälbern der ökologischen Milchviehwirtschaft einen Mehrwert zu bieten. Die Studie untersucht die Fleischqualität und -leistung von Kälbern, die bei ihren Müttern aufwachsen, und analysiert verschiedene Einflussfaktoren, darunter Betriebsmanagement, Fütterung, und Schlachtgewicht. Die Ergebnisse zeigen, dass Kälber im Kurzkontakt die besten Ergebnisse erzielen konnten, wobei weitere Forschung notwendig ist, um detaillierte Informationen zum Betriebsmanagement zu erhalten.

In der Kategorie Beste Masterarbeit gewinnt Silke Oppermann von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Sie wird für Ihre Arbeit „Climate Neutrality on Sale – Assessment of Climate Neutrality Labels and their Contribution to Achieving the Paris Climate Targets“ mit dem Forschungspreis ausgezeichnet. Die Arbeit setzt sich kritisch mit Klimaneutralitätslabels auf Lebensmitteln auseinander und bewertet deren Beitrag zu den Pariser Klimazielen. Die Ergebnisse zeigen, dass die derzeitigen Klimaneutralitätslabels in vielen Kategorien mangelhaft abschneiden und wahrscheinlich nicht zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Die Autorin schlägt vor, staatliche ganzheitliche Nachhaltigkeitssiegel einzuführen und Klimaneutralitätskennzeichnungen zu verbieten, um Verbraucher vor irreführenden Informationen und Greenwashing zu schützen.

In einer Zeit, in der ein Umdenken in der Lebensmittelproduktion und -konsumation unerlässlich ist, setzen die Forschungsarbeiten der BioThesis-Preisträgerinnen einen bedeutenden Beitrag für eine fairere, nachhaltigere und gesündere Zukunft. Die Bio-Branche bleibt dabei weiterhin Vorreiter in der Forschung und Innovation für eine bessere Welt.

Übernommen aus der Pressemitteilung vom 14. Februar 2024

Gründung Bündnis JöLL -Junge ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft

Gemeinsame Pressemitteilung – Nürnberg, den 14. Februar 2024
von Biokreis, BNN, Demeter, Junges Bioland, Naturland, Slow Food Youth und BÖLW

Auf der Biofach, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, gründet sich das Bündnis Junge ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft (Bündnis JöLL). Das Bündnis sieht sich als Dachverband für junge Organisationen, die sich bereits entlang der gesamten ökologischen Lebensmittel-Wertschöpfungskette engagieren – von Ökolandbau über Erzeugung, Naturkostfachhandel bis zum Konsum. Neben der Funktion als bundespolitische Vertretung der jungen ökologischen Lebensmittelwirtschaft wird das Bündnis JöLL verbandsübergreifend Bildung und Netzwerke in der Biobranche fördern. Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), würdigte die Initiative auf der Biofach.

=> Zur Pressemitteilung

=> Zur Gründungserklärung

=> Zum Pressefoto (v.l.n.r.: Lea Ilgeroth-Hiadzi (Naturland), Dorothea Schmidt (Demeter), Clara Bobbert (Slow Food Youth), Linnéa Krumpe (BNN.next), Johanna Zierl (Junges Bioland), Tina Andres (BÖLW), Marina Grölz (Naturland), Silvia Bender (BMEL) und Flavio Traxl (Biokreis)) (Copyright: Jens Brehl)

Mut & Unterstützung bei der Transformation der Landwirtschaft – Der Kritische Agrarbericht 2024

Auf der Grünen Woche in Berlin hat das AgrarBündnis den Kritischen Agrarbericht 2024 vorgestellt. Der Bericht dokumentiert jährlich die Vielfalt der politischen Debatte zu Landwirtschaft und Ernährung. Er formuliert fundierte Kritik am derzeitigen Agrarsystem, benennt aber auch Konzepte, Ideen und gelungene Praxisbeispiele, wie es anders gehen könnte. Einen besonderen Schwerpunkt legt der Kritische Agrarbericht 2024 auf das zur Zeit viel diskutierte Thema Tiere und die Transformation der Landwirtschaft.

„Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt. Jetzt muss man nur noch schießen.“ Noch vor zwei Jahren war das eine beliebte Metapher in der Agrardebatte. Die Zukunftskommission Landwirtschaft hatte ihren Abschlussbericht vorgelegt, zuvor bereits das Kompetenzwerk Nutztierhaltung (Borchert-Kommission) seine Empfehlungen für den Umbau der Tierhaltung. Alles schien gesagt, durchdacht und durchgerechnet zu sein, was es braucht, um Landwirtschaft und Tierhaltung zukunftsfest zu machen. Zumal all die Kompromisse und Vorschläge für eine Transformation des Agrar- und Ernährungssektors von einem denkbar breit aufgestellten Zusammenschluss unterschiedlichster Interessensgruppen und mit tatkräftiger Unterstützung der Wissenschaft mühsam erarbeitet worden waren – und daher umso mehr eine Steilvorlage für die Politik hätten liefern können.

Statt die Transformation hin zu einem gesunden, gerechten und umweltfreundlichen Agrar- und Ernährungssystem zu beschleunigen, wird sie aber momentan an allen Ecken und Enden ausgebremst. Dies gilt auch für den Bereich, der den diesjährigen Schwerpunkt unseres Kritischen Agrarberichts bildet und dem 24 der insgesamt 46 Beiträge gewidmet sind: „Tiere und die Transformation in der Landwirtschaft“. Der Prozess des Umbaus der Tierhaltung droht an parteipolitischen Querelen, fehlender Finanzierung, aber auch an mangelnder Einsicht in seine gesellschaftliche und ökonomische Notwendigkeit zu scheitern. Die Selbstauflösung der Borchert-Kommission ist symptomatisch für diese Misere.

U.a. mit Beiträgen von Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, zum Thema „Mehr als die Summe. Symbiotische Weidehaltung von Schweinen und Hühnern – das Beispiel der Herrmannsdorfer Landwerkstätten“ und Dr. Anita Idel, Mediation & Projektmanagement Agrobiodiversität und Tiergesundheit, zum Thema „Koevolution von Grasland und Weidetieren – Potenziale nachhaltiger Beweidung für Bodenfruchtbarkeit, Klimaentlastung und biologische Vielfalt“.

Ohne Land kein Ökolandbau

Land ist ein zentraler Faktor für den Start eines Betriebs – und eine enorme Herausforderung für Junglandwirt:innen. Die Schweisfurth Stiftung ist Trägerin des Öko-Junglandwirte-Netzwerks, das bundesweit mehr als 2.000 studierende oder bereits praktizierende junge Öko-Landwirt:innen vereint. In dem Netzwerk stärken die jungen Menschen sich gegenseitig, beleuchten aktuelle und kritische Themen des Ökolandbaus und stoßen gemeinsam positive Veränderungen an.

Ohne Land kein Ökolandbau

Herzstück des Netzwerks ist die jährlich in Fulda stattfindende Öko-Junglandwirte-Tagung. Sie findet in Kooperation mit den Verbänden Naturland, Demeter, Bioland und Biokreis statt. In 2023 war zentrales Thema der Veranstaltung der schwierige Zugang zu Land. Die zunehmende großflächige Landnahme durch finanzstarke Investor:innen (= Landgrabbing) und die Konkurrenz mit der Photovoltaik machen es jungen Ökolandwirt:innen immer schwerer, Boden zu pachten oder zu kaufen. Die Preise für Böden steigen seit Jahren so stark an, dass sie sich schlichtweg kein Land mehr leisten können. In einer Situation, in der das Höfesterben im vollen Gange ist und zudem der Nachwuchs fehlt, kann diese Entwicklung fatal für den Erhalt und den Ausbau der Ökolandwirtschaft sein. Ohne Land kann kein Ökolandbau stattfinden.

Staatliche Regulierung gefordert

Auf der Tagung diskutierten die Öko-Junglandwirt:innen unterschiedliche Lösungsansätze und adressierten die Politik, das Problem in den Griff zu bekommen. So sollte die Bundesregierung Landbesitz auf maximal 500 Hektar pro Unternehmensverbund begrenzen. Der Bodenmarkt sollte staatlich kontrolliert werden, um Landgrabbing zu verhindern. Dafür brauche es zunächst eine europaweite Datensammlung zu Preisen und Besitz von Land sowie Studien zu den gesellschaftlichen und Umwelt-Folgen des derzeitigen Systems der Landvergabe. Öffentliches Bodeneigentum müsse erhalten und eine weitere Privatisierung verboten werden. Die Verpachtung von Land sollte an Gemeinwohl-, Naturschutz- und Umweltkriterien geknüpft werden. Zudem brauche es nationale Pläne für den Bodenerhalt und dem Schutz vor Flächenfraß.

Verleihung des Zukunftspreises

Um innovative Wege in der Landwirtschaft aufzuzeigen und Mut zur Nachahmung zu machen, verlieh das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk zudem auch in diesem Jahr seinen Zukunftspreis. Stolze Preisträger:innen sind Nanetta Ruf mit ihrer mobilen„KondiTOURei“ und die zwei jungen Ziegenhof-Gründer*innen Veronika und Sören Obermayer. In Nanettas Lkw befindet sich eine mobile Veredlungsstätte, in der die ausgebildete Bio-Konditorin frische landwirtschaftliche Produkte bei den Erzeuger:innen vor Ort verarbeitet und verkauft. Veronika und Sören betreiben mit ihrer „Wendland Ziege“ eine muttergebundene Kitzaufzucht, verarbeiten die Milch auf dem Hof, verwerten Fleisch und Fell der Ziegen und verkaufen ihre Produkte direkt auf einem nahegelegenen Wochenmarkt. Tolle Vorbilder für ein regional-ökologisches Ernährungssystem!

Was die KondiTOURei und die Wendland Ziege verbindet

Zukunftspreis des Öko-Junglandwirt*innen-Netzwerks geht an Bio-Konditorin Nanetta Ruf aus Hessen sowie Veronika und Sören Obermayer vom Biohof „Wendland Ziege“ aus Niedersachsen

Innovative Wege in der Landwirtschaft aufzeigen und Mut machen, diese anzugehen, das möchte das Öko-Junglandwirt*innen-Netzwerk (ÖJN) mit seinem Zukunftspreis. Dieses Jahr erhalten Nanetta Ruf mit ihrer mobilen „KondiTOURei“ und zwei junge Ziegenhof-Gründer*innen den Nachwuchspreis. Der Preis wurde 2016 von Junglandwirt*innen für Junglandwirt*innen ins Leben gerufen. Die ausgezeichneten Pionierbetriebe sollen so als Vorbild dienen und zur Nachahmung anregen.

Die Preisträgerin Nanetta Ruf darf sich über ein Preisgeld von 1.000 Euro freuen und ab sofort ihre KondiTOURei mit einem „Gewinnerin Öko-Junglandwirte-Zukunftspreis 2023“-Schild zieren. Im Lkw befindet sich eine mobile Produktveredlungsstätte, in der die ausgebildete Bio-Konditorin frische landwirtschaftliche Erzeugnisse direkt vor Ort weiterverarbeitet und verkauft. Nanettas Produktspektrum ist vielfältig, es reicht von Torten über Chutneys bis hin zu Eierlikör.

Jury-Zitat: „Regionale Verarbeitungsstrukturen zu schaffen, ist eine große Herausforderung. Nanetta hat einen genialen Weg gefunden, die logistische Lücke zwischen Bio-Erzeuger*innen, Verarbeiter*innen und Konsument*innen zu schließen. Sie trägt damit wesentlich zu einem regionalen und ökologischen Ernährungssystem bei. Wir gratulieren von Herzen!“

Nanetta Ruf, Inhaberin der KondiTOURei: „Der enge Bezug zu Natur, Landwirtschaft und Direktvermarktung gibt meiner täglichen Arbeit einen Sinn. Dafür nun den Zukunftspreis der Öko-Junglandwirt*innen zu erhalten, macht mich stolz und motiviert mich noch viel mehr. Es gibt so viele tolle junge Menschen, die Dinge anders und besser machen wollen – ich kann nur sagen: Macht es!“

Der Betrieb „Wendland Ziege“ von Veronika und Sören Obermayer aus Clenze erhält den mit 500 Euro dotierten zweiten Preis. Die Jury beeindruckte besonders das konsequent umgesetzte Gesamtkonzept der nachhaltigen Milchziegenhaltung. Das Paar betreibt eine muttergebundene Kitzaufzucht, verarbeitet die Milch auf dem Hof, verwertet Fleisch und Fell der Ziegen und verkauft seine Produkte direkt auf einem nahegelegenen Wochenmarkt.

Clemens Gabriel, Jurymitglied, gratuliert den beiden Preisträger*innen herzlich und dankt ihnen für ihr großes Engagement für eine artgerechte Tierhaltung: „Die Wendland Ziege trägt nicht nur zu mehr Tierschutz, sondern auch zum Erhalt ländlicher Strukturen sowie dem Überleben kleinbäuerlichen Betriebe bei.“

Neue Wege gehen – gemeinsam! Unser Jahresbericht 2022

Die Schweisfurth Stiftung möchte Menschen bestärken und ermutigen aktiv zu sein – für ein regionales und ökologisches Ernährungssystem mit gesunden Lebensmitteln für alle und im achtsamen Umgang mit Mensch, Tier und Natur.

Dieser Aufgabe haben wir uns auch im Jahr 2022 mit vollem Engagement gestellt. Ob kreative, produktive und feierliche Treffen von Öko-Junglandwirt:innen, ein Kontaktforum zu anstehenden Hofübergaben oder Exkursionen in blühende Insektenparadiese: Wir haben Räume und Möglichkeiten in ganz Deutschland und sogar darüber hinaus geschaffen, damit sich Menschen über Handlungsmöglichkeiten für eine zukunftsfähige Landwirtschaft austauschen können. Angeregt durch neue Kontakte, neues Wissen und neue Motivation zeigen sich eben auch neue spannende Wege, die wir oft nur gemeinsam gehen können.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre unseres aktuellen Jahresberichts.

Junglandwirtin übernimmt!

Für die studierte Landwirtin Anna-Maria ist seit ihrem 14. Lebensjahr klar, dass sie auf dem elterlichen Biohof bleibt & Betriebsleitung wird.

Josef und Brigitte Bissinger betreiben in dritter Generation einen Milchviehhof in Mertingen nördlich von Augsburg. Seit 2015 arbeiten sie ökologisch, neben der Viehhaltung bauen sie Zuckerrüben und Dinkel an. Josef und Brigitte haben 55 Milchkühe, drei Schafe und: vier Kinder. Eines davon – Anna-Maria (26) wird den Hof übernehmen. Nora Klopp, Projektmanagerin der Schweisfurth Stiftung, hat die zukünftige Betriebsleiterin und ihre Eltern zur anstehenden Hofübergabe vor Ort interviewt.

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Josef und Brigitte, Ihr wollt in zwei Jahren euren Hof an Anna-Maria übergeben. War das immer so geplant?

Brigitte: Wir haben vier Kinder, aber es war immer die Anna-Maria, die mit dem Josef draußen war. Sie hat die Landwirtschaft geliebt, sie hat die Tierhaltung geliebt, die Natur – alles! Als wir dann die Kinder gefragt haben, war es klar: Anna-Maria will den Hof übernehmen. Die Geschwister waren einverstanden, sie haben andere Interessen.

Anna-Maria: Ich war bei der Entscheidung etwa 14 Jahre alt. Als Kindergärtnerin oder Krankenschwester, da wäre ich den ganzen Tag drinnen, das ist nicht meins. Hier auf dem Hof bin ich draußen und kann machen, was ich will.

Was nimmst du von deinen Eltern mit, Anna-Maria, und was planst du anders zu machen?

Anna-Maria: Ich übernehme natürlich die ganze Basis, was meine Eltern aufgebaut haben. Die will ich ja auch nicht von jetzt auf Morgen kaputt bzw. alles komplett neu machen. Denn es ist ja gut, was jetzt da ist. Aber ich will auch vieles anders machen. Ich möchte einen vielfältigen Hof mit vielen Standbeinen. Weidetiere ja, aber auch Schweine, die die Gemüseabfälle fressen. Es soll ein Kreislauf entstehen und alles, was hier produziert wird, bestmöglich genutzt werden. Wenn ich den Milchbetrieb als Haupterwerb aufgeben möchte, muss ich mehr Ackerbau betreiben, mehr Früchte anbauen. Eine Idee ist, Rote Bete und Meerrettich für Aufstriche anzubauen, die ich dann über eine mobile Käserei vor Ort verarbeiten lassen kann.

Brigitte, Josef, wie seht Ihr die Übergabe an Eure Tochter?

Josef: Grundsätzlich bin ich wie alle Eltern stolz, eine Nachfolgerin zu haben, die das machen will und mit Tatendrang dabei ist. Man kann sich nichts Besseres wünschen. Wenn ein Hof weitergeht, ist das was ganz anderes, als wenn man weiß: jetzt hört er irgendwann auf. Anna-Maria kann ihn gestalten, wie sie es für richtig empfindet. Da muss ich jetzt zurückstehen, denn es hilft ja nicht, wenn ich immer sage: Jetzt machst Du das so oder so. Jeder muss seine Erfahrungen sammeln.

Brigitte: Ich bin ganz stolz, dass sie das macht. Wir haben jetzt 30 Jahre auf dem Hof gearbeitet und dann es ist wirklich eine Wertschätzung, wenn der Hof weitergeführt wird, egal in welche Richtung.

Was sind die Herausforderungen für die Übergabe?

Brigitte: Ich bin bei der Übergabe 55 Jahre alt und möchte und muss weiterarbeiten entweder hier oder woanders. Wir bekommen ja noch keine Rente. Ich möchte keine Existenzängste haben. In welche Richtung der Betrieb geht, das muss Anna-Maria wissen. Aber es muss eben so sein, dass wir abgesichert sind.

Josef: In der Landwirtschaft nagst Du mit der Rente am Hungertuch. Der, der übernimmt, muss die deshalb die finanzielle Verantwortung für die alte Generation übernehmen. Das hat aber auch Vorteile, wenn man als Betriebsübernehmender dann noch jemanden hat, den man wenn nötig um Rat fragen kann.

Ich bin auf jeden Fall dafür, dass wir uns noch mal gemeinsam beraten lassen, besonders zu finanziellen und steuerlichen Themen. Wie machen wir das am Geschicktesten? Es ist nicht damit getan, dass wir sagen, wir übergeben jetzt und damit ist gut.

Brigitte: Es braucht da aber auch ein wenig Vertrauen, alles kann man nicht im Vornherein regeln.

Anna-Maria – welche Herausforderungen siehst du darüber hinaus?

Anna-Maria: Also für mich ist auch das Thema Gender ein Thema. Ich muss mich als weibliche Betriebsleitung viel mehr unter Kolleg:innen beweisen als mein Vater das musste. Mit mir wird nicht so gesprochen, wie mit meinem Papa. Das fängt schon beim Traktorfahren an. Bei den Männern wird grundlegend davon ausgegangen, dass sie Bulldog fahren können. Das mache ich auch, und dann schauen die Kollegen total überrascht, gerade, wenn ich den größten fahre.

Und wenn ich im Studium mit einem männlichen Kollegen rede, z. B. über Bodenbearbeitung, dann redet er mit dem Nachbarn im Detail darüber und mit mir nur oberflächlich. Als ob wir Frauen das fachlich nicht wissen würden. Das ist auf allen Ebenen so – ich muss mich da echt anders behaupten als Frau.

Was würdet ihr anderen Betrieben mitgeben, die eine Hofübergabe planen?

Josef: Ganz spontan: Man muss in die nächste Generation Vertrauen haben. Das ist schon mal der Grundsatz. Dann ist man selbst auch ruhiger. Und es braucht gegenseitige Akzeptanz. Ein guter Umgang ist wichtig. Wenn die Chemie nicht passt, ist das ganz schlecht. Die passt bei uns, sage ich mal. Und als Abgebender muss man auch bereit sein, zurückzustecken. Ich persönlich bin ja froh, wenn ich Verantwortung abgeben und verlagern kann. Und wenn das dann nicht so abrupt ist, von heute auf Morgen, dann passt das schon!

Wenn es jemand anders wäre, als meine Tochter, der ich den Betrieb übergeben würde, wäre es um einiges schwieriger. Man kennt die Leute dann nicht so lange und nicht so gut. Aber auch hier ist das Vertrauen wichtig. Manchmal trifft man jemanden und hat gleich das Gefühlt, dass man die Person versteht und kennt. Und dann geht es sicherlich leichter.

Anna-Maria: Wenn es keine familieninterne Übergabe ist, dann muss man noch offener als abgebender Betriebsleiter sein und den jungen Leuten etwas zutrauen. Die Übergabe muss gewollt sein, aber wenn es nicht geht, muss man das auch akzeptieren – zu sich stehen, sich nicht verbiegen. Und wenn es harmonisch nicht geht, braucht man einen Plan B.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Anna-Maria engagiert sich seit 2021 aktiv im Öko-Junglandwirte-Netzwerk – ihr Fokus liegt auf der Organisation des Kontaktforums Hofnachfolge.

Authentizität im Ökolandbau – Bericht zur Öko-Junglandwirte-Tagung

Ein Gastbeitrag von Charlotte Schilling & Aila von Rohden (Öko-Junglandwirt*innen-Netzwerk)

Neugierig, ehrlich, entspannt, überrascht, kritisch, zurückhaltend, aufgeregt, spaßig und am Sonntagmorgen auch müde – die Teilnehmer*innen der 16. Öko-Junglandwirt*innen-Tagung fanden viele Worte, um die Stimmung in der Jugendherberge in Fulda zu beschreiben. Hier versammelten sich vom 11. bis 13. November 180 Teilnehmer*innen und 20 Referent*innen, um sich gemeinsam dem Tagungsthema “Authentizität im Ökolandbau” zu widmen.

Die Journalistin Tanja Busse eröffnete die Tagung am Freitagabend mit einem Vortrag zu der Vielzahl an derzeitigen Krisen, die gemeinsam angepackt werden müssen. An diesen Weckruf knüpften  die Referent*innen aus Handel, Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis mit ihren Vorträgen und Workshops am nächsten Tag an. Während sich am Samstag einige Junglandwirt*innen die Frage stellten, was sie selber eigentlich authentisch macht, setzten sich andere mit dem Wachstum des Bio-Großhandels auseinander. In etwas kleineren Gruppen fanden zudem Exkursionen statt: eine Exkursion zu einer Heutrocknung, die Einführung in die Futterbewertungsmethode Obsalim im Kuhstall vom Antoniushof (Fulda) und ebenso in Fulda die Besichtigung eines ambitionierten Biobetriebs mit Landwirtschaft, Verarbeitung und Gästehaus. Andere Teilnehmer*innen setzten sich vor Ort unter anderem mit der Jugendarbeit der Anbauverbände und einem Praktikerbericht über die handwerkliche Verarbeitung von Milch und Fleisch auseinander.

Für ausgelassene Stimmung  beim Kulturabend sorgte Matthias Stührwoldt, Biolandwirt und Autor aus Schleswig-Holstein, der die Teilnehmer*innen nach dem eindrucksvollen Tag mit seinen Hofgeschichten zum Lachen brachte. Sonntagfrüh ging es in kleinen Seminargruppen um die eigene Gesundheit und Lebensmittelqualität, um Geschlechtergerechtigkeit in der Landwirtschaft, um das Entdecken und Hinterfragen von gängigen Stereotypen, um Gentechnik, soziale Landwirtschaft und ökologische Weiterbildungsmöglichkeiten. So manche Diskussion aus den Seminaren wurde auch noch in der Kaffeepause weitergeführt.

Im Abschlussvortrag “Welternährung ökologisch! Eine Utopie oder realistische Notwendigkeit?” schlug Adrian Müller (Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau, FiBL Schweiz) erfolgreich den Bogen zum Eröffnungsvortrag (von Tanja Busse) und zeichnete ein Bild, wie Landwirtschaft aussehen kann, um den zu Beginn genannten Krisen erfolgreich begegnen zu können: weitgehend ökologisch, mit  Anpassung unserer Nutztierhaltung und der Reduktion von Lebensmittelverschwendung in unseren Breitengraden als zentralen Hebeln zur Sicherung der Welternährung.

