Transfer-Räume für gesunde Menschen, Tiere und Umwelt
Die Initiative „T!Raum One Health“ möchte einen Paradigmenwechsel einleiten und die ganze Region Vorpommern zu einer One-Health-Region weiterentwickeln.
Bislang werden Natur, Tier- und menschliche Gesundheit strikt getrennt und gerade in der Wissenschaft überwiegend losgelöst voneinander behandelt. Der One Health-Ansatz hingegen folgt der Erkenntnis, dass die Gesundheit des Menschen eng mit der Gesundheit von Tieren und einer intakten Umwelt verbunden ist. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert in diesem Zusammenhang das bundesweit angelegte Projekt T!Raum One Health. „T!Raum“ steht für Transfer-Räume, in denen gemeinsam die Zukunft von Regionen gestaltet werden soll.
Mitmach-Konferenzen für eine One-Health-Region Vorpommern-Greifswald
Gemeinsam mit der Uni Greifswald führt die Schweifurth Stiftung in diesem Rahmen ab 2025 das Teil-Projekt „T!Raum One Health Projekt‚ Public Engagement“ mit dreijähriger Laufzeit in der Region Vorpommern durch. Gemeinsam mit Wissenschaft und Gesellschaft machen wir uns mit Beteiligungs-Formaten auf den Weg, das Verständnis für One-Health-Zusammenhänge aufzubauen, sie in die eigene Region zu übertragen und eigene One-Health-Aktivitäten zu starten. Drei größere Mitmach-Konferenzen stehen dabei im Zentrum und werden von kleineren Begegnungs- und Dialogformaten begleitet. Der wechselseitige Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in den Mitmach-Konferenzen soll langfristig dazu beitragen, eine One-Health-Region Vorpommern-Greifswald zu etablieren.
Gefördert durch: In Kooperation mit:
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Bürger:innen engagieren sich gemeinsam für Nachhaltigkeit und sozialen Zusammenhalt
Die Schweisfurth Stiftung lädt engagierte Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum ein, sich für das Projekt „100 Mitmach-Regionen“ zu bewerben. Diese Initiative hat zum Ziel, nachhaltige lokale Lösungen in den Bereichen Ernährung, Energie, Verkehr oder Wirtschaft zu entwickeln und umzusetzen sowie den sozialen Zusammenhalt in der Region zu stärken. Bürger:innen, die sich gemeinsam für nachhaltige Entwicklungen vor Ort einsetzen, erhalten finanzielle Unterstützung und professionelle Begleitung. Wer aktiv werden möchte, kann sich noch bis zum 18. August bewerben. Zugelassen sind Gruppen ab drei Personen.
Rund 70 Regionen und mehr als 2.700 Menschen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Südtirol packen im Projekt „100 Mitmach-Regionen“ bereits mit an – weitere 30 Regionen werden in der aktuellen Bewerbungsrunde ausgewählt. Die Organisation des Projekts wird partnerschaftlich von der Schweisfurth Stiftung, dem Verein Pioneers of Change (Österreich), der Stiftung Be the Change und dem Verein Wirundjetzt durchgeführt.
„Wir möchten dazu beitragen, dass die Menschen vor Ort gemeinsam für den sozial-ökologischen Wandel aktiv werden. Wir unterstützen engagierte Bürger:innen dabei, sich mit anderen Aktiven zu vernetzen, gemeinsam Lösungen für ein gutes Leben auf einem gesunden Planeten zu erarbeiten und zusammen loszulegen. Ob ein Verein auf dem Land oder engagierte Privatpersonen in der Stadt – jeder und jede kann mitmachen”, erläutert Matthias Middendorf, Projektleiter bei der Schweisfurth Stiftung, das Konzept. Die Bandbreite möglicher Aktivitäten vor Ort sei dabei groß. Zu den bisher umgesetzten Projekten zählten beispielsweise eine Bürger-Energie-Genossenschaft, ein regionaler Bio-Markt, Einkaufs-Fahrten auf dem Land, Klima-Praktika für Schüler:innen oder ein Bürger:innenrat.
Die ausgewählten Regionen erhalten 1.000 Euro Finanzhilfe und von Oktober 2024 bis Ende 2025 Unterstützung bei der Vernetzung, Prozessgestaltung und der Umsetzung regionaler Aktivitäten. In mehreren sogenannten Regional-Laboren unterstützen Expert:innen der Träger-Organisationen die Mitmach-Regionen dabei, eine Vision und erste Schritte zu deren Verwirklichung zu erarbeiten sowie weitere Netzwerke vor Ort aufzubauen. Auch Online-Tools zum gemeinsamen Arbeiten und erfolgreiche Beispiele aus anderen Regionen werden zur Verfügung gestellt. Schlüsselelement ist eine Mitmach-Konferenz, an der 30 bis 200 Menschen aus der Region teilnehmen können, um gemeinsam konkrete Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Bewerbungsschluss: 18. August 2024
Hinweis: Bewerben können sich Teams ab drei Personen.
Mehr Informationen: https://mitmach-region.org/mitmachen/mitmach-region-starten
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Zum Projekt 100 Mitmach-Regionen
Ziel des Projekts „100-Mitmach-Regionen“ ist es, engagierte Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, die ihre Region zukunftsfähig gestalten möchten, zusammenzubringen. Gemeinschaftliches Handeln verschiedener Akteure und Akteurinnen aus Ehrenamt, Politik, Verwaltung, Bürger- und Unternehmerschaft soll vor Ort zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen, einer stabilen Wirtschaft und dem sozialen Miteinander beitragen. Wegweiser des Projektes sind die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG). Der Fokus liegt auf den Themen Landwirtschaft und Ernährung, Energie, Mobilität und Wirtschaft. Das Projekt wurde 2021 von der Schweisfurth Stiftung, dem Verein Pioneers of Change (Österreich), der Stiftung Be the Change und dem Verein Wirundjetzt ins Leben gerufen. Es wird gefördert von der Deutschen Postcode Lotterie, der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt und der Software AG Stiftung.
Mehr Informationen unter mitmach-region.org.
Auf der Woche der Umwelt in Berlin
Wir freuen uns! Die Schweisfurth Stiftung durfte ihr Projekt „100 Mitmach-Regionen“ auf der “Woche der Umwelt” am 4. und 5. Juni 2024 in Berlin vorstellen. Unter 400 Bewerber:innen sind wir gemeinsam mit rund 190 anderen Ausstellenden von einer Expert:innen-Jury ausgewählt und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in den Park von Schloss Bellevue eingeladen worden.
Der Park von Schloss Bellevue am Amtssitz des Bundespräsidenten bot dem „Fest für eine nachhaltige Umwelt“ (Fachprogramm) eine wirkungsvolle Bühne. Ausstellende aus ganz Deutschland präsentierten ideenreiche Lösungen, unter anderem für Umwelt- und Artenschutz, Energieeffizienz, nachhaltigen Umgang bei der Landnutzung und zukunftsweisenden Wandel bei Urbanisierung, Mobilität und im Bausektor. Neben den Ausstellungen gab es mehr als 70 Fachforen und Diskussionen, die Einblicke in die Herausforderungen und Lösungen im Bereich der Nachhaltigkeit boten.
Die Schweisfurth Stiftung stellte am Stand zusammen mit ihren Kooperationspartnern das Projekt „100 Mitmach-Regionen“ vor. Es hat zum Ziel, den sozialen Zusammenhalt in der Region zu stärken, indem Bürgerinnen und Bürger gemeinsam zukunftsfähige Lösungen in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung, Energie, Mobiliät und Wirtschaft erarbeiten und umsetzen. Auch in unserem Ausstellungsbereich war durch interaktive Angebote das Mitmachen bereits Programm. Besucher:innen konnten beispielsweise durch das Beantworten von Fragen zu Interessen und zeitlichen Kapazitäten herausfinden, welcher „Mitmach-Typ“ sie sind: Vernetzer:in, Macher:in oder Mitmacher:in. Auch neue Bewerbungen für die nächste Runde des Projekts „100 Mitmach-Regionen“, die noch bis Mitte August läuft, haben wir direkt am Stand erhalten.
„Aus den Gesprächen am Stand wissen wir, dass es sehr viele Menschen gibt, die sich in ihren Regionen für Nachhaltigkeit und ein gesellschaftliches Miteinander engagieren möchten und die wir dabei durch unser Projekt 100 Mitmach-Regionen unterstützen können“, resümiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, die Veranstaltung. „Die Menschen machen sich angesichts der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft Sorgen. Das Projekt 100 Mitmach-Regionen bietet hier Lösungen. Durch die Einladung nach Berlin hat dies nun sogar politische Anerkennung gefunden.“
Hier jetzt als Mitmach-Region bewerben!
Die Stadt ist unser Garten – Anmeldung zur Tagung
Vom 24.-26. Mai 2024 findet die Tagung Die Stadt ist unser Garten – Wie die urbane Gartenbewegung unsere Städte verändert in der Evangelischen Akademie Tutzing am Starnberger See statt.
Die Gartenbewegung schafft lebensfreundliche Orte für alle, an denen demokratische Teilhabe praktisch und das Verhältnis von Stadt und Natur neu verhandelt wird.
Um die Jahrtausendwende entsteht in Deutschland eine neue urbane Gartenbewegung. Mit ungewohnten Garten-formen, mobilen Beeten und eigenwilligen Aktionen machen ihre Akteure bundesweit von sich reden und inspirieren zur Nachahmung. Inzwischen haben sich rund 1000 Projekte dem Netzwerk Urbane Gärten angeschlos-sen. Die Gemeinschaftsgärtner*innen entsiegeln betonierte Flächen, kooperieren mit Museen, Theatern und Bibliotheken ebenso wie mit Universitäten, Unterkünften für Geflüchtete oder Friedhofsverwaltungen.
Die Gartenbewegung schafft grüne, lebensfreundliche, offene Orte für alle, an denen demokratische Teilhabe praktisch und das Verhältnis von Stadt und Natur neu verhandelt wird. Im „Urban-Gardening-Manifest“ greifen die Aktivist*innen dringliche Themen auf: Recht auf Stadt, Umweltgerechtigkeit, Ernährungssouveränität, Bildung, Inklusion und Migration, urbane Subsistenz sowie den Aufbau von Infrastrukturen für ökologisch und sozial sinnvolle Tätigkeits- und Experimentierfelder.
Längst sind die Gemeinschaftsgärten auch eingebunden in städtische Governance-Prozesse und Klimakrisenpolitik. Heute, in Zeiten multipler Krisen, wollen wir diskutieren, wie sich die Vision der Anfangszeit verwirklicht, vor welche Herausforderungen die Gartenbewegung gestellt ist, welche Diskurse sie inspiriert und wie sie weiter ausstrahlen kann.
Hier geht’s zum Programm & zur Anmeldung.
Veranstalter:innen:
44 neue Mitmach-Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Tangerhütte, St. Pölten, Coburg, der Vinschgau, der Odenwaldkreis, Oberthurgau und viele weitere: Wir begrüßen ganz herzlich 44 neue Mitmach-Regionen in Deutschland, der Schweiz, in Österreich und Südtirol! Sie alle werden ab jetzt vor Ort für mehr Nachhaltigkeit aktiv und bekommen dabei von uns professionelle Unterstützung.
Es war nicht leicht, in der zweiten Ausschreibungsrunde unseres Projekts „100 Mitmach-Regionen“ unter der Vielzahl der Bewerber:innen eine Auswahl zu treffen. Aber nun ist es so weit und wir freuen uns, dass unser Netzwerk der Mitmach-Regionen nun auf insgesamt 86 Regionen gewachsen ist!
Ob ein Nachhaltigkeitsmobil, ein Versorgungsautomat mit regionalen Lebensmitteln oder eine Streuobstwiese: Es gibt vielfältigste Möglichkeiten, vor Ort gemeinsam für mehr Nachhaltigkeit aktiv zu werden. In 2022 waren bereits 42 Regionen im Rahmen unseres Projektes gestartet und es gibt bereits wunderschöne Erfolge zu vermelden: Unter anderem wurde in Aalen ein Repair-Café für Kinder eröffnet, im Bodenseeraum sind solidarische Landwirtschaftsprojekte gestartet worden und im österreichischen Waldviertel ist ein Humus-Stammtisch entstanden, der versucht, die Böden zu retten und möglichst viele Menschen für lebendige Böden zu begeistern.
Heike Bohn, Projektleiterin: „In den Regionen gibt es viel Begeisterung, die ansteckend wirkt. So waren in der zweiten Bewerbungsrunde viele Nachbar-Regionen bereits bestehender Mitmach-Regionen mit dabei. Vor allem das Erweitern des Netzwerks und das Verbreiten nachhaltiger Lösungsansätze in unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen wird als Gewinn der Mitmach-Regionen hervorgehoben.“
In den Mitmach-Regionen sollen zukunftsfähige Lösungen in den Bereichen Ernährung, Energie und Verkehr, Finanzen und Wirtschaft erarbeitet und umgesetzt werden. Projektträger sind die Schweisfurth Stiftung, der wirundjetzt e.V., die Be the Change-Stiftung und die Pioneers of Change. Schlüsselelement der Aktivitäten sind Mitmach-Konferenzen. Bei den Veranstaltungen kommen bis zu 200 Menschen zusammen, um die Netzwerke der regional Aktiven zu stärken, Aktivitäten für mehr Nachhaltigkeit sichtbar zu machen und um weitere Aktionen anzuregen und umzusetzen. Ein Expert:innenteam der Projektpartner begleitet die Regionen und gibt z. B. Anregungen über bereits bestehende erfolgreiche und innovative Beispiele. Zudem können die Mitmach-Regionen auf ein Online-Begleitprogramm und viele erprobte Methoden zurückgreifen, um Akteur:innen zu vernetzen, Maßnahmen zu erarbeiten und Prozesse zu strukturieren.
„Kooperieren ist eine zentrale Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit. Mit unserem Projekt möchten wir Menschen motivieren, sich vor Ort zu vernetzen, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und ins Handeln zu kommen. Ob von Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Vereinen oder Privatpersonen: Es gibt großes Interesse vor Ort, sich aktiv für mehr Nachhaltigkeit einzubringen. Unser Ziel ist, bis Ende 2024 insgesamt 100 Regionen im deutschsprachigen Raum aktiviert zu haben“, so Bohn.
Wir freuen uns auch, dass die Begeisterung aus den bereits existierenden Regionen Kreise zieht und die neuen oft in der Nachbarschaft liegen – vielleicht auch in Ihrem Umkreis? Schauen Sie hier nach! Unserem Ziel, 100 Mitmach-Regionen bis Ende 2024, sind wir jedenfalls deutlich nähergekommen.
Lammsbräu Preis für Nachhaltigkeit 2023 erhalten!
Wir freuen uns sehr den von Neumarkter Lammsbräu vergebenen Preis für Nachhaltigkeit in der Kategorie „Non-Profit-Organisation“ 2023 erhalten zu haben. Der seit 2002 verliehene Preis ist einer der bedeutendsten Nachhaltigkeitspreise in Deutschland und ehrt außergewöhnliche Initiativen und Projekte.
Johannes Ehrnsperger (Jurymitglied, Inhaber und Geschäftsführer, Neumarkter Lammsbräu) begründet die Auswahl mit folgenden Worten: „Mit dem Projekt 100 Mitmach-Regionen hat sich die Schweisfurth Stiftung die gezielte Ansprache von 12.000 Menschen vorgenommen. Ziel ist es, Menschen zu ermutigen, sich in ihrem Umfeld für eine nachhaltige Region einzusetzen. Dabei wird die Bio-Blase verlassen und eine integrierende Qualität entwickelt, Vorbehalte in der Bevölkerung werden überwunden.“
„Der Preis für Nachhaltigkeit in der Kategorie „Non-Profit-Organisation“ von Lammsbräu geht vor allem an die vielen vielen Menschen in den 100 Mitmach-Regionen. Sie schaffen ein Bild, wie ihre Region nachhaltig, lebendig und lebenswert aussehen kann und übersetzen diese Vision auf den Mitmach-Konferenzen in konkrete Aktionen, bei denen bereits heute alle mitmachen können“, mit diesen Worten gibt Dr. Niels Kohlschütter den Dank gleich weiter.