“Bis nächstes Jahr” hieß es danach oft, während sich die Junglandwirt*innen nach dem Mittagessen voneinander verabschiedeten. “Die Beteiligung und die Begeisterung, die die Teilnehmer*innen dieses Jahr mitgebracht haben war wirklich klasse – sie haben uns wieder gezeigt, dass es ein großes Bedürfnis unter den Öko-Junglandwirt*innen gibt, sich zu vernetzen und auszutauschen. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen bei der nächsten Tagung” (Flavio Traxl, Öko-Junglandwirt*innen-Tagungsteam).

Spenden für die Kulturland eG

Damit der Boden, seine Fruchtbarkeit und die Ökosysteme rund herum nicht als Geldanlageobjekte mit entsprechender Rendite gesehen werden, sondern auch für künftige Generationen verantwortungsvoll gepflegt und bewirtschaftet werden, wurde 2014 die Kulturland eG gegründet. Die Genossenschaft setzt sich für eine neue Form der Allmende ein, in der Grund und Boden als Gemeinschaftseigentum angesehen und bäuerlich, ökologisch und sozial bewirtschaftet werden. Mehr zum Projekt hier.




Spenden für das Öko-Junglandwirte-Netzwerk

Das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk zählt bundesweit über 2.500 Interessierte. Das gemeinsames Anliegen: positive Veränderungen anstoßen, aktiv die Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten und gemeinsam über aktuelle und auch kritische Themen des Ökolandbaus diskutieren – und mindestens ebenso wichtig: der Austausch untereinander und die gegenseitige Beratung, kurz: „Die Felder von morgen beackern!“ Mehr zum Projekt hier.

Wir freuen uns sehr, wenn Sie unsere Arbeit mit einer einmaligen oder wiederkehrenden Spende unterstützen:

Schweisfurth Stiftung, GLS Gemeinschaftsbank
IBAN: DE65 4306 0967 8200 8080 00, BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck:
Öko-Junglandwirte-Netzwerk, Adresse für Spendenquittung



Alles rund ums Spenden

Ihre Spende können Sie steuerlich geltend machen. Für Zuwendungen bis 300 Euro können Sie diese Spendenbescheinigung einfach zusammen mit einem Zahlungsbeleg (Kontoauszug/ Bareinzahlungsbeleg) beim Finanzamt einreichen.

Für Spenden über 300 Euro senden wir Ihnen gerne eine Spendenquittung per Post zu. Bitte hinterlassen Sie uns zu diesem Zweck Ihren Namen und Anschrift per E-Mail (info@schweisfurth-stiftung.de) oder rufen Sie uns an 089/ 17 95 95 10.

Wenn Sie eine Zustiftung planen oder die Stiftung im Rahmen einer Erbschaft bedenken möchten, steht Ihnen unser Vorstand Dr. Niels Kohlschütter jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung.

Ernährungswende in Sendling – Audio-Stadtführung durch den „Bauch von München“

Wie kann ein regionales, artgerechtes, ressourcenschonendes und faires Ernährungssystem gestaltet werden? Ein kostenloser Hörspaziergang durch den Süden der bayerischen Hauptstadt zeigt Orte, an denen ein Wandel bereits gelebt wird.

Eine neue Audio-Stadtführung der BürgerStiftung München unter Regie von Ella von der Haide führt durch den Münchner Stadtteil Sendling, wegen der Großmarkthalle auch der „Bauch von München“ genannt. Präsentiert werden 20 ausgewählte Orte, an denen dank des Engagements und Zusammenspiels von Stadtpolitik, Gewerbe und Zivilgesellschaft bereits nachhaltige Ernährungsorte geschaffen worden sind. Teilnehmer:innen bekommen tiefe Einblicke in das städtische Ernährungssystem und ein Gefühl dafür, was sich durch eine Ernährungswende im Alltag verändern könnte und wie sie schmeckt.

Wochenmarkt, Großmarkthalle, Insekten-Rösterei!

Der Hörspaziergang beginnt am Wochenmarkt auf dem Margaretenplatz, führt über den Stemmerhof, vorbei an den Bioläden Hollerbusch, Sendlinger Hofladen und Hirschvogels Hofladen. An der Sortieranlage und der Großmarkthalle werden Szenarien für den Umbau des Großmarktgeländes erlebbar. Die Stadtführung endet auf dem Gelände des ehemaligen Viehhofs. Hier werden die Teilnehmer:innen eingeladen, eine Insekten-Rösterei kennenzulernen und durch einen wunderbaren urbanen Garten zu schlendern.

 Hintergründe und Ziele

München soll bis 2035 klimaneutral werden. Bayern hat durch das Volksbegehren Artenschutz das Ziel, 30 Prozent Ökolandbau auf den landwirtschaftlichen Flächen 2030 zu erreichen. Hinzu kommen Forderungen nach mehr Resilienz, Ernährungssicherheit, fairem Handel, Tierwohl und das wachsende Gesundheitsbewusstsein. Gesetze, Vorgaben und Konsumverhalten werden dazu führen, dass sich das Münchner Ernährungssystem in den nächsten Jahren verändern wird. Mehr Bio-, regionale, saisonale und pflanzliche Produkte müssen energiesparender und lokaler gelagert, transportiert und verarbeitet und weniger Lebensmittel verschwendet werden.

 Den Bauch von München entdecken? So geht’s:

Der Audio-Guide ist auf der Website Ernährungswende in Sendling zusammen mit einem Stadtplan, Hintergrundinformationen, historischen Bildern und Quellenangaben kostenlos und permanent zur Verfügung zu finden. Die Hördatei bzw. der Podcast kann jederzeit auf dem Smartphone, Computer oder mp3-Spieler per Download oder Stream angehört werden. 20 Stationen zum Kennenlernen, 2,8 Kilometer zum Laufen und 120 Minuten zum Lauschen ein.

Über die Macher:innen

Produziert wurde die Audio-Stadtführung von der BürgerStiftung München, Regie führte Ella von der Haide/Eine andere Welt ist pflanzbar, gefördert wurde die Audiotour durch den Bezirksausschuss Sendling, Biostadt München (Referat für Klima- und Umweltschutz der Landeshauptstadt München), die BürgerStiftung München, anstiftung und Schweisfurth Stiftung.

Copyright Fotos: Ella von der Haide

Junglandwirte auf der Suche nach einer Landwirtschaft, die verbindet

Seit Januar 2021 ist die Schweisfurth Stiftung neue Trägerin des Öko-Junglandwirte-Netzwerks. Gemeinsam organisierten sie die 15. Öko-Junglandwirte-Tagung im Oktober in Fulda. Knapp 90 Junglandwirt:innen folgten der Einladung und kehrten für ein Wochenende ihren Höfen den Rücken, um aktuelle, zukunftsweisende Themen für den Öko-Landbau zu diskutieren.

Einsatz für eine enkeltaugliche Landwirtschaft

Das Öko-Junglandwirte-Netzwerk hat sich bereits 2006 aus einer kleinen Gruppe von Schüler:innen der Fachschule für Ökologischen Landbau Kleve zusammengeschlossen und zählt heute bundesweit mehr als 2.500Interessierte. Gemeinsam wollen sie positive Veränderungen anstoßen, aktiv die Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten und über aktuelle und kritische Themen des Ökolandbaus diskutieren. Der Austausch untereinander und die gegenseitige Beratung sind dabei wesentliche Elemente.

Netzwerk mit neuer Trägerschaft

Nach vielen Jahren der Trägerschaft durch die Stiftung Ökologischer Landbau (SÖL), die das Öko-Junglandwirte-Netzwerk mit viel Expertise und Engagement aufgebaut und begleitet hat, ist die Schweisfurth Stiftung seit Januar 2021 neue Trägerin. „Gerade im Bereich Netzwerkaufbau und -pflege hat die Schweisfurth Stiftung viel praktische Erfahrung – beste Voraussetzung also, um mit dem Öko-Junglandwirte-Netzwerk gemeinsam zu wachsen und sich weiter zu entwickeln“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.

Neue Wege der Solidarität zwischen Stadt und Land aufzeigen

Die jährliche Öko-Junglandwirte-Tagung, das Herzstück des Netzwerks, fand in 2021 vom 15. bis 17. Oktober unter dem Titel „Stadt – Land – Zukunft“ in Fulda statt und widmete sich der Frage, wie zwischen Landlust und Landfrust ein Miteinander von städtischen Verbraucher:innen und landwirtschaftlichen Betrieben gelingen kann.

Das ehrenamtliche Organisationsteam des Netzwerks und die Schweisfurth Stiftung stellten dafür ein abwechslungsreiches und informatives Programm mit Vorträgen, Workshops und Seminaren zusammen. 15 Referent:innen und mehr als acht Thementische von Teilnehmer:innen lieferten Input und Impulse für zahlreiche Diskussionen. Dabei wurde den rund 90 Tagungsgästen eine große Bandbreite an Themen angeboten: So ging es zum Beispiel um Regionalisierung und Digitalisierung in der Landwirtschaft, um regenerative und um soziale Landwirtschaft, um zukunftsfähige Dörfer und Solawi-Genossenschaften bis hin zu Wertschöpfungsketten und Wertschätzungspartnerschaften.

Spontan diskutierten und arbeiteten  einige Teilnehmenden und das Organisationsteam im Rahmen der Tagung auch einen Aufruf an die Verhandelnden der Ampel-Koalition aus. Darin forderten sie, dass weiterhin  Wahlfreiheit, Transparenz und Anwendung des Vorsorgeprinzips für neue gentechnische Verfahren gelten sollen. Kurz: genetisch veränderte Lebensmittel müssen auch weiterhin für die Verbraucher klar gekennzeichnet werden. „Das Engagement und Interesse der Junglandwirt:innen auf dieser Tagung ist immens – es endet sicher nicht am Rande des eigenen Hofes, sondern kennt fachlich und politisch keine Grenzen“, so Nora Klopp, Projektmanagerin der Schweisfurth Stiftung.

Zukunft gestalten durch Vernetzung und Austausch

Neben den Inhalten begeisterten auch das überverbandliche und überregionale Miteinander die Junglandwirt:innen. Neugier, Offenheit und Interesse prägten die Stimmung. Die Möglichkeit zum freien Austausch wurde auch 2021 wieder rege genutzt. Ein Feedback zur Tagung: „Ich nehme Motivation, Inspiration und Mut zu Kommunikation sowie dem Schaffen von Netzwerken auf diversen Ebenen mit und tolle, neue Kontakte.“

Dank an Öko-Anbau-Verbände und Sponsoren

Als Kooperationspartner engagierten sich bei der Tagung wie auch in den vergangenen Jahren die Öko-Anbauverbände Bioland, Demeter und Naturland. Wir bedanken uns außerdem bei den zahlreichen Sponsoren  der Tagung: Nur durch ihrer aller Unterstützung konnten die Kosten für die Teilnehmenden niedrig gehalten werden und so viele Interessierte die Angebote der Tagung wahrnehmen.

Nächster Termin: Die nächste, 16. Öko-Junglandwirte-Tagung findet vom 11.-13. November 2022 in Fulda statt. Anmeldung September 2022 auf der Website des Öko-Junglandwirte-Netzwerks.

Gemeinschaftsgetragenes Wirtschaften: Mit dem CSX-Ansatz aus der Nische zur Ernährungswende?

Wirtschaften jenseits der Marktpreise, stattdessen direkte Beziehungen und gegenseitiges Vertrauen: Die Grundprinzipien der Solidarischen Landwirtschaft übertragen einige Akteure inzwischen auch auf andere Bereiche entlang der Wertschöpfungskette. Pilot-Betriebe aus der Milchverarbeitung, dem Back- und Brauwesen arbeiten mit „Beiträgen statt Preisen“, um Kosten zu decken, das wirtschaftliche Risiko zu teilen und Investitionen zu finanzieren. Aus dem englisch für Community Supported Agriculture (CSA), wird CSX – x für jede andere beliebige Branche. Dieses neue unternehmerische Modell bietet Anknüpfungspunkte für bereits bestehende und neue Betriebe. Ein wachsendes CSX-Netzwerk aus Praxis, Beratung und Wissenschaft sind Anzeichen für eine neue Bewegung alternativen Wirtschaftens – die sich auch in Selbstkritik ihrer Nische übt.

Ein Beitrag von Matthias Middendorf, Projektmanager der Schweisfurth Stiftung und privat aktiv im CSX-Netzwerk

Das vielfältig praktizierte Konzept der Solidarischen Landwirtschaft (SoLawi) erfährt eine kontinuierliche Verbreitung: Inzwischen arbeiten über 350 Betriebe in Deutschland nach den Prinzipien der SoLawi. In der direkten, kooperativen Zusammenarbeit von Verbraucher:innen und Erzeuger:innen wird ein vielversprechendes Zukunftsmodell gesehen, das inzwischen auf immer mehr Bereiche im Ernährungssystem ausstrahlt. Der innovative Ansatz wird in der Praxis nun auch in der Lebensmittelverarbeitung wie im Bereich Milch und Käse, im Brauwesen, der Weinerzeugung und der Imkerei angewendet. Auch im Lebensmittelhandwerk, wie solidarischen Bäckereien im Backhaus der Vielfalt in Freiburg oder dem neuen Vesper Stüble in Hannover wird das CSX-Modell in der Praxis erprobt und überzeugt: „Als Gründerin komme ich ohne große finanzielle Rücklagen aus und es ist beruhigend zu wissen, dass mein Einkommen gesichert ist und ich mir einen fairen Stundenlohn zahlen kann. Ich kann meine Brote zu dem Preis weitergeben den sie wirklich wert sind, und Menschen, die nicht so viel Geld auf dem Konto haben, günstiger anbieten“, erklärt Kathrin Schubert, von der solidarischen Bäckerei Vesper Stüble.

Prosument:innen, die die laufenden Kosten finanzieren

Alle diese Unternehmen haben gemeinsam, dass sie nach den Prinzipien einer gemeinschaftsgetragenen Wirtschaft organisiert sind. „Für Anbietende ist die Nachfrage gesichert, bevor die Produktion anläuft. Produkte und Dienstleistungen verlieren dadurch ihren Preis und erhalten ihren Wert zurück. Die gemeinsame Verantwortung im CSX-Sinne kann Menschen auf vielfältige Weise nähren, mit Lebensmitteln, anderen Gütern und Dienstleistungen, aber insbesondere auch mit sozialen Aspekten“, erklärt Marius Rommel. Er forscht an der Universität Siegen zu diesem Unternehmensmodell und ist im CSX-Netzwerk engagiert. Im CSX-Ansatz werden die gesamten laufenden Kosten eines Jahres durch die Beiträge der Mitglieder gedeckt. Im Gegenzug werden die Erzeugnisse unter allen (auf)geteilt. Die Grenzen zwischen Konsum und Produktion verschwimmen. Konsument:innen werden zu Prosument:innen. Noch einen Schritt weiter gehen einige Projekte indem sie gemeinsame Entscheidungsstrukturen, einen solidarischen Ausgleich unter den Mitgliedern oder neue Eigentumsmodelle erproben. Ein paar gemeinschaftsgetragene Betriebe existierten bereits vor dem neu geschaffenen CSX-Begriff im Jahr 2017. Seit einigen Jahren vernetzen sich die Akteure im Feld und haben hierfür 2021 mit einem Verein auch Strukturen für einen professionelleren Austausch, Beratung und voneinander Lernen geschaffen.

Wirtschaften ohne Marktpreise kommt in Bewegung

Potentiale werden auch für etablierte SoLawis gesehen, die weitere Bereiche der Wertschöpfungskette wie zum Beispiel eine gemeinschaftsgetragene Bäckerei oder Imkerei integrieren, oder mit anderen neu entstehenden CSX-Betrieben kooperieren können. Eine übergeordnete Organisationsform kann hier mehrere Betriebe koordinieren, Abholorte für Produkte gemeinsam nutzen und somit vielfältige Schnittmengen bilden. Die Umsetzung einer solidarisch organisierten Getreidemühle ist dagegen bisher noch ein Gedankenspiel vom CSX-Netzwerk auf dem Papier. Wogegen die Vision eines nach CSX-Prinzipien gestalteten neuen Stadtquartiers konkreter wird. In einem Pilotprojekt in München Freiham ist eine Genossenschaft in Planung, die aus einer SoLawi, Mitgliederladen, Gastronomie und weiteren CSX-Betrieben bestehen soll. Wenngleich noch viele Fragen offen sind und in der Praxis erprobt werden müssen – es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen: Es tut sich etwas im Bereich des alternativen Wirtschaftens. Es überrascht daher nicht, dass der Ansatz in der Ernährungsbranche auf wachsende Neugierde und Interesse stößt.

CSX-Netzwerk als Ort und Quelle

Das im Dezember 2018 gegründete CSX-Netzwerk ist dabei sich mit dem Verein weiter zu professionalisieren. Es hat sich zum Ziel gesetzt Ansprechpartner:in für bestehende Akteure, interessierte Neugründer:innen, Verbände, Wirtschaftsförderung, Regionalentwicklung, Politik und die Forschung zu sein. Außerdem sollen künftig breitere Teile der Gesellschaft und entsprechende Multiplikator:innen adressiert werden, um diese Form des Wirtschaftens über die bestehenden Akteure und Netzwerke bekannter zu machen. Dazu veranstaltet das Netzwerk Austauschformate und bietet digitale Kennenlern-Termine für Interessierte an. Die nächsten Termine finden sich hier.

(c) Schweisfurth Stiftung

Weiterlesen

Marius Rommel und Mona Knorr im Kritischen Agrarbericht: Wirtschaften ohne Marktpreise? Vom Unternehmensmodell Solidarische Landwirtschaft zu einer gemeinschaftsgetragenen Versorgungsökonomie

Hinschauen

Winzer ohne Weingut – eine ARTE-Dokumentation über Jan-Philipp Bleeke und die CSVino

Headerbild: © Marie-Pascale Gafinen. Mit freundlicher Genehmigung von Marie-Pascale Gafinen zur Nutzung. Original unter: https://theory-u.de/termine-gaia/

Ein bewegendes Jahr – Der Jahresbericht der Schweisfurth Stiftung 2020

Unerwartet ist im Februar 2020 unser hochgeschätzter Stifter Karl Ludwig Schweisfurth gestorben. Bei unserem letzten Gespräch in den Räumen der Stiftung in München Ende 2019 gab Karl Ludwig Schweisfurth den Mitarbeiter:innen der Schweisfurth Stiftung nochmal seinen Kerngedanken mit:

„Setzen wir uns für ein Wirtschaften mit Respekt vor und Freude am Lebendigen ein. Für eine Ökologie der kurzen Wege und mit einem Denken in Symbiosen und Kreisläufen. Lassen wir uns tragen von einer Vision: Machen wir Frieden mit der Natur!“

Diesen Kerngedanken haben wir auch 2020 in unterschiedlichsten Projekten in die Praxis umgesetzt: für eine enkeltaugliche Land- und Lebensmittelwirtschaft. Schmökern Sie in unserem umfassenden Jahresbericht 2020 und erfahren Sie, was uns als Schweisfurth Stiftung in diesem Jahr konkret und vor Ort bewegt hat. Zum Beispiel berichten wir von Wertschöpfungsketten mit einem Mehrwert für Tierwohl, Klima und Biodiversität, von Brücken zwischen Wissenschaft und Praxis oder von Blühbotschafterinnen, die sich in ihrem Umfeld für wildlebende Insekten einsetzen.

 

Das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk

Ressourcen schonen, fruchtbare Böden aufbauen und erhalten, Tierwohl stärken, Biodiversität fördern und viele weitere Themen stehen auf der Agenda des Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerks – und auch auf der der Schweisfurth Stiftung. Eine enge Zusammenarbeit liegt daher nahe. Im Januar 2021 übernahm die Stiftung die Trägerschaft für das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk von der Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL), die das Netzwerk von Anfang an mit viel Engagement und Expertise begleitet und aufgebaut hat. Konkret bedeutet dies, dass die Schweisfurth Stiftung nun das ehrenamtliche Netzwerk-Team insbesondere bei administrativen Aufgaben unterstützt.

Engagiert, innovativ und zukunftsorientiert: Das Öko-Junglandwirt:innen-Netzwerk

2006 hatte eine kleine Gruppe von Student:innen der Fachschule für Agrarwirtschaft in Kleve das Netzwerk ins Leben gerufen. Inzwischen zählt es bundesweit über 2.500 Interessierte. Ihr gemeinsames Anliegen: positive Veränderungen anstoßen, aktiv die Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten und gemeinsam über aktuelle und auch kritische Themen des Ökolandbaus diskutieren – und mindestens ebenso wichtig: der Austausch untereinander und die gegenseitige Beratung. Dazu haben die Mitglieder – neben dem Netzwerk selbst – unterschiedliche Formate entwickelt: Einmal im Jahr findet die Öko-Junglandwirt:innen-Tagung statt. Es ist das Herzstück des Netzwerks. Hier treffen sich Junglandwirt:innen, Gärtner:innen, Imker:innen, Winzer:innen, Schüler:innen und Studierende aus ganz Deutschland und „beackern gemeinsam die Felder von morgen“. Damit wurde ein Format geschaffen, welches einen verbandsübergreifenden fachlichen Dialog ermöglicht – mit Erfolg: 2019 verzeichnete die Tagung rund 180 Teilnehmer:innen. Darüber hinaus wird seit 2016 einmal jährlich der Öko-Junglandwirt:innen-Zukunftspreis an Junglandwirt:innen verliehen, die besonders innovative Konzepte im Bereich Ökolandbau realisieren. Zudem wurde 2016 das Kontaktforum Hofübergabe gegründet. Hier werden Landwirt:innen, die ihren Betrieb abgeben wollen, mit denjenigen zusammengebracht, die gerade auf der Suche nach einem Hof sind, den sie übernehmen können.

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Gemeinsam für eine enkeltaugliche Landwirtschaft: Schweisfurth Stiftung übernimmt Trägerschaft für das Öko-Junglandwirte-Netzwerk von der SÖL

Ressourcen schonen, fruchtbare Böden aufbauen und erhalten, Tierwohl stärken, Biodiversität fördern und viele weitere Themen stehen auf der Agenda des Öko-Junglandwirte-Netzwerks – und auch auf der der Schweisfurth Stiftung. Eine enge Zusammenarbeit liegt daher nahe. Ab Januar 2021 übernimmt die Münchner Stiftung die Trägerschaft für das Öko-Junglandwirte-Netzwerk von der Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL), die das Netzwerk von Anfang an mit begleitet und aufgebaut hat. Konkret bedeutet dies, dass die Schweisfurth Stiftung nun das ehrenamtliche Netzwerk-Team insbesondere bei administrativen Aufgaben unterstützt. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und sind der SÖL dankbar für das bisherige Engagement, denn uns verbindet ein gemeinsames Ziel: eine zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft voranzubringen. Das kann nur gemeinsam und mit Hilfe starker Netzwerke gelingen. Gerade im Bereich Netzwerkaufbau und -pflege hat die Schweisfurth Stiftung viel praktische Erfahrung – beste Voraussetzung also, um mit dem Öko-Junglandwirte-Netzwerk gemeinsam zu wachsen und sich weiter zu entwickeln“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.

Engagiert, innovativ und zukunftsorientiert: Das Öko-Junglandwirte-Netzwerk

2006 hatte eine kleine Gruppe Student:innen der Fachschule für Agrarwirtschaft in Kleve das Netzwerk ins Leben gerufen. Inzwischen zählt es bundesweit über 2.000 Interessierte. Ihr gemeinsames Anliegen: positive Veränderungen anstoßen, aktiv die Zukunft der Landwirtschaft mitgestalten und gemeinsam über aktuelle und auch kritische Themen des Ökolandbaus diskutieren – und mindestens ebenso wichtig: der Austausch untereinander und die gegenseitige Beratung. Dazu haben die Mitglieder – neben dem Netzwerk selbst – unterschiedliche Formate entwickelt: Einmal im Jahr findet die Öko-Junglandwirte-Tagung statt. Es ist das Herzstück des Netzwerks. Hier treffen sich Junglandwirt:innen, Gärtner:innen, Imker:innen, Winzer:innen, Schüler:innen und Studierende aus ganz Deutschland und „beackern gemeinsam die Felder von morgen“. Damit wurde ein Format geschaffen, welches einen verbandsübergreifenden fachlichen Dialog ermöglicht – mit Erfolg: 2019 verzeichnete die Tagung rund 180 Teilnehmer:innen. Darüber hinaus wird seit 2016 einmal jährlich der Öko-Junglandwirte-Zukunftspreis an Junglandwirt:innen verliehen, die besonders innovative Konzepte im Bereich Ökolandbau realisieren. Zudem wurde 2016 das Kontaktforum Hofübergabe gegründet. Hier werden Landwirt:innen, die ihren Betrieb abgeben wollen, mit denjenigen zusammengebracht, die gerade auf der Suche nach einem Hof sind, den sie übernehmen können.

Bei der Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Formate und Themen wird ab Januar 2021 Nora Klopp als Projektmanagerin seitens der Schweisfurth Stiftung das Öko-Junglandwirte-Netzwerk unterstützen. „2021 bringt einige Veränderungen und Herausforderungen für das Öko-Junglandwirte-Netzwerk – insbesondere momentan im Hinblick auf die Planung großer Veranstaltungen. Ich freue mich sehr darauf, dass enorm engagierte ehrenamtliche Netzwerk-Team bei der Umsetzung ihrer zukunftsweisenden Arbeit zu unterstützen: von der Tagung über die Verleihung des Zukunftspreises und das Kontaktforum bis hin zu neuen Ideen, die aus der Zusammenarbeit wachsen werden.“

Mehr Bio für alle: Wie die Ernährungswende in den Großküchen gelingt

Regional, saisonal und bio – so soll der Speiseplan der Kantine der Zukunft aussehen. Zumindest wenn es nach den TeilnehmerInnen des Dialogforums der bundesweiten Informationsoffensive „Bio Bitte – Mehr Bio in öffentlichen Küchen“ , das am 16. September 2020 in Leipzig stattfand, geht. Denn sie sehen in der Gemeinschaftsverpflegung ein wichtiges Instrument, um die erforderliche Ernährungswende voranzutreiben. Wie der Anteil für ökologisch erzeugte Produkte in Kantinen & Co. erhöht werden kann, diskutierten die verschiedenen Akteure der Außer-Haus-Verpflegung ausführlich beim Dialogforum. Mit dabei: Die Schweisfurth Stiftung, die ihre Erkenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich der Absatzmöglichkeiten von bio-regionalen Produkten aus dem Projekt WERTvoll  einbringen konnte.

Bio in Kita, Kantine & Co. – geht das?

Ein ganz klares „ja“ lieferte Dr. Philipp Stierand vom Berliner Projekt Kantine Zukunft  auf diese Frage. Hier zeigen die Beteiligten schon jetzt, wie der Anteil der eingesetzten Bio-Lebensmitteln auf mindestens 60 % gesteigert werden kann. Der Schlüssel zum Erfolg: Das innovative Beratungs- und Schulungsprogramm, das die Küchenteams mit dem notwendigen Know-how ausstattet, um den Speiseplan – ohne Kostensteigerung – auf bio und regional umzustellen. „Die Diskussion mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat gezeigt, dass genau hier die Krux liegt: Denn die Umstellung des Speisplans auf bio und regional hat große Auswirkungen auf das Kochen – weniger tierische Produkte, mehr saisonales und regionales Gemüse, welches zu bestimmten Zeitpunkten in sehr großer Menge auftritt. Hier braucht es kreative Ideen für vielfältige Gerichte“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.

Mehr Bio für alle – Eine Gemeinschaftsaufgabe

Und eine weitere wichtige Erkenntnis nehmen die TeilnehmerInnen mit: Für mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung braucht es das Engagement und die Zusammenarbeit aller Akteure der Außer-Haus-Verpflegung: EntscheiderInnen bei Städten und Kommunen können durch eine veränderte Ausschreibungspraxis die Ernährungswende in den Großküchen aktiv unterstützen. ErzeugerInnen und Küchenteams müssen sich kontinuierlich austauschen, um Angebot und Nachfrage optimal zu koordinieren. „Hier ist es hilfreich, wenn es ein Netzwerk in der Region gibt, das alle Akteure miteinander verbindet und einen Überblick über Angebot und Nachfrage bietet. Genau hier knüpfen wir nun mit dem Projekt WERTvoll an: Am 15. Dezember 2020 veranstalten wir eine Suche-Biete-Börse für ProduzentInnen, VerarbeiterInnen, VerpflegerInnen und HändlerInnen in der Region“, ergänzt Arian Gülker, Projektmanager der Schweisfurth Stiftung.

Ein FoodHub für München

Wissen, woher unser Essen kommt! Wissen, wer am täglichen Einkauf wie viel verdient! Mitbestimmen, was in den Regalen steht! Klingt utopisch? Aktuell setzt eine Gruppe von etwa 1.500 Münchnern alles in Bewegung, um einen FoodHub zu gründen. Einkaufen im Herzen der Stadt mit Benefits: bio, saisonal, lokal & gemeinsam.

FoodHubs – ein Konzept das weltweit überzeugt

Die InitiatorInnen Kristin Mansmann, Nikolaus Teixeira, Quentin Orain und Karl Schweisfurth haben sich entschlossen, das Konzept des FoodHubs nach München zu tragen. Ein Supermarkt, der von Erzeugern aus der Region beliefert wird und direkt an die Verbraucher verkauft. Während der Begriff FoodHub oder auch FoodCoop in New York seit 1973 mit 17.000 Mitgliedern durchgehend mit Leben gefüllt ist, lässt sich aktuell global ein Revival des Phänomens beobachten, so z.B. La Louve in Paris mit 6.000 Mitgliedern.

Wie funktioniert ein FoodHub?

Konkret soll das Konzept FoodHub in München als kooperative Direktvermarktung umgesetzt werden, basierend auf drei Prinzipien: Mitarbeit, Miteigentum und Transparenz. Damit verändert sich das Einkaufen für die Mitglieder und bringt Vorteile für die Einzelnen mit sich: jedeR bringt sich ein, arbeitet mit und ist gleichzeitig auch MiteigentümerIn durch eine finanzielle Einlage. Dadurch sinken die Preise: Die Lebens-Mittel können bis zu 30% günstiger verkauft werden, als in herkömmlichen Supermärkten. Auch können die GenossInnen selbst Vorschläge einbringen, welche Erzeugnisse dauerhaft im Regal stehen. So wird nicht nur große Transparenz geschaffen, sondern ein Gemeinschaftsgefühl und gemeinsame Verantwortung – füreinander und für die Lebens-Mittel.

100% Fleisch aus ökologischer Herkunft

„Eine Besonderheit des FoodHub München ist, dass neben dem Gemüse auch das Fleisch zu 100% bio sein soll. Auf konventionelle Alternativen wollen wir an dieser Stelle verzichten“, so Karl Schweisfurth der FoodHub München. „Die Bestrebungen gehen dahin, Tiere direkt vom Bauern zu kaufen. Wo möglich werden sie auf dem eigenen Hof geschlachtet (Weideschlachtung) und in mobilen Einheiten zerlegt.“ Auch das Thema kuhgebundene Kälberaufzucht spielt eine Rolle für den FoodHub. Dazu werden aktuell die Bezugsquellen für Milch, Käse und Fleisch sondiert.

„Lasst uns den sozialen und ökologischen Wandel so einfach machen, wie den Einkauf im Supermarkt“

…, so die Aufforderung des Vierergespanns. Aktuell stellen verschiedene Arbeitsgruppen zu den Themen Sortiment, Verpackung, Immobilie, Kommunikation, Events und IT die Drehschrauben – mitmachen willkommen!
Wer jetzt schon mal das Thema Food Hub für sich austesten bzw. Weggefährte werden möchte, kann bereits als Mitglied des Vereins aus einem kleinen aber feinen Sortiment Lebensmittel bestellen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wird genau darauf geachtet, dass mindestens 50% der Produkte aus der Direktvermarktung stammen.

Wer den FoodHub bereits in der Startphase finanziell unterstützen möchte, findet hier die nötigen Informationen.

Weichen stellen für eine sozial-ökologische Transformation

Sozial, wirtschaftlich und ökologisch ist die aktuelle Situation unumstritten eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Gleichzeitig ist sie eine Chance, die Weichen neu zu stellen. Umfangreiche Subventionsprogramme werden geschaffen, um die Wirtschaft anzukurbeln und die negativen Folgen der Pandemie abzufedern. Die unterschiedlichen Lobbygruppen stehen bereit: mit Vorschlägen, Empfehlungen und Forderungen an die Bundesregierung. „Jede Krise ist auch eine Chance für Veränderungen“, so Vorstand Dr. Niels Kohlschütter. „Wir, die Schweisfurth Stiftung, sehen uns als Brückenbauerin zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik für eine sozial-ökologische Transformation.“

Forderungen an die Regierungen

Die Schweisfurth Stiftung fordert mit vielen anderen zusammen eine Transformation und ist selbst Mitzeichnerin des Papiers „Die EU zukunftsfähig machen: Forderungen der deutschen Umweltverbände an die Ratspräsidentschaft“ des DNR. Das Konjunkturprogramm der Koalitionsgipfels ist ein erster Schritt in die richtige Richtung – nun kommt es auf die Umsetzung an.
Um einen kleinen Eindruck zu bekommen, welche Möglichkeiten es aktuell zum Mitmachen gibt und wo etwas passiert: hier ein Ausschnitt der aktuellen Forderungen und Petitionen rund um die Nachhaltigkeit.

Rat für nachhaltige Entwicklung und World Future Council: Für eine zukunftsfähige Wirtschaft und Gesellschaft

„Kein frisches Geld für alte Ideen“ fordert Dr. Werner Schnappauf, Vorsitzender des Rats für nachhaltige Entwicklung. Acht Empfehlungen hat der Rat dem Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben Prof. Helge Braun vorgestellt. Denn die Krise müsse als Chance zur Transformation in eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft gesehen und genutzt werden. Auch der World Future Council fordert in einem Brief die Staats- und Regierungschefs auf: „build back better“ – für einen „besseren Wiederaufbau“ – und drängt auf den Aufbau einer international wirksamen Organisation, die gemeinsames Handeln und „Verantwortung im Interesse heutiger und künftiger Generationen“ gewährleisten kann (Hier geht es zur deutschen Zusammenfassung des Briefes.) Mitzeichner sind u.a. Prof. Dr. Maja Göpel (Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen), Prof. Vandana Shiva (Aktivistin), Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker (Umweltwissenschaftler) sowie Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung Prof. Franz-Theo Gottwald.

Die Transformateure & Greenpeace: Leitlinie, grüner Wirtschaftsplan und mehr

Eine weltoffene und sozial-ökologische Transformation als Leitlinie für Investitionsprogramme für eine lebenswerte Zukunft fordern die Transformateure. Zu ihnen gehören u.a. Prof. Dr. Irmi Seidl, (WSL Zürich) und Prof. Dr. Hubert Weiger (RNE, BUND Bayern). Sie schlagen ein Programm vor, das auf „Verstetigung“ angelegt ist, da es in der Vergangenheit zwar oft herausragende Einzelprojekte gab, „aber kein konsequentes Umsteuern in Richtung Nachhaltigkeit“. Greenpeace sieht den Wendepunkt für einen grünen Wirtschaftsplan. Ein Brief an die Kanzlerin mit Aufruf zu einem Neustart kann hier unterzeichnet werden.

Neues Wirtschaftswunder: Die „historische Chance“ nutzen

Ein offener Brief an die Bundesregierung ist auf der Website der Allianz Neues Wirtschaftswunder für eine sozial-ökologische Transformation zu finden. Ziel ist es, die „langfristigen Zukunftsherausforderungen jetzt als Zivilgesellschaft“ mitzugestalten: konkret bedeutet dies, die „natürlichen Grenzen unseres Planeten anzuerkennen und endlich in Einklang mit einem zukunftsgerichteten, dem Gemeinwohl dienenden, Wirtschaftssystem zu bringen.“ Zu den ErstunterzeichnerInnen des Briefs gehören die Organisationen B.A.U.M., DNR, Forum nachhaltiges Wirtschaften, Gemeinwohlökonomie, GLS Bank, Unternehmensgrün u.v.m.

Lecker, nachhaltig oder gesund – was ist eigentlich Lebensmittelqualität?

Für den einen ist der Geschmack entscheidend, für den anderen die Nährwertzusammensetzung, für den nächsten eine nachhaltige, agro-chemiefreie Erzeugung, für andere wiederum eine ganz persönliche Mischung aus allen drei Aspekten– stellt sich also die Frage: Was ist eigentlich ein gutes, qualitativ hochwertiges Lebensmittel? Fakt ist: Wir meinen nicht unbedingt das Gleiche, wenn wir von Lebensmittelqualität sprechen. Die Bewertung ist geprägt von subjektiven Wahrnehmungen und heterogenen Vorstellungen. Wie also kann dem Qualitätsbegriff angemessen Rechnung getragen und die Lebensmittelqualität bewertet werden? Dieser Frage gingen die TeilnehmerInnen der ersten virtuellen Konferenz „Nachhaltigkeits-Impulse“ des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung am 21. April 2020 nach. Bei der Konferenz plädierte Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung, in seinem Vortrag für eine ganzheitliche Bewertung der Qualität von Lebensmitteln.

Plädoyer für eine ganzheitliche Bewertung

Die Conclusio der Schweisfurth Stiftung, die sich seit rund 30 Jahren mit der Frage beschäftigt, mit welchen wissenschaftlichen Methoden Lebensmittelqualität adäquat ermittelt werden kann, brachte Gottwald so auf den Punkt: „Klar ist: Rein naturwissenschaftlich messbare Parameter, wie beispielsweise Keimbelastung, Verzehrfähigkeit und der Product Carbon Footprint, sind nicht ausreichend, um die Qualität eines Lebensmittels zu erfassen. Denn dies geht immer mit einem Reduktionismus einher und wird der Vielschichtigkeit der Qualitätswahrnehmung nicht gerecht.“ Vielmehr bräuchte es, laut Gottwald, es eine ganzheitliche Bewertung, einen multiperspektivischen Ansatz, innerhalb dessen es unterschiedliche Annäherungen an Lebensmittelqualität geben kann.

Drei Methoden zur ganzheitlichen Bewertung von Lebensmittelqualität

Gottwald berichtet auch, dass sich im Laufe der intensiven Forschungsarbeiten der Schweisfurth Stiftung drei Rahmenkonzepte herauskristallisierten, die eine ganzheitliche, unterschiedliche Perspektiven einnehmende Bewertung von Lebensmittelqualität erlauben würden: Die Ernährungsökologie der Gießener Schule, ein Wertschöpfungskettenverständnis und ein Konzept, welches sich von den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) ableiten lässt.

Eine ausführliche Erklärung der einzelnen Konzepte finden Sie hier: Ernährungsökologie der Gießener Schule, Wertschöpfungskettenverständnis und die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Digitale Landwirtschaft: Warum die Politik jetzt handeln muss!

Algorithmus statt Bauernregel – so lautet die Zukunftsdevise der Landwirtschaft. Durch digitale Lösungen ist ein effizienterer und schonenderer Einsatz von Ressourcen möglich. So kann Digitalisierung in der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit führen – muss sie aber nicht. Denn bislang sind entscheidende Fragen noch offen. Deshalb fordern Umweltverbände und zivilgesellschaftliche Organisationen in dem Positionspapier „Landwirtschaft 4.0“ von der Bundesregierung politische Leitplanken zu setzen, die eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche digitale Landwirtschaft sicherstellen. Die Schweisfurth Stiftung trägt die sieben Forderungen mit.

Landwirtschaft 4.0: Digitalisierung auf dem Acker gleich mehr Nachhaltigkeit?

Die Digitalisierung der Landwirtschaft ist bereits auf dem Acker angekommen: Schon heute setzen viele LandwirtInnen digitale Technik ein. Durch ihre Anwendung lassen sich Arbeitsprozesse optimieren und präzise Informationen über landwirtschaftliche Nutzflächen und Wetterdaten sammeln. Dadurch kann Ressourceneffizienz gesteigert und die Umwelt geschont werden. Jedoch wird die aktuelle Entwicklung von der (Agrar- und Digital-)Industrie dominiert und ist tendenziell eher von deren Interessen geleitet. Die Bedürfnisse der LandwirtInnen sowie der Nutzen der Technik für die ErzeugerInnen ist oft nicht Priorität. Es droht die Gefahr, dass das industrielle Agrarmodell fortgesetzt und die Digitalisierung der Landwirtschaft nicht den erhofften Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet, sondern im Gegenteil menschenrechtliche und ökologische Probleme verschärft.

Für eine Macht-fair-Teilung

Damit eine digitale Landwirtschaft dazu beiträgt, dass die globalen Ziele für Umwelt und Klima erreicht werden und LandwirtInnen weltweit davon profitieren, müssen folgende Forderungen im Zentrum der politischen Maßnahmen stehen: Gewährleistung einer flächendeckenden Internetversorgung, Zugang zu digitaler Technik auch für (Klein-)Bäuerinnen und Bauern (statt nur für Agrarkonzerne), Datensouveränität, Verschärfung des Wettbewerbsrecht zur Begrenzung der Macht von Agrar- und Digitalkonzernen, Fortbestand und Ausbau des Arbeitsrechts, Respektierung der planetaren Grenzen sowie die Förderung der Vielfalt im Sinne der Prinzipien der Agrarökologie.
Lesen Sie hier das Positionspapier „Landwirtschaft 4.0“ mit den sieben Forderungen in ganzer Länge.

 

Kritischer Agrarbericht 2020: Nur gemeinsam gelingt die Transformation

Es braucht wieder mehr Solidarität zwischen Stadt und Land, zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen, zwischen LandwirtInnen und VerbraucherInnen! Das fordert der kritische Agrarbericht 2020 mit seinem diesjährigen Schwerpunktthema „Stadt, Land – im Fluss“. Er wurde zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche  in Berlin vom Agrarbündnis e.V.  vorgestellt. Dass die Agrarwende nur durch ein Miteinander gelingen kann, zeigt auch der von der Schweisfurth Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut e.V.  verfassten Beitrag.

In Maßen, nicht in Massen!

Für eine Ernährung mit weniger, dafür aber umwelt- und tiergerecht(er) produziertem Fleisch plädieren Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung, und Dr. Dietlinde Quack, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Öko-Instituts e.V., im Kapitel „In Maßen, nicht in Massen!“. Denn die dringend erforderliche Agrarwende ist nur mit einer Ernährungswende möglich. Dabei kommt den VerbraucherInnen eine wesentliche Rolle zu. Ihr Kassenbon kommt einem Stimmzettel gleich: Bei jedem Einkauf können sie wählen zwischen einem „Weiter so“ oder der notwendigen Transformation. Doch ohne, dass auch Politik und Handel Verantwortung übernehmen und sich entsprechend am Transformationsprozess beteiligen wird das Engagement der LandwirtInnen und der BürgerInnen nicht zu der erforderlichen Agrarwende führen. Es ist ohne Zweifel: Es gibt nicht den einen Akteur, vielmehr müssen viele unterschiedliche Akteure einbezogen werden und zusammenarbeiten, damit die Ernährungs- und Agrarwende gelingen kann. Die konkreten Gestaltungsansätze können Sie hier nachlesen.

Ökologische Agrarkultur global verbreiten – Zusammenarbeit führt zum Ziel

Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung, eröffnete am 12. September 2019 die Konferenz „Solutions Scaling-up Agroecology“ an der Heliopolis University, Cairo

Armut und Hunger weltweit beseitigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass Böden fruchtbar bleiben, Gewässer geschont werden, biologische Vielfalt erhalten wird und Klimasenken durch Humusaufbau geschaffen werden. Das geht! Ökologische Agrarkultur kann, insbesondere im globalen Süden, einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Ernährungssicherung leisten. Dies macht Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung und Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Stiftung World Future Council, in seiner Eröffnungsrede bei der Konferenz „Solutions for Scaling-up Agroecology“  an der Heliopolis Universität Cairo, Ägypten – organisiert vom World Future Council und der Stiftung des Right Livelihood Award – deutlich.

Weltweit von lokalen Leuchtturmbeispielen lernen

Als Musterbeispiele dafür verweist Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald auf die im vergangenen Jahr ausgezeichneten Alternativen zur industriellen Landwirtschaft im globalen Süden. Diese demonstrieren, wie eine sozial-ökologische Wende hin zu nachhaltigen Agrarsystemen im kleinen Maßstab auf lokaler Ebene möglich ist. „All die ausgezeichneten Leuchtturmbeispiele sind Lösungen für den Übergang zu enkeltauglichen Ernährungs- und Landwirtschaftssystemen, die für die Menschen vor Ort funktionieren. Sie haben einen direkten und greifbaren positiven Effekt für sie und die Natur“, erklärt Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald.

Die Verbreitung der ökologischen Agrarkultur – eine Gemeinschaftsaufgabe

Die Leuchtturmbeispiele zeigen den Weg auf, wie Hunger, soziale Ungleichheit, Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt erfolgreich angegangen werden können. Es gilt nun diese vielversprechenden Lösungsansätze weltweit zu verbreiten. Dazu muss das agrarökologische Know-how weitergegeben und die praktische Anwendung forciert werden. Damit dies gelingt, ist das Engagement von Verantwortlichen aus internationalen Organisationen, Politikern entsprechender Ministerien und Ressorts sowie Forschern und Wissenschaftlern gefragt. Sie müssen Hand in Hand zusammenarbeiten und Synergien effektiv nutzen, um die notwendige Agrarwende zu erreichen und gleichzeitig einen Beitrag zur Ernährungssicherung zu leisten.

Back to the Roots: Regionale Ernährungskultur erhalten

Die regionale Ernährungskultur muss erhalten werden! Doch wie sieht eigentlich eine natur- und heimatverbundene Küche aus? Das machte der Verein „Kulinarisches Erbe Bayern“ während der Aktionswochen „Kulinarisches Erbe auf dem Teller“ im Oktober  erleb- und schmeckbar. Insgesamt 21 Gastronomiebetriebe boten ihren Gästen über drei Wochen hinweg Speisen und Rezepturen aus den „guten alten Zeiten“ an. Es wurden speziell Gerichte serviert, die sich an lokalen Kulturlandschaften, traditionellen Gepflogenheiten und den Jahreszeiten orientieren.

Kulinarische Traditionen – vom Aussterben bedroht

„Kulinarische Traditionen sind in höchstem Maße bewahrenswert. Sie prägen maßgeblich unsere Region. Um diesen Reichtum zu erhalten, müssen sie gepflegt und lebensfähig gehalten werden. Nur so können sie an die nächsten Generationen weitergegeben werden“, erläutert Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung sowie des Vereins „Kulinarisches Erbe Bayern“. Doch wer weiß heute noch wie ein Böfflamot, eine Goldwürfelsuppe oder Kartoffelwiascht zubereitet wird? Viele dieser einzigartigen Gerichte sind mittlerweile in Vergessenheit geraten und mit ihnen verschwinden auch seltene, lokal angepasste Haustierrassen und Getreide- und Pflanzensorten. Diese gilt es zu erhalten. Der Verein „Kulinarisches Erbe Bayern“ will deshalb durch Aktionen wie zum Beispiel „Kulinarisches Erbe auf dem Teller“ das Bewusstsein für traditionelle Lebensmittel und regionale Genüsse stärken, um so das kulinarische Brauchtum wieder zu beleben.

Mehr Informationen über den Verein „Kulinarisches Erbe Bayern“ finden Sie hier.

Klimaentlastung durch Landwirtschaft? – Geht!