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch unseren 20 Kooperationspartnern, die auf vielfältige Weise die Regionen unterstützen.
Ohne Förderung hätte dieses Projekt nicht stattfinden können. Danke an die Deutsche Postcode Lotterie, die den finanziellen Startschuss gegeben hat, die Deutsche Stiftung Engagement & Ehrenamt, mit deren Hilfe die digitale Basis für das Projekt ermöglicht wurde, und die Software AG Stiftung, ohne deren Förderung das Projekt nicht in dieser Form stattfinden könnte.
Das Projekt der 100 Mitmach-Regionen wird von vier Organisationen gestemmt:
Wirundjetzt e.V., der Be the change Stiftung, den Pioneers of Change und der Schweisfurth Stiftung als Projektträger.
Lust mitzumachen? Schau, was in Deiner Region los ist! Mehr Informationen zu den einzelnen Regionen hier.
Zur Pressemitteilung von Lammsbräu.
Kennenlernen im Saftladen
Regionale Wertschöpfung lebt von stabilen Netzwerken. Seit 2022 gibt es deshalb das „Wandernde Netzwerk“ unseres Projektes WERTvoll. Bei diesem treffen sich Interessierte bei Vorzeige-Unternehmen in der Region Leipzig. Ende April besuchten wir „Klaus Fruchtsäfte“ in Wurzen. Geschäftsführer Andreas Klaus lud knapp 20 Interessierte zur Führung in die Produktion und zu vertiefenden Gesprächen in seinen „Saftladen“ ein.
Vielfalt und regionale Partnerschaften
Wie hebt man sich gegen eine starke Konkurrenz ab, in einer Region, in der Obstbau und Fruchtsafterzeugung traditionell verwurzelt sind? Vielfalt lautet die eine Antwort. So hat das Unternehmen Klaus Fruchtsäfte von Apfel bis Zitrone etwa 60 Sorten Säfte, Nektar und Fruchtweine im Programm – 25 davon in Bio-Qualität. Regionale Partnerschaften lautet die andere Antwort. Denn Abgesehen von den Südfrüchten stammt das verarbeitete Obst vollständig aus Sachsen. Für Äpfel und Birnen betreibt das Unternehmen eine Lohnmosterei.
Die Teilnehmenden aus knapp zehn kleinen und großen Betrieben aus der Region konnten bei der Führung durch die moderne Produktionsanlage unter anderem die Fruchtsaftpresse, die Abfüllanlage und die Lagertanks mit 960.000 Litern Kapazität besichtigen. Die derzeit geplante Erweiterung auf 1.300.000 Liter zeigt, dass dieses Konzept aufgeht. Besonders ist auch, dass das Unternehmen die Logistik seiner Produkte selbst übernimmt und drei Fahrer beschäftigt. Dies sorge in Zeiten, in denen Lieferketten fragiler geworden sind, für Stabilität, erzählt Gastgeber Andreas Klaus.
Bio schmeckt man
Nach der Führung konnten sich die Teilnehmenden bei einem Imbiss besser kennenlernen und sich von den Geschmacksunterschieden der verschiedenen Säfte überzeugen. Sein Bio-Saft unterscheide sich vom konventionellen durch einen komplexeren Geschmack und etwas mehr Säure, so Klaus. Das liegt daran, dass die bezogenen Bio-Äpfel oft von alten Bäumen unterschiedlichster Sorten stammen und selten Plantagenobst eingesetzt wird. Der Geschmack wandelt sich dadurch mit der Saison und schmeckt immer leicht anders, was die Kund:innen schätzen. 90 Prozent der eingesetzten Äpfel stammen von Streuobstwiesen von Privatpersonen aus der Region.
Das Konzept
Das Wandernde Netzwerk ist ein Treffen in unregelmäßigen Abständen, das sich vorrangig an Praktiker:innen aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft der Region in und um Leipzig richtet. Ziel ist das Kennenlernen von Produzent:innen und Produkten aus der Region, das Schmieden neuer Kooperationen und das Entdecken von Synergien. Diese Praxisnähe spiegelt sich auch in den Veranstaltungsorten wider: Als Veranstaltungsort wird stets ein regionaler Betrieb im Bereich der Erzeugung, Verarbeitung oder Vermarktung von Lebensmitteln ausgewählt.
Neue Bewerbungsrunde: Machen Sie Ihre Region zu einer Mitmach-Region!
Sie wollen Lösungen für drängende ökologische und soziale Probleme in Ihrer Gemeinde oder Region gemeinsam umsetzen?
Wir suchen Menschen, sei es beruflich oder privat, die wirklich etwas bewegen wollen. Im gesamten deutschsprachigen Raum arbeiten wir gleichzeitig an zentralen Transformationsthemen unserer Zeit: Ernährung, Landwirtschaft, Verkehr, sozialer Zusammenhalt etc.
Höhepunkt unseres Kooperationsprozesses sind 100 Mitmach-Konferenzen, die Ideen und Akteure regional zusammenbringen. Die Mitmacher:innen vor Ort werden tatkräftig unterstützt von der Schweisfurth Stiftung, wirundjetzt e.V., Be the Change-Stiftung und Pioneers of Change und zahlreichen Kooperationspartnern.
Bewerben Sie sich bis zum 15. April und machen Sie Ihre Region zu einer Mitmach-Region! Weitere Informationen unter mitmach-region.org, bei Heike Bohn via Email, oder in einem der Info-Calls – Anmeldung hier.
45 Regionen sind derzeit auf dem Weg, eine Mitmach-Region zu werden. Viele werden in diesem Frühjahr Mitmach-Konferenzen organisieren. Und auf der Vernetzungslandkarte können Mitmachende und Interessierte sehen, wer wo genau an welchen Projekten arbeitet – und sich anschließen und mitmachen.
Direkt vom Acker auf den Teller – kurze Wege für eine große Wirkung!
Es ist angerichtet. Im Oktober kam das „Möhrenuntereinander“ in den Kantinen von Porsche, BMW, Dussmann, den Kirow Werken und den Städtischen Altenpflegeheimen (SAH) auf die Teller.
Zum Tag der Regionen richtete das Stadt-Umland-Projekt WERTvoll Blick auf die Teller in den Kantinen von Betrieben und Altenpflegeheimen: Unter dem Namen „Möhrenuntereinander“ wurde ein schmackhaftes Gericht serviert, welches nur aus regionalen Zutaten zubereitet wurde: Kartoffeln & Zwiebeln vom Wassergut Canitz, Rinderhack vom Barthels Hof und Möhren vom Friedrichs Gut. „Es hat Spaß gemacht, die regionalen Bio-Produkte mit dieser tollen Qualität zu verarbeiten.“ zeigte sich der Küchenleiter im SAH in der Goyastraße deshalb auch sehr zufrieden.
Wasser schützen und die Region stärken
Die zum Einsatz kommende Bio-Möhre vom Friedrichs-Gut steht dabei für eine große Wirkung: Zum einen schützt sie unser WERTvolles Trinkwasser. Denn ökologischer Anbau bedeutet Verzicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Spritzmittel, die sonst aus den Böden in unser Grundwasser gespült werden. Zum anderen stärken Kooperationen unter Erzeugerbetrieben und Kantinen regionale Wirtschaftskreisläufe und machen unsere Region krisenfester. Das Projekt wird in der praktischen Umsetzung des Aktionsgerichts von der Leipziger Anstalt für Koch und Lebensmittelkultur unterstützt.
Gemeinsam für die Gemeinschaftsverpflegung
„Es ist gerade jetzt von zentraler Bedeutung, dass wir mit solchen Praxisbeispielen zeigen, wie Wirtschaftskreisläufe regional organisiert werden können und die Gemeinschaftsverpflegung von dem großartigen Angebot aus Stadt und Land profitieren kann“, machte Ludwig Hentschel vom Projekt WERTvoll klar. Und deshalb wird es das Aktionsgericht des Projekts auch im nächsten Jahr geben.
Im Projekt WERTvoll arbeiten die Stadt Leipzig und das Wurzener Land (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) an einer starken Stadt-Land-Partnerschaft. Dafür wird ökologischer Landbau in Trinkwasserschutzgebieten unterstützt und die regionale Vermarktung der daraus entstehenden Produkte. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und unterstützt von der Schweisfurth Stiftung.
Fotos: Möhrenziehen Friedrichs-Gut, (c) WERTvoll
Das Wandernde Netzwerk zu Besuch bei der Bäckerei Eßrich
Wie kann eine regionale und ökologische Lebensmittelversorgung konkret aussehen? Die familiengeführte Bäckerei Eßrich in Leipzig Liebertwolkwitz zeigt, wie das geht. Sie verarbeitet ausschließlich Getreide aus der näheren Region, das ohne chemisch-synthetische Dünge- und Spritzmittel angebaut wurde.
Kontakte knüpfen, Synergien nutzen und Aktivitäten in der Region stärken: Das ist das Ziel des Wandernden Netzwerks unseres Projekts WERTvoll in Leipzig und Umgebung. Menschen aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft können gemeinsam unterschiedlichse Produktions- und Verarbeitungsbetriebe der Region besuchen, hinter die Kulissen schauen und sich dann „am lebenden Objekt“ über Herausforderungen und Lösungen einer regionalen Lebensmittelversorgung austauschen.
Pestizidfreies und regionales Getreide
Im September nahm eine Gruppe von zehn Menschen die Möglichkeit wahr, die Backstube und die hauseigene Getreidemühle der Bäckerei Eßrich in Liebertwolkwitz südwestlich von Leipzig zu besuchen. Die Bäckerei stellt bereits seit 1963 Brote, Brötchen und Konditoreiwaren her. In den letzten Jahren kam eine hauseigene Mühle dazu, die dafür sorgt, dass das verwendete Vollkornmehl – unter anderem von Emmer und Einkorn – so frisch wie möglich ist und alle wertvollen Inhaltsstoffe des Getreides es ins Brot schaffen. Das Besondere: Verarbeitet wird ausschließlich Getreide aus der näheren Region, das ohne Einsatz chemisch-synthetischer Dünge- und Spritzmittel erzeugt wurde, unter anderem auch von Biobetrieben. Mit ihrem Konzept trägt die Bäckerei Eßrich so aktiv zum Wasser- und Artenschutz bei.
Überproduktion? Nein Danke!
Die beiden Brüder Tom und Hans-Peter Eßrich, die das Familienunternehmen in der dritten Generation gemeinsam leiten, haben sich die Kompetenzen aufgeteilt: Während Tom als Bäckermeister für das Brot verantwortlich ist, kümmert sich Hans-Peter um die Konditoreiwaren
und wird noch in diesem Jahr seinen Konditormeister in der Tasche haben. Die beiden sind stolz auf ihr junges Team, das Arbeitsklima und die Qualität ihrer Rohstoffe und Produkte. Dabei achten sie konsequent auf den geringstmöglichen Einsatz von Zusatzstoffen, setzen auf regionale Alternativen, indem sie etwa Sojaschrot durch Lupinenschrot ersetzen und versuchen, aktiv Überproduktion zu vermeiden. Vor kurzem konnten sie ihre fünfte Bäckerei-Filiale in Leipzig eröffnen. Neben den vielen Erfolgen stehen sie jedoch, wie viele andere Handwerksbetriebe auch, vor den großen Herausforderungen, die die aktuell schnell steigenden Energiepreise mit sich bringen. Doch sind sie überzeugt davon, gemeinsam mit ihrem Team und ihrer treuen Kundschaft Lösungen zu finden.
Austausch und Vernetzung stärkt nachhaltige Lebensmittelversorgung
Neben einer Führung durch die Backstube und den Mühlenraum erhielten die Teilnehmenden auch die Möglichkeit, unterschiedliche Brote zu verkosten. Eine Besonderheit ist das Walnussbrot, das in Zusammenarbeit mit vielen kleinen Walnussproduzent:innen realisiert wird. Außerdem durften sich die Anwesenden von der handwerklichen Arbeit, den langen Teigführungszeiten und der Sauerteigproduktion überzeugen – ein ganz besonderes Erlebnis für all diejenigen, die sich täglich mit der Verarbeitung von Lebensmitteln beschäftigen, wie etwa den Kantinen-Chef von Porsche in Leipzig.
Das Wandernde Netzwerk wandert weiter
Das Wanderne Netzwerk-Treffen in Liebertwolkwitz fand erstmalig in Zusammenarbeit mit der neuen Bio-Regio-Modellregion Leipzig
Westsachsen statt. Sie ist eine von drei vom Land Sachsen geförderten Regionen, in denen sich Akteur:innen aus den Bereichen Land- und Ernährungswirtschaft sowie Regionalentwicklung zusammenfinden, um individuelle Konzepte zur regionalen und ökologischen Wertschöpfung umzusetzen und zu verstetigen. Die gute Nachricht ist: Die Bio-Regio-Modellregion Leipzig wird die Aktivitäten des Projekts WERTvoll, das Ende 2023 ausläuft, weiterführen. Das Wandernde Netzwerk wird sich also auch nach 2023 weiter an spannenden Orten der Leipziger Land- und Lebensmittelwirtschaft treffen können.
Mehr zum Projekt WERTvoll
Das Projekt WERTvoll will in der Modellregion Leipzig und Wurzener Land (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) bis Ende 2023 eine WERTvolle Stadt-Land-Partnerschaft gestalten. Dabei soll eine kooperative und sich positiv verstärkende Landnutzungsstrategie für die Region erarbeitet werden, bei der jede Bürgerin und jeder Bürger einen Beitrag im Alltag leisten kann. Dazu zählen Maßnahmen wie den Bio-Anbau ausweiten, den Wasserschutz gewährleisten und Ökosystemleistungen wie Biodiversität oder die Renaturierung eines Gewässerabschnitts fördern.
Kantinen-Essen frisch, gesund und aus der Region? Geht!
Unser Projekt WERTvoll tischte den Erbsen-Eintopf „Schotenklump“ aus biologischen und regionalen Zutaten bei BMW, Dussman und Co. in und um Leipzig auf. Ein Gewinn für Mensch und Natur.
„Schmackhafte, gesunde Ernährung geht mit heimischen und ökologischen Produkten Hand in Hand. Mit dem Aktionsgericht Schotenklump unterstützen wir das Projekt WERTvoll, um Gutes für unsere Region zu tun“ – so bewarb Anfang Juli keine geringere als die Leiterin der Leipziger Betriebsgastronomie von BMW in einer hausinternen Mitteilung einen außer gewöhnlichen Mittagstisch. Denn die Zutaten des Schotenklump – ein sächsischer Eintopf-Klassiker aus Erbsen, Kohlrabi, Knödeln und Rippchen – stammen größtenteils in Bio-Qualität direkt aus dem Leipziger Umland. Regional und Bio – das ist nicht nur in Leipzig, sondern in ganz Deutschland noch immer eine Seltenheit in Großkantinen. Dank vieler engagierter Betriebe kamen nun jedoch schon zum zweiten Mal Kantinen in und um Leipzig in diesen wertvollen Genuss.
BMW, Dussmann & Co.: Gemeinsam kocht es sich gut
Insgesamt 200 Kilogramm Erbsen verarbeiteten Kantinen-Köche anlässlich des diesjährigen Aktionstages Schotenklump. Mehr als 2.000 Teller wurden serviert. Bereits 2021 hatte es den Eintopf gegeben, damals für Kitas und Altersheime. Dieses Jahr beteiligten sich neben BMW auch die Kantinen von Dussmann und dem Maschinenbau-Unternehmen Kirow sowie die Hänchen-Gruppe, die Kitas auf dem Land versorgt. Angebaut und Mitte Juni geerntet wurden die Erbsen und der Kohlrabi für den Eintopf im Wassergut Canitz im Wurzener Land sowie im Bio-Landwirtschafsbetrieb Hundertmorgenland. Die Köhra Frische GmbH sortierte das Gemüse vor, wusch und frostete es. Auch Fleisch aus der Region wurde den Kantinen für den Eintopf angeboten, aus artgerechter Tierhaltung der Fleischerei Hahn. Nach dem Mittagessen am Aktionstag waren sich dann alle einig: Schotenklump? Lecker!
Projekt WERTvoll unterstützt regionale Wertschöpfungsketten
Hinter der Aktion stehen die Mitarbeitenden unseres Projektes WERTvoll in Leipzig, die Stadt Leipzig und die Leipziger Anstalt für Koch- und Lebensmittelkultur. Ziel ist, mit dem Aktionsgericht die regionalen Wertschöpfungsketten in der Lebensmittelversorgung zu stärken. Gerade über das Angebot in Kantinen können mehr Menschen zu bezahlbaren Preisen in den Genuss von gesunden regionalen und ökologischen Lebensmitteln kommen. „Nachhaltige Anbauformen sind vorteilhaft für den Klima- und Artenschutz. Sie sorgen auch dafür, dass unser Grundwasser frei von Schadstoffen bleibt und dass die Böden noch viele Jahre fruchtbar bleiben. Je mehr Menschen in den Genuss dieser Lebensmittel kommen können, desto besser für die Umwelt“, so Arian Gülker, Projektmanager bei der Schweisfurth Stiftung.
100 Prozent Bio und Regional noch immer eine Herausforderung für Kantinen
In diesem Jahr unter anderem die BMW-Kantine dazu bewegt zu haben, Bio-Produkte aus der Region zu nutzen, war ein ordentlicher Erfolg. Gleichzeitig zeigten sich auch die Herausforderungen einer regionalen und biologischen Lebensmittelversorgung. So entschied sich BMW kurzfristig außer den Erbsen alle weiteren Zutaten in konventioneller Qualität von bestehenden Zulieferern zu beziehen. Auch andere Kantinen griffen nicht auf das volle Sortiment nachhaltiger Produkte zurück, sondern ergänzten es mit konventionellen Lebensmitteln ihrer Standardzulieferer. Allein die Kirow-Kantine bezog alle Produkte für ihren Schotenklump regional und ökologisch. Gülker: „Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass alle Teilnehmenden die Canitzer Bio-Erbsen in ihrem Schotenklump hatten. Tibor Herzigkeit, der Koch der Kirow Kantine, hat es sogar geschafft, alle bereitgestellten regionalen Produkte einzusetzen. Beim Bezug der übrigen Produkte gibt es für die anderen Unternehmen noch Entwicklungsmöglichkeiten. Wir freuen uns deshalb schon auf das nächste Aktionsgericht“.
Neue Chance für Kantinen im Oktober
Im Oktober gibt es für die Kantinen in und um Leipzig eine neue Chance, ihren Mittagstisch wirklich zu 100 Prozent nachhaltig zuzubereiten: Zum Tag der Regionen gibt es ein neues Aktionsgericht – BMW und die Kirow Kantine haben hierfür schon zugesagt. Schön!
Spenden für 100 Mitmach-Regionen
Zentrales Element einer Mitmach-Region ist die Organisation einer Mitmach–Konferenz. Dort kommen alle Aktiven und Interessierten aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft zusammen, um gemeinsam nachhaltige Lösungen und Aktionen für die Region zu finden, Projekte und Ideen in den unterschiedlichsten Bereichen zu entwickeln, sich auszutauschen und neue Netzwerke zu knüpfen. Alle Mitmach-Regionen werden sichtbar gemacht, miteinander vernetzt und inspirieren sich gegenseitig. Mehr zum Projekt hier.
Mitmach-Regionen starten durch
Vom Chiemgau bis Hamburg, von Basel bis zum Wienerwald, vom Aachener Umland bis Sachsen – die Teilnehmer:innen des Projektes „100 Mitmach-Regionen“ stehen fest und werden jetzt auf ihrem Weg, den ökologischen und sozialen Wandel vor Ort voranzubringen, unterstützt.
Interessierte aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Vereinen und dem privaten Bereich waren aufgerufen, sich bis Anfang April für einen der 100 Plätze als Mitmach-Region zu bewerben, die nachhaltige Lösungen regional entwickeln und umsetzen wollen. Bei den vielfältigen und kreativen Einsendungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz fiel den Projektpartnern Schweisfurth Stiftung, wirundjetzt e.V., Be the Change-Stiftung und Pioneers of Change die Auswahl nicht leicht. Eine Übersicht über alle Mitmach-Regionen gibt es hier.
Unterstützung in Planung und Umsetzung
Für die nun feststehenden Regionen beginnt jetzt der erste Schritt eines neun bis 18-monatigen Kooperationsprozesses: In Arbeitsgruppen wird an konkreten Umsetzungskonzepten zu den vier zentralen Handlungsfeldern Ernährung, Energie und Verkehr, Finanzen und Wirtschaft sowie sozialer Zusammenhalt in der Region gearbeitet und eine Veranstaltung – die „Mitmach-Konferenz“ – vorbereitet. Ein Expertenteam der Projektpartner begleitet die Teilnehmer:innen und gibt z.B. Anregungen über erfolgreiche und innovative Beispiele aus anderen Regionen. Die Mitmach-Regionen können darüber hinaus auf ein Online-Begleitprogramm und viele erprobte Methoden zurückgreifen, um Akteur:innen zu vernetzen, Maßnahmen zu erarbeiten und Prozesse zu strukturieren.
„Gemeinsam sind wir stärker“
Die Teilnehmer:innen selbst sind so vielfältig wie ihre Konzepte: Organisationen, Initiativen, Vereine, Gemeinden, Städte, Landkreise, Regionen, Schulen, Einzelpersonen oder auch Kooperationen von Gemeinden und Schulen sind vertreten. Gemeinsam ist ihnen jedoch die Motivation, einen Transformationsprozess zu beginnen: Sie wünschen sich, Menschen unterschiedlicher Interessen in der Region zusammenzubringen, gemeinsam zu diskutieren, Themen neu zu denken, Projekte zu erarbeiten und zu starten. Oftmals gibt es bereits Ressourcen sowie einzelne Konzepte und es besteht der Wunsch, diese miteinander zu verbinden, zu koordinieren und bekannter zu machen – getreu dem Motto „Gemeinsam sind wir stärker.“
Mitmach-Konferenzen ab Ende 2022
Schlüsselelement und Höhepunkt des Projektes sind die Mitmach-Konferenzen, auf die die ausgewählten Regionen sich nun vorbereiten. Bei den Veranstaltungen kommen ca. 30 bis 200 Menschen aus der Region zusammen, die sich vernetzen und an konkreten Lösungen für eine nachhaltige Zukunft arbeiten. Ziel ist es, das Netzwerk der Aktiven in einer Region zu stärken und die Grundlagen vorzubereiten, damit vielfältige neue Initiativen entstehen und bestehende Bestrebungen an Sichtbarkeit und Wirksamkeit gewinnen.
Ab Ende 2022 werden rund 100 Mitmach-Konferenzen im deutschsprachigen Raum stattfinden – eine jede für sich Startpunkt für eine ökologische und soziale Transformation in der eigenen Region, und alle zusammen gesehen, ein Aufbruch sehr vieler engagierter Menschen, die gemeinsam Außergewöhnliches erreichen können.
Wanderndes Netzwerk startet in der Region Leipzig
Neue Kontakte knüpfen, Synergien nutzen und Aktivitäten in der Region stärken – diese Ziele verfolgt das neue Wandernde Netzwerk für Menschen aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft. In Leipzig und Umgebung geht es im Rahmen des Projektes WERTvoll in diesem Jahr an den Start. Getragen wird das Netzwerk von Akteur:innen vor Ort.
Was ist ein Wanderndes Netzwerk?
Das Wandernde Netzwerk umfasst den Gedanken eines klassischen Netzwerks, bei dem der Austausch unter verschiedenen Akteuren gefördert wird, und will gleichzeitig darüber hinausgehend regelmäßige Veranstaltungen an wechselnden Treffpunkten anbieten. Jeder Netzwerk-Termin soll an einem anderen Ort stattfinden – bevorzugt in den Betrieben der verschiedenen Netzwerk-Akteure. Die Gastgeber können ihre Firmen vorstellen und die Gruppe erhält die Chance, hinter die Kulissen verschiedenster Unternehmen zu blicken, lernt Neues in der Region kennen und kann unmittelbar mit den Beteiligten ins Gespräch kommen. Persönliche und wirtschaftliche Kontakte können vor Ort geknüpft und gepflegt werden.
Neue Wertschöpfungsketten und alte Bekanntschaften
Die Idee dazu entstand im vergangenen Jahr, als sich im Rahmen des Projektes WERTvoll Menschen aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft digital bei einer Suche-Biete-Börse trafen. Ziel war es, die Entstehung neuer regionaler Wertschöpfungsketten zu unterstützen. Die Teilnehmer:innen kamen aus verschiedenen Branchen, unter anderem aus Handel, Landwirtschaft und Vermarktung sowie aus dem Projekt selbst. Im Format eines „Speed-Dating“ hatten immer zwei Teilnehmer:innen in wechselnden Gesprächen einige Minuten Zeit, sich und ihre Produkte vorzustellen bzw. Bedarfe an den anderen zu adressieren. Im Idealfall konnten sich so zwei Partner:innen finden, die in Zukunft miteinander eine regionale Handelsbeziehung mit einem Mehrwert für Artenvielfalt, Wasser- und Klimaschutz aufbauen wollen.
Als mindestens genauso bereichernd wie das Sprechen über Produkte wurde die Möglichkeit empfunden, neue Menschen kennenzulernen, sich auszutauschen und im Gespräch mit bereits bekannten Teilnehmer*innen bleiben zu können. Im Rahmen von WERTvoll fanden und finden bereits viele Vernetzungsveranstaltungen statt. Durch das Wandernde Netzwerk sollen diese nun in Zukunft verstärkt bei Betrieben vor Ort zu Gast sein.
Nachhaltige Stadt-Land-Partnerschaft in Leipzig und Umgebung
Das Projekt WERTvoll will in der Modellregion Leipzig und Wurzener Land (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) bis Ende 2023 eine WERTvolle Stadt-Land-Partnerschaft gestalten. Dabei soll eine kooperative und sich positiv verstärkende Landnutzungsstrategie für die Region erarbeitet werden, bei der jede Bürgerin und jeder Bürger einen Beitrag im Alltag leisten kann. Dazu zählen Maßnahmen wie den Bio-Anbau ausweiten, den Wasserschutz gewährleisten und Ökosystemleistungen wie Biodiversität oder die Renaturierung eines Gewässerabschnitts fördern.
Gastgeber:innen gesucht
Das Projekt WERTvoll sucht in Leipzig und dem Wurzener Land noch nach interessierten Gastgeber:innen aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft, die das Wandernde Netzwerk zu sich einladen möchten. Wenn Sie geeignete Orte in der Region Leipzig kennen oder sich selbst vorstellen können, das Wandernde Netzwerk zu Gast zu haben, melden Sie sich bei Arian Gülker.
100 Mitmach-Regionen
Wenn viele sich zusammentun, können sie Großes erreichen und eine ungeheure Kraft für mehr Nachhaltigkeit entfalten. Diese Kraft und Energie will die Schweisfurth Stiftung, gemeinsam mit wirundjetzt e.V., der Be the Change-Stiftung und den Pioneers of Change, in 100 Mitmach-Regionen im deutschsprachigen Raum wecken. Jede:r kann seine Region zu einer Mitmach-Region machen: Bereits bestehende Initiativen und Vereine, engagierte Einzelpersonen, Menschen aus der öffentlichen Regionalentwicklung, oder dem Klimaschutzmanagement, Unternehmen, kommunalpolitisch Verantwortliche und viele mehr.
Globale Herausforderungen brauchen lokale Lösungen!
Ziel des Projekts „100 Mitmach-Regionen“ ist, dass Menschen vor Ort die ökologische und soziale Transformation ihrer Regionen voranbringen. Zentrales Element dafür ist die Organisation einer Mitmach-Konferenz. Dort kommen alle Interessierten zusammen, um gemeinsam Lösungen und Aktionen zu finden, Projekte und Ideen in den unterschiedlichsten Bereichen zu entwickeln, sich auszutauschen und neue Netzwerke zu knüpfen.
Auf dem Weg zu einer solchen Mitmachkonferenz und bei der Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen werden die 100 Regionen von unserem Expertenteam unterstützt. Es gibt ein Online-Begleitprogramm, einen erprobten Werkzeugkasten und viele gute Best-Practise-Beispiele, auf die vor Ort zurückgegriffen werden kann. Alle Mitmach-Regionen werden sichtbar gemacht, miteinander vernetzt und inspirieren sich gegenseitig.
Einfaches Konzept, große Wirkung
Bei einer Mitmach-Konferenz kommen für einen oder mehrere Tage Menschen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft zusammen, um darüber zu diskutieren wie sie konkret zur nachhaltigen Gestaltung der Region beitragen können. Es wird eine Landkarte erarbeitet, welche Initiativen es schon gibt, welche es vielleicht noch braucht und wie diese unterstützt werden können. Im Zentrum steht dabei das Mitmachen: Nach kurzen Impulsvorträgen werden gemeinsam konkrete Ideen und Umsetzungskonzepte erarbeitet. Ziel ist es, dass die Teilnehmer:innen miteinander in den Dialog treten, sich vernetzen und dadurch Veränderungen anstoßen und neue Kooperationen in die Wege leiten.
Jetzt bewerben: Machen Sie Ihre Region zu einer Mitmach-Region!
Sie wollen Lösungen für drängende ökologische und soziale Probleme in Ihrer Gemeinde oder Region gemeinsam umsetzen?
Wir suchen Menschen, sei es beruflich oder privat, die wirklich etwas bewegen wollen. In 100 Regionen wollen wir gleichzeitig an den zentralen Transformationsthemen unserer Zeit arbeiten: Ernährung, Landwirtschaft, Verkehr, sozialer Zusammenhalt etc..
Höhepunkt unseres Kooperationsprozesses sind 100 Mitmach-Konferenzen, die Ideen und Akteure regional zusammenbringen. Die Mitmacher:innen vor Ort werden tatkräftig unterstützt von der Schweisfurth Stiftung, wirundjetzt e.V., Be the Change-Stiftung und Pioneers of Change.
Bewerben Sie sich bis zum 1. April und machen Sie Ihre Region zu einer Mitmach-Region! Weitere Informationen unter mitmach-region.org, Weitere Informationen auf unserer Projektkachel, bei heike.bohn@mitmach-region.org, oder am 22.02., 18.00h, in einem Info-Call (Anmeldung hierfür über die Homepage).
Regionale Lebensmittel für das Wurzener Land
Ein zentraler Knackpunkt für die regionale Lebensmittelversorgung auf dem Land beziehungsweise von kleinen Gemeinden sind funktionierende logistische Lösungen im kleinen Maßstab. Von mobilen Dorfläden bis hin zu Lebensmittel-Transporten mit öffentlichen Verkehrsmitteln – es existieren bereits viele gute Ideen, wie Lebensmittel aus der Region an die Verbraucher:innen in der Region gebracht werden können. Im Projekt KORB erarbeiten wir mit Menschen und Betrieben im Leipziger Umland passgenaue Konzepte.