Der jüngste Aufruf an die Weltgemeinschaft ihr Verhalten und ihren Umgang mit der Umwelt, aber auch untereinander zu ändern stammt vom IPCC . In seinem neuen Sonderbericht über Klimawandel und Landnutzungssysteme wird deutlich, dass ein „Weiter so“ nicht zukunftsfähig ist. Ein Mahner und zugleich Impulsgeber der ersten Stunde ist auch Ernst Ulrich Weizsäcker. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde das Symposium „Wir sind dran: Inspirieren – Reflektieren – Handeln – Symposium für eine nachhaltige Welt“  von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie veranstaltet. Dabei hat Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung, die Notwendigkeit und das Potenzial für einen Wandel in der Landwirtschaft aufgezeigt – sein Kommentar:

Zukunftsthema Landnutzung

Ein zentrales Ergebnis des neuen Sonderberichts des IPCCs lautet: wir müssen die Art und Weise der Landnutzung ändern. Denn fast 25 Prozent der eisfreien Landfläche sind von Landdegradierung betroffen. Das heißt, die biologische Funktionalität dieser Flächen schwindet: auf Äckern wächst weniger Getreide, auf Weiden weniger Gras und die biologische Vielfalt nimmt ab. Langfristig ist dies eine Gefahr für die Ernährungssicherheit. Verantwortlich dafür ist unter anderem die industrielle Landwirtschaft mit ihren umweltbelastenden Praktiken wie beispielsweise Anbau von Monokulturen, Überweidung, intensive Verwendung von anorganischen Düngemitteln. Doch Landwirtschaft hat – wird sie naturverträglich betrieben – großes Potenzial zum Erhalt und Aufbau eines gesunden Bodens beizutragen.

Klimapositive Landwirtschaft geht!

Denn eine Landwirtschaft, die sich positiv auf das Klima auswirkt, ist möglich. Dazu braucht es sowohl Pflanzen als auch Weidetiere: Pflanzen besitzen die Fähigkeit CO2 aufzunehmen, dieses in den Boden zu transportieren, wo es dann gebunden wird. Das bestätigen auch die neuesten Forschungsergebnisse von Christine Jones zum sogenannten „Liquid Carbon Pathway“. Wichtig dabei: Der Prozess darf nicht durch Überdüngung des Bodens blockiert werden. Aber auch Weidetiere haben – entgegen der landläufigen Meinung – das Potenzial eine klimapositive Wirkung zu erzeugen. Entwickelt in Jahrmillionen langer Co-Evolution mit Weidetieren unterliegt Grasland einer besonderen Wachstumsdynamik: durch die Beweidung von Grasland wird ein Wachstumsimpuls ausgelöst, wodurch Gras zur Photosynthese und dadurch zur CO2-Aufnahme angeregt wird. Zusätzlich lässt dieser Effekt die unterirdischen Wurzeln wachsen, wodurch die Humusbildung gesteigert wird. Dadurch entsteht ein Boden, der mehr CO2 binden kann als Waldböden.

Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald ist überzeugt: Eine klimapositive Landwirtschaft geht!

Die Devise muss jetzt lauten: Vom Wissen zum Handeln

Das macht deutlich: alle für eine tatsächlich nachhaltige und klimafreundliche Landwirtschaft erforderlichen Produktionsmethoden sind bekannt und vorhanden. Doch wie bereits Johann Wolfgang von Goethe feststellte: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“ Wir müssen jetzt vom Wissen zum Handeln zu kommen. Nur so kann die Transformation gelingen.

Grenzenloses Wissen oder wie Nachbarn voneinander lernen können!

„Um die natürlichen Lebensgrundlagen auch für nachfolgende Generationen zu erhalten, braucht es grenzübergreifende Zusammenarbeit. Mit dem Ziel Praxiswissen schnell zu verbreiten. Der interessante Austausch mit Vertretern aus den Niederlanden hat dies einmal mehr gezeigt“, so Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.

Die Niederlande stehen hinsichtlich der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung vor ähnlichen Fragestellungen wie ihre europäischen Nachbarländer: Wie können die Klimaziele des Pariser Abkommens erreicht werden? Wie lässt sich der dramatische Verlust der Biodiversität stoppen? Und wie können Boden und Wasser effektiv geschützt werden? In vielen Ländern gibt es bereits Leuchtturmbeispiele und vielversprechende Ansätze, wie diese Herausforderungen bewältigt werden können. Die Niederlande sandte deshalb nun ihre Botschaftsräte in verschiedene Nachbarländer aus, mit dem Auftrag, Best-Practice-Projekte zu identifizieren. Im Zuge dessen ist der niederländische Botschaftsrat für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität, Peter Vermeij zusammen mit seiner Kollegin Anna Meyer zum Austausch in die Schweisfurth Stiftung gekommen.

Mitmach-Konferenz und Boden-Allianz überzeugen

Beeindruckt hat dabei unter anderem das Konzept der regionalen Mitmach-Konferenz, dass die Schweisfurth Stiftung im Rahmen des Projektes Stadt-Land-Tisch entwickelt und beispielsweise im Chiemgau und der Region Bodensee Oberschwaben umgesetzt hat. Bei Mitmach-Konferenzen treffen sich VertreterInnen aus (Land-)Wirtschaft, Politik, Verwaltung sowie alle interessierten BürgerInnen und stellen Projekte und Initiativen aus der Region vor. Ziel ist es Synergien aufzudecken, neue Kooperationen zu initiieren und das Schwarmwissen aller TeilnehmerInnen zu nutzen. Dadurch wird die Vernetzung und Mitarbeit für eine zukunftsweisende, lebenswerte und enkeltaugliche Region gefördert.

Außerdem überzeugte das Solidaritätsprojekt Boden-Allianz in Pfaffenhofen a. d. Ilm, das Dr. Niels Kohlschütter beratend unterstützt. Mit dem Projekt sollen Landökosysteme geschützt, wiederhergestellt und deren nachhaltige Nutzung gefördert werden. Konkret bedeutet dies, dass in den nächsten Jahren die landwirtschaftliche Fläche, die ökologisch und naturnah bewirtschaftet wird, verdreifacht werden soll. Dazu werden gemeinsam mit BürgerInnen und lokalen LandwirtInnen Maßnahmen ergriffen, um gesunde, fruchtbare Böden und die biologische Vielfalt zu erhalten, wiederherzustellen und zu schützen.

Von den Niederlanden lernen

Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung tauscht sich mit Evelien Verbij, Direktorin von BoerenNatuur aus.

Viel gelernt werden kann auch von den Niederlanden – wie sich bei einem Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft in Berlin zeigte. Hier hatte Dr. Niels Kohlschütter die Gelegenheit sich mit Evelien Verbij, Direktorin von BoerenNatuur über die Arbeit der Organisation auszutauschen. Sie verfolgt einen – bislang einzigartigen – gemeinschaftlichen Ansatz, um die Agrarumweltmaßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union umzusetzen. Im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen erhalten LandwirtInnen finanzielle Unterstützung, wenn sie sich freiwillig zum Schutz der Umwelt und zum Erhalt der Naturlandschaften verpflichten. Um die Verteilung dieser Fördergelder effizienter zu gestalten, gründete BoerenNatuur 40 Kollektive, verteilt über ganz Niederlande. Gemeinsam setzen die LandwirtInnen in ihren Kollektiven Maßnahmen zur Steigerung der biologischen Vielfalt sowie zur Förderung der Wasser- und Bodenqualität um. Das Ergebnis: Die Landwirte profitieren von dem kollektiven Ansatz auf zweierlei Weise: Zum einen erhalten sie dadurch mehr Einfluss und Wissen. Zum anderen nahm der bürokratische Aufwand sowohl für die gesamte Administration als auch für die Bauern selbst deutlich ab. Dadurch konnten die administrativen Kosten um bis zu 20 Prozent reduziert werden, die dann den LandwirtInnen zu Gute kommen. „Dieser Ansatz überzeugt uns! Wir sind froh über den fruchtbaren Austausch mit unseren Kollegen aus den Niederlanden. Wir alle können viel voneinander lernen“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter das Treffen mit den niederländischen Vertretern.

Die Preise an der Supermarktkasse lügen! Was kosten unsere Nahrungsmittel wirklich?

Sind unsere Lebensmittel zu billig? Wer zahlt den Verlust der Artenvielfalt, die Verschmutzung von Gewässern und die Folgen des Klimawandels? Und was kostet der Einsatz von Ackergiften wie zum Beispiel Glyphosat tatsächlich? Diese und ähnliche Fragen diskutierten Vertreter aus Politik, Wissenschaft, der Bio-Branche sowie dem Lebensmitteleinzelhandel auf der Biofach 2019. Die Diskussion zeigte deutlich: Die derzeitigen Lebensmittelpreise spiegeln die wahren Kosten bei weitem nicht wider, eine einfache Lösung hierfür gibt es jedoch nicht.

Studie deckt die wahren Kosten unsere Nahrungsmittel auf

Hintergrund der Diskussion stellt die von Tollwood München und der Schweisfurth Stiftung in Auftrag gegebene Studie „How much is the dish? – Was kosten uns Lebensmittel wirklich?“ dar. Diese deckt auf, dass die Preise für unsere Lebensmittel aktuell deutlich zu niedrig sind, da sie externe Kosten aus Umweltbelastungen nicht enthalten. Würden die Umweltfolgekosten einberechnet werden, müssten beispielsweise die Erzeugerpreise für tierische Produkte aus konventioneller Landwirtschaft dreimal so teuer sein (196 Prozent Aufschlag auf die Erzeugerpreise). Für biologisch-tierische Produkte errechnet die Studie lediglich einen Mehrpreis von 82 Prozent. Den geringsten Preisaufschlag ermittelt die Studie für Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs, wobei es auch hier einen deutlichen Unterschied zwischen konventionellen und biologischen Produkten gibt: Werden die Umweltfolgekosten berücksichtigt, müssten die Erzeugerpreise konventionell-pflanzlicher Produkte 28 Prozent, biologisch-pflanzlicher Produkte hingegen nur sechs Prozent teurer sein.

Damit offenbart die Studie eine erhebliche Fehlbepreisung, die zu einer Marktverzerrung zu Ungunsten des Ökolandbaus führt, erklärt Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung: „Würden die Kosten der ökologischen Schäden der Lebensmittelproduktion eingepreist werden, würden sich die Preise für Bio-Lebensmittel kaum noch von denen für konventionell erzeugte unterscheiden.“

Verbraucher, Politik oder Erzeuger – wer steht in der Verantwortung?

Doch wer soll für die Preisdifferenz, die zwischen den derzeitigen Erzeugerpreisen und den wahren Kosten liegt, aufkommen bzw. wie kann es gelingen, dass die Umweltfolgekosten zukünftig in den Preisen berücksichtigt werden? Eine Abwälzung der Preisaufschläge auf die Verbraucher lehnt Jan Bock, Geschäftsleiter Einkauf bei Lidl Deutschland, vor allem im Hinblick auf die hohe Preissensibilität der Konsumenten ab. Zudem gewährleistet eine Erhöhung der Preise für den Endverbraucher nicht, dass sich gleichzeitig die Erzeugerpreise entsprechend verbessern. Auch Dr. Anton Hofreiter Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag von Bündnis 90 / Die Grünen, sieht vorrangig nicht die Verbraucher in der Pflicht, sondern vielmehr die Politik. Seiner Meinung nach ist der größte Hebel eine an ökologischen Kriterien ausgerichtet Agrarpolitik. Daneben sollte der Verbraucher transparent und umfassend über die wahren Kosten informiert werden. Eine Möglichkeit dies in der Praxis umzusetzen sieht Kohlschütter im Wesentlichen in folgenden Maßnahmen: „Wir brauchen Transparenz über die wahren Kosten, die bei der Lebensmittelproduktion für die Allgemeinheit entstehen – zum Beispiel in Form eines zweiten Preisschildes, dass die Preise inklusive der Umweltfolgekosten zeigt. Außerdem müssen wir die Landwirte dabei unterstützen, alle Preise der Erzeugung zu erfassen, um so die Kostentransparenz zu erhöhen.“ Dr. Tobias Gaugler, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Augsburg und Leiter der Studie, sieht darin vor allem die Möglichkeit die Verbraucher hinsichtlich der Problematik der wahren Kosten zu sensibilisieren. Diesen weist er nämlich durchaus Verantwortung zu: Denn um die Umlegung der wahren Kosten auf nächste Generationen zu vermeiden, muss die Bereitschaft bestehen höhere Preise zu zahlen. Zusätzlich ist es seiner Meinung nach notwendig viel früher in die Nahrungsmittelkette einzugreifen und mit geeigneten Maßnahmen, wie zum Beispiel einem restriktiveren Umgang mit Pestiziden, die Umweltfolgekosten zu minimieren.
Die Diskussion zeigte, wie komplex die Einpreisung der wahren Kosten ist und dass es keine einfache Lösung dafür gibt. Einig waren sich die Diskutanten jedoch in einem Punkt: Es besteht dringender Handlungsbedarf und die Berechnung der wahren Kosten ist immerhin ein erster notwendiger Schritt in die richtige Richtung.

Ausgezeichnete Alternativen zur industriellen Landwirtschaft im globalen Süden

Einmal mehr zeigen Praxisbeispiele, dass ökologische Agrarkultur einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Ernährungssicherung leistet. Die 15 Besten wurden als „ Outstanding Practice in Agroecology 2019“ geehrt. Die Auszeichnung wird von der Schweisfurth Stiftung gefördert.

Prof. Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, kommentiert die Ehrung, die in Berlin anlässlich der Grünen Woche und des Global Forum for Food and Agriculture 2019 erstmalig erfolgte: „Um Hunger, soziale Ungleichheit, Klimawandel und den Verlust von Biodiversität erfolgreich anzugehen, ist eine Agrarwende zu nachhaltigen Nahrungs- und Landwirtschaftssystemen dringend nötig. Diese Auszeichnung wirft ein Schlaglicht auf Lösungen, die für die Menschen vor Ort wirklich funktionieren und stärkt diejenigen, die für die Nahrungssicherheit des globalen Südens verantwortlich sind: Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Die ‘Herausragenden Agrarökologischen Praktiken 2019’ haben einen direkten und greifbaren Effekt und wenn sie weiter verbreitet werden, können sie maßgeblich dazu beitragen, unsere Nahrungssysteme zu transformieren”.

 

Gottwald ist Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Stiftung „World Future Council“, die die Auszeichnung zusammen mit TAGS (Technology for Agroecology in the Global South) zum ersten Mal vergeben hat.

Die Leuchtturmprojekte sind inspirierende Beispiele für Soziale Innovationen, für partizipative Prozesse und ökologische Landwirtschaft. Mehr über die Ehrung „Outstanding Practice in Agroecology, seine Initiatoren und die ausgezeichneten Projekte erfahren Sie hier.

Kritischer Agrarbericht 2019 – wichtige Impulse für anstehende EU-Agrarreform

Zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche in Berlin stellte das AgrarBündnis, dem auch die Schweisfurth Stiftung angehört, am 17.01.2019 den Kritischen Agrarbericht 2019 vor. Im Jahr der Europawahl und anlässlich der anstehenden EU-Agrarreform präsentierte der Zusammenschluss von 25 unabhängigen Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz sowie Entwicklungspolitik seine Vision von einer „Landwirtschaft für Europa“, die auch den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen entspricht. Neben Vorschlägen, wie die anstehende EU-Agrarreform dazu beitragen kann, diese zu verwirklichen, widmet sich das Jahrbuch auch aktuellen Themen wie der Digitalisierung der Landwirtschaft und der dahinterstehenden Macht der Konzerne, dem Ökologischen Landbau, der Bodenmarktpolitik oder den Auswirkungen der neuen Düngeverordnung.

EU-Agrarreform – mehr Zusammenhalt und ambitionierte Ermutigung in der Agrarpolitik

Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Vorstandssprecher des Agrarbündnisses sprach sich auf der Pressekonferenz für eine starke Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) aus. „Eine starke EU-Politik unterstützt bäuerliche Betriebe und ländliche Gemeinden in einem vielfältigen, gemeinsamen Europa, die anstehenden Herausforderungen sowohl in der Tierhaltung als auch im Ackerbau, gezielt anzugehen. Hier stehen die Bauern und Bäuerinnen aktuell vor großen, teuren Veränderungen, um die gesellschaftlichen Erwartungen an Tierwohl, Umwelt-, Klimaschutz und Artenvielfalt auf ihren Höfen umzusetzen“, so Voss in seinem Appell an die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene hierfür einzusetzen.

Die Zeit der Agrarchemie ist vorbei

Mit der GAP hätte die Europäische Union einen konkreten Maßnahmenkatalog, um den Schutz der Insekten zu verbessern und die Biodiversität auf den Agrarflächen wieder zu erhöhen. Martin Häusling, Mitglied des Europäischen Parlaments und Biomilchbauer in Nordhessen, stellt dazu in seinem Fachbeitrag im Kritischen Agrarbericht 2019 folgende Forderungen an die EU: Ähnlich dem Klimaabkommen von Paris ist ein internationales Abkommen zum Pestizidausstieg und ein Einstieg in agrarökologische Systeme unumgänglich. Denn die Grundlagen eines auf intensivem Pestizideinsatz basierenden Anbausystems sind Züchtung auf Hochertrag und dem vermehrten Anbau von Monokulturen, sowie intensive Stickstoffdüngung und enge Fruchtfolgen. Trotz zunehmender Zweifel aus der Wissenschaft wird jedoch am Pestizideinsatz festgehalten – mit Folgen für Mensch, Natur und Umwelt.  Ökobetriebe, die schon ohne Pestizide und mit stabileren Systemen arbeiten, werden bei ihrer Produktion massiv beeinträchtigt, da abdriftende Pestizide ihre Ernten verkaufsunfähig machen. Laut Häuslings Artikel gibt es die Koexistenz konventioneller und ökologischer Anbausysteme nicht wirklich – und wenn, dann nur zum Nachteil der Ökobauern.

Ackergifte kennen keine Grenzen

Die Problematiken des Nebeneinanders von pestizidfreiem Ökolandbau und des von Ackergiften abhängigen konventionellen Anbausystems nimmt eine Studie in den Fokus, die von dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V., initiiert wurde. Mit dabei sind 30 Biofirmen, die Bürgerinitiative Landwende und die Schweisfurth Stiftung. Im Kritischen Agrarbericht 2019 skizzieren Dr. Niels Kohlschütter, Geschäftsführer und Johanna Bär, Projektmanagerin bei der Schweisfurth Stiftung die Studie, die mittels Luftgüte-Rindenmonitoring von Bäumen an bundesweit unterschiedlichen Standorten auf Luftschadstoffe untersucht wurden. Eine erste Pilotstudie des Bündnisses hat gezeigt, dass Ackergifte –auch über ökologisch bewirtschaftete Flächen hinweg– bis in die Städte verweht werden.

Bioökonomie vs. Agrarkultur

In seinem Beitrag im Kritischen Agrarbericht 2019 geht Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, der Frage nach: Agrarkultur oder Bioökonomie?   Er stellt die beiden kontroversen Leitbilder gegenüber und kommt zu dem Fazit, dass sie nicht vereinbar sind. Seine Forderung an die Politik lautet, dass die zukünftige Agrarpolitik so zu gestalten ist, dass zumindest die Koexistenz beider Leitbilder ermöglicht und somit sichergestellt wird, dass die regionale Pluralität von agrarkulturellen, bäuerlichen Praxen – sprich die ökosoziale Agrarkultur – auch in Zukunft erhalten bleiben. Denn das Leitbild der Bioökonomie folgt dem Wachstumsparadigma und damit der Industrialisierung, verbunden mit Reduzierung echter Vielfalt.

Einige der Hauptgegensätze der beiden Leitbilder ökosoziale Agrarkultur und Bioökonomie beschreibt Gottwald in Stichpunkten so:

Lebendige Organismen versus Biomasse als Kernverständnis von Natur

Systementwicklung mit evolutionär angepasster versus Systematisierung mit beschleunigter Zeitökologie

Fortschrittskritische Positionen versus Intendierte Fortschrittsbeschleunigung

Weltweit einsetzbar versus Nur unter industriellen Bedingungen einsetzbar

Geringe Umweltrisiken versus Unbekannte Umweltrisiken

 

Kulturland-Genossenschaft: Gemeinsames Engagement für den Bodenerhalt

Die Kulturland-Genossenschaft versteht den Boden als fundamentale Lebensgrundlage, die es zu schützen und nachhaltig zu nutzen gilt. In der Erde verbirgt sich eine beeindruckende Diversität, die Grundlage unserer Ernährung und ein wichtiger Speicher für Wasser und Kohlenstoff ist. Angesichts der wachsenden Herausforderungen durch Landgrabbing und intensive Landwirtschaft hat die Kulturland-Genossenschaft es sich zur Aufgabe gemacht, landwirtschaftliche Flächen zu sichern und für eine ökologische Bewirtschaftung zugänglich zu machen.

Neue Allmende – für die Zukunft

Damit der Boden, seine Fruchtbarkeit und die Ökosysteme rund herum nicht als Geldanlageobjekte mit entsprechender Rendite gesehen werden, sondern auch für künftige Generationen verantwortungsvoll gepflegt und bewirtschaftet werden, wurde 2014 die Kulturland eG gegründet. Die Genossenschaft setzt sich für eine neue Form der Allmende ein, in der Grund und Boden als Gemeinschaftseigentum angesehen und bäuerlich, ökologisch und sozial bewirtschaftet werden. Mit der Unterstützung ihrer Genossen erwirbt sie Ackerland, Wiesen, Weiden, Hecken und Biotope. Mittlerweile umfasst die Fläche über 600 Hektar und mehr als vierzig Höfe zählen zu den aktuell unterstützten Projekten, darunter u.a. der Hof Gasswies, der sich für eine kuhgebundene Kälberaufzucht einsetzt und der Luzernenhof.


Innovative Wege der Hofübergabe: Die Kulturland-Genossenschaft als Brückenbauer

Die Kulturland-Genossenschaft setzt sich aktiv für außerfamiliäre Hofübergaben ein, um den Fortbestand ökologischer Landwirtschaft zu sichern. Sie bietet eine Plattform, die es ermöglicht, Höfe an engagierte Neubauern zu übergeben, die zwar die Vision einer nachhaltigen Landbewirtschaftung teilen, aber oft nicht das nötige Kapital für einen Hofkauf besitzen. Durch den Erwerb und die Bereitstellung von Höfen im Gemeinschaftseigentum unterstützt die Genossenschaft nicht nur den Erhalt wertvoller landwirtschaftlicher Praktiken, sondern fördert auch die Entwicklung lebendiger ländlicher Gemeinschaften. Diese innovative Herangehensweise an die Hofübergabe zeigt das Engagement der Kulturland-Genossenschaft, zukunftsfähige Lösungen für die Landwirtschaft zu entwickeln und zu unterstützen.

Einsatz für nachhaltige Bodenpolitik und starke Netzwerkarbeit

Die Kulturland-Genossenschaft betreibt neben ihrer Unterstützung für ökologische Landwirtschaft auch intensive politische und Netzwerkarbeit. In Partnerschaft mit der Schweisfurth Stiftung, dem „Netzwerk Flächensicherung“ und „Landwirtschaft ist Gemeingut“ und dem „Netzwerk solidarische Landwirtschaft„, engagiert sich die Genossenschaft für gerechte Bodenpolitik und den Schutz landwirtschaftlicher Flächen vor Spekulation. Ein markantes Beispiel ihrer Arbeit ist die Fachtagung „Bauern ohne Boden?“ im Januar 2022 oder der „Bodenfachtag“ im Januar 2024 bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin, die auf die Problematik des Bodenmarktes aufmerksam machten und Lösungsansätze für den Zugang zu Land diskutierten. Diese Aktivitäten unterstreichen das Engagement der Kulturland-Genossenschaft, politische Rahmenbedingungen zugunsten gemeinwohlorientierter Landnutzung zu beeinflussen und eine nachhaltige Zukunft für die Landwirtschaft zu fördern.


Jeder Beitrag zählt

Die Kulturland-Genossenschaft lädt alle Interessierten ein, sich für den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung von Boden einzusetzen. „Wir glauben, an kaum einer anderen Stelle kann Geld so wirksam werden, um eine ökologische und regional eingebundene Landwirtschaft zu fördern wie bei der Kulturland-Genossenschaft“, so die Vorstände Stephan Illi und Titus Bahner. Durch die Zeichnung von Genossenschaftsanteilen oder direkte Unterstützung ihrer Projekte kann jeder und jede zur Sicherung einer wertvollen Kulturlandschaft beitragen.