Vier Gemeinden mit klarem Ziel
Bennewitz, Thallwitz, Lossatal und Wurzen: Diese vier Gemeinden östlich von Leipzig sind fleißig dabei, ihren Einwohner:innen eine regionale Lebensmittelversorgung bereitzustellen. Denn: In ihrem Wurzener Land gibt es viele Produzent:innen regionaler Lebensmittel und die Nachfrage nach diesen Produkten ist in den vergangenen Jahren, insbesondere auch im Zuge der Corona-Pandemie, stetig gestiegen. Bislang waren die vorhandenen Erzeugnisse aber nur vereinzelt erhalten. Erklärtes Ziel der vier Gemeinden ist es jedoch, allen den Zugang zu regionalen Produkten zu ermöglichen.
Gemeinschaftliches Erarbeiten der Lösungen
Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es vor allem logistische Lösungen, die den Bedarf der Konsument:innen mit den Anforderungen und Möglichkeiten der Produzent:innen der Region in Einklang bringen. Seit Mai 2021 unterstützen wir nun die vier Gemeinden im Rahmen des Projekts „KORB – Kooperatives Regionalbündnis Wurzener Land“ dabei, ein entsprechendes Logistiksystem zu entwickeln. In einer ersten Konzept-Entwicklungsphase stand vor allem die umfassende Beteiligung aller relevanten Akteur:innen im Vordergrund. Dabei ging es neben der Vernetzung, Information und Inspiration der Menschen in der Region darum, Bedarfe und Bedürfnisse aufzunehmen und in eine angepasste Lösung zu überführen. In Dialogforen konnten die Teilnehmer:innen – darunter Unternehmer:innen, Verwaltungsangestellte oder Verbraucher:innen aus der Region – vielfältige, bereits funktionierende Varianten der Versorgung mit regionalen Lebensmitteln aus anderen Gemeinden kennenlernen und ihre mögliche Umsetzbarkeit im Wurzener Land diskutieren. Im Anschluss entwickelten Schlüsselakteure wie Landwirt:innen oder Vertreter:innen der Logistikbranche in einer Stammtischserie die erarbeiteten Ansätze weiter.
Fertiges Logistikkonzept wird ab 2022 umgesetzt
Aus den Ergebnissen dieses partizipativen Prozesses erarbeitet derzeit das KORB-Projektteam das finale Logistikkonzept für die regionale Lebensmittelversorgung des Wurzener Landes. Bis Ende Februar 2022 soll dieses fertig sein. Danach wird es bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung eingereicht und soll nach positiver Bewertung spätestens Ende 2022 in die Umsetzung gehen. Derzeit hat unter anderem die Zusammenstellung eines effektiven Projektverbunds für die Umsetzungsphase Priorität. Arian Gülker, Projektmanager bei der Schweisfurth Stiftung: „Wir dürfen natürlich noch nicht alles verraten. Aber ich kann sagen, dass von den Beteiligten wunderbare, kreative Lösungen entwickelt wurden. So wird der ÖPNV in Zusammenarbeit mit ansässigen Unternehmen eine zentrale Rolle beim Transport regionaler Güter spielen. Zudem knüpft das Projekt an die beginnende Arbeit der Bio-Regio-Modellregion Leipzig-Westsachsen und der neuen sächsischen Agrarmarketingagentur an. Es ist toll zu sehen, wie regionale Unternehmen und die Bevölkerung hier zusammengearbeitet und wertvolle Ergebnisse erzielt haben. Das Wurzener Land kann mit diesem Konzept nun seinerseits zu einem Vorbild für viele weitere Regionen in Deutschland werden!“
1.700-mal Schotenklump bitte!
Wie ein Eintopfklassiker das Klima, unser Trinkwasser und die Artenvielfalt schützen kann.
„Wir brauchen mehr Eintopf!“ – schallt es in die Küche eines städtischen Altenpflegeheims in Leipzig. Draußen an den Tischen beugen sich Seniorinnen und Senioren genüsslich über ihre Teller. Es gibt „Schotenklump“ – einen deftigen regionalen Eintopfklassiker aus Erbsen, Kohlrabi und Rippchen. Das Besondere: Die Zutaten des Eintopfs stammen aus dem Leipziger Umland und wurden zum großen Teil in Bioqualität hergestellt. Das Aktionsessen „Schotenklump“ unseres Projekts WERTvoll zeigt, dass ökologisch angebaute, regional produzierte Waren in der Gemeinschaftsverpflegung ein Gewinn für Mensch und Natur sind. Doch für eine großflächige Umsetzung fehlt noch die Logistik.
Anfang Juli kamen 1.700 Senior:innen und Kinder in Leipzig in den Genuss eines echten Eintopfklassikers: dem „Schotenklump“. Alle städtischen Altenpflegeheime und etliche Kitas wurden mit dem deftigen Erbseneintopf versorgt, dessen Zutaten in der Region um Leipzig produziert wurden. Die Bio-Erbsen des Schotenklumps stammen vom Wassergut Canitz, der Bio-Kohlrabi von Hundert Morgen Land, und die Rippchen vom Schicketanzhof – alles Betriebe im direkten Umland der Stadt. Serviert wurde das Gericht nach einem Rezept der Großmutter des Slow-Food-Kochs Thomas Marbach. Begeistert von Großmutters Eintopf waren nicht nur die Senior:innen und Kinder, sondern auch die Küchenchefs der beteiligten Kantinen und Caterer, die die besondere Qualität der Zutaten hervorhoben. Initiiert hatte das Aktionsgericht unser Projekt WERTvoll anlässlich der Erbsenernte in der Region – mit einem klarem Ziel vor Augen.
Gutes Trinkwasser durch regionale Küche
„Wir wollten zeigen, dass die Region um Leipzig alles für ein gutes, gesundes Essen in der Stadt bereithält. Und dass wir mit unserer Art des Konsums in der Stadt Gutes für gesunde Böden, sauberes Wasser und den Klimaschutz tun können“, so Arian Gülker, Leiter des Projekt WERTvoll in der Schweisfurth Stiftung. Das Projekt hat zum Ziel, eine fruchtbare Stadt-Land-Partnerschaft zwischen Leipzig und seinem Umland aufzubauen und die regionale Wertschöpfung in Sachen Lebensmittelversorgung zu erhöhen. Ein wichtiger Hebel dafür ist, dass Kantinen und Caterer – also die sogenannte Gemeinschaftsversorgung – stärker auf regional und biologisch erzeugte Lebensmittel zurückgreifen und so Erzeuger:innen davon relevante Mengen absetzen können. Werden mehr Lebensmittel – wie die Erbsen für den Schotenklump – direkt im Umland ökologisch angebaut, hilft das Dreifach: Der Ökolandbau stärkt den Aufbau von Humus in den Böden. Dadurch wird das Trinkwasser für die Stadt ganz natürlich besser gefiltert und die Kosten für die Aufbereitung sinken. Zweitens sind humusreiche Böden gute CO2-Speicher – so leisten die Zutaten im Eintopf substanzielle Beiträge für den Klimaschutz. Und Drittens hilft die extensive Weidehaltung für die Schweinerippchen der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft.
Lieferbeziehungen ausbaufähig
Das Aktionsgericht Schotenklump war für das Projektteam von WERTvoll ein perfektes Experiment, um herauszufinden, was es braucht, um regionale Bioprodukte in der Gemeinschaftsverpflegung attraktiver zu machen. Wie sich zeigte, ist die größte Herausforderung, die unterschiedlichen Zutaten der verschiedenen Erzeuger in die Küchen zu bekommen. Denn eine Logistik für regionale Produkte existiert in der Region kaum. „Das Problem ist, das noch keine festen Verbindungen zwischen Erzeuger:innen auf dem Land und den Küchen in der Stadt bestehen. Um regional erzeugte Gerichte regelmäßig und auch für mehr Interessierte anbieten zu können, müssen die Lieferbeziehungen gestärkt werden“, so Gülker.
Erste Erfolge!
Gut, dass die Schweisfurth Stiftung zusammen mit den Partnern vor Ort zu diesem Thema Anfang September eine Zukunftswerkstatt organisierte. Ob Landwirt:innen, Caterer, Fridays for Future Aktivist:innen oder Verwaltungsbeamte aus Stadt und Land – sie alle arbeiteten in der Werkstatt unter anderem daran, die Lieferbeziehungen und die Netzwerke untereinander zu stärken. Ein schönes Ergebnis des Treffens: Ein Landwirt, eine Mühle und ein Bäcker haben sich gefunden und wollen gemeinsam ein regionales Bio-Brot erzeugen. Und: Sogar die Kantine von Porsche hat verstärktes Interesse an regional und ökologisch erzeugten Lebensmitteln bekundet. Na, wenn das kein Fortschritt ist!
Mehr Informationen zum Projekt WERTvoll in der Schweisfurth Stiftung sind hier zu finden.
Stadt und Land: So fern und doch so nah!
Hektisches Treiben auf der einen Seite, ruhiges Idyll auf der anderen? So unterschiedlich Stadt und Land auch scheinen mögen, sie stehen in enger Beziehung zueinander, sind aufeinander angewiesen. Letzteres gilt insbesondere wenn es um die Themen Wasser-, Klima- und Artenschutz geht. Die Zusammenhänge zwischen Stadt und Land sind jedoch häufig nicht offensichtlich erkennbar und werden daher oftmals unterschätzt. Ein Grund für das Team des Projektes WERTvoll, das die Schweisfurth Stiftung 2018 zusammen mit der Stadt Leipzig, dem Wurzener Land, der Hochschule Trier, dem Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung sowie dem Wassergut Canitz ins Leben gerufen hat, hinter die Kulissen zu schauen und die auf den ersten Blick nicht erkennbaren Verbindungen zwischen Stadt und Land im Rahmen einer Kurzfilmreihe sichtbar zu machen.
Es kann nur gemeinsam gehen
„Stadt und Land werden häufig als getrennt voneinander wahrgenommen. Doch wenn es um die nachhaltige Entwicklung einer Region geht, braucht es eine enge Stadt-Land-Beziehung. Mit den Kurzfilmen zeigen wir, wie Akteur:innen von Stadt und Land im Hinblick auf Wasser-, Klima-, und Artenschutz zusammenarbeiten, die zunächst einmal als voneinander unabhängig gesehen werden. Wir machen deutlich, dass Stadt und Land gerade bei diesen Themen aufeinander angewiesen sind und machen diese komplexen Zusammenhänge anhand beispielhafter Stadt-Land-Paare greifbar und verständlich“, erklärt Arian Gülker, Projektmanager der Schweisfurth Stiftung.
So dreht sich der erste Kurzfilm um Landwirt Robert Hörig aus Thallwitz im Wurzener Land und Herrn Heiko Schulze, Mitarbeiter der Qualitätskontrolle der Wasserwerke in Leipzig. Was die beiden miteinander verbindet? Auf den ersten Blick nicht viel. Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Sowohl Herr Hörig als auch Herr Schulze leisten mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für eine hohe Qualität und Reinheit des Wassers – wie genau, und was Trinkwasserschutz und Landwirtschaft miteinander zu tun haben, erfahren Sie hier:
Der zweite WERTvoll Kurzfilm handelt von neuen Wegen der Kooperation im regionalen Handel. Die Gemüsekooperative KoLa Leipzig, die vor den Toren der Stadt Bio-Gemüse für ihre Mitglieder anbaut, hat mit der Konsumgenossenschaft Leipzig einen Partner gefunden, der mit seinen Märkten die Infrastruktur für eine Abholung der Gemüsekisten liefert. Vor Ort können die Abholenden im Markt ihren Bedarf an weiteren Waren decken. Dort wird auch überschüssiges Gemüse von KoLa Leipzig regulär verkauft. So profitieren beide Seiten von dieser Kooperation. Weitere Eindrücke der Partnerschaft finden Sie im Video.
Nicht nur Landwirt:innen und Wasserversorger sind in ihrer Arbeit aufeinander angewiesen. Lernen Sie noch mehr Stadt-Land-Paare kennen. Von der Veröffentlichung neuer WERTvoll Short Stories erfahren Sie auf der Projektseite WERTvoll.
Mitmach-Konferenzen für alle!
Mit dem neuen Online-Begleit-Programm zur selbstständigen Organisation von Mitmach-Konferenzen ist das jetzt noch leichter möglich. Es richtet sich an alle, die nicht mehr länger warten wollen, bis sich etwas in Politik und Wirtschaft ändert, sondern selbst Gestalter:in für eine nachhaltige Region werden wollen. Unser Begleit-Programm unterstützt sie dabei, den Wandel direkt vor Ort vorantreiben. Entwickelt wurde das Online-Begleit-Programm von der Schweisfurth Stiftung in Zusammenarbeit mit Pioneers of Change, wirundjetzt und der Be The Change Stiftung.
Das Online-Begleit-Programm zur Organisation von Mitmach-Konferenzen
Das Online-Begleit-Programm befähigt die Teilnehmer:innen dazu, selbstständig Mitmach-Konferenzen zu organisieren. Dazu gibt es Online-Kurse, die Kompetenzen und Know-how in unterschiedlichen Bereichen, wie zum Beispiel Pressearbeit, Moderation und Veranstaltungsorganisation, vermitteln und bei der Vernetzung und Kooperation regionaler Akteur:innen unterstützen. Vertieft wird dieses Wissen mit Hilfe eines 100-seitigen Handbuchs, kurzen Erklär-Videos und digitalen Austauschtreffen mit den anderen Teilnehmer:innen sowie Expert:innen. Am Online-Begleit-Programm teilnehmen können bereits bestehende Initiativen und Vereine, engagierte Einzelpersonen und Menschen aus der öffentlichen Regionalentwicklung, oder dem Klimaschutzmanagement. Aktuelle Informationen finden Sie unter www.mitmach-region.org.
Die Mitmach-Konferenz – eine Erfolgsgeschichte
Die vielfältigen globalen Herausforderungen unserer Zeit brauchen lokale Antworten. Viele Lösungen sind auf regionaler Ebene bereits vorhanden: Engagierte Einzelpersonen und Initiativen haben zahlreiche Ideen und Konzepte für die Gestaltung einer nachhaltigen Region. Im Gespräch mit Aktiven wurde deutlich, dass es oftmals noch großen Bedarf an Vernetzung und Austausch zwischen den vielen erfolgreichen Projekten in der Region gibt. Die Mitmach-Konferenz ist hier inzwischen ein bewährtes Instrument: Es ermöglicht den unterschiedlichen Akteur:innen miteinander in Dialog zu treten, an konkreten Herausforderungen und ihren nächsten Schritten zu arbeiten und dadurch Veränderungen anzustoßen und neue Kooperationen in die Wege zu leiten.
„Die erste Mitmach-Konferenz fand 2017 in der Region Bodensee-Oberschwaben statt. Die Resonanz der Teilnehmer:innen war enorm, das Interesse bei Gestalter:innen in anderen Regionen groß. Es folgten Mitmach-Konferenzen im Chiemgau, Wurzen und Lindau. Alle Veranstaltungen waren ein voller Erfolg. Aufgrund vieler Anfragen aus anderen Regionen kamen wir auf die Idee, das Konzept der Mitmach-Konferenzen mittels eines Online-Begleit-Programms für alle zugänglich zu machen. Wir freuen uns, dass wir das nun gemeinsam realisieren konnten“, erklärt Matthias Middendorf, Projektmanager der Schweisfurth Stiftung. Übrigens: Das Projekt begeisterte auch beim Ideenwettbewerb „Land schreibt Zukunft“ vom „Fonds Nachhaltigkeitskultur“ vom Rat für Nachhaltige Entwicklung. Es wurde als eines der 16 Gewinnerprojekte ausgewählt. Das Preisgeld ermöglichte die Entwicklung des Online-Begleit-Programms.