Traditionelle Gerichte auf der Speisekarte

Am 29. Oktober startet die dritte Auflage der Gastro-Aktion „Kulinarisches Erbe auf dem Teller“. In allen sieben bayerischen Regierungsbezirken offerieren ausgewählte  Traditionsgasthäuser ihren Gästen 3 Wochen lang traditionelle, regionale Speisen nach alten Rezepten. Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt 2015 und der regional ausgeweiteten Aktion in 2016 umfasst die 2018er Aktion nun ein nochmals vergrößertes Flächennetz. Von Bischofsheim/Rhön im Norden bis Görisried im Süden und von Fellheim im Westen bis Patersdorf im Osten Bayerns kommt in diesem Jahr das kulinarische Erbe auf den Teller.

Ob lauwarmer Salat von Kalbkopf, Fränkische Kartoffelsuppe mit Majoran und Speck, Brotsuppe  oder Brezgasupp als Vorspeise: Das Angebot läßt für Liebhaber exquisiter Vorspeisen keine Wünsche offen. Von deftiger Hausmannskost bis zum raffinierten Gaumenschmaus reichen die Hauptgänge. Brennesselknödel von d`r Oma brocket, Gruibaschnecka, Stockwurst, Ochs vom Spieß, Schlachtplatte, Rehfleischpflanzerl auf frischen Rahmschwammerl, Geschmortes Ochsenbackerl, fränkisch süß-saures Ragout und vieles mehr erinnert an die „schöne alte Zeit“, in der man noch ohne Gewissensbisse schlemmen durfte. Und dann noch was Guads hinterher, bei dem allein schon die Namen das Sättigungsgefühl des Hauptgerichts schnell vergessen machen: Hasenöhrl mit Eierlikör, Karthäuserklöße auf Vanillesoße, Malzbiercreme mit Pflaumenkompott,  Zwetschgenmaultasche oder der berühmte Arme Ritter – für jeden ist etwas dabei.

Klar, dass eine solche Aktion frühzeitig vorbereitet werden muss. Die Gasthäuser mussten wohlüberlegt ausgewählt werden. Als Organisation, die der traditionellen bayerischen Esskultur verpflichtet ist, legte der Verein KEB dabei großen Wert auf die Familientradition der Betriebe und auf deren über viele Generationen geprägte Erfahrung und auf handwerkliches Geschick. Darüber hinaus machte sich der Vorstand des Vereins „Kulinarisches Erbe Bayern“ bereits im Frühjahr daran, die Grundrichtungen des kulinarischen Angebots abzustecken. Die Internationale Handwerksmesse IHM bot Gelegenheit, auf dem Stand des Landesinnungsverbandes für das bayerische Fleischerhandwerk einen der Eckpfeiler traditioneller bayerischer Küche, das Saure Lüngerl, einer intensiven Geschmacksprobe zu unterziehen (siehe Foto). Dem folgten nicht weniger intensive organisatorische Abstimmungen mit den Gastronomen.

Das „Kulinarische Erbe Bayern e.V.“ will mit der Aktion „Kulinarisches Erbe auf dem Teller“ einen wirksamen Beitrag leisten zum Erhalt und zur Pflege bayerischer Lebensmitteltraditionen und kulinarischen Brauchtums. Die teilnehmenden Betriebe werden ab 29. Oktober mit ihrem Speiseangebot auf der KEB-Homepage in kleinen Videofilmen vorgestellt. Die Aktion läuft in den meisten Häusern vom 29. Oktober bis 18. November. Der Verein KEB wünscht einen guten Appetit.

 

Copyright Headerfoto & Foto im Text: Kulinarisches Erbe Bayern

100 %-Bio Gesetz in Sikkim als Vorbild für Staaten weltweit

Der Umstieg auf nachhaltige Ernährungssysteme ist eine der drängendsten Herausforderungen der globalen Gemeinschaft. Denn enkeltaugliche Agrarökologie ist der Schlüssel für Armutsbekämpfung, für die Minimierung des Klimawandels und den Erhalt von Biodiversität. Mit der Verleihung der Future Policy Awards 2018 unterstützt die Hamburger Stiftung World Future Council den globalen Wandel zu einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion. Der indische Bundesstaat Sikkim wurde am 15. Oktober 2018 als Gold-Preisträger ausgezeichnet.

Die Stiftung World Future Council (WFC) stellt die Interessen zukünftiger Generationen ins Zentrum von Politikgestaltung. Sie setzt sich für gesetzliche Rahmenbedingungen ein, die heutigen wie zukünftigen Generationen das Leben in einer gerechten und ökologisch intakten Welt ermöglichen. Die Schweisfurth Stiftung unterstützt den World Future Council als Netzwerkpartner. Dieses Jahr war unser Vorstand Prof. Franz-Theo Gottwald bei der Preisverleihung der Future Policy Awards in Rom dabei und diskutierte am Podium mit renommierten Agrarökologen aus aller Welt.
„Es hat sich gezeigt, dass in der gesamten Himalaya-Region das politische Interesse an organischem Landbau sehr groß ist“, so Prof. Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung. Er ist überzeugt:„Sikkim wird Schule machen!“

Vorbildwirkung für nachhaltige Landwirtschaft

Der „Polit-Oscar“, der Future Policy Award (FPA), zeichnet Gesetze aus, die bessere Lebensbedingungen für heutige und zukünftige Generationen fördern. Mit der Identifikation und weltweiten Verbreitung der Best-Practice Beispiele, schafft der WFC eine Vorbildwirkung für andere und regt zum Nachahmen an. 2018 wurde der Preis wird in Kooperation mit der UNO-Ernährungsorganisation (FAO) und IFOAM – Organics International verliehen. Im Vorfeld wurden mehr als 20.000 Expertinnen und Experten zur Nominierung von vorbildlichen Lösungen aufgerufen. Insgesamt wurden 51 Gesetze aus 25 Ländern für den Preis nominiert; unter den Nominierungen befand sich kein Gesetz aus Deutschland.

Der indische Bundesstaat Sikkim, der diesjährige Gold-Preisträger, ist der erste 100%-Ökolandbau-Staat der Welt. Sikkims Ansatz geht jedoch weit über bloße Öko-Produktion hinaus und hat Land und Menschen nachhaltig verändert: Von der Umstellung auf 100% Bio hat das Land nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich und sozial enorm profitiert: Verbrauch und Wachstum, Gesundheit, Bildung, ländliche Entwicklung und nachhaltiger Tourismus spielen in dem Gesetz eine zentrale Rolle. Bemerkenswert ist das schrittweise Verbot von chemischen Düngemitteln und Pestiziden. Dieses wird mit Förderungen und Anreizen begleitet, um so nachhaltige Alternativen zu schaffen. Das Sikkim-Modell ist vorbildlich für die Stärkung von Agrarökologie in Regionen und Staaten weltweit.

Eine Dokumentation über den Bundesstaat Sikkim und seine 100%-Bio-Politik finden Sie in der ZDF Mediathek.

Die Silber-Preisträger 2018 sind:

  • Brasilien, Nationale Politik für Agrarökologie und Ökolandbau (PNAPO, 2012): In den ersten vier Jahren investierte PNAPO rund 364 Millionen Euro in agrarökologische Maßnahmen. Unter anderem wurden etwa 5.300 Gemeinden dabei unterstützt, mindestens 30% ihres Schulessenbudgets für den Einkauf von biologischen und agrarökologischen Produkten von Familienbetrieben aufzuwenden.
  • Dänemark, Nationaler Bio-Aktionsplan: Zusammenarbeiten für mehr Bio (2011-2020, aktualisiert 2015): Durch den Aktionsplan hat Dänemark heute den höchsten Marktanteil für ökologische Lebensmittel in der Welt und die höchsten jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Bio-Lebensmittel. 80% der Däninnen und Dänen kaufen Biolebensmittel.
  • Ecuador, Quitos partizipatives städtisches Landwirtschaftsprogramm (AGRUPAR, 2002): Zu den beeindruckenden Ergebnissen von AGRUPAR gehören u.a. mehr als 3.600 Stadtgärten, die insgesamt 32 Hektar umfassen, die mehr als 21.000 Menschen – 84% davon Frauen – die in der ökologischen Produktion geschult wurden und die jährliche Produktion von mehr als 870.000 kg Bio-Lebensmittel für die Stadt Quito.

Essen für den Wandel – Nachbericht vom Slow Food Terra Madre Kongress

Ein Beitrag von Matthias Middendorf, Projektleiter der Schweisfurth Stiftung und Teilnehmer der Slow Food Youth Akademie 2018

Vom 20. bis 24. September 2018 fand in Turin die internationale Veranstaltung Terra Madre Salone del Gusto von Slow Food statt. Unser Mitarbeiter Matthias Middendorf war Teil der deutschen Delegation und schildert seine Erfahrungen und Begegnungen vom Event in Italien. 5.000 Terra-Madre-Delegierte und rund 900 Aussteller aus 160 Ländern versammelten sich für die Veranstaltung und machten in einem bunten Programm erlebbar, dass Slow Food eine vielseitige internationale Bewegung ist.

Slow Food versteht sich als politische Organisation und engagiert sich weltweit für gute, saubere und faire Lebensmittel – dabei geht es um mehr als Genuss: „Slow Food ist eine internationale Bewegung, die weltweit aktiv ist und die globalen Prozesse des Lebensmittelsystems zukunftsfähiger gestalten will“, unterstrich Dr. Ursula Hudson, Vorstandsvorsitzende von Slow Food Deutschland e.V., in ihrer Eröffnungsrede für die deutsche Delegation. „Das sollten wir uns für unser Handeln hierzulande immer ins Bewusstsein rufen, damit wir den Blick fürs große Ganze nicht verlieren“. Dieses große Ganze wurde in Turin erlebbar. Aus 160 Ländern waren Slow Food Delegierte in das Ursprungsland der Bewegung gekommen. So auch Janina Hielscher, die den Master Dienstleistungs- und Ernährungswirtschaft studiert und bei Slow Food Youth Münster aktiv ist. „Es geht mir um die Veränderung des Lebensmittelsystems. Slow Food ist dabei ein super Werkzeug“. Wie 5.000 andere Delegierte ist sie der Einladung zu Terra Madre und zum Salone del Gusto gefolgt. Auf dem Markt, der seit 1996 stattfindet, präsentieren und verkaufen alle zwei Jahre LandwirtInnen, ViehzüchterInnen und LebensmittelhandwerkerInnen aus aller Welt ihre Produkte. Das Ziel der Veranstaltung ist, KleinerzeugerInnen und hochwertige Lebensmittel zu unterstützen, die vom globalen Markt in die Enge getrieben werden.

Essen für die Food-Revolution

Seit 2004 findet zudem das Terra Madre Treffen mit Foren, Podiumsveranstaltungen und Workshops statt. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Food for Change – Essen für den Wandel“. Es geht um nichts weniger als die Food-Revolution für ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem. In einem riesigen Programm konnten sich die Delegierten dieses Jahr zu thematischen Schwerpunkten wie Fleisch, Fisch, Saatgut, Bienen und Insekten sowie Lebensmittel und Gesundheit austauschen – teilweise übersetzt in 5 Sprachen gleichzeitig. Ein zentraler Programmpunkt für mich war das Arbeiten an konkreten Herausforderungen in einem World Café, organisiert durch das internationale Slow Food Youth Netzwerk. In diesem Workshop trafen verschiedenste Persönlichkeiten aufeinander, zum Beispiel eine junge Farmerin aus den USA auf einen Bauern aus Uganda oder eine Aktivistin gegen Lebensmittelverschwendung aus Belgien auf ein Slow Food Mitglied aus Chile. Es ging um Erfahrungsaustausch und die Vernetzung der Bewegung – auf Augenhöhe und mit viel Spaß am Engagement. Es war beeindruckend zu erleben, wie die unterschiedlichen Delegationen aus dem globalen Süden und Norden den Markt und das Terra Madre Programm aktiv mitgestaltet haben.

Zusammenarbeit von Stadt und Land in der Region Piemont

Hinter der Veranstaltung steht eine riesige Organisationsleistung, vieles davon ehrenamtlich. So müssen beispielsweise hunderte TeilnehmerInnen aus dem Globalen Süden betreut werden, von der Beantragung des Visums bis zum Transfer zur Veranstaltung und zur Unterkunft. Einen großen Beitrag leistet dafür die gesamte Region Piemont. Der Großteil der Delegierten wird privat in der Umgebung untergebracht und mit Bussen jeden Morgen nach Turin und am Abend wieder zu den Gastfamilien befördert.

Fokus auf die Vernetzung der Jugend

Terra Madre zeigt: Die Food-Revolution beginnt im Kleinen und wird von den Mitgliedern hinaus in die Welt getragen. Es war ein großes Privileg als Mitglied der deutschen Delegation ein kleines Puzzleteil dieser Bewegung zu sein. Dass Slow Food Deutschland den Großteil der begrenzten Delegiertenplätze für junge und junggebliebene Menschen zur Verfügung stellt, sei hier besonders hervorgehoben. Was ich ganz persönlich von der Veranstaltung mitnehme ist ein besseres Verständnis von Slow Food sowie die Vernetzung mit vielen Slow Food AktivistInnen aus der ganzen Welt. Dadurch wird der Nährboden für die so wichtige Revolution des Lebensmittelsystems gesetzt, die durch Slow Food in vielen Orten weltweit aktiv mitgestaltet wird. Und das nicht mit dem Zeigefinger, sondern mit Freude und Begeisterung, wie die bunte Abschlussparade am Sonntag in Turin gezeigt hat, in der die internationale Kampagne „Food for Change“ offiziell gestartet wurde.

Headerfoto: © Slow Food Youth Network and the team of producestudio

Kosten, die keiner kennt: „How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich?“ Studie der Universität Augsburg gibt Aufschluss

Pressemitteilung

Ladenpreis – wahrer Preis? Wissenschaftler der Universität Augsburg präsentierten heute auf einer Pressekonferenz in München die Ergebnisse der Studie „How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich?“. Die Studie, die die Tollwood GmbH für Kultur- und Umweltaktivitäten gemeinsam mit der Schweisfurth Stiftung in Auftrag gab, evaluiert verursachergerecht externe Kosten der deutschen Landwirtschaft. Das bedeutet: Sie entlarvt die „versteckten Kosten“, die durch drei maßgebliche Umweltbelastungen – Stickstoff, Treibhausgas-Emissionen und Energieverbrauch – bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen, derzeit aber nicht in die Marktpreise für Lebensmittel einbezogen werden. Die Studie offenbart eine erhebliche Fehlbepreisung und damit Marktverzerrung durch die Preisdifferenz, die zwischen den aktuellen Erzeugerpreisen und den wahren Kosten liegt: Die höchsten externen Folgekosten und damit größten Fehlbepreisungen gehen mit der Produktion konventionell hergestellter Produkte tierischen Ursprungs einher: Diese müssten auf Erzeugerebene dreimal so teuer sein, als derzeit bepreist (196 % Aufschlag auf die Erzeugerpreise). Die zweithöchsten Aufschläge müssten für konventionell hergestellte Milchprodukte (96 %) und die niedrigsten für Bio-Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs (6 %) erfolgen.

Bei tierischen Produkten ist die Höhe der externen Kosten und Preisaufschläge insbesondere durch die energieintensive Aufzucht der Nutztiere zu erklären. Dazu zählen Futtermittelanbau, Beheizung und Belüftung der Ställe sowie der Metabolismus der Tiere. Diese Faktoren führen unter anderem zu einer bedeutend höheren Austragung von reaktivem Stickstoff und Treibhausgasen sowie einem höheren Energiebedarf als bei pflanzlichen Produkten. Demnach ist der größte Anteil der Preisaufschläge jeweils auf den Treiber Stickstoff zurückzuführen, gefolgt von Treibhausgasen und Energie.

Beispiel Milchprodukte: Der wahre Preis

Der Ladenpreis konventioneller Milcherzeugnisse müsste etwa 30 % teurer sein, der von biologischen vergleichsweise nur etwa 10 %. Denn nicht einberechnet im aktuellen Preis sind der Ausstoß von Treibhaus-Emissionen, der Energieverbrauch und der Einsatz von Stickstoffdünger.

Im Vergleich konventioneller mit ökologischen Produktionspraktiken führen vor allem der Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger beim Pflanzenanbau sowie ein geringerer Einsatz von industriell produziertem Kraftfutter bei der Nutztierhaltung in allen untersuchten Lebensmittelkategorien zu geringeren externen Kosten und Preisaufschlägen für ökologische Produkte.
Dr. Tobias Gaugler von der Universität Augsburg fasst zusammen: „Für viele negative Klima-, Umwelt- und Gesundheitsfolgen, die sich aus der Produktion von Lebensmitteln ergeben, kommen aktuell weder die Landwirtschaft noch die Konsumenten auf. Die hiermit verbundene Preis- und Marktverzerrung stellt – ökonomisch gesprochen – eine Form von Marktversagen dar, der es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu begegnen gilt. Ausgehend von unseren Ergebnissen und dem ‚polluter pays principle‘ der UN folgend müssten insbesondere Produkte aus konventioneller Nutztierhaltung deutlich mehr kosten, also dies aktuell in Deutschland der Fall ist.“

Die Studie leistet einen Beitrag zur Kostenwahrheit und ist bislang die erste Studie, die für Deutschland diese Umweltbelastungen errechnet hat. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächliche Preisdifferenz erheblich größer ist. Denn die Datenlage zu gravierenden weiteren Umweltfolgen, wie beispielsweise den gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen oder den ökologischen Auswirkungen durch den Einsatz von Pestiziden, ist so unzureichend, dass keine Aussagen in der Studie darüber getroffen werden konnten. Tomas Brückmann, Pestizid-Experte der Grünen Liga dazu: „Die gesellschaftlichen Folgekosten durch den immensen Einsatz von Pestiziden sind komplex und sicher hoch. Hier besteht Forschungsbedarf, um diese Zahlen den gesellschaftlichen Entscheidungsträgern alsbald zur Verfügung zu stellen.“

Dr. Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung, kommentiert die Studie: „Die Preise sagen uns nicht die Wahrheit. Ökologische und soziale Kosten zahlt die Gemeinschaft und nicht der Konsument. Um Anreize für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und nachhaltigen Konsum gestalten zu können, die auf dem Respekt vor dem Lebendigen beruhen, brauchen wir die Transparenz über die wahren Kosten, die bei der Erzeugung für die Allgemeinheit entstehen. Für ein zweites Preisschild am Produkt benötigen wir die Wissenschaft, die ermittelt, was es wirklich kosten müsste. Dafür setzt sich die Schweisfurth Stiftung ein.“

Stephanie Weigel, Bereichsleitung Mensch und Umwelt der Tollwood GmbH, ergänzt: „Die Politik muss umgehend Maßnahmen ergreifen und diese extreme Preis- und Marktverzerrung abstellen, die vor allem die Bio-Lebensmittel am Markt benachteiligt. Es kann nicht angehen, dass die Kosten für ökologische Schäden bei der Lebensmittelproduktion nicht eingepreist sind und stattdessen von der Allgemeinheit bezahlt werden müssen. So werden die Verbraucher an der Nase herumgeführt. Wenn die Lebensmittel im Supermarkt mit dem wahren Preis ausgezeichnet wären, würden viel mehr Menschen zu Bio-Produkten greifen, die dann kaum mehr teurer wären als konventionell erzeugte.“

Bereits 2016 hatte die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Märkte für Menschen“ der Universität Augsburg im Auftrag des von Tollwood initiierten Aktionsbündnisses „Artgerechtes München“ eine Studie erstellt, die die Folgekosten aufgrund von Antibiotikaresistenzen und Nitrat-/Stickstoffbelastung berechnet hatte.

Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt für Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald

Der Bayerische Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz verleiht jährlich die Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt. Sie stellt die höchste Auszeichnung dar, die der Bayerische Staat für „besondere Verdienste um die Umwelt“ zu vergeben hat.

Hier finden Sie die Laudatio.

Header-Foto: © Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. V.l.n.r.: Staatsminister Dr. Marcel Huber (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz) und Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald (Vorstand der Schweisfurth Stiftung)

Auf den Spuren spanischer Schafhalter

Was verbindet Württemberg mit Andalusien und Extremadura? Es ist eine alte Geschichte aus dem Jahr 1786: Damals fuhren württembergische Schafhalter den langen Weg per Kutsche nach Spanien, um Merino Schafe zu kaufen. Durch den Erwerb von 110 Schafen sollte die Wollqualität der heimischen Produkte verbessert werden.

Über 200 Jahre später trafen auf der Slow Schaf Messe im Jahr 2017 die „Nachfolger“ der Schafhalter aus der Geschichte aufeinander, die Württembergische Lammfleischerzeugergemeinschaft und die Fundación Monte Mediterráneo, und schlossen ein Kooperationsabkommen. Eine Delegation der Württemberger reiste nun zur spanischen Stiftung, um sich mit den Haltungsform der Vorfahren ihrer Schafe vertraut zu machen.

Jahrtausendealte Tradition wiederbelebt

Das Projekt mit dem Titel „Transhumanz“ der Fundación Monte Mediterráneo basiert auf der tausendjährigen Tierhaltungsmethode des Viehtriebs (=Transhumanz) und belebt diese in den Bergweiden der Provinzen León und Palencia wieder. Die Vorteile des Viehtriebs in höhere Lagen: Auf den Bergweiden fressen die Schafe die Weideflächen “frei“ und beugen Verbuschung vor, wovon wiederum die Biodiversität profitiert. Währenddessen können sich die mediterranen Dehesas, die Schafweiden im trockenen Süden, erholen. Damit wird auch das Personal auf den Dehesas in den heiβen Sommermonaten entlastet.

Ein Projekt mit vielen Vorteilen

Die Wiederbelebung der alten Bewirtschaftungsform Transhumanz bringt noch viele weitere Vorteile: 2017 erlernten im Rahmen des Projekts vier junge Menschen den Beruf des Schafhirten in der südspanischen Region, in der Arbeitsplätze rar sind. Des Weiteren wurden Initiativen angestoßen, mit denen die Vermarktung von ökologisch produzierter Wolle und Lammfleisch über die lokale Woll- und Lammfleischgenossenschaft vorangetrieben wird. Nachhaltigkeit wird hier entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelebt. Franz-Theo Gottwald, Beisitzer des Stiftungsrates der Fundación Monte Mediterráneo und Vorstand der Schweisfurth Stiftung freut sich über die jüngsten Entwicklungen: „Es ist schön zu sehen, dass sich wieder mehr junge Menschen für eine ökologische Schafhaltung interessieren – von der Ausbildung im Rahmen des Projekts Transhumanz über die Produktion bis hin zu den Konsumenten.“

Header-Foto: © Ulrike Moehring

Kreativität & Nachhaltigkeit – Berlin mal ganz anders entdecken

Inspiration geben, Übersicht schaffen und Netzwerke unterstützen – das steht in der Veröffentlichung „Creative Environment – Kreative Umwelt“ an erster Stelle. Herausgegeben wird das Handbuch für Kunst- und Nachhaltigkeits-Initiativen in Berlin von der Asia-Europe Foundation, und unterstützt unter anderem von der Schweisfurth Stiftung. Ziel des zweisprachigen Guides ist es, Menschen zu inspirieren, innovative Projekte vorzustellen, eine Übersicht potentieller KooperationspartnerInnen für KünstlerInnen und UnternehmerInnen zu schaffen, aber auch das internationale Netzwerk in Berlin zu stärken.

Wundern, Wollen, Wirken

Dr. Camilla Bausch, Direktorin des Ecologic Institutes und (Mit-)Initiatorin des Handbuchs, denkt Kunst und ökologische Nachhaltigkeit zusammen, denn „bei der Herausforderung, die Transformation hin zu einer nachhaltigen und gerechten Gesellschaft zu gestalten, brauchen wir innere Reflektion, kreative Ansätze, mutige Visionen von Zukünften und Zusammenwirken jenseits der gängigen Grenzen in den Köpfen und Strukturen.“

Aufmerksamkeit und Ermächtigung…

Genau dies passiert beispielsweise im Kochbuch „Die Küche der Achtsamkeit“, in dem Tainá Guedes (Entretempo Kitchen Gallery) die Aufmerksamkeit auf die Lebensmittelverschwendung im Haushalt lenkt. Ein wichtiger Hebel für Veränderung: Jährlich landen in Deutschland rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel in der Tonne, global sind es etwa 1,3 Milliarden Tonnen! So nutzt die Künstlerin und Köchin „Kunst und Essen als Werkzeug für Aktivismus“ für einen „positiven Wandel“. Mit ihrem Kochbuch gibt Tainá Guedes Tipps für den Alltag und zeigt damit Wege zu einem achtsamen, nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln in der eigenen Küche auf.

…mit Pflanzen, Musik & Kunst

13 vielseitige, innovative Menschen und von Ihnen geschaffene Orte des Wandels entdeckt der Leser im Guide – vom bekannteren Urban Gardening Phänomen Prinzessinnengärten über das groovige Orchester des Wandels bis hin zur künstlerischen Szene in der Entretempo Kitchen Gallery.

Der Motor: Motivation

Ideen, Pioniergeist und Energie, davon leben diese Initiativen des Wandels. Dabei pocht beispielsweise Marco Clausen (Prinzessinnnengärten) auf einen sozial-ökologischen Wandel: „Nur unsere Kohlenstoffemissionen zu verringern, reicht nicht aus… Der Wandel wird nicht davon kommen, dass unser kapitalistischer Markt nachhaltiger wird. Wir müssen uns neu organisieren und radikaler denken, als nur Veränderungen innerhalb des Systems durchzuführen.“ Für ihn ist klar, dass alles ineinander greift – die innere Haltung, der gesellschaftliche Kontext, die Politik – und natürlich Kunst und Nachhaltigkeit.

Im Rahmen von „Creative Responses to Sustainability” wurden in der Vergangenheit von culture360 bereits Guides für Singapur, Korea und Indonesien herausgegeben.

100 Tage krisenKONTERKIOSK – ein Abschlussbericht

100 Tage gefüllt mit Ideen, Visionen, Aktionen, interessanten Gesprächen, Gießkannen, Schweiß, Käsebroten und jeder Menge Erfahrungen sind vorbei und eins lässt sich sagen: Es lohnt sich ein Projekt zu starten – aus der Überzeugung und mit dem Anspruch etwas zu bewegen. Bei mir, Lena Jacobi, war und IST es die bäuerliche Landwirtschaft, deren Erhaltung und Förderung mich antreibt.

Landwirtschaft in der Stadt erlebbar machen

Das Ziel von krisenKONTERKIOSK war es, das Thema Landwirtschaft und die Art und Weise, wie Lebensmittel erzeugt, verarbeitet und konsumiert werden, zum öffentlichen Thema zu machen. Während der documenta in Kassel, wollte ich den Menschen mit dem kleinen Bauernladen und Gemeinschaftsgarten mitten im Univiertel anschaulich erzählen, wie wir Bäuerinnen und Bauern arbeiten und warum so und nicht anders. Doch nicht nur das Erzählen, vor allem das Zuhören liegt mir am Herzen. Mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und die persönlichen Geschichten, Erfahrungen und Gedanken zu hören und zu verstehen.

Gerade das Beobachten der Menschen am krisenKONTERKIOSK gab Aufschluss darüber, was sie bewegt: Viele bewunderten die Blumen, Auberginen und Bohnen in den Hochbeeten oder verglichen den Geruch der unterschiedlichen Teesorten. Andere studierten die Plakate und Flyer am Kiosk, wieder andere machten Selfies oder aßen einfach nur ein Käsebrot. Die meisten sahen dabei sehr zufrieden aus!

Nicht nur die StudentInnen wünschen sich die langfristige Integration von mehr Grün in den Unialltag, auch viele zufällige, oft internationale BesucherInnen waren begeistert vom Projekt. Gerade für ältere Menschen ist die Landwirtschaft ein sehr emotionales Thema. Denn mit ihr verändert sich viel. Nicht nur global gesehen, sondern auch genau da, wo sie betrieben wird. Der Bauerngarten zwischen großen, grauen Unibauklötzen wurde als Oase wahrgenommen. Jung und Alt konnten hier abschalten, entspannen, verweilen. Ich habe gesehen, dass eine bunte, kreative, kleinstrukturierte Landwirtschaft, die man auch anfassen kann, direkte Auswirkungen auf die Menschen hat. Nicht nur politisch, vielmehr emotional – nämlich dann, wenn man ein Teil davon sein kann.

Persönliche Erfahrung als wichtiger Kompass für Nachhaltigkeit

Ich selbst bin quasi zwischen Kuhstall, Acker und Bauerngarten aufgewachsen. Manchmal fand ich die Begeisterung für die paar Hochbeete in Kassel fast übertrieben und dachte „ja, is‘ halt ‘n Garten“. Aber dann habe ich verstanden, dass dieser Garten für viele Menschen längst nichts Alltägliches mehr ist und deshalb eine große Bereicherung.
In einer Diskussionsrunde war die Frage: „Wie und wo können wir denn nun konkret etwas ändern? Wo setzten wir an?“ Keine leichte Frage, denn inzwischen ist es für die meisten VerbraucherInnen nicht leicht herauszufinden, welche Produkte die ökologisch und sozial verträglichsten sind. Regional? Bio? Fair? Selbst mit fast abgeschlossenem landwirtschaftlichem Studium verliert man leicht den Überblick. Wo können wir ansetzten?

100 Tage Erleben und Beobachten haben gezeigt, was das bisschen Acker zum Anfassen, Riechen, Ernten mit den Menschen gemacht hat. Es bewegt sie. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die jeder sehen und anfassen kann, vor allem Kinder. Wir brauchen ein Bildungssystem, das Landwirtschaft und Ernährung zum Hauptfach macht. Wir brauchen engagierte KindergärtnerInnen und LehrerInnen, die mit den Kindern ackern, wir brauchen Höfe und Ställe mit offenen Toren. Wir brauchen Bäuerinnen und Bauern, die noch wissen, was da blüht und gerne von ihrer Leidenschaft erzählen. Mein Vater fängt seine Hofführungen meistens so an: „Bauer sein ist für mich der schönste Beruf den’s gibt.“ Deshalb weiß ich, dass es sich lohnt, weiter dafür zu kämpfen, dass dieser schönste Beruf erhalten bleibt. Damit alle anderen das auch wissen, müssen wir es ihnen nicht nur erzählen, sondern auch zeigen.
Rückenwind für AktivistInnen

Während der 100 Tage am Kiosk habe ich natürlich noch viele weitere Erfahrungen gemacht. Eine den größeren war sicherlich, dass es ziemlich gut tut Rückenwind zu haben. Bei einem Projekt, das von Herzblut und Engagement lebt, viele Höhen und einige Tiefen mit sich bringt, habe ich schnell gemerkt: Allein geht’s nicht! Ohne Familie und Freunde, die einspringen wenn sie gebraucht werden, hätte ich wohl keine 100 Kiosk-Tage durchgehalten. Diese Durchhaltekraft bewundere ich bei so vielen jungen und alten AktivistInnen, die schon seit vielen Jahren für ihre Überzeugungen kämpfen. Ich hoffe, der Wind weht noch lange weiter in die richtige Richtung!

Und es geht weiter…

Die Hochbeete werden vom studentisch betriebenen Café am selben Ort weiter bewirtschaftet und sind so weiterhin für alle zugänglich. Der Kiosk wird im nächsten Sommer in einem Kasseler Hausprojekt wieder aufgebaut und als soziale Plattform genutzt.

 

Ein Projektbericht von Lena Jacobi, Betreiberin des krisenKONTERKIOSK im Rahmen der documenta 2017. Headerfoto: Josef Jacobi, Fotogalerie: Daniel Münderlein.
Das Projekt wurde von der Schweisfurth Stiftung unterstützt.

Treffpunkt für Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Landwirtschaft und Wissenschaft – Die ECS Jahrestagung 2017

Das European Center for Sustainability Research (ECS) der Zeppelin Universität in Friedrichshafen lädt herzlich zur Werkstatttagung auf dem See-Campus am Bodensee vom 29. September bis 1. Oktober 2017 ein. Die Tagung findet dieses Mal unter dem Titel „Die Erde, die uns trägt. Bedingungen einer aufbauenden Agrarkultur“ statt und richtet sich an Landwirtinnen und Landwirte sowie Mitglieder von Initiativen, Organisationen und Gruppierungen.

Der Agrarkultur gehört die Zukunft

Nicht weniger als die Frage nach dem Erfolgsrezept für eine zukunftsfähige Agrarkultur ist Thema der Tagung. Zu den Referenten und Impulsgebern gehört auch Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald. Sein Thema: „Klimagerecht, biodiversitätsfördernd, fair und verantwortlich – normative Maßstäbe für Agrarpolitiken im 21. Jahrhundert“.

Das vollständige Programm finden Sie hier.

Die dreitägige Veranstaltung bietet eine Plattform zur Vorstellung und Diskussion eigener Projekte und Initiativen sowie Raum zur Vernetzung und Kollaboration. Ein Höhepunkt ist die Präsentation des Future Policy Awards 2017, der die besten Gesetze gegen Desertifikation würdigt. Die Verleihung der Auszeichnung findet Anfang September auf der 13.  UNCCD-Staatenkonferenz (COP) in Ordos (Innere Mongolei, China) statt.

Anmeldung

Sie können sich hier kostenfrei für die Tagung registrieren.

Im Gespräch mit Bundesminister Schmidt: „Ländliche Räume als Zukunftswerkstätten“

„Jeder 9. Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt mit der Land- und Ernährungswirtschaft zusammen. 90% der Verbraucher*innen erwarten, dass die Landwirtschaft Tierschutz besonders achtet. 83% der Verbraucher*innen haben nur ein geringes oder gar kein Vertrauen in die Aussagen und Bilder bestehender Verpackungen.“ – Diese und viele weitere interessante Fakten finden sich im Grünbuch Ernährung, Landwirtschaft, Ländliche Räume des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Neben Fakten bietet es aber vor allem viel Diskussionsstoff zur Zukunftsstrategie der deutschen Landwirtschaft.
Das Grünbuch ist deshalb auch Grundlage des ersten Interviews in der aktuellen Ausgabe des Magazins für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft Senate. Bundesminister Christian Schmidt spricht darin mit Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald (in seiner Funktion als Leiter der Ernährungskommission des Senats der Wirtschaft) und Dr. Christoph Brüssel, Vorstand des Senats der Wirtschaft, über seine Visionen zur Entwicklung der ländlichen Räume.

„Tue Gutes und rede darüber und mache dich nicht kleiner als du bist“

Neben den Themen Klimawandel, Digitalisierung in der Landwirtschaft und Agrarpolitik betonte der Minister vor allem die notwendige Aufwertung der Berufe in der Landwirtschaft. Die geringe Anerkennung und Wertschätzung für die Agrarwirtschaft und das Lebensmittelhandwerk, aber besonders seitens der städtischen Mitbürger ist aktuell eine große Herausforderung. Fachkräftemangel in der Branche ist das Resultat. Vielen jungen Menschen ist der Arbeitsalltag in der Land- und Ernährungswirtschaft nicht bekannt und die Tätigkeiten in der Landwirtschaft sowie der ländliche Raum wirken unattraktiv. Christian Schmidt will deshalb den ländlichen Raum nicht allein als Ort der landwirtschaftlichen Produktion denken, sondern vernetzter und umfassender, und damit auch die Attraktivität erhöhen. Durch eine moderne technische Kommunikationsinfrastruktur sollen vielschichtige Erwerbs- und Ausbildungsmöglichkeiten entstehen und eine kluge Nutzung der zur Verfügung stehenden Flächen erreicht werden. Das Programm Kerniges Dorf des BMEL fördert hierzu zukunftsfähige Ideen und Konzepte. Auch der ökologische Landbau ist für junge Landwirte oftmals attraktiver als die Arbeit in konventionellen Betrieben. Der Bundesminister setzt in der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau das Ziel „mittelfristig 20 Prozent der Flächen in Deutschland für den Ökolandbau zu nutzen“. Staatliche finanzielle Anreize sollen die Branche dabei unterstützen.

Wer trägt die Verantwortung?

Der Bundesminister betonte jedoch, dass alle Akteure im Staat ihre Verantwortung wahrnehmen müssen, um die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft zu sichern.  Beim Bund sieht er unter anderem die Aufgabe, verbrauchernahe Informationen zu Lebensmitteln, Ernährung und Landwirtschaft bereit zu stellen. Die Bundesländer müssen ihre Verantwortung für die Aufsicht, für den Vollzug der Hygiene- und Tierwohlregelung ernst nehmen. Und schließlich ist der Austausch und die Offenheit aller Bürger*innen essentiell: „Ich erwarte von der Gesellschaft, dass sie einen kritischen aber offenen Dialog mit der Landwirtschaft führt“.
Das vollständige Interview kann online hier nachgelesen werden.

Leuchtturmprojekt für urbane Agrikultur in Windhoek

Die namibianische Hauptstadt liegt im globalen Trend: Es wird erwartet, das sich die städtische Bevölkerung bis 2050 von 322.000 auf etwa 700.000 Menschen verdoppelt. Um die Ernährung der Einwohner heute und in Zukunft sicherzustellen, sieht das Projekt „Growing Food in Windhoek“ insbesondere die Regierung in der Pflicht an einer zukunftsfähigen urbanen Entwicklung mitzuwirken. Mit dem Unterzeichnen des Milan Urban Food Policy Pacts hat die Stadt ihre strategische Rolle in der Mitgestaltung anerkannt. Daran hat auch die von der Schweisfurth Stiftung geförderte Projektleiterin Ina Neuberger Wilkie, Senior Project Manager des World Future Councils, entscheidend mitgewirkt. Sie stellte am 2. April 2017 in Bregenz beim World Future Forum 2017 das erfolgreiche Projekt zur Bekämpfung von Hunger vor.

Eloolo Permaculture Initiative

Neben der Regierung, ist auch die Zivilgesellschaft in Windhoek in das Projekt einbezogen. Dem extremen Klima zum Trotz werden urbane Gärten angelegt, um Hunger, Unter- und Fehlernährung entgegenzuwirken. Dabei wird von den Gärtnern viel Geschick verlangt, denn die Anbauzeiträume sind kurz und müssen effizient gestaltet werden. Angewandt wird das Prinzip der Permakultur, das bereits Anfang der 70er Jahre von Bill Mollison und David Homgren insbesondere für trockene Landschaften entwickelt wurde. Dabei sollen Ökosysteme geschaffen werden, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit von natürlichen Ökosystemen besitzen und so zeitlich unbegrenzt funktionieren. „Die Philosophie hinter Permakultur ist eine Philosophie, die mit und nicht gegen die Natur arbeitet.“, so Bill Mollison.

Reiche Ernte

Marula, Feigen, Papaya, Karee, Moringa, Tomaten, Zitronen, Mangold – die Früchte des Projekts wachsen. Neben der tatsächlichen Ernte werden best practice Beispiele und Know-How ausgetauscht, Stakeholder werden vernetzt und Lösungen in Workshops in Windhoek geteilt: im Grundschulgarten von Van Rhyn, auf lokalen Märkte wie dem Green Market, Okuryangava, Tukondejeni, The Organic Box und AMTA, in Management-Initiativen von Gärten und vielen mehr.

Marken, Märkte, Manipulation

Was sind die Trends in der Nahrungsmittelindustrie? Wie ist die enorme Machtkonzentration in der Agrarwirtschaft entstanden? Wer kollaboriert oder kontrolliert, um noch mehr Profit aus der Produktion von Lebensmitteln zu schlagen? Der KONZERNATLAS 2017, publiziert von einem Konsortium zivilgesellschaftlicher Akteure, regt aktuell in Deutschland neue Debatten rund um die Agrar- und Lebensmittelindustrie an. Der Atlas ist eine Zusammenstellung von Zahlen und Fakten zur Agrarindustrie, ansprechend aufbereitet in zahlreichen Grafiken und mit umfassenden Hintergrundinformationen.
Wir haben für Sie in diesem Beitrag drei der zentralen Themen aufgegriffen und kurz zusammengefasst. Den vollständigen Bericht finden Sie hier.

Land wird ausverkauft

Lediglich vier Großkonzerne kontrollieren aktuell rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen. Unzählige Fusionen von Unternehmen führten in der Vergangenheit zu einer beispiellosen Machtkonzentration in der Hand weniger Akteure. Ihre enormen wirtschaftlichen Mittel ermöglichen es ihnen, immer weiter große Landflächen zu pachten oder zu erwerben. Die dort geschaffenen Monokulturen dienen einer Landwirtschaft, die immer weiter industrialisiert wird und Kleinbauern sowie mittelständische Unternehmen verdrängt.

Wasser wird privatisiert

Blaues Gold in privater Hand. Wasser ist für die Industrie ein begehrtes Gut und spielt insbesondere in der Nutztierhaltung, z.B. in Indien, eine essentielle Rolle. Die Öffentlichkeit erhält jedoch nur ein unvollständiges Bild davon, wie sich die Gewinnung, die Verschmutzung und der Export von Wasser auf Umwelt und Bevölkerung auswirken. Die zunehmende Privatisierung von Wasser in vielen Ländern nimmt den ansässigen Menschen das Recht auf die Nutzung einer lebenswichtigen Ressource. Außerdem ist die Qualität des Grundwassers durch den übermäßigen Einsatz von Düngemittel und Pestiziden in der landwirtschaftlichen Produktion stark gefährdet.

Lebewesen werden patentiert

Die Konzerne versprechen sich vom Einsatz patentierter, genetisch veränderter Pflanzen, noch höhere Erträge und bessere Versorgungssicherheit. Doch oft benötigen diese High-Tech-Pflanzen weitere Agrarchemie und spezielles Anbau- und Ernte-Know-how. Über beides können nur zahlungskräftige Bauern verfügen, was den Verlust kleinbäuerlicher Strukturen weiter beschleunigt.
Neben Pflanzen, werden auch Tiere optimiert und patentiert. In den großen „Tierfabriken“ werden Nutztiere zu Hochleistungsproduzenten, die möglichst viel des gewünschten mageren Fleisches „produzieren“ und gleichzeitig den Haltungsbedingungen bestmöglich entsprechen. Solange die Kosten für viele Konsumenten das wichtigste Kaufargument sind, wird diese Industrialisierung der Viehzucht voranschreiten und das Wohl der Tiere auf der Strecke bleiben.
Der Konzernatlas ist ein Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Oxfam Deutschland, Germanwatch und Le Monde diplomatique. Die Autoren haben damit aber nicht nur spannende Fakten gesammelt und Missstände offen gelegt, sondern werfen wichtige Fragen auf und regen zum Handeln an: Dient die Wirtschaft der Menschheit, oder die Menschen der Wirtschaft und dem Profit? Für Interessierte sind im letzten Kapitel einige Initiativen und Bewegungen angeführt, die sich für eine solidarische, umweltverträgliche Landwirtschaft einsetzen.

Veranstaltungstipp: Mut machende Alternativen zur Agrarindustrie

Wie die Agrarindustrie Tiere verheizt, landwirtschaftliche Betriebe ruiniert und Ressourcen verschwendet – diesen und weiteren Themen geht Tanja Busse in ihrem Vortrag am 15. Dezember 2016 im Münchner Zukunftssalon nach. Gleichzeitig zeigt sie Mut machende Alternativen und Lösungswege auf.

Kaum eine Woche vergeht ohne Nachrichten zur andauernden Milchkrise in Deutschland. Seit die Milchquote im Jahr 2015 ausgelaufen ist, werden in der EU pro Jahr 160 Millionen Liter Milch zu viel produziert. Die Milchpreise sind dadurch in den Keller gerasselt. Im Sommer berichtete der Tagesspiegel, dass Milchbauern von den Molkereien im Schnitt nur noch 24 Cent pro Liter erhalten. Neben den ökonomischen Einbußen bei den Landwirten führt die Überproduktion vor allem zu noch mehr Tierleid. Die hohe Milchproduktion macht die Kühe krank und unfruchtbar. Schon nach etwa drei Jahren (die natürliche Lebenserwartung beträgt 20 Jahre) werden sie im Melkstand geschlachtet.

Tanja Busse, Moderatorin, Journalistin und seit Dezember 2015 Mitglied im Kuratorium der Schweisfurth Stiftung, übt in ihrem Buch „Die Wegwerfkuh“ schonungslose Kritik an der vorherrschenden Hochleistungslandwirtschaft, die in ihren Augen zugleich eine Verschwendungs- und Vernichtungslandwirtschaft ist.
Beim Vortrag am Donnerstag, 15. Dezember 2016, gibt Tanja Busse Einblicke in ihre Rechercheergebnisse, zeigt auf, wie es hinter den Kulissen der Agrarwirtschaft zugeht und skizziert einen möglichen Weg zur nachhaltigen Agrarwende. Im Anschluss lädt der Veranstalter, das Münchner Forum Nachhaltigkeit, zu einer Diskussion ein, an der auch Dr. Rupert Ebner, Tierarzt und Vorstandsmitglied von Slow Food Deutschland teilnehmen wird.

Zeit: 15. Dezember 2016 // 19:00 bis 21:00 Uhr
Ort: Münchner Zukunftssalon, Waltherstr. 29, 80337 München
Anmeldung unter: anmeldung@oekom-verein.de

Quo Vadis, Nutztierhaltung in Bayern?

Stellungnahme der Arbeitsgruppe Tierwohl der Verbraucherkommission Bayern. „Wachsen oder weichen“, dieses Motto gilt für viele kleine und mittelständische landwirtschaftliche Betriebe. Gemeint ist die Notwendigkeit einer Produktionssteigerung bei gleichzeitiger Kostendeckelung. Leidtragend sind meist die Tiere. Denn Tiergesundheit und Tierwohl stehen hinten an. Alternativen zu diesem Trend zeigt die im Oktober 2016 veröffentlichte Stellungnahme „Gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung in Bayern“ der Arbeitsgruppe Tierwohl der Verbraucherkommission Bayern auf. Das Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung” des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft diente in diesem Rahmen als Basis. In ihm werden problematische Entwicklungen der modernen Nutztierhaltung thematisiert und die Handlungsfelder in der Tierhaltung für Betriebe, Politik, Verwaltung und Konsumenten identifiziert.

Fehlende Transparenz für Verbraucher

Die Optimierung von Tieren und ihrer Haltungsbedingungen – von der Züchtung über (genetisch veränderte) Futtermittel, der Haltung bis hin zur Schlachtung – rückt in Tierhaltungsbetrieben immer weiter in den Vordergrund konstatiert die Arbeitsgruppe Tierwohl. Die Kennzeichnungspflicht ist nach Ansicht vieler Verbraucherschützer nicht umfassend genug, den Verbrauchern sollte mehr Transparenz verschafft werden. Denn nur dann können sie durch ihr Kaufverhalten die Produktionsbedingungen in den Betrieben beeinflussen. Lediglich die Anzahl der Siegel zu erhöhen ist jedoch keine Lösung. Schon heute finden sich auf den Waren unzählige verschiedene Labels zu Herkunft, Produktion und Inhalt, so dass der erste Eindruck oft täuscht. Darüber hinaus tragen Skandale und Betrugsfälle zu einer zusätzlichen Verunsicherung seitens der Konsumenten bei.

Alternativen & Maßnahmen

Die vom Vorsitzenden der Verbraucherkommission Bayern, Prof. Franz-Theo Gottwald, geleitete Arbeitsgruppe Tierwohl hat in ihren Empfehlungen konkrete Leitlinien für Bayern entwickelt. Sie beinhalten den Aufbau eines Tierwohl-Monitorings, die Einführung einer intensivierten Qualifizierung und Fortbildung von Tierhaltern sowie eines einheitlichen Tierwohllabels und strikterer gesetzlicher Regulationen (mit Sanktionsmöglichkeiten) aber auch ökonomische Förderungen. Der zitierte One-Health Ansatz, der von Prof. Manfred Gareis und Hans Hauner eingebracht wurde, unterstreicht dabei die reziproke Abhängigkeit von Menschen, Pflanzen und Tieren. Nur durch eine verstärkte fachübergreifende Zusammenarbeit, die letztlich der Tiergesundheit und der Verbrauchergesundheit zugutekommt, kann den gegenwärtigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen beigekommen werden.