Open-Source Toolkit für Mitmach-Konferenzen
Mitmach-Konferenz für alle
Die Schweisfurth Stiftung entwickelt gemeinsam mit wirundjetzt, Be the Change und den Pioneers of Change einen Werkzeugkasten für die Organisation und die Durchführung von Mitmach-Konferenzen. Unterstützt werden wir dabei durch den Fonds Nachhaltigkeitskultur des Rates für Nachhaltige Enwticklung.
Bei einer Mitmach-Konferenz kommen für einen oder mehrere Tage Menschen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft zusammen, um darüber zu diskutieren wie Bürger:innen zur nachhaltigen Gestaltung ihrer Region beitragen und dabei die globalen Nachhaltigkeitsziele vor Ort umsetzen können. Im Zentrum steht das Mitmachen: Gemeinsam werden konkrete Ideen und Umsetzungskonzepte für aktuelle Fragestellungen in der eigenen Region erarbeitet. Ziel ist es, dass die Teilnehmenden miteinander in den Dialog treten, sich vernetzen und dadurch Veränderungen anstoßen und neue Kooperationen in die Wege leiten. Die Schweisfurth Stiftung hat bereits Mitmach-Konferenzen in der Bodensee-Region und im Chiemgau initiiert und begleitet.
Das Wissen für die Organisation und Durchführung einer Mitmach-Konferenz wollen wir allen Interessierten durch ein Handbuch und einen Online-Kurs zugänglich machen. Denn nur so kann sich das vielversprechende, partizipative Veranstaltungsformat verbreiten und noch mehr Menschen dazu befähigen, Gestalter:innen der eigenen Region zu werden. Damit können Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum eigenständig eine Mitmach-Konferenz veranstalten und so ihre Region nachhaltig prägen.
Handbuch zur Organisation von Mitmach-Konferenzen herunterladen
Link zur Anmeldung zum Online-Begleit-Programm zur Organisation von Mitmach-Konferenzen
Link zum Online-Kurs zur Organisation von Mitmach-Konferenzen
Erfolgsrezept Kooperation: Durch gute Zusammenarbeit Veränderungen vorantreiben
Ob solidarische Landwirtschaft, Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften oder landwirtschaftliche Hof- und Vermarktungsgemeinschaften – bei all diesen Organisationsformen gilt die Devise Kooperation statt Konkurrenz führt zum Erfolg. Doch die Erfahrung in der Praxis zeigt: In jedem Gemeinschaftsprojekt stecken diverse organisatorische und zwischenmenschliche Herausforderungen. Die nach dem Open Source-Prinzip konzipierte Online-Plattform www.wir-kooperieren.org gibt Verantwortlichen Hilfestellung und nützliche Werkzeuge an die Hand, um genau diese Herausforderungen erfolgreich zu meistern und den Gemeinschaftsprozess zielführend zu navigieren. In einer interaktiven Online-Schulung haben nun die Projektverantwortlichen Stephan Illi und Thomas Schmid, die beide als freie Berater für Kooperationen tätig sind, und Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, die Weiterentwicklung der Plattform, insbesondere durch Bewegtbild-Elemente, vorgestellt.

Die Gründer:innen von Xäls nutzen die Online-Plattform www.wir-kooperieren.org für den Aufbau ihrer Genossenschaft.
Ziel der Schulung war es, den Teilnehmer:innen den Umgang mit der Plattform nahezubringen und die einzelnen Instrumente direkt erlebbar zu machen. In kurzen Sessions wurden deshalb die eigenen Erfahrungen mit Gemeinschaftsprozessen anhand unterschiedlicher Fragestellungen beleuchtet und diskutiert. Ein wichtiges Ergebnis dabei: Vertrauen ist ein wesentliches Element für die Gemeinschaftsbildung. Doch wie lässt sich Vertrauen nachhaltig aufbauen? „Auch zu dieser wichtigen Frage finden Interessierte nützliche Tipps und Methoden auf www.wir-kooperieren.org. Dort werden alle essentiellen Phasen von Gemeinschaftsprozessen thematisiert – von der Diagnose „wo stehen wir“ bis hin zur Verteilung konkreter Aufgaben. Damit haben wir ein hilfreiches Tool-Kit geschaffen, das frei zugänglich und direkt in der Praxis anwendbar ist“, kommentiert Kohlschütter. „Die Schulung motiviert mich, unseren eingeschlafenen Prozess beim Aufbau einer Erzeugergemeinschaft von Gemüsebaubetrieben wiederzubeleben. Ich konnte Wege und Instrumente kennenlernen, die uns dabei helfen, unsere aktuellen Hürden zu überwinden“, resümiert Teilnehmer Tim Fetzer.
Gemeinsam für Lebensmittel aus der Region – ein Erfahrungsbericht
Stephan Illi, Projektleiter von wir-kooperieren.org und Berater für Kooperationen und Organisationsentwicklung, begleitet und unterstützt seit vielen Jahren Gemeinschaftsprozesse, insbesondere den Aufbau von Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaften (EVG). Im Gespräch mit der Schweisfurth Stiftung berichtet er von seinen Erfahrungen.
Sie haben sich in den letzten Jahren viel mit der Gründung und dem Aufbau von Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften beschäftigt. Warum?
Weil ich in ihnen großes Potenzial für eine regionale, nachhaltige Lebensmittelversorgung sehe. In diesem Konzept werden Erzeuger:innen und Verbraucher:innen, aber auch Stadt und Land neu zusammen gedacht. Das Schlüsselwort ist hier „direkt“. Erzeuger:innen und Verbraucher:innen haben eine unmittelbare Beziehung und davon profitieren alle: Die Erzeuger:innen durch feste Abnahmen und die Verbraucher:innen durch Transparenz bezüglich Herkunft, Herstellung und Preise. So unterscheiden sich EVGs deutlich von klassischen Supermärkten, da sie weder in der Anonymität noch der Intransparenz verloren gehen; und auch von kleinen Strukturen wie Solidarischen Landwirtschaften, die häufig nur wenige Haushalte mit regionalen Lebensmitteln versorgen. Damit schließen EVGs eine wichtige Lücke und können ein wesentliches Element sein, um die Ernährungssouveränität einer Region voranzubringen.
Sie haben an unterschiedlichen Projekten mitgewirkt – wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen?
Ein sehr besonderes Projekt durfte ich in der Neckar-Alb Region begleiten. Die regionale Bio-Lebensmittelvermarktung mit Anbau, Verarbeitung und Handel hat in der Region noch eine vergleichsweise gute Struktur, steht aber durch den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel und Bio-Supermarktketten erheblich unter Druck. Drei Ehepaare, zwei Naturkosthändler und ein Biohof, haben eine gemeinsame Vision: eine Zusammenarbeit zwischen Erzeuger:innen, Lebensmittel-Handwerker:innen, Handel und Verbraucher:innen. Alle an einem Tisch, für eine gemeinsame und zukunftsfähige Lebensmittelwirtschaft in der Region Neckar-Alb. Zu diesem Zweck gründeten sie im August 2019 eine Genossenschaft: Xäls eG – Ökologische Genossenschaft Necker-Alb. Die Herausforderung bei diesem Projekt: Wie können sehr viele Verbraucher:innen eingebunden werden? Die Antwort: Information und Mitverantwortung. Aus dem neu entstandenen Wissen entwächst Engagement und der Wille, mitzugestalten. So wird das Konzept auch finanziell von Vielen mitgetragen. In der Region Necker-Alb beginnt ein Wandel stattzufinden und die Genossenschaft wächst und kann sich neben den überregionalen Biomarkt-Strukturen behaupten – ein Beispiel dafür, wie EVGs Veränderungen vorantreiben.
Vom Winde verweht! Ferntransport von Pestiziden in der Luft wissenschaftlich belegt
Der Verdacht steht schon länger im Raum, nun hat ihn eine Studie, die das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft zusammen mit dem Umweltinstitut München in Auftrag gegeben hat, eindeutig bestätigt: Pestizide sind überall in unserer Atemluft. In der Regel als Pestizid-Cocktail mit fünf bis über 30 Pestiziden. Von den in der Luft gefundenen Pestiziden sind 30 % nicht (mehr) zugelassen. Das ergab die Untersuchung von 163 Standorten in ganz Deutschland im Zeitraum von 2014 bis 2019. Die weitreichende Implikation: Die Ko-Existenz von Bio-Anbau und konventioneller Landbewirtschaftung ist grundsätzlich gefährdet. Gibt es kein entschlossenes, zeitnahes Handeln seitens der Politik, wird Bio ohne Kontamination langfristig eine Utopie.
Wichtige Pionierarbeit
Noch nie zuvor wurde in Deutschland der Pestizidgehalt der Luft so umfassend untersucht. Das alarmierende Ergebnis: An drei Viertel aller Untersuchungsstandorte konnten die WissenschaftlerInnen des Instituts TIEM (Team Integrierte Umweltüberwachung) mindestens fünf und bis über 30 Pestizide nachweisen – sowohl in der Stadt, auf dem Land und sogar in Naturschutzgebieten. Selbst auf der Spitze des Brockens in Mitten des Nationalparks Harz fanden die WissenschaftlerInnen 12 Pestizide. „Mit der Studie wurde wichtige Pionierarbeit geleistet. Sie liefert den wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Pestizide in allen Regionen Deutschlands und weit abseits der Ursprungs-Äcker nachweisbar sind“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung und Mitglied im Vorstand des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Bio in Gefahr!
Die Ergebnisse der Studie zur Pestizid-Belastung der Luft hat weitreichende Implikationen für die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft: Die Pestizide gelangen über die Luft auch auf die Äcker von Bäuerinnen und Bauern, die nach ökologischen Prinzipien arbeiten, d.h. naturverträglich und ohne den Einsatz synthetisch-chemischer Pestizide. „Immer wieder werden biologisch bewirtschaftete Äcker durch Ackergifte kontaminiert, ganze Ernten gehen so verloren“, erklärt Boris Frank, Vorsitzender des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Deshalb ruft das Bündnis die Bundesregierung auf umgehend zu handeln. Konkret fordern sie ein sofortiges Verbot der Ackergifte, die sich am stärksten verbreiten, u.a. Glyphosat, sowie eine stärkere Berücksichtigung des sogenannten Ferntransports von Pestizidwirkstoffen im europäischen Pestizid-Zulassungsverfahren. „Nur so erfüllt die Politik ihre staatliche Vorsorgepflicht gegenüber den Menschen und der Natur und ermöglicht die zukünftige Existenz und den Ausbau des von ihr selbst geforderten Öko-Landbaus. Die Ko-Existenz von ökologischem Anbau und konventioneller Landbewirtschaftung ist eine legitime Forderung und muss in Deutschland dauerhaft gewährleistet werden“, erläutert Kohlschütter.
Hier geht es zur Studie „Pestizid-Belastung der Luft“.
Weitere Informationen finden Sie zudem in der Pressemitteilung des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Ausführliche Informationen zu Methoden, Studiendesign und dem in der Studie angewendeten Citizen Science Ansatz gibt es hier zum Nachlesen.
Resilient, kooperativ und regional: Die Solidarische Landwirtschaft – ein Zukunftsmodell?
Wir brauchen eine sozial-ökologische Transformation. Denn: Die Klimakrise macht uns die Herausforderungen der jetzigen Wirtschaftsweise bewusst. Und die Pandemie-Krise verdeutlicht die menschgemachten Probleme, wie soziale und ökonomische Ungerechtigkeiten, zusätzlich. Ein Weiter so ist keine Option. Doch wie könnten Alternativen aussehen? Im Bereich Land- und Lebensmittelwirtschaft erfährt das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft einen immer größeren Zulauf. In der direkten und kooperativen Zusammenarbeit von VerbraucherInnen und ErzeugerInnen wird ein vielversprechendes Zukunftsmodell gesehen. Was zeichnet die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) aus? Welche Erkenntnisse sind übertragbar? Ein Gespräch mit Stephanie Wild vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V.:
Aktuell gibt es eine breite Diskussion darüber, wie die Weichen für eine sozial-ökologische Transformation gestellt werden können. Wie können SoLaWis dazu beitragen bzw. was kann von diesem Konzept gelernt werden?
„SoLaWis müssen als Erfahrungsräume verstanden werden. Sie zeigen, wie und vor allem das ein anderes Wirtschaften, sprich eine umweltverträgliche, kooperative Wirtschaftsweise, möglich ist. Damit demonstrieren die SoLaWis: Eine andere Art der (Land-) Wirtschaft ist nicht nur eine schöne Theorie, sondern wir können diese schon jetzt umsetzen. Das motiviert und macht all denen Mut, die mit unterschiedlichen Projekten aktiv den Wandel gestalten und vorantreiben. Außerdem machen die SoLaWis die komplexen Zusammenhänge unseres jetzigen Wirtschafts- und Agrarsystems erfahr- und damit begreifbar, z.B. erleben die Mitglieder einer SoLaWi die teils konterkarierende politische Rahmenbedingungen. Gleiches gilt für die Auswirkungen des Klimawandels. Die Mitglieder der SoLaWis erfahren unmittelbar, was z.B. Dürre mit ihrer Ernte und damit mit ihrem Speiseplan macht. Dieses Verständnis ist Voraussetzung für aktives Engagement.
Stephanie Wild, © Solidarische Landwirtschaft e.V.
Lebensmittelsicherheit dank regionaler Wertschöpfungsketten – diese und ähnliche Überschriften konnte man in letzter Zeit häufig lesen. SoLaWis stehen für regionale Wertschöpfung – doch was bedeutet das genau?
„Gerade jetzt ist Regionalität eine wesentliche Stärke für die SoLaWis. Sie sind bislang kaum von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Aktuell zeigt sich deutlich: Durch die kurzen geschlossenen Kreisläufe und das Prinzip der Selbstversorgung sind die SoLaWis widerstandsfähig, wenn äußere Systeme nicht mehr funktionieren. Sinn und Zweck der SoLaWis ist die nachhaltige und regionale Grundversorgung. D.h. wir plädieren für die Erhöhung des Selbstversorgungsgrads. Wir sind aber durchaus für Produktvielfalt und damit für den globalen Handel. So gibt es bspw. SoLaWis, die mit ähnlich organisierten Kooperativen in anderen Ländern zusammenarbeiten und von diesen Produkte wie Olivenöl und Orangen beziehen. Hier geht es darum, eine richtige Balance zu finden und ein faires Miteinander zu ermöglichen.“
VerbraucherInnen und LandwirtInnen haben sich stark voneinander entfernt. VerbraucherInnen können Herstellung und Verteilung der Lebensmittel kaum noch nachvollziehen. In den SoLaWis wird die Möglichkeit gesehen beide „Parteien“ wieder zusammenzubringen. Wie sehen Sie das?
„Durch das Konzept der SoLaWis wird eine gemeinsame Gesprächsbasis für LandwirtInnen und VerbraucherInnen geschaffen. Sie sprechen miteinander, nicht übereinander. Aktuell ist es in der Regel so, dass VerbraucherInnen über die Arbeit der LandwirtInnen nur über Dritte, sprich über Medien, erfahren. In den SoLaWis wird der direkte Informationsaustausch gefördert. Außerdem entsteht Verbindlichkeit zwischen den beiden Parteien: Die Mitglieder wollen nachvollziehen, wie die Beiträge investiert werden. Die ErzeugerInnen machen ihre Arbeit deshalb transparent – von der Aussaat bis zur Ernte. Dadurch wird der Aufwand der Lebensmittelerzeugung deutlich. SoLaWis tragen so zur Steigerung der Wertschätzung für die Arbeit der LandwirtInnen bei.“
Das Thema Ernährungssouveränität beschäftigt die Schweisfurth Stiftung schon sehr lange, gerade ist es wieder top aktuell. Welche Rolle nehmen SoLaWis hier ein?
„In den SoLaWis bestimmen die Erzeuger was angebaut wird. Oder besser gesagt: Es wird vom Boden her gedacht. Seine natürliche Beschaffenheit gibt vor, wie er bewirtschaftet wird. Im Rahmen des jetzigen Agrarsystems wird jedoch vom Produkt bzw. der Nachfrage aus gedacht und entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt. Diese sind wenig flexibel und werden den unterschiedlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Regionen oftmals nicht gerecht. Dies erschwert die Arbeit der LandwirtInnen enorm. Ein weiterer Aspekt ist, dass in den SoLaWis eine kostendeckende Erzeugung garantiert ist, d.h. die LandwirtInnen haben ausreichend finanzielle Mittel, um natur- und umweltverträglich arbeiten zu können. Dies ist in unserem jetzigen Agrarsystem leider nicht der Fall, aber definitiv eine wichtige Voraussetzung für Ernährungssouveränität.“
Was ist Solidarische Landwirtschaft?
In der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) tragen mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernteertrag erhalten. Durch den persönlichen Bezug zueinander erfahren sowohl die ErzeugerInnen als auch die VerbraucherInnen die vielfältigen Vorteile einer nicht-industriellen, marktunabhängigen Landwirtschaft (siehe https://www.solidarische-landwirtschaft.org/startseite/). In der Praxis finden sich vielfältige Konzepte der SoLaWi , die sich danach unterscheiden lassen, wer sie führt: ErzeugerInnen, (producer-led), die Gemeinschaft (community-led), ErzeugerInnen und VerbraucherInnen (producer-community partnerships) oder die Eigentümer-Gemeinschaft eines Hofes (Community-owned farms).
Resilient, kooperativ und regional: Die Solidarische Landwirtschaft – ein Zukunftsmodell?
Wir brauchen eine sozial-ökologische Transformation. Denn: Die Klimakrise macht uns die Herausforderungen der jetzigen Wirtschaftsweise bewusst. Und die Pandemie-Krise verdeutlicht die menschgemachten Probleme, wie soziale und ökonomische Ungerechtigkeiten, zusätzlich. Ein Weiter so ist keine Option. Doch wie könnten Alternativen aussehen? Im Bereich Land- und Lebensmittelwirtschaft erfährt das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft einen immer größeren Zulauf. In der direkten und kooperativen Zusammenarbeit von VerbraucherInnen und ErzeugerInnen wird ein vielversprechendes Zukunftsmodell gesehen. Was zeichnet die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) aus? Welche Erkenntnisse sind übertragbar? Ein Gespräch mit Stephanie Wild vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V.:
Aktuell gibt es eine breite Diskussion darüber, wie die Weichen für eine sozial-ökologische Transformation gestellt werden können. Wie können SoLaWis dazu beitragen bzw. was kann von diesem Konzept gelernt werden?
„SoLaWis müssen als Erfahrungsräume verstanden werden. Sie zeigen, wie und vor allem das ein anderes Wirtschaften, sprich eine umweltverträgliche, kooperative Wirtschaftsweise, möglich ist. Damit demonstrieren die SoLaWis: Eine andere Art der (Land-) Wirtschaft ist nicht nur eine schöne Theorie, sondern wir können diese schon jetzt umsetzen. Das motiviert und macht all denen Mut, die mit unterschiedlichen Projekten aktiv den Wandel gestalten und vorantreiben. Außerdem machen die SoLaWis die komplexen Zusammenhänge unseres jetzigen Wirtschafts- und Agrarsystems erfahr- und damit begreifbar, z.B. erleben die Mitglieder einer SoLaWi die teils konterkarierende politische Rahmenbedingungen. Gleiches gilt für die Auswirkungen des Klimawandels. Die Mitglieder der SoLaWis erfahren unmittelbar, was z.B. Dürre mit ihrer Ernte und damit mit ihrem Speiseplan macht. Dieses Verständnis ist Voraussetzung für aktives Engagement.

Stephanie Wild, © Solidarische Landwirtschaft e.V.
Lebensmittelsicherheit dank regionaler Wertschöpfungsketten – diese und ähnliche Überschriften konnte man in letzter Zeit häufig lesen. SoLaWis stehen für regionale Wertschöpfung – doch was bedeutet das genau?
„Gerade jetzt ist Regionalität eine wesentliche Stärke für die SoLaWis. Sie sind bislang kaum von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Aktuell zeigt sich deutlich: Durch die kurzen geschlossenen Kreisläufe und das Prinzip der Selbstversorgung sind die SoLaWis widerstandsfähig, wenn äußere Systeme nicht mehr funktionieren. Sinn und Zweck der SoLaWis ist die nachhaltige und regionale Grundversorgung. D.h. wir plädieren für die Erhöhung des Selbstversorgungsgrads. Wir sind aber durchaus für Produktvielfalt und damit für den globalen Handel. So gibt es bspw. SoLaWis, die mit ähnlich organisierten Kooperativen in anderen Ländern zusammenarbeiten und von diesen Produkte wie Olivenöl und Orangen beziehen. Hier geht es darum, eine richtige Balance zu finden und ein faires Miteinander zu ermöglichen.“
VerbraucherInnen und LandwirtInnen haben sich stark voneinander entfernt. VerbraucherInnen können Herstellung und Verteilung der Lebensmittel kaum noch nachvollziehen. In den SoLaWis wird die Möglichkeit gesehen beide „Parteien“ wieder zusammenzubringen. Wie sehen Sie das?
„Durch das Konzept der SoLaWis wird eine gemeinsame Gesprächsbasis für LandwirtInnen und VerbraucherInnen geschaffen. Sie sprechen miteinander, nicht übereinander. Aktuell ist es in der Regel so, dass VerbraucherInnen über die Arbeit der LandwirtInnen nur über Dritte, sprich über Medien, erfahren. In den SoLaWis wird der direkte Informationsaustausch gefördert. Außerdem entsteht Verbindlichkeit zwischen den beiden Parteien: Die Mitglieder wollen nachvollziehen, wie die Beiträge investiert werden. Die ErzeugerInnen machen ihre Arbeit deshalb transparent – von der Aussaat bis zur Ernte. Dadurch wird der Aufwand der Lebensmittelerzeugung deutlich. SoLaWis tragen so zur Steigerung der Wertschätzung für die Arbeit der LandwirtInnen bei.“
Das Thema Ernährungssouveränität beschäftigt die Schweisfurth Stiftung schon sehr lange, gerade ist es wieder top aktuell. Welche Rolle nehmen SoLaWis hier ein?
„In den SoLaWis bestimmen die Erzeuger was angebaut wird. Oder besser gesagt: Es wird vom Boden her gedacht. Seine natürliche Beschaffenheit gibt vor, wie er bewirtschaftet wird. Im Rahmen des jetzigen Agrarsystems wird jedoch vom Produkt bzw. der Nachfrage aus gedacht und entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt. Diese sind wenig flexibel und werden den unterschiedlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Regionen oftmals nicht gerecht. Dies erschwert die Arbeit der LandwirtInnen enorm. Ein weiterer Aspekt ist, dass in den SoLaWis eine kostendeckende Erzeugung garantiert ist, d.h. die LandwirtInnen haben ausreichend finanzielle Mittel, um natur- und umweltverträglich arbeiten zu können. Dies ist in unserem jetzigen Agrarsystem leider nicht der Fall, aber definitiv eine wichtige Voraussetzung für Ernährungssouveränität.“
Was ist Solidarische Landwirtschaft?
In der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) tragen mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernteertrag erhalten. Durch den persönlichen Bezug zueinander erfahren sowohl die ErzeugerInnen als auch die VerbraucherInnen die vielfältigen Vorteile einer nicht-industriellen, marktunabhängigen Landwirtschaft (siehe https://www.solidarische-landwirtschaft.org/startseite/). In der Praxis finden sich vielfältige Konzepte der SoLaWi , die sich danach unterscheiden lassen, wer sie führt: ErzeugerInnen, (producer-led), die Gemeinschaft (community-led), ErzeugerInnen und VerbraucherInnen (producer-community partnerships) oder die Eigentümer-Gemeinschaft eines Hofes (Community-owned farms).
Net-Mapping: Mit System zu gezielter Vernetzung in der Regionalentwicklung
„Kooperation ist die Lösung! Denn nur durch Zusammenarbeit kann den zahlreichen Herausforderungen, denen unsere Gesellschaft aktuell gegenübersteht, begegnet werden“, kommentiert Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung. Doch wie können Netzwerke effektiv gefördert und weiterentwickelt werden? Eine vielversprechende Methode dafür ist Net-Mapping – das Nachzeichnen eines Netzwerks mit allen Beteiligten. Diese systematische, wissenschaftlich fundierte Analyse im Workshop-Format leitet die Teilnehmenden dazu an Stabilität und Ausrichtung des eigenen Netzwerkes zu analysieren, mögliche Schwachstelle zu identifizieren und nächste Schritte zu erarbeiten. Die Schweisfurth Stiftung nutzt diese innovative Methode im Rahmen des Projektes WERTvoll im Raum Leipzig und Wurzener Land.
Voller Erfolg: Klarheit und Übersicht durch Net-Maps

Die Visualisierung des Netzwerks dient als Grundlage für fruchtbare Diskussionen und die Entwicklung weiterer gemeinsamer Zielsetzungen.
Die Methode des Net-Mappings hat die Schweisfurth Stiftung unter anderem erfolgreich im November 2019 mit dem Netzwerk Region in Aktion um den Sachranger Dorfladen durchgeführt. Ebenso wie das Projekt WERTvoll verfolgt es die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe, die gleichzeitig die Umwelt vor der eigenen Haustür fördern. Ziel war es, mehr Klarheit über die Strukturen des eigenen Netzwerkes sowie über die weitere gemeinsame Ausrichtung zu erhalten. „Die Methode des Net-Mappings hat uns sehr geholfen die vielfältigen Beziehungen untereinander sichtbar zu machen. Durch das Visualisieren konnten wir zentrale Akteure und potenzielle Schwachstellen im Netzwerk überraschend einfach erkennen. Der gemeinsame tiefe Blick hat uns dabei geholfen, die richtigen Stellschrauben für die Weiterentwicklung des Netzwerks zu identifizieren“, berichtet Teilnehmer und Mitinitiator Franz-Josef Mispagel begeistert.
Vom Post-It zur Netzwerkkarte: Mit einfachen Mitteln zu großen Einsichten

Zwischen den Post-Its mit den Akteuren, werden die jeweiligen Verbindungen eingezeichnet.
Bunte Post-Its, Stifte und viel Papier: Was zunächst wie eine Bastelstunde wirkt, ist in Wirklichkeit eine Denkwerkstatt, in der die Teilnehmenden das gemeinsame Netzwerk nachzeichnen. Über eine Dauer von etwa vier Stunden diskutiert die Gruppe in einem moderierten Prozess, welche Verbindungen es zwischen den einzelnen Akteuren gibt. Bereits während des Nachzeichnens des Netzwerks findet so eine intensive Beschäftigung mit dem eigenen Netzwerk statt. Die Teilnehmenden bringen ihre vielen Verbindungen meist das erste Mal zu Papier und werden sich dabei der zahlreichen Verknüpfungen bewusst, die sie eingehen und beeinflussen können. Am Ende steht eine Karte, die Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Akteuren sichtbar macht und die anschließend zur weiteren Auswertung in eine digitale Form überführt werden kann.

Das Ergebnis: Eine digitalisierte Karte, die tiefergehende Analysen zuläss
Die tiefergehende Auswertung der Diskussion sowie der digitalisierten Karte im Nachhinein dienen als Grundlage, um genauere Analysen durchzuführen und konkrete Handlungsoptionen zu entwickeln: Gibt es sogenannte „Gatekeeper“, die den Zugang zum Netzwerk und seinen Informationen kontrollieren? Wer nimmt vermittelnde Rollen zwischen Gruppen ein? Treten bestimmte Akteure als Informationssenken auf? Welche potenziellen Schwachstellen im Netzwerk sollten zukünftig gestärkt werden, um das Netzwerk resilienter zu machen?
Erste Ergebnisse der Net-Mappings aus WERTvoll werden auf der „Sustainable & Resilient Urban-Rural Partnerships – URP2020“ Konferenz in Leipzig im November 2020 einem Publikum aus internationalen Wissenschaftler*innen präsentiert.
Gemeinsam ackern: Solidarische Landwirtschaft zum 2. Mal im politischen Berlin

Julia Hartkemeyer (links) von der Solidarischen Landwirtschaft Hof Pente und Dr. Niels Kohlschütter (rechts), Vorstand der Schweisfurth Stiftung, im Gespräch über die aktuellen Herausforderungen kleinbäuerlicher Landwirtschaftskonzepte
Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) – hier ackern VerbraucherInnen und LandwirtInnen gemeinsam. Die Vorteile dabei liegen auf der Hand: Transparenz über Herkunft und Art der Erzeugung der Lebensmittel, Unabhängigkeit von Marktpreisen sowie geteiltes Risiko bei schlechter Ernte, Planungssicherheit bei Produktion und Abnahme. Doch damit es nicht bei den heute rund 260 Leuchtturmprojekten bleibt, sondern das erfolgreich in der Praxis erprobte Konzept der Solidarischen Landwirtschaft auch im ländlichen Raum Verbreitung findet, braucht es Veränderungen bei den politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn diese sind bisher zumeist auf die industrialisierte Landwirtschaft ausgerichtet und können eine kleinbäuerliche Landwirtschaft erschweren. Welche konkreten Schritte dafür notwendig sind, wurde auf dem zweiten Fachtag des Netzwerkes Solidarische Landwirtschaft diskutiert. Mit dabei: Dr. Niels Kohlschütter, Vorstand der Schweisfurth Stiftung.
Agrarpolitik muss zukunftsfähige Konzepte fördern, nicht konterkarieren
Ziel des jährlich stattfindenden Fachtages des Netzwerkes Solidarische Landwirtschaft ist es, in den Dialog mit Politik und Forschung zu treten und das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft weiter bekannt zu machen. Der Fokus wurde dieses Jahr auf zwei Fragen gelegt: Was macht den „Mehrwert“ der Solidarischen Landwirtschaft für die Gesellschaft aus? Welche politischen und institutionellen Änderungen sind notwendig, um alternative Konzepte zur industriellen Landwirtschaft zu fördern? Im Zentrum der Diskussion stand die bekannte Problematik, dass die derzeitige Agrarpolitik vor allem agrarindustrielle Betriebe begünstigt und die Verbreitung von alternativen, kleinstrukturierten Landwirtschaftsmodellen hemmt. Dies gilt auch für den Bereich Vermarktung: Für viele kleine verarbeitende Betriebe stellen bspw. die hohen Anforderungen bzgl. der Nährwertangaben einen enormen Aufwand dar, den kleinere Betriebe nicht effizient leisten können und die zudem ohne bedeutenden Mehrwert für VerbraucherInnen sind. Und auch hinsichtlich rahmenrechtlicher Vorschriften gibt es Verbesserungspotenzial, wie Julia Hartkemeyer von der Solidarischen Landwirtschaft CSA Pente berichtet: „Wir sind gerade dabei einen neuen Stall zu bauen. In diesem sollen drei Tierarten unterkommen und zudem noch ein Begegnungsort für Menschen geschaffen werden – eine richtige Innovation also. Leider ist es sehr aufwendig die Genehmigung dafür zu bekommen, da solche Sonderfälle mit Unsicherheiten bei den Behörden verbunden sind. Für flexible Lösungen muss man sich selber sehr gut bei den geltenden Regelungen auskennen.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Fachkräfteausbildung: Auch hier werden kleinstrukturierte Betriebe vernachlässigt, denn die derzeitige Ausbildung ist auf die Praktiken der industriellen Landwirtschaft ausgelegt. Nun ist die Politik gefragt, rechtliche und bürokratische Regelungen anzupassen, um so alternative und zukunftsfähige Landwirtschaftsmodelle zu fördern.