Header-Foto: © Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. V.l.n.r.: Prof. Dr. Dr. habil Manfred Gareis (LMU München, Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit), Ulrike Scharf (Bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz) und Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald (Vorstand der Schweisfurth Stiftung)

 

Veranstaltungshinweis: 10. Münchner Klimaherbst – Gemeinsam handeln für Klimaschutz

Der Münchner Klimaherbst feiert sein zehnjähriges Jubiläum. Unter dem Motto „Gemeinsam handeln für Klimaschutz“ steht in diesem Jahr bürgerschaftliches Engagement für mehr Klimaschutz im Zentrum des Programms. Zwischen dem 4. und 28. Oktober 2016 können Sie an über 100 Veranstaltungen teilnehmen.

„Kooperation ist die einzig konstruktive Antwort auf den Klimawandel.“ (Christoph Bals, Germanwatch)

Bereits seit 2007 findet die Veranstaltungsreihe statt, die von einem breiten Netzwerk aus Initiativen, Vereinen, Bildungseinrichtungen, Stiftungen und auch einigen Unternehmen getragen wird. In dem Zeitraum von knapp einem Monat sollen möglichst viele Bürgerinnen und Bürger Münchens, Jung wie Alt, für das Thema „Klimawandel und Klimaschutz“ sensibilisiert werden.

Neben Carola von Peinen (Talents4Good), Franziska Buch (Umweltinstitut München), Martin Glöckner (Green City) und Alexander Rossner (zukunftswerk), wird unser Vorstand Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald die Veranstaltung „Grün. Macht. Sinn. Der nachhaltige Sektor als Berufsfeld“ am 13. Oktober 2016 von 19:00 bis 20:00 Uhr mitbegleiten.

Angeboten werden viele weitere Veranstaltungen rund um die Themen Boden, Landwirtschaft und Gemeinwohl-Ökonomie. Das gesamte Veranstaltungsprogramm finden Sie hier als Download.

Umwelt- und entwicklungspolitische Dachverbände fordern Nachhaltigkeit als Leitbild der EU

In einer gemeinsamen Erklärung fordern der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR), der entwicklungspolitische Dachverband für Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen, dass die UN-Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zum zentralen Leitbild der europäischen Politik gemacht werden müssten. Nur so könnten die EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Vision für die Zukunft der Menschen in Europa finden. Die Schweisfurth Stiftung unterstützt die Forderung.

Als Dachverband koordiniert der Deutsche Naturschutzring (DNR) heute 91 Mitgliedsorganisationen, die im Natur-, Tier- und Umweltschutz wirken.
1995 gegründet hat VENRO (Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.) als Dachverband der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Deutschland inzwischen 124 Mitgliedsorganisationen. Sie kommen aus der privaten und kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit, der Humanitären Hilfe sowie der entwicklungspolitischen Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit.

 

Veranstaltungstipp: Von der Ankunfts- zur Willkommensstadt

Deutschland entwickelt sich zum Einwanderungsland. Geflüchtete brauchen menschenwürdige Unterkünfte. Unter dem Motto „Wohnraum für alle“ rufen Bauträger und Architekten deshalb immer neue Bauinitiativen ins Leben. Neubauten scheinen unvermeidbar, auch wenn sie Millionen kosten und immer mehr Freiflächen verschlingen.
Architektur-Verleger und Buchautor Daniel Fuhrhop dagegen sagt: Neu bauen ist der falsche Ansatz. In seinem Buch „Die Willkommensstadt“ macht er deutlich, dass es in Deutschland genügend Wohnraum gibt – er müsste nur richtig genutzt werden. Anregungen und Impulse sowie beeindruckende Erfolgsbeispiele zu diesem Thema präsentiert Fuhrhop in seinem Vortrag am 26. September 2016 im Rahmen des Münchner Forums Nachhaltigkeit.
„Neubauten erschweren die Integration“
„Neubau für Neubürger ist angesichts bundesweiter Leerstände nicht nötig. Er behindert sogar das Ziel, eine neue Gemeinschaft zu gründen.“, argumentiert Fuhrhop. Für ihn ist die gute Unterbringung von Flüchtlingen der erste Schritt in Richtung Integration. Anstatt ganze Neubaublöcke zu schaffen, die nur von Zuwanderern bewohnt werden, sollten die Neubürger  jeweils über das Stadtgebiet verteilt werden. So hätten sie die Chance, schneller in der Gesellschaft anzukommen. Genauso wichtig sei es, Geflüchtete nicht nur in Ballungsräumen unterzubringen, sondern auch auf dem Land.
Leere Räume kreativ nutzen
Ungenutzte Wohnungen in ländlichen Gebieten geben Flüchtlingen eine neue Heimat. Alleinstehende Menschen, die große Häuser bewohnen, schaffen Einliegerwohnungen. Neue Formen von Wohngemeinschaften und Untervermietung sorgen für Gemeinschaft und Integration: Die Ideen von Daniel Fuhrhop sind vielfältig. Er ist überzeugt, dass sich mit diesen Modellen ein besseres Zusammen-Leben in Deutschland ermöglichen lässt.
In „Die Willkommensstadt“ schildert er zahlreiche Fälle, in denen diese Vision bereits umgesetzt wird. Zugleich spricht er Hindernisse und politischen Handlungsbedarf an. Und er zeigt auf, was jeder Einzelne tun kann, damit eine Ankunfts- zur Willkommensstadt wird.
Auf seinen Vortrag wird – als Einstieg in die Diskussion – Hinrich Böttcher mit einem Impulsreferat reagieren. Hinrich Böttcher ist Diplom-Ingenieur und Architekt, freier Kurator und einer der Initiatoren von „Wohnraum für alle“. Moderation: Dr. Manuel Schneider, Münchner Forum Nachhaltigkeit.
Die Kooperationsveranstaltung des Münchner Forum Nachhaltigkeit mit der Evangelischen Stadtakademie München und der Petra-Kelly-Stiftung findet am 26. September 2016 um 19 Uhr in der Evangelischen Stadtakademie München, Herzog-Wilhelm-Str. 24, statt. Eintritt:5 Euro. Eine Anmeldung unter info@evstadtakademie.de oder 089 5490270 ist erforderlich.
Das Buch von Daniel Fuhrhop „Willkommensstadt. Wo Flüchtlinge wohnen und Städte lebendig werden.“ ist im August 2016 im oekom verlag erschienen.

 

Globalisierung & Gerechtigkeit: Vortrag von Prof. Dr. Franz Josef Radermacher

„Die Welt befindet sich heute in einem Zustand globaler Apartheid“, diagnostizierte Professor Franz Josef Radermacher mit Blick auf die ungleiche globale Einkommens- und Vermögensverteilung bereits vor zehn Jahren im Manifest der Global Marshall Plan Initiative.

Die Kluft wächst
Seitdem geht die Schere zwischen arm und reich weltweit immer weiter auseinander: Heute besitzen gerade einmal zehn Prozent der Weltbevölkerung über 80 Prozent des weltweiten Wohlstands. Ausgerechnet diese zehn Prozent sind zugleich für den Großteil der globalen Umweltzerstörungen verantwortlich. Die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden „Brasilianisierung“ der Erde, dem Verschwinden der Mittelschicht und der Aufteilung der Bevölkerung in wenig Reiche und viele Arme, steigt – und mit ihr die Gefahr sozialer und politischer Konflikte.
Wie kann es gelingen, die aktuellen politischen und sozialen Spannungen zu entschärfen und den Weg zu einer gerechteren Zukunft zu ebnen? Welche Rolle kommt hierbei einer öko-sozialen Marktwirtschaft zu und wie lässt sich ein solches Wirtschaftsmodell globalisieren? Was ist zu tun, damit das Wünschenswerte auch wahrscheinlich wird?

Expertenvortrag
Auf diese drängenden Fragen wird Professor Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher in seinem Vortrag „Globalisierung und Gerechtigkeit – Zur Rolle einer weltweiten öko-sozialen Marktwirtschaft“ eingehen. Professor Radermacher leitet das Institut für „Datenbanken und Künstliche Intelligenz“ an der Universität Ulm, und als Vorstand des dortigen Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung tätig. Er ist Präsident des Senats der Wirtschaft e.V. (Bonn), Vizepräsident des Ökosozialen Forum Europa (Wien) sowie Mitglied im Club of Rome. Im Rahmen des Münchner Forums Nachhaltigkeit beleuchtet er am Abend des 6. Juni 2016 die internationale Entwicklung vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise sowie der rasch wachsenden Weltbevölkerung und den daraus resultierenden Ressourcenkonflikten.

Die Veranstaltung des Münchner Forum Nachhaltigkeit findet am 6. Juni im HVB-Tower, Arabellastr. 12, 81925 München statt. Beginn ist 18.30 Uhr, Einlass ab 18.00 Uhr.
Eine Anmeldung ist ausschließlich über Fax (089 / 7675 8956) oder über diese Mail-Adresse möglich: anmeldung@oekom-verein.de.
Weitere Details können Sie der Einladung (PDF) entnehmen.

 

Auf der Flucht: Die globalen Folgen des Klimawandels

Mehr als 20 Millionen Menschen sind bereits heute aufgrund von Klima- und Umweltbedingungen auf der Flucht. Diese Zahl wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Denn mit der Klimaerwärmung werden viele Teile der Erde durch Dürren, Unwetter und Überschwemmungen unbewohnbar werden. Fruchtbares Land verwandelt sich in Wüste, steigende Meeresspiegel lassen Inseln und Küsten versinken. Armut, Hunger und Gewalt werden durch den Klimawandel noch verschärft − eine immer drängendere Herausforderung für die globale Gemeinschaft.

Reicht das Klimaabkommen von Paris?
Nach dem Ende der 21. UN-Klimakonferenz COP21 in Paris waren viele optimistisch. Angesichts des Ernstes der Lage hatten sich selbst die Großmächte USA und China zum Klimaschutz verpflichtet. Doch die Unsicherheit bleibt: Reicht das Klimaschutz-Abkommen von Paris aus, um die Entwicklungen zu stoppen? Welche Konsequenzen hat die Klimaerwärmung mittel- und langfristig? Was braucht es für einen effektiven Klimaschutz?

Diesen Fragen geht Dr. Hermann E. Ott, Senior Advisor Globale Nachhaltigkeits- und Wohlfahrtsstrategien beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie in seinem Vortrag Klimaflucht am 28. April nach. Die Veranstaltung findet um 20 Uhr in der orange bar der Green City Energy AG statt. Der Vortragsabend ist eine Kooperationsveranstaltung des Münchner Forum Nachhaltigkeit mit der Evangelischen Stadtakademie, der Petra-Kelly-Stiftung und der Umwelt-Akademie e.V.

Der Eintritt ist frei, bitte melden Sie sich vorab an unter info@evstadtakademie.de.
Hier gehts zur Einladung (PDF).

Der Reichtum Afrikas – Vortrag mit Joseph Ngugi Mutura

Kenia hat annähernd 46 Millionen Einwohner, mehr als zwei Drittel von ihnen leben von der Landwirtschaft.  Doch durch den Klimawandel, ungebremstes Bevölkerungswachstum und die Stagnation der landwirtschaftlichen Produktivität sind viele Millionen Kenianer abhängig von Lebensmittelhilfen.
Dabei ist Afrika eigentlich ein unglaublich reicher Kontinent. Die eigenen Ressourcen müssen nur erkannt und nachhaltig genutzt werden – dies ist das Credo des SACDEP-Gründers Joseph Ngugi Mutura. Der Kenianer leitet seit 1992 das Sustainable Agriculture Community Development Programme SACDEP und schult Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im organischen Landbau. Inzwischen können dank seines Projektes fast 70.000 Familien in Kenia auf eigenen Beinen stehen und mit ihrer Landwirtschaft für ihr Auskommen sorgen.

Am 20. April 2016 ist Joseph Ngugi Mutura zu Gast in München und berichtet aus erster Hand von den langjährigen Wasserversorgungsprojekten in Afrika, die er gemeinsam mit der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung und Lammsbräu betreibt. Er stellt sein erfolgreiches Konzept der Kleinbäuerinnenorganisation vor, das auf Selbsthilfegruppen und Ausbildung im organischen Landbau setzt.
Gemeinsam mit der basic AG, Neumarkter Lammsbräu und der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung lädt die Schweisfurth Stiftung am 20. April 2016 ins Kaufmanns-Casino München e.V. (Odeonsplatz 6) zu diesem exklusiven und spannenden Vortrag ein.
Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, Einlass ist ab 18.30 Uhr.
Bitte melden Sie sich so bald wie möglich unter info@schweisfurth-stiftung.de oder 089/17 95 95 0 an, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist.

„Kampf um Strom“: Vortrag zur Energiewende von Prof. Dr. Claudia Kemfert

Fünf Jahre ist es her, dass  Bundeskanzlerin Angela Merkel 2011 die Energiewende einläutete. Trotzdem kommt der Ausbau der erneuerbaren Energien noch immer nicht richtig in Gang. Stattdessen herrscht ein Zick-zack-Kurs: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz soll erst abgeschafft werden, dann wieder doch nicht, Offshore-Windparks werden mit viel Wind gestartet, dann gestoppt. Stromnetze werden geplant, aber nicht gebaut. Lobbyisten unterschiedlichster Herkunft beherrschen die Diskussion, drehen die Politiker mal in die eine, dann in die andere Windrichtung. Dabei ist die Energiewende ökologisch unverzichtbar und wirtschaftlich sinnvoll. Wie kann sie endlich verwirklicht werden?

Das erläutert die Energieökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), am 7. April 2016 in der evangelischen Stadtakademie München. Beim Vortragsabend „Kampf um Strom. Die wirtschaftlichen Chancen einer klugen Energiewende“ des Münchner Forums Nachhaltigkeit zeigt die Expertin auf, welches Potential der konsequente Umstieg auf Erneuerbare Energien birgt. Aus Kemferts Sicht geht es nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie der Energiewende: „Die Frage, ob wir eine grüne Energieversorgung haben werden, ist längst entschieden.“

Sie wollen teilnehmen? Die Veranstaltung findet am 7. April 2016 um 19 Uhr in der Evangelischen Stadtakademie München, Herzog-Wilhelm-Str. 24, statt. Der Eintritt kostet 5.- Euro. Bitte melden Sie sich vorab unter info@evstadtakademie.de oder 089 5490270 an.

Wer sich vorab über das Thema informieren möchte, dem sei die Lektüre von Kemfert’s Buch „Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole“ (Murmann Verlag, 2013) empfohlen.

 

Alles bio oder was? Gründungstreffen des Netzwerks der deutschen Bio-Städte

Nicht nur Verbraucher entscheiden bei jedem Einkauf, ob sie Bio-Landwirte oder konventionelle Lebensmittelerzeuger unterstützen. Auch Kommunen haben es in der Hand, Bio in ihrem Einflussbereich zu stärken. Deshalb nehmen deutschlandweit derzeit 12 Städte, Gemeinden und Landkreise an der Initiative „Bio-Städte“ teil: München, Bremen, Nürnberg, Augsburg, Darmstadt, Freiburg, Hamburg, Ingolstadt, Witzenhausen, Heidelberg, Karlsruhe und Lauf.
Die jeweiligen Verwaltungen haben sich per Beschluss dazu verpflichtet, den Öko-Landbau zu fördern, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken und die Bio-Branche vom Acker bis auf den Teller besser zu vernetzen.

 Was eine Bio-Stadt ausmacht
Bio-Städte, -Gemeinden und –Landkreise sorgen beispielsweise dafür, dass in öffentlichen Einrichtungen und bei Veranstaltungen bevorzugt Bio-Lebensmittel auf den Tisch kommen. Auch setzen sich im Rahmen der Wirtschaftsförderung die Städte gezielt für die ökologische Lebensmittelerzeugung ein. Das bedeutet unter anderem, dass sie bei öffentlichen Ausschreibungen einem Öko-Caterer den Vorzug geben oder brachliegende Gemeindeflächen für ökologisches Urban Gardening zur Verfügung stellen.

Sechs Bio-Städte arbeiten zukünftig zusammen
Um gemeinsam noch mehr Bio in die Stadt zu bringen, kamen die Bürgermeister von sechs Bio-Städten Anfang Februar in Augsburg zusammen. Hier wurde eine verbindliche Kooperationsvereinbarung zwischen den teilnehmenden Kommunen München, Bremen, Nürnberg, Augsburg, Darmstadt und Freiburg unterzeichnet.

„Enormer Wachstumsmarkt“ Gastredner Franz-Theo Gottwald © Stadt Augsburg

Wichtig: Regionale Erzeuger und Vermarkter stärken
Wie wichtig das gemeinsame Engagement der Bio-Städte ist, zeigte Gastredner Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald auf dem Vernetzungstreffen. Die Nachfrage nach ökologisch produzierten Lebensmitteln könne derzeit nicht durch regionale Ware abgedeckt werden, so der Vorstand der Schweisfurth Stiftung: „Kaum ein anderer Wirtschaftszweig kann solche Wachstumsraten verzeichnen.“ Damit Nachfrage und Angebot nicht weiter auseinanderdriften, müssen regionale Erzeuger und Vermarkter gefördert werden. Einige Bio-Städte sind deshalb bereits Kooperationen mit lokalen Initiativen, Imkern oder Höfen eingegangen − weitere Projekte sollen folgen.

Hoher Bioanteil in Münchner Kitas
Das Beispiel München zeigt, welche Erfolge die Initiative der Bio-Städte bringt. In den städtischen Kitas liegt der Bio-Anteil bei der Verpflegung mittlerweile bei 50 Prozent, beim Fleisch sogar bei 90 Prozent. Das Vorurteil, Bio sei zu teuer, hat sich hier nicht bestätigt. Lediglich 34 Cent pro Hauptmahlzeit betrage der Unterschied, sagt Josef Schmid, 2. Bürgermeister von München. Er ist überzeugt, dass sich dieser Betrag lohnt: „Mehr Bio bedeutet mehr Lebensqualität!“ Deshalb sollen nicht nur die Kleinsten gesunde, ökologisch erzeugte Mahlzeiten serviert bekommen. Auch bei der Gästebewirtung und in den städtischen Kantinen wird in Zukunft noch stärker auf Bioprodukte gesetzt.

Bio-Pausenbrote in Augsburg
Wie die Bio-Städte gesunde Ernährung und Umweltbildung verknüpfen können, zeigt ein Projekt aus Augsburg. Im Rahmen der Aktion Bio-Pausenbrot bereiten Grundschulkinder ihre Pausenmahlzeit gemeinsam in der Klasse zu, waschen und schneiden Obst und Gemüse, bestreichen Brote und kochen Tee. Die Zutaten werden von lokalen Bio-Unternehmen gesponsert. Begleitend dazu besucht ein Experte der Arbeitsgemeinschaft Bio-Stadt Augsburg die Klassen und erklärt kindgerecht, wie Ernährung sich auf Gesundheit, Umwelt und das Klima auswirkt.

Einige Städte haben im Netz auch eine ausführliche Darstellung ihrer Aktivitäten, etwa:
München
Bremen
Augsburg
Nürnberg
Freiburg
Darmstadt

Header-Foto: © Stadt Augsburg. V.l.n.r.: Michael Kolmer (Leiter des Amts für Wirtschaft und Stadtentwicklung der Wissenschaftsstadt Darmstadt), Dr. Ulrich Maly (Oberbürgermeister Stadt Nürnberg), Dr. Kurt Gribl (Oberbürgermeister Stadt Augsburg), Josef Schmid (2. Bürgermeister Stadt München), Gerda Stuchlik (Bürgermeisterin Stadt Freiburg).

Stiftung ermöglicht Diskussionen mit Filmemachern beim Green Me Festival

Wasser ist neben fruchtbaren Böden eine der wichtigsten Ressourcen auf Erden − und es ist genauso bedroht. Mit dem Thema Ocean − Life − Water klärt das diesjährige Green Me Filmfestival für Nachhaltigkeit über Zusammenhänge und aktuelle Herausforderungen rund um das wertvolle Nass auf. Vom 29. bis 31. Januar treffen sich Filmschaffende, Wal- und Umweltschützer und Interessierte aus aller Welt im CinemaxX am Potsdamer Platz in Berlin. Besucher können an diesem Wochenende über 30 Dokumentar- und Spielfilme zum Thema Wasser und Ozeane sehen und anschließend mit den Filmemachern diskutieren.

Hintergrundinfos zu den Filmen aus erster Hand
Die Veranstalter des Green Me Festivals wollen mit den gezeigten Filmen Denkprozesse anstoßen. Dafür ist es wichtig, den Zuschauern Gelegenheit zu Nachfragen und Diskussionen zu bieten. Deshalb schließen sich an viele der Vorführungen Panels mit den Regisseuren und weiteren Mitwirkenden an. Um diese Veranstaltungen zu ermöglichen, ist die Schweisfurth Stiftung als Sponsor beteiligt. So sorgt die Stiftung mit dafür, dass die präsentierten Filme über das Festival hinaus Schubkraft für Veränderungen entfalten können.

 „Racing Extinction“ dokumentiert den rasanten Artenschwund
Highlight des diesjährigen Festivals, das zum neunten Mal stattfindet, ist der aufrüttelnde Dokumentarfilm „Racing Extinction“ des Oscar-Preisträgers Louie Psihoyos. Wissenschaftler und Experten schildern darin den immer schneller voranschreitenden weltweiten Artenschwund. Außerdem wird der mit einem Emmy Award ausgezeichnete Dokumentarfilm „Mission Blue“ zu sehen sein, der die Arbeit der legendären Meeresforscherin Dr. Sylvia Earle nachzeichnet.

Auszeichnung der besten Filme mit dem Green Me Award
Den Abschluss des dreitägigen Festivals bildet eine Gala mit Verleihung der Green Me Awards für die besten der gezeigten Filme. Zu den Juroren gehören prominente Persönlichkeiten wie Starköchin Sarah Wiener, Politiker wie Renate Künast, aber auch Menschen, die sich ehrenamtlich für Nachhaltigkeit engagieren. Auf dem Green Me Marketplace erwartet die Besucher neben einem Verpflegungsangebot ein begleitendes Programm für Kinder zum Thema Wale und Delfine.

 

Sie möchten das Festival besuchen? Das vollständige Programm finden Sie unter http://www.greenme.de. Die Trailer aller Filme können Sie vorab hier ansehen.

 

 

Backzutaten der Zukunft: Regionale Produkte und altbewährte Rezepte

Niemand backt so gut wie Oma: Diese Küchenweisheit macht sich das soziale Start-up-Unternehmen Kuchentratsch aus München zunutze. Seniorinnen backen hier im Auftrag Kuchen, Torten & Co. – und können sich so etwas zu ihrer Rente dazuverdienen. Gleichzeitig nehmen sie aktiv am gesellschaftlichen Leben teil und lernen neue Leute kennen.

Süß auf Bestellung
Die Gründerinnen Katharina Mayer und Katrin Blaschke starteten den Backbetrieb vor rund zwei Jahren, gleich nach Ihrem erfolgreichen Studienabschluss. Zielgruppe sind neben Bäckereien und Privatleuten Firmenkunden, die für Veranstaltungen oder Konferenzen über die Internetseite www.kuchentratsch.com Torten und Kuchen bestellen können. Auch Teamevents veranstalte Kuchentratsch seit kurzem. Gruppen von bis zu 20 Leuten können unter der professionellen Anleitung der Omas ihren Lieblingskuchen backen – vom Schokokuchen über Nussecken und Linzer Torte bis zur Apfeltart. Auch auf spezielle Kundenwünsche wie vegane, laktose-, und glutenfreie Kuchen können die Damen auf Anfrage eingehen.

Rohstoffe von regionalen Lieferanten
Dabei verfolgt Kuchentratsch eine in allen Belangen auf Nachhaltigkeit und kurze Lieferwege ausgerichtete Philosophie. Deshalb verwenden die Omas ausschließlich regionale und nachhaltige Zutaten: Die Eier liefert jeden Mittwoch Bauer Josef aus Tiefenbach, das Biomehl kommt aus Landshut und die Milchprodukte stammen aus artgerechte Haltung von Kühe im Bayrischen Voralpenland. So kann man es sich mit gutem Gewissen schmecken lassen!