Chancengleichheit für Groß und Klein
„Das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft wird immer häufiger umgesetzt und gewinnt stetig an Bedeutung. Und die Praxis zeigt: SoLaWis können als Impulsgeber in der Region wirken und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Doch damit die Bewegung weiterwachsen kann, muss die Politik für Chancengleichheit für kleine und große Betriebe sorgen und darüber hinaus auch die Innovationskraft der kleineren Betriebe fördern anstatt sie zu behindern“, resümiert Dr. Niels Kohlschütter.
Hier geht es zur Tagungsdokumentation des 2. Fachtages.
Mitmachen: Partizipation als Grundlage für die Gestaltung der eigenen Region
In Wurzen und Lindau wurde gerade einmal mehr deutlich: Das Konzept der Mitmach-Konferenz der Schweisfurth Stiftung ist ein voller Erfolg. Immer mehr Menschen wollen selbst aktiv werden und sich für eine nachhaltige und enkeltaugliche Zukunft einsetzen. Das Credo lautet: Nicht mehr länger warten bis sich etwas in Politik und Wirtschaft ändert, sondern selbst Gestalter*in der eigenen Region werden. Die Mitmach-Konferenz befähigt dazu.
Wie gestalten wir gemeinsam die Region nachhaltig?
Diese Frage stand im Mittelpunkt der Zukunftswerkstatt in Wurzen , welche von der Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit einem transdisziplinären Projektkonsortium im Rahmen des Projektes WERTvoll organisiert wurde. Dazu wurden am 28.11.2019 Akteure aus den Bereichen Landwirtschaft, Gemeinschaftsverpflegung, Handel, Kommunikation und Kulturlandschaftsentwicklung zusammengebracht, um für einen Tag gemeinsam an Strukturen für eine nachhaltige Versorgung der Großstadt Leipzig durch ihr Umland zu erarbeiten. Ziel dabei war es, konkrete Ansätze der Zusammenarbeit zu entwickeln, welche zudem die Stadt-Land-Beziehungen stärken und Leipzig und Umgebung langfristig zu einem Leuchtturm für andere Regionen zu machen.
Mitmach-Konferenz für alle: Das Open-Source Prinzip
Was es für die Organisation und Durchführung einer Mitmach-Konferenz braucht, soll zukünftig allen Interessierten zugänglich sein. Denn nur so kann sich das vielversprechende, partizipative Veranstaltungsformat verbreiten und noch mehr Menschen dazu befähigen, Gestalter*in der eigenen Region zu werden. Deshalb erstellt die Schweisfurth Stiftung aktuell, zusammen mit WirUndJetzt e.V. , der Be the Change Stiftung und den Pioneers of Change, ein Handbuch und einen Onlinekurs, sodass Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum eigenständig eine Mitmach-Konferenz veranstalten und damit ihre Region nachhaltig prägen können. Dass das funktioniert, zeigte dieses Jahr der Verein WirUndJetzt e.V.: Für ein Wochenende verwandelten dieser am 2. und 3. November 2019 die Inselhalle in Lindau in ein Labor für die nachhaltige Gestaltung der Bodenseeregion.
Einfaches Konzept, große Wirkung
Bei einer Mitmach-Konferenz kommen für einen oder mehrere Tage Menschen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft zusammen, um darüber zu diskutieren wie Bürger*innen zur nachhaltigen Gestaltung der Region beitragen können. Es wird eine Landkarte erarbeitet, welche Initiativen es schon gibt, welche es vielleicht noch braucht und wie diese unterstützt werden können. Im Zentrum steht dabei das Mitmachen: Nach kurzen Impulsvorträgen werden gemeinsam konkrete Ideen und Umsetzungskonzepte erarbeitet. Ziel ist es, dass die Teilnehmer*innen miteinander in den Dialog treten, sich vernetzen und dadurch Veränderungen anstoßen und neue Kooperationen in die Wege leiten. Wie die beiden Veranstaltungen in Wurzen und Lindau zeigen: Das Konzept geht auf!
Mehr Informationen zu dem Projekt finden Sie hier:
mitmach-konferenz.org
wertvoll.stoffstrom.org
Citizen Science: Gemeinsam die Verbreitung von Ackergiften erforschen

Um wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu erhalten, wird eine Reihe unterschiedlicher Methoden angewandt. Dies ist nur durch das umfassende Engagement Freiwilliger möglich.
„Mir ist es wichtig, durch wissenschaftliche Methoden Aufschluss über die weitreichende Belastung der Luft mit Pestiziden zu erhalten, was ich sonst nirgends erfahre.“ So begründet Marlene Hansen ihre Entscheidung, bei der Citizen Science-Studie zur Erforschung der Pestizidbelastung der Luft mitzuwirken.
Marlene, 39 Jahre alt und von Beruf Qualitäts- und Produktmanagerin, ist eine der 130 BürgerInnen, die sich bei dem Luftgüte-Monitoring zur Pestizidbelastung beteiligt – ohne deren Mitwirken die Durchführung der Studie gar nicht erst möglich wäre. Denn von April bis Herbst 2019 werden an über 125 verschiedenen Standorten Untersuchungen mit unterschiedlichen Forschungsmethoden durchgeführt. Die Herausforderung dabei: Wie kann die fachgerechte Betreuung der vielen Standorte sichergestellt werden? – Nur durch das Engagement vieler Freiwilliger wie Marlene in Verbindung mit der professionellen Begleitung von Wissenschaftlern.
Umfassendste Pestizid-Abdrift-Studie der Bundesrepublik
Eine erste Studie (10.02.2019) kam zu dem alarmierenden Ergebnis, dass sich der Verdacht einer flächendeckenden Abdrift von Ackergiften über den Luftweg erhärtet.
Jetzt gilt es, diese These weiter wissenschaftlich zu validieren. Deshalb hat das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft eine Folgestudie in Auftrag gegeben. Diese wird von der Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit dem Umweltinstitut München und dem Forscherbüro TIEM Integrierte Umweltüberwachung GbR durchgeführt.
Um wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu erhalten, wird eine Reihe unterschiedlicher Methoden angewandt: Neben technischen Sammlern werden Baumrinden, Filtermatten aus Klimaanlagen und Bienenbrot auf Pestizid-Rückstände analysiert.
Insbesondere Letzteres ist ein wichtiger Indikator: Bienenbrot unterliegt weniger Einflüssen durch die Biene als Honig. Deshalb ist es besonders dazu geeignet, um mögliche Pestizidrückstände in Pollen zu analysieren. Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema Pestizide in der Luft.
Ackergifte kennen keine Grenzen
Übrigens: Das Bündnis gegen Ackergifte ist seit Juni diesen Jahres auch in Österreich aktiv. Der Bio-Pionier Sonnentor hat dort den Verein zur Förderung einer enkeltauglichen Umwelt in Österreich gegründet.
Wissen für die Wende
Solidarische Landwirtschaft (Solawi) ist aktueller denn je. Regionale Partnerschaften zwischen ErzeugerInnen und VerbraucherInnen bieten Antworten auf viele drängende gesellschaftliche Fragestellungen. Doch um die von LandwirtInnen und VerbraucherInnen gemeinschaftlich bewirtschafteten Felder zu bestellen, braucht es Wissen und Fertigkeiten, die oftmals fehlen. Die Schweisfurth Stiftung unterstützt deshalb zusammen mit der Margarethe Ammon Stiftung eine Gruppe Engagierter bei der Koordination und Finanzierung ihrer selbstorganisierten Gemüsebau -Ausbildung.
Mehr als nur satt werden
Das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. listet auf seiner Website aktuell über 225 exisitierende und mehr als 30 in der Gründungsphase stehende Solawis in Deutschland. Immer mehr Menschen erkennen, dass hinter der Produktion von Lebensmitteln viel mehr steckt, als nur satt zu werden: Der Umgang mit Böden, der Einsatz von Ackergiften oder die Souveränität über die Produktion der eigenen Lebensmittel – um nur einige Beispiele zu nennen. Durch Solawi werden regionale, ökologische und saisonale Lebensmittel in fairen Partnerschaften erzeugt. Es werden lokale Kreisläufe geschlossen, das Klima geschützt und der persönliche Bezug zu Lebensmitteln gestärkt.
Wissen lässt wachsen
Aber auch die Bereiche Wissensvermittlung und -erwerb spielen eine zentrale Rolle. Denn nicht bei allen Solawis arbeiten ausgebildete Fachkräfte auf den Äckern. Und doch sind sie es, die letztendlich dafür verantwortlich sind, dass die Ernte für alle reicht. Viele von ihnen sind Quereinsteigende, die sich meist autodidaktisch die Abläufe rund um Gemüseanbau und -ernte aneignen. Gleichzeitig geben sie ihr Wissen an die Mitglieder bei gemeinsamer Pflanzung, Pflege und Ernte weiter.
SolaWie? DIY!
Dass gerade für nicht Ausgebildete das systematische erlernen der wichtigen Fähigkeiten zentral ist, liegt also auf der Hand. Aus Mangel an geeigneten Ausbildungsmöglichkeiten für QuereinsteigerInnen haben sich 16 Personen der Ausbildungsgruppe im Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. dazu entschlossen, ihre Ausbildung eigenständig zu organisieren. Über die Dauer von 2,5 Jahren möchten sie in zehn viertägigen Seminaren Theorie und Praxis des ökologischen Gemüsebaus und spezifische Fragestellungen der Solawi behandeln. Die Margarethe Ammon Stiftung unterstützt sie unter der Koordination der Schweisfurth Stiftung dabei mit 5000€.
Insgesamt entsteht so die Möglichkeit einer Wissensbündelung und -vermittlung, die den Konzepten und Ideen der Solawi gerecht wird und Grundlagen für ihre Weiterentwicklung schafft. Damit wird eine Lücke geschlossen, die sich mit dem Wachsen der Solawi-Bewegung zunehmend bemerkbar macht.
Dies wird möglich durch das große Engagement der Ausbildungsgruppe und die Kooperation von
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Themen: Agrarkultur, SDG#2, Solidarische Landwirtschaft, Stadt Land Tisch
Nachhaltigkeitsforum Chiemgau übernimmt Staffelstab: Fortsetzung der Arbeit der Mitmach-Konferenz
Beim „Erfolgs-Workshop der Mitmach-Konferenz Chiemgau“ standen Austausch und Netzwerken zwischen den Akteuren im Mittelpunkt, die sich für eine enkeltaugliche Region engagieren. Von der Schweisfurth Stiftung wurde symbolisch der Staffelstab an das neu gegründete „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ übergeben. Eine gelungene Folgeveranstaltung, findet auch Schirmherr und Bürgermeister Peter Solnar.
Rund 50 Personen trafen sich Anfang April 2019 in Aschau im Chiemgau zum „Erfolgs-Workshop“. Die Veranstaltung knüpfte an die „Mitmach-Konferenz Chiemgau“ an, die die Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit regionalen Akteuren im November 2018 in Söllhuben initiiert und durchgeführt hat. In Aschau nahmen die TeilnehmerInnen die aktuellen Entwicklungen einzelner Projekte in den Fokus: In den kommenden Wochen und Monaten anstehende Aktionen und Veranstaltungen sowie geplante Kooperationen zwischen einzelnen Akteuren aus der Region wurden vertieft und konkretisiert.
Die Schirmherrschaft für den „Erfolgs-Workshop“ hatte der Bürgermeister von Aschau, Peter Solnar, übernommen. In seinem Grußwort unterstrich er, wie wichtig es ist, die vielen einzelnen Beteiligten und Aktivitäten zusammenzubringen und in eine gemeinsame Struktur zu fassen. Damit bezog er sich auf das im Januar 2019 gegründete „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“, welches zukünftig die verschiedenen Projekte, Initiativen und Unternehmen bündeln wird, die sich mit ihren vielfältigen Aktivitäten für ein enkeltaugliches Chiemgau engagieren.
Die verschiedenen Phasen vom ersten Vorbereitungsstammtisch im November 2017, über die Mitmach-Konferenz im November 2018, der Gründung vom „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ bis zum „Erfolgs-Workshop“ in Aschau veranschaulichte Matthias Middendorf, Projektleiter der Schweisfurth Stiftung, in seiner Begrüßung. Sinnbildhaft überreichte er dann den Staffelstab an die regionalen Akteure. „Es ist ein großer Erfolg,“ so Middendorf, „für uns alle, dass sich engagierte Mitmacher gefunden und organisiert haben und so die Mitverantwortung für die nachhaltige Entwicklung der Region übernehmen.“ Damit bekräftigt die Schweisfurth Stiftung, dass die Verantwortung nach der Vorbereitung und Begleitung durch die Stiftung in den vergangenen Monaten nun in den Händen der MitmacherInnen im Chiemgau liegt.
Es folgten im Verlauf des Tages insgesamt 14 Kurzvorstellungen von Projekten, Unternehmen und Initiativen. Thematisiert wurden dabei die Themen Landwirtschaft und Ernährung ebenso wie Nahversorgung und regionale Wirtschaft, Mobilität und Netzwerkarbeit. Dabei war es spannend, die Entwicklung der Projekte zu verfolgen. Seit der Mitmach-Konferenz haben mehrere Treffen vom „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ stattgefunden. Der Sachranger Dorfladen berichtete über die Auszeichnung zum „Dorfladen des Jahres“ und Landwirt Ludwig Moosmüller vom ersten Stammtisch zum Thema Humusaufbau, um nur einige Beispiele zu nennen. Neben intensiven Gesprächen an Thementischen und Informationsständen war genügend Raum für neue Projektideen, um zum Beispiel die Jugend stärker einzubeziehen. Die erfolgreiche Organisation und Durchführung des „Erfolgs-Workshops“ beweist erneut eindrucksvoll die gute Vernetzung der Akteure, wenngleich zukünftig auch weitere Personenkreise und Themenhalter aktiv einbezogen werden sollen. Die bisherige Arbeit gilt es nun weiter zu strukturieren und voranzutreiben. Hierfür trifft sich das „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ zu ihrem nächsten öffentlichen Stammtisch am Montag, den 15. April 2019 um 18:00 Uhr im „Salettl“ der Simseer Weidefleisch eG in Stephanskirchen.
Der „Erfolgs-Workshop“ wurde selbstständig vom „Nachhaltigkeitsforum Chiemgau“ organisiert und durch Gabi Toepsch moderiert. Die Gemeinde Aschau unterstützte die Veranstaltung finanziell.
Verdacht auf flächendeckende Abdrift von Ackergiften erhärtet
Alarmierende Ergebnisse: Neue Studie zeigt, dass die Ko-Existenz von biologischen und konventionellen Anbauverfahren gefährdet ist und offenbart damit, dass die Politik die staatliche Schutzverpflichtung gegenüber dem Öko-Landbau nicht einhält. Die ausführlichen Ergebnisse und weitreichenden Implikationen der Studie wurden auf der Biofach 2019 vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, das von der Schweisfurth Stiftung als Bündnispartner aktiv unterstützt wird, vorgestellt. Es ist die bisher größte Studie über die Luftverfrachtung von Ackergiften in Deutschland.
Rückstandfreies Bio – eine Utopie?
Hintergrund und Auslöser der Studie war die sogenannte „Urinale“, durchgeführt von der Bürgerinitiative Landwende von Oktober 2015 bis Januar 2016. Insgesamt 2011 Bürger*innen ließen ihren Urin auf Glyphosat untersuchen, die Hälfte der Teilnehmer*innen verzehrte überwiegend Lebensmittel aus ökologischem Anbau. In 99,6 Prozent der Proben war Glyphosat nachweisbar, dabei machte es fast keinen Unterschied, ob die Probanden sich konventionell ernährten oder nicht. Die Vermutung lag also nahe, dass sich konventionelle Ackergifte – entgegen der Auffassung der Industrie – über die Luft verbreiten und keineswegs vor ökologisch bewirtschafteten Flächen oder Biosphärenreservaten Halt machen. Dafür liefert die neue Studie nun wissenschaftliche Belege. Hier finden Sie weitere Fragen und Antworten zu Pestiziden in der Luft.
Mehr als 100 Pestizide nachgewiesen
Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft wollte mit der Baumrindenstudie, durchgeführt vom unabhängigen Institut TIEM integrierte Umweltüberwachung erstmalig die flächendeckende Verbreitung von Ackergiften durch die Luft ermitteln. Mittels eines Luftgüte-Rindenmonitorings wurde die Rinde von Bäumen an 47 Standorten deutschlandweit auf Pestizidrückstände untersucht: auch in Schutzgebieten, Bio-Anbauregionen und Innenstädten. Die Studie wies insgesamt 107 verschiedene Pestizide nach, zwei davon waren Ackergifte (DDT und Lindan), die seit Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt werden. „Ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Entscheidungen früherer Generationen sich noch lange auf die Zukunft auswirken“, kommentiert Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung und Koordinator des Bündnisses für enkeltaugliche Landwirtschaft. Am weitesten verbreitet sind laut Studie Pestizide mit hohem Dampfdruck, wie Pendimethalin und Prosulfocarb.
Glyphosat – vom Winde verweht?
Brisantes Ergebnis ist auch, dass an über der Hälfte aller untersuchten Standorte Glyphosat nachgewiesen werden konnte. Dies ist insbesondere von entscheidender Bedeutung, da die Industrie eine Verbreitung des Pflanzenschutzmittels über den Luftpfad bislang negiert. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass „eine Verbreitung über die Luft als ein möglicher Expositionspfad von Glyphosat im Hinblick auf eine allgemeine Belastung nicht plausibel ausgeschlossen werden kann.“ Genau dies jedoch haben sowohl die deutschen als auch die europäischen Behörden im Zulassungsverfahren getan.
Nun ist die Politik gefragt
Mit dieser Studie ist die Bio-Branche in Vorleistung gegangen und liefert wissenschaftliche Belege dafür, dass die Luftverfrachtung von Ackergiften existiert. Für das Bündnis ist sie als enormer Erfolg zu werten, denn die Ergebnisse verleihen ihm eine starke politische Stimme. „Die Studie macht deutlich, dass die Ko-Existenz von Bio-Anbau und konventioneller Landbewirtschaftung grundsätzlich gefährdet ist und gibt uns eine neue Grundlage, um mit der Politik in Dialog zu treten. Die Ko-Existenz der beiden Anbauformen ist eine legitime Forderung und muss in Deutschland dauerhaft gewährleistet werden“, erläutert Kohlschütter die politischen Implikationen der Studie. „So geht es nicht weiter. Es geht an die Wurzel unserer Existenz und das, was wir unter Leben verstehen, wird durch die Ackergifte angegriffen,“ mahnt auch Johannes Heimrath von der Bürgerinitiative Landwende die Brisanz der Ergebnisse an. Zwei richtungsweisende Forderungen stellt das Bündnis an die Politik: Die Revision der europaweiten Zulassungsverfahren und die Aufnahme von Glyphosat und andere in der Studie auffälligen Pestizide als festen Bestandteil der regulären Immissionsüberwachung in Deutschland.
Anschlussstudie bereits geplant
Das Bündnis für enkeltaugliche Landwirtschaft hat bereits eine Folgestudie geplant, die mit drei weiteren Forschungsmethoden die These der Verbreitung von Pestiziden über den Luftweg untersucht. Im Rahmen des Citizen Science Projektes werden Bürger*innen bis Ende Februar 2019 dazu aufgerufen, sich an einem integrierten Monitoring zu beteiligen. Neben dem Baumrindenmonitoring ist beispielsweise die Installation von technischen Sammlern geplant. Ziel dabei ist es, die Bevölkerung miteinzubeziehen und den Staat mit dieser breiten Aktion auch auf seine Schutzverpflichtung aufmerksam zu machen: Die Existenz des Öko-Landbaus muss gesichert und rückstandfreies Bio in der Zukunft gewährleistet sein können.
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Erfolgreiche Fortsetzung im Chiemgau: Mitmach-Konferenz in Söllhuben
Rund 190 TeilnehmerInnen kamen am 18. November 2018 in Söllhuben zur „Mitmach-Konferenz Chiemgau“ zusammen. Ziel war es, die unterschiedlichsten GestalterInnen der Region zu vernetzen und neue Kooperationen zu erarbeiten – das ist auf beeindruckende Art und Weise gelungen! Neben dem erfolgreichen Erfahrungsaustausch wurden ganz konkrete Ergebnisse erzielt: Ein gegründeter Humus-Stammtisch, weitere Vernetzungs- und Informationsveranstaltungen, das Weiterentwickeln von verschiedenen Genossenschaftskonzepten sowie ein geplanter Förderverein für Kindergärten auf dem Bauernhof. Am 7. April 2019 geht die Arbeit in der Region mit dem „Erfolgs-Workshop“ weiter.
Sonntag, 18. November 2018, in Söllhuben: Der Andrang im Festsaal des Gasthofes Hirzinger ist groß. Rund 190 Personen aus (Land-)Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik finden sich zur zweiten Mitmach-Konferenz der Schweisfurth Stiftung ein. Auf dem „Markt der Herausforderungen und Möglichkeiten“ präsentieren über 20 Projekte, Initiativen und Unternehmen ihre Ideen und Konzepte für eine nachhaltige Region Chiemgau. In Anlehnung an die Nachhaltigkeitsziele der UN (SDGs) wird eine bunte Vision für die Region in den Bereichen Biosphäre, Gesellschaft und Wirtschaft gezeichnet.
Tatkräftige regionale Unterstützung
Die Mitmach-Konferenz ist das Ergebnis einer intensiven Vorbereitung. Seit November 2017 organisierte ein Kernteam aus regionalen Initiativen und Einzelpersonen die Konferenz komplett ehrenamtlich. Unterstützt haben die Veranstaltung viele regionale Kooperationspartner, die Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeit – RENN.süd – und der Gewinnsparverein der Sparda Bank München e.V. Die Schweisfurth Stiftung übernahm die Projektentwicklung und koordinierte die Mitmach-Konferenz federführend mit den engagierten regionalen Akteuren. „Die einzige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen ist Kooperation“, so Dr. Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung bei der Eröffnung. Die tatkräftige Unterstützung und Mitgestaltung vieler Akteure und Einzelpersonen, würdigte auch Marianne Loferer, 2. Bürgermeisterin der Gemeinde Riedering. Es gehe nun darum, die Menschen zu erreichen, die noch nicht hier seien, so die Bürgermeisterin. Auch beim Mittagessen wurden die lokalen Initiativen sicht-, bzw. schmeckbar: Dank großzügiger Produktspenden und dem Engagement der Akteure genossen die TeilnehmerInnen überwiegend lokale und biologische Produkte.
Fragen und Herausforderungen
Herzstück der Konferenz war die Arbeit an 13 verschiedenen thematischen Arbeitstischen. Die Themen wurden dabei im Vorfeld der Mitmach-Konferenz durch die Vorbereitungsworkshops möglichst präzise formuliert. Konkrete Ergebnisse aus den vier Arbeitsphasen des ergiebigen Austausches sind unter anderem: Ein regelmäßiger Humus-Stammtisch, der im Februar 2019 starten soll, sowie das Ausarbeiten verschiedener Genossenschaftsmodelle z.B. für den Sachanger Dorfladen und die Simsseer Weidefleisch eG. Beim Projekt Bauernhofkindergärten soll ein nächster Schritt die Gründung eines Fördervereins sein und die Initiative „Chiemgau im Wandel“ führt im Nachlauf der Mitmach-Konferenz die Vernetzungsarbeit weiter. „Viele Akteure möchten im Chiemgau zusammenwirken, das ist heute deutlich geworden“, so Nicola Harder von „Chiemgau im Wandel“.
Neben der Schaffung von mehr Bewusstsein für die nachhaltige Entwicklung der Region ging es vielen Akteuren darum, künftig die Vernetzung untereinander und mit weiteren Akteuren auszubauen. „Es hat mich sehr gefreut, dass bei vielen schon lange Aktiven die Überraschung groß war, wie viele tolle neue Impulse und Anregungen an diesem Tag entstanden sind. Genau diesen Begegnungs-Raum möchten wir als Stiftung mit der Konferenz schaffen“, so Niels Kohlschütter.
Die Arbeit geht weiter
Zum Abschluss folgte eine Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Peter Solnar, 1. Bürgermeister der Gemeinde Aschau und Monika Bauer vom Lebensfeld Jaksch. Zudem konnte Sarina Gisa, vom Verein wirundjetzt e.V. am Bodensee von ihren Erfahrungen bei der ersten Mitmach-Konferenz im Mai 2017 in Ravensburg berichten. Auf dem Podium sicherte Bürgermeister Solnar zu, dass die Gemeinde Aschau den weiteren Ausbau des Netzwerks und die Sichtbarkeit der Initiativen unterstützen wird.
Im Nachgang der Mitmach-Konferenz werden einzelne Veranstaltungen der Akteure stattfinden. „Nun gilt es die entstandenen Ideen und Kooperationsmöglichkeiten weiter auszubauen“, so Matthias Middendorf, Leiter des Projekts in der Schweisfurth Stiftung. Gemeinsam mit der Stiftung wird dafür am 7. April 2019 ein „Erfolgs-Workshop“ im Chiemgau organisiert. Interessierte Personen, die bei der Organisation des „Erfolgs-Workshops“ unterstützen möchten, können sich bei der Schweisfurth Stiftung unter werkstatt@schweisfurth-stiftung.de melden.
Eine ausführlichere Ergebnisdokumentation finden Sie unter folgendem Link als PDF-Dokument zum Download:
Die Schweisfurth Stiftung hat die Absicht das Format in andere Regionen zu übertragen und freut sich über Anfragen und Angebote von Regionen und Kooperationspartnern.
Erste Impressionen von der „Mitmach-Konferenz Chiemgau“:
Einladung zur Mitmach-Konferenz im Chiemgau
„Wie versorgen wir uns in der Region nachhaltig?“ – zu dieser Frage veranstaltet die Münchner Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit zahlreichen Nachhaltigkeitsakteuren aus dem Chiemgau am 18. November 2018 in Söllhuben (Gemeinde Riedering) die zweite Mitmach-Konferenz Deutschlands. Initiativen und Engagierte aus (Land-)Wirtschaft, Politik und Verwaltung, sowie alle interessierten BürgerInnen sind eingeladen, Projekte vorzustellen. Ziel ist die Vernetzung und Mitarbeit für eine zukunftsweisende, lebenswerte, enkeltaugliche und innovative Region Chiemgau.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist nur mit einer Anmeldung im Vorfeld möglich. Die Anmeldephase ist inzwischen leider beendet.
Die Möglichkeiten zur Teilnahme an der Mitmach-Konferenz sind vielfältig: Melden Sie sich direkt als TeilnehmerIn zur Veranstaltung an. Sie können sich außerdem auch als HelferIn am Veranstaltungstag anmelden. Die Bewerbungsphase für Arbeitstische und Infostände ist bereits beendet. Die BewerberInnen werden zeitnah benachrichtigt.
Erfahrungsschatz der Region sichtbar machen
Zahlreiche regionale Initiativen, Vereine und Unternehmen engagieren sich seit Jahren unabhängig voneinander auf unterschiedliche Weise für einen sozial-ökologischen Wandel in der Region Chiemgau. Die Mitmach-Konferenz bietet all diesen MacherInnen und allen Interessierten einePlattform, um den gemeinsamen Erfahrungsschatz zu heben, neue Ideen zu sammeln, an Herausforderungen zu arbeiten und so gemeinsam noch größere Wirkung für die Region zu entfalten.
Mitmachen großgeschrieben
Projekte aus der Region, die eine Fragestellung oder aktuelle Herausforderung mit Bezug zum Konferenz-Thema haben, können sich damit im Vorfeld bei der Organisationsgruppe bewerben. Auf der Mitmach-Konferenz werden sich die Teilnehmenden mit den jeweiligen Projektverantwortlichen an Arbeitstischen austauschen und die Ideen vorantreiben. Neben diesem interaktiven Programm bietet ein großer „Markt der Möglichkeiten“ mit Infoständen eine Vorstellungsplattform für Projekte, Unternehmen oder Vereine aus der Region.
Engagement für eine nachhaltige Region
Das Besondere an der Mitmach-Konferenz ist, dass die Veranstaltung von AkteurInnen aus der Region für die Region ehrenamtlich organisiert und getragen ist. Dafür arbeitet eine bunt gemischte Gruppe aus Engagierten seit November 2017 an der Vorbereitung der Konferenz. Insgesamt waren in den letzten Monaten über 35 AkteurInnen in den Organisationsprozess eingebunden. „Es ist toll zu sehen, wie die Gruppe immer mehr zusammenwächst und die Mitmach-Konferenz nun greifbar wird und sich an den Bedürfnissen der beteiligten Menschen orientiert“, so Mitorganisator Matthias Middendorf, Projektleiter bei der Schweisfurth Stiftung. Zu den Beteiligten gehören (in alphabethischer Reihenfolge) das Büro für nachhaltige Regionalentwicklung, eine Bürger Energie Genossenschaft, Chiemgauer Regiogeld, das Forum Humane Landwirtschaft n.e.V., Lebensfeld Jaksch, Permakultur-Leben, das Projekt „Region in Aktion“, der Sachranger Dorfladen, die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) Michl-Hof, die Solawi beim Kainzlbauer KG sowie viele weitere LandwirtInnen, Projekte, Vereine, Unternehmen und engagierte Einzelpersonen. An den insgesamt acht Stammtischen und Arbeitstreffen haben zudem bereits einige PolitikerInnen und Mitglieder der Verwaltung teilgenommen.

Gruppenfoto: Ein Teil des Organisationsteams der Mitmach-Konferenz beim Vorbereitungs-Stammtisch am 01.10.2018
Erfahrene Prozessbegleiter
Moderiert und begleitet wird dieser Organisationsprozess von der Schweisfurth Stiftung, die das Konzept der Mitmach-Konferenz im Rahmen des Projekts „Stadt – Land – Tisch“ entwickelt und im vergangenen Jahr bereits in der Region Bodensee-Oberschwaben erfolgreich umgesetzt hat. Damals kamen über 150 Menschen zusammen. „Wir freuen uns auf einen weiteren intensiven Tag des Austauschs, der jeder und jedem Einzelnen die Möglichkeit bietet, neue Impulse zu geben und aufzunehmen. Diesen Tag gemeinsam mit den Menschen aus der Region für die Region vorzubereiten, ist für uns eine spannende Erfahrung“, so Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung.
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit den Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien – RENN.süd – vom Rat für Nachhaltige Entwicklung statt. Weitere Partner, Förderer und Sponsoren sind herzlich willkommen, bei Interesse wenden Sie sich bitte an werkstatt@schweisfurth-stiftung.de.
Veranstaltaungs-Programm und Flyer zum Download: hier
Veranstaltungs-Poster zum Download: hier
Pressemitteilung: hier
WERTvoll
Stark wachsende Metropolen benötigen für Wirtschaft, Verkehr und Wohnraum ständig mehr Landfläche. Sie wachsen in der Regel auf Kosten der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Umlands. Die konkreten Auswirkungen des eigenen Handelns sind dabei für BürgerInnen nur schwer erkennbar. Das will das Projekt WERTvoll anhand des Beispiels einer Modellregion ändern:
Projektziel
Das Wurzener Land (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) möchte gemeinsam mit der Stadt Leipzig in den kommenden fünf Jahren eine WERTvolle Stadt-Land-Partnerschaft gestalten. Ziel ist es, eine kooperative und sich positiv verstärkende Landnutzungsstrategie für die Region zu erarbeiten, bei der Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie jede und jeder BürgerIn einen Beitrag zu einer nachhaltigen Region im Alltag leisten