Kritischer Agrarbericht 2016: Wachstum im Öko-Landbau

Der ökologische Landbau in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Seit Jahren wächst der Markt für Bio-Produkte, immer mehr Flächen werden ökologisch bewirtschaftet. 2014 wurden hierzulande über eine Million Hektar von mehr als 23.000 Öko-Betrieben nach ökologischen Richtlinien bestellt — das sind 6,3 Prozent der deutschen Agrarflächen.

Wachsen oder weichen – auch bei bio
Die Zahlen zeigen: Bio ist längst der Nische entwachsen. Nun geht es darum, das Wachstum zu gestalten, möchte man nicht dieselben Fehler wie in der konventionellen Landwirtschaft machen. Denn dort gilt nach wie vor: Wachsen oder weichen. Große Betriebe werden immer größer, getrieben vom Rationalisierungsdruck, gefangen im Korsett der Effizienz- und Produktionssteigerung. Kleine Betriebe können dem Druck oft nicht standhalten und müssen aufgeben. Auch bei Bio droht diese Entwicklung, wenn der Ökolandbau nicht ein tragfähiges Leitbild für seine zukünftige Entwicklung formuliert. Das mahnt Franz-Theo Gottwald in seinem Beitrag „Welches Wachstum passt zum Ökolandbau?“ im Kritischen Agrarbericht 2016.

Werte im Vordergrund
Dieses Leitbild solle den Wachstumsbegriff neu definieren. Statt quantitativem ist qualitatives Wachstum gefragt, das sich an den Werten des Ökolandbaus orientiert. Das Leitbild müsse gesellschaftliche Debatten und Forderungen aufgreifen, wie etwa bei Fragen zu Tierzucht, Tiergesundheit und Tierwohl, zum Klimawandel oder zum fairen Handel. Außerdem gelte es, für die Biobranche innovative technikgestützte Konzepte hinsichtlich der Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Biolebensmitteln zu entdecken. Viele weitere Beiträge im Kritischen Agrarbericht stehen ebenfalls unter dem Schwerpunktthema Wachstum.

Abbild der agrarpolitischen Debatte
Der Kritische Agrarbericht wird seit 1993 alljährlich vom AgrarBündnis e.V. herausgegeben und von der Schweisfurth Stiftung gefördert. Der Bericht dokumentiert jeweils alle Themen der agrarpolitischen Debatte eines Jahres vor dem Hintergrund der europäischen und weltweiten Entwicklung. Der Kritische Agrarbericht 2016 wird am 14. Januar um 10 Uhr in einer Pressekonferenz auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin vorgestellt.

Ausgaben der Vorjahre können auf der Internetseite des Kritischen Agrarberichts als PDF heruntergeladen werden.

Aus der Stiftung: Abschied, Aufbruch und das Lob der Einfachheit

Abschied und Aufbruch feierte die Stiftung Anfang Dezember gemeinsam mit vielen geladenen Gästen und Weggefährten aus den zurückliegenden 30 Jahren.

Gemeinsam für eine zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft

Stifter Karl Ludwig Schweisfurth verabschiedet Josef Jacobi mit einem ganz persönlichen Geschenk.

Stifter Karl Ludwig Schweisfurth verabschiedet Josef Jacobi mit einem ganz persönlichen Geschenk.

Josef Jacobi, der verdiente langjährige Vorsitzende des Stiftungskuratoriums, schied aus Altersgründen aus seinem Amt. Zugleich wurden seine Nachfolgerin und zwei neue Kuratoriumsmitglieder begrüßt. Anne Schweisfurth tritt Jacobis Nachfolge als Vorsitzende der Schweisfurth Stiftung an, zu ihrer Stellvertreterin wurde Dr. Christa Müller berufen.

Ergänzt wird das Kuratorium durch zwei neue Experten: Die Journalistin und Autorin Dr. Tanja Busse sowie Prof. Dr. Jürgen Heß, der an der Universität Kassel das Fachgebiet für Ökologischen Land- und Pflanzenbau leitet.

 

Trotz des Personalwechsels bleiben die Ziele der Stiftung dieselben: Sie wird sich auch in Zukunft für eine faire und zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft engagieren. Hier finden Sie das neue Kuratorium im Überblick.

Buchvorstellung als Denkanstoß: Ein Lob der Einfachheit

Es wurde an diesem Abend jedoch nicht nur gefeiert, sondern auch angeregt debattiert − etwa über die Frage: Was ist wirklich nötig für ein gutes Leben? Den Anstoß gab die Vorstellung des Buchs „Die unerschöpfliche Kraft des Einfachen“, das Stiftungsvorstand Franz-Theo Gottwald vor Kurzem gemeinsam mit Peter Cornelius Mayer-Tasch und Bernd M. Malunat veröffentlicht hat. Mayer-Tasch, der ehemalige Rektor der Münchener Hochschule für Politik, gab den Gästen einen Einblick in das Werk.

Präsentierten ihr gemeinsames Buch: Franz-Theo Gottwald, Springer-Lektor Frank Schindler, Peter Cornelius Mayer-Tasch und Bernd Malunat (v.l.n.r.)

Präsentierten ihr gemeinsames Buch: Franz-Theo Gottwald, Springer-Lektor Frank Schindler, Peter Cornelius Mayer-Tasch und Bernd Malunat (v.l.n.r.)

Die Macht des Verzichts
Der Band ist ein Plädoyer für die Rückkehr zur Einfachheit. Darin kommen Gelehrte und Philosophen aus allen Epochen der Geistesgeschichte zu Wort. In ihren Texten zum täglichen Miteinander, zur Askese des Geistes und des Leibes singen sie das Hohelied der Einfachheit. Mayer-Taschs Resümee: Im erstickenden Überfluss der westlichen Wohlstandsgesellschaft, die alles hat und trotzdem nach immer mehr Wachstum giert, gerät das Wesentliche aus dem Blick. Ein Dilemma, dem sich auch die Schweisfurth Stiftung in ihrer Arbeit stellt. Den Blick der Öffentlichkeit für den Wert des Einfachen im Hinblick auf Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung zu schärfen, bleibt weiterhin Kern ihrer Aufgabe.

 

Gottwald, Franz-Theo; Mayer-Tasch, Peter Cornelius; Malunat, Bernd M.: Die unerschöpfliche Kraft des Einfachen. Springer 2016.
ISBN-13: 978-3658108076

Header-Foto: Dr. Christa Müller, Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Anne Schweisfurth, Karl Ludwig Schweisfurth, Georg Schweisfurth, Prof. Dr. Jürgen Heß, Josef Jacobi. Es fehlt Dr. Tanja Busse.

Schlauer als gedacht

Blöde Kuh? Dumme Ziege? Von wegen! Die diesjährigen Preisträger des Forschungspreises der Internationalen Gesellschaft für Nutzierhaltug (IGN) widmen sich vor allem der Frage nach den kognitiven Fähigkeiten von landwirtschaftlich gehaltenen Tieren.

Kluge Paarhufer und optimistische Schweine
Für seine Arbeit zu physikalisch- und  sozial-kognitiven Fähigkeiten von Nutztieren, insbesondere die von Hausschweinen, Zwergziegen und Schafen, erhielt der Verhaltensbiologe Dr. Christian Nawroth 4.000 Euro. Seine Untersuchungen zeigen, dass Nutztiere über komplexe kognitive Fähigkeiten verfügen, um mit ihrer physikalischen und sozialen Umwelt zu interagieren. So nutzen etwa junge Schweine und Zwergziegen gezielt menschliche Gesten, um Futterverstecke zu identifizieren. Eine verbesserte Kenntnis über diese kognitiven Kapazitäten kann helfen, das Wohlbefinden der Tiere entsprechend ihrer Fähigkeiten und Bedürfnisse zu steigern.
Dr. Eimear Murphy erhielt 3.000 Euro für ihre Arbeit „Anwendung kognitiver Ansätze zur Messung von Emotionen bei Schweinen“. In Testreihen wurden die Verhaltensantworten von Minischweinen und Mastschweinen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer daraus resultierenden Emotionen miteinander verglichen. Mit Hilfe der Studienergebnisse könnte es in Zukunft leichter möglich sein, emotionale Stimmungslagen bei Schweinen zu erfassen und das Haltungsumfeld so gezielt auf das Tierwohl abzustimmen.

Forschung für die Legehenne
Ebenfalls 3.000 Euro erhielt die Biologin Dr. Ariane Stratmann für ihre 2014 an der Universität Bern verfasste Dissertation zum Thema Brustbeinveränderungen bei Legehennen. Die schmerzhaften Veränderungen und Frakturen am Brustbein von Legehennen sind in der konventionellen Haltung keine Seltenheit. Ziel der Arbeit war es, die Ursachen für Brustbeinveränderungen bei Legehennen zu untersuchen und Lösungsansätze zu entwickeln, um deren Häufigkeit zu reduzieren. Dabei lag der Fokus auf dem Design des Volierensystems und Sitzstangenmaterials, der genetischen Selektion sowie auf der Anwendbarkeit der Ergebnisse in der Praxis. Die Studie ist ein wichtiger Beitrag zur tiergerechten Gestaltung von alternativen Haltungssystemen für Legehennen und ermöglicht es, die Haltung von Legehennen in Volierensystemen deutlich zu optimieren.

Mehr zum Preis
Die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung fördert auf wissenschaftlicher Grundlage die tiergerechte Zucht, Haltung, Ernährung und Behandlung von Tieren in der Landwirtschaft. Zum 13. Mal ehrte die IGN im November Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich in ihren Forschungsarbeiten mit der artgerechten Haltung von Nutztieren auseinandersetzen. Der  Forschungspreis  wird  jährlich  ausgeschrieben und ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert.  Die  nächste  Ausschreibung  beginnt  im  November 2015 und endet am 1. April 2016. Die Jury besteht aus Fachleuten der Veterinärmedizin, Verhaltenskunde, Agrarwissenschaften, Recht und Philosophie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

 

Wirtschaften für das Gemeinwohl

Der Turbokapitalismus mit seinem Wachstumsverständnis ist längst an seine Grenzen gestoßen. Was es stattdessen braucht, ist ein alternatives und gerechteres Wirtschaften im Einklang mit den Bedürfnissen der Menschen und den natürlichen Ressourcen. Dieser Ansicht ist die Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung, die seit vier Jahren auch in Bayern aktiv ist. Am 10. November 2015 wurde die Gründung der Gemeinwohl Ökonomie Bayern e.V. gefeiert. Alle Aktiven und Interessierten waren eingeladen, die Gemeinwohl-Ökonomie in Bayern kennenzulernen. Dabei haben auch neue Gesichter, die das Konzept noch nicht genauer kannten, am Dienstag Abend den Weg in den Impact Hub München gefunden. Unter der Anleitung von Moderatoren wurde sich in Fokusgruppen zu den Themen Gemeinwohl orientiertes Leben, Unternehmen, Politik, Gemeinwohl-Gemeinden sowie Wissen und Bildung ausgetauscht.

matrix41 via ecogood.org

Matrix zur Bilanzierung des Gemeinwohlbeitrags eines Unternehmens – zum Vergrößern anklicken

Gutes sichtbar machen
Das Ziel einer Gemeinwohlbilanz ist es, Unternehmen, die sich ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung stellen, sichtbarer zu machen. So soll der Erfolg eines Unternehmens oder einer Organisation nicht rein ökonomisch bewertet werden, sondern auch andere Werte berücksichtigt werden, die dem Gemeinwohl dienen. Zur Erstellung der Gemeinwohlbilanz wurde eine Matrix mit verschiedenen Indikatoren entwickelt. Der komplexe Prozess wird auf der Homepage der Gemeinwohl-Ökonomie anschaulich erläutert. Über den Verein sollen diese Akteure nun besser vernetzt werden. Dafür sind alle bilanzierten Mitmacher in einer interaktiven Karte, der ecogoodmap, verzeichnet.


Viele Wege führen zu mehr Nachhaltigkeit

Langfristiges möchte die Bewegung auch den Rechtsrahmen des Wirtschaftens verändern; so sollen etwa soziale und ökologische Akteure besser gestellt werden. Die Gemeinwohlbilanz ist dabei ein Angebot von vielen, erläutert Jörn Wiedemann, Vorstandsmitglied von Gemeinwohl-Ökonomie Bayern e.V. Ein Nachhaltigkeitsbericht kann ein anderes Instrument dafür sein.
Ein anderer Weg könnte ein Gemeinwohl-Ökonomie-Label für Produkte sein, die durch bilanzierte Unternehmen angeboten werden, so Wiedemann. Die Gemeinwohl-Unternehmen sind aktuell das, was die Bio-Pioniere in den 80er Jahren waren. Seiner Meinung nach sei ein Wandel langfristig möglich.
Die Schweisfurth Stiftung war 2014 die erste Stiftung, die eine Gemeinwohlbilanz erstellt hat. Jörn Wiedemann hat damals den Prozess der Bilanzierung begleitet.

Mehr zum Verein erfahren Sie im grün & gloria- Interview mit Jörn Wiedemann, Vorstandsmitglied von Gemeinwohl-Ökonomie Bayern.

 

Ein Jahr Verbraucherkommission Bayern

Ein Jahr ist es her, dass die Bayerische Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf die unabhängige Verbraucherkommission Bayern erneut einsetzte. Alle Schwerpunktthemen, die Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern bewegen, sollen hier ganz konkret verhandelt werden und an praktikablen Lösungen gearbeitet werden.

Probleme identifizieren, Antworten suchen: Die Mitglieder der Verbraucherschutzkommission. Foto: Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Probleme identifizieren, Antworten suchen: Die Mitglieder der Verbraucherschutzkommission. Foto: StMUV

Fragen stellen…
Wie können sich die Menschen in der digitalen Welt besser zurecht finden? Wie können sie seriöse von unseriösen Angeboten unterscheiden?
Welche Rechte haben Verbraucherinnen und Verbraucher beim Online-Kauf? Wie kann die Verwaltung noch besser und effizienter für eine Stärkung der Verbraucherrechte eintreten?

…Antworten suchen.
Die Experten der Kommission, deren Vorsitzender Professor Franz-Theo Gottwald ist, entwickeln Ideen, beraten Verbraucherpolitik und sprechen Empfehlungen für konkrete Fragestellungen rund um Handel, Digitalisierung, Finanzen, Energie und Lebensmittel aus.
Auch das Thema Tierwohl und gesellschaftliche Akzeptanz der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland ist ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt der Kommission. Denn Verbraucherschutz und Tierschutz sind untrennbar miteinander verbunden. Unter der Leitung von Franz-Theo Gottwald arbeitet die Expertengruppe Tierwohl an entsprechenden Empfehlungen, welche dringlichen Fragen in naher Zukunft anstehen und welche Lösungspotentiale die Tierhaltung in Bayern bietet.

 

Da wächst was! Netzwerktreffen Urbaner Gärnter

Die Stadt München wird immer mehr verdichtet, Grundstücke teurer und Brachflächen seltener. Somit werden Urbane Gärten immer wichtiger, deren Gestaltung umso schwieriger. „Wie wichtig sind Urbane Gärten in der Stadt? Wie wichtig nehmen wir uns?“ Zu diesem Thema hat die Stiftungsinitiative für urbanes Gärtnern am 31. Oktober 2015 zum vierten Netzwerktreffen eingeladen. Rund 25 TeilnehmerInnen, die in unterschiedlichen Gartenprojekten wie Nachbarschafts-, Kraut- oder Experimentiergärten aktiv sind, nahmen trotz bestem Gartenwetter am Vernetzungstreffen im ÖBZ teil. Auch zwei Interessierte, die bisher noch in keinem Gartenprojekt organisiert waren, sind der Einladung gefolgt.

„Bauflächen entstehen, auch wenn man sich nicht um sie kümmert! Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert.“

Selbstverständnis Urbanes Gärtnern
Schon 1932 formulierte der hamburgische Oberbaudirektor Fritz Schumacher das Problem der Stadtverdichtung treffend, wie gegenwärtig beim drohenden Aus für die Münchner Gärten der Kulturen deutlich wird. Unter diesem Eindruck wurde die Frage „Wie wichtig sind Urbane Gärten in der Stadt? Wie wichtig nehmen wir uns?“ in der Gruppe diskutiert. Dabei stellte Dr. Christa Müller von der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis heraus, dass das Gärtnern in der Stadt immer auch ein Politikum darstelle. Viele Urbane Gärten besitzen gegenwärtig keine Planungssicherheit, da die Nutzung der Grundstücke nicht immer langfristig durch die Stadt gesichert wird. GärtnerInnen dürfen deswegen aber nicht als Bittsteller auftreten, betonte Barbara Wolter von der Bürgerstiftung München. Immerhin tragen Urbane Gärten zur Verbesserung der Umwelt bei, fördern ein soziales Miteinander und die Gesundheit. Außerdem sind die Gärten ein wichtiger Bildungsfaktor und ermöglichen eine positive Zivilgesellschaft. Sie fördern beispielsweise Kreativität und Engagement. Diese Leistungen müssen stärker gesehen und durch die BürgerInnen, Politik und Verwaltung wertgeschätzt werden, sind sich die TeilnehmerInnen des Netzwerktreffens einig.

Gestaltung von Begegnungsräumen
Dazu kann eine bessere Vernetzung unter den verschiedenen Urbanen Gärten beitragen. Wichtig dafür ist, dass die Informationen aus den einzelnen Garteninitiativen an Britta-Marei Lanzenberger weitergeleitet werden, die das Projekt für die Stiftungsinitiative koordiniert und die Homepage betreut. Andererseits müsse das Internetportal der Stiftungsinitiative unter den aktiven GärtnerInnen und Interessierten bekannter gemacht werden. Eine andere Frage ist: Wie bekommt man die unterschiedlichen Stadtreferate an einen Tisch, die für Urbane Gärten zuständig sind? Dieser Frage wird eine auf dem Netzwerktreffen gebildete Strukturgruppe nachgehen. Bis zum nächsten Treffen im März 2016 sollen konkrete Vorschläge zur Lösung ausgearbeitet werden.

 

Gärten sehen: Wie in München ganz konkret Urbane Gärten gestaltet werden, wird in diesem kurzen Film am Beispiel des Kultgartens am Ostbahnhof veranschaulicht.

Gärten entdecken: Das Internetportal der Stiftungsinitiative für urbanes Gärtnern stellt alle urbanen Gärten in und um München, Hintergrundinformationen, einen Terminkalender, ein Forum und „Schwarzes Brett“ als Vernetzungsplattform zur Verfügung.

Gärten hören: Der Radiobeitrag von Radio Lora mit Ella von der Haide, Anja vom Kultgarten, Daniel von o´pflanzt is und Silvia Gonzales von GreenCity e.V. auf dem YouTube-Kanal der Stiftungsinitiative.

Auszeichnung für Franz-Theo Gottwald

Das Lebensmittelhandwerk mit seinen ursprünglichen Gewerken zu schützen und weiterzuentwickeln ist eines der Anliegen der Schweisfurth Stiftung. Für das Fleischerhandwerk hat unser Vorstand Franz-Theo Gottwald gemeinsam mit dem Deutschen Fleischerverband ein Leitbild entwickelt. Im Vordergrund des Leitbilds steht die handwerkliche Tradition, die regionale Verarbeitung und Vermarktung, die Bewahrung lokaler Angebote vor Ort, die Einhaltung von Qualitätsstandards sowie die Achtung von Tierwohl und Transparenz. Auch die Nähe zum Kunden als Alleinstellungsmerkmal des Handwerks gegenüber den Discountangeboten ist prägender Leitwert.

Nun erhielt Professor Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, das Ehrenzeichen in Gold des Deutschen Fleischerverbandes.

„Sie setzen sich in vielfältiger Weise für die Belange des Fleischerhandwerks ein. Besonders hervorzuheben ist Ihre führende Rolle bei der Erstellung unseres Branchenleitbilds. Früher als bei anderen wurden dort die heute so aktuellen Themen Tierwohl und Regionalität aufgegriffen, was vor allem Ihrer Weitsicht zu verdanken ist“

heißt es in der Begründung für die Entscheidung. Die Urkunde wurde im Rahmen des Verbandstages am 12. Oktober in Bremen überreicht.

Hier können Sie das Leitbild des Fleischerhandwerks herunterladen.

Kampagne gegen Ackergifte

Mehr als 45.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel landen jährlich auf deutschen Äckern. Für die Hersteller ein Milliardengeschäft: Weltweit betrug 2014 das Weltmarktvolumen für Pflanzenschutzmittel 56,7 Milliarden US-Dollar. Die Chemikalien sollen die angebauten Nutzpflanzen vor unerwünschten Unkräutern, Insekten, Pilzen und/oder Mikroorganismen schützen. Doch die Ausbringung dieser Ackergifte wirkt sich schädigend auf Böden, Gewässer, Tiere, Artenvielfalt und auf die menschliche Gesundheit aus. Die Aktion Ackergifte? Nein danke! der Bürgerinitiative Landwende kämpft für ein Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel und macht auf die vielfältigen Gefahren durch Pestizide aufmerksam.

Ein Anliegen, das auch der Vorstand der Schweisfurth Stiftung, Franz-Theo Gottwald, unterstützt:

„Das von der Agrarindustrie im Verein mit der Biotechnologie-, Chemie- und Pharmaindustrie aufgefahrene Vernichtungspotenzial ist inzwischen so gewaltig geworden, dass gute Chancen bestehen, unsere natürliche Mitwelt bis auf wenige, ständig schrumpfende Nischen zu vernichten.“

Ackergifte? Nein danke! vernetzt Umweltorganisationen und Akteure. Die Homepage informiert mit einem Newsticker über neueste Entwicklungen, Aktionen und Branchennachrichten. Eine Beratungsstelle hilft außerdem Menschen, die durch die negativen Folgen von Ackergiften direkt betroffen sind. Sie können sich direkt an die Schadensmeldestelle wenden.

Für die vielfältigen Aktionen werden laufend Mitstreiter gesucht, die sich an Aufklärungsarbeit, Aktionsplanung, Blogeinträgen oder der Auswertung von Studien beteiligen möchten.
Bei Interesse einfach melden unter: info@landwende.de

Weitere Informationen zum Thema Pestizide in der Luft finden Sie hier:

(c) whispert.de

In eigener Sache: Alles Neu

Neue Heimat für die Schweisfurth Stiftung: Nach Ablauf unseres Pachtvertrags im Südlichen Schlossrondell finden Sie uns seit August 2015 in der Rupprechtstraße 25 im schönen Neuhausen. Auch unsere Homepage hat ein neues Gewand. So sehen Sie auf einen Blick, wofür die Schweisfurth Stiftung sich engagiert, welche Neuigkeiten uns bewegen und womit wir Sie begeistern wollen, sich gemeinsam mit uns für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft einzusetzen.

Viele Teile ergeben ein Ganzes

Diese Veränderung wird auch durch das neue Logo der Stiftung nach außen getragen. Die organische Gestalt, die sich aus vielen einzelnen Teilen unterschiedlicher Form ergibt, steht für die Landwirtschaft, in der auch nichts für sich allein steht. Fehlt ein Teil, ist der Kreislauf des Lebens unterbrochen.

Schweisfurth Stiftung LogoBlickt man in das Innere, den Kern, erkennt man eine Nervenzelle, die sich in alle Richtungen streckt, um möglichst viel in Bewegung zu setzen. So spiegelt unser neues Logo das Engagement der Stiftung als Impulsgeber und Inkubator für Ideen wieder. Aber was auch immer Sie darin sehen – eine Nervenzelle, Puzzleteile, die ein großes Ganzes ergeben oder eingeworfenes Glas – wir stehen für Offenheit und Dialog .

Doch eines bleibt unverändert − unser Engagement und unsere Leidenschaft für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Auch am neuen Standort werden wir deshalb mit demselben Elan weiter an unseren Schwerpunktthemen arbeiten: Tierwohl, Agrarkultur, ökologische Lebensmittelerzeugung, Handwerk, Ernährungsethik und den sozialen Fragen, die die Menschen im Zusammenwirken von Stadt und Land beschäftigen.

Denken, entwickeln, tagen, machen: Hier finden Sie uns!

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Schweisfurth Stiftung
Rupprechtstr. 25
80636 München

Tel: 089 / 17 95 95 10
Fax: 089 / 17 95 95 19
info@schweisfurth-stiftung.de

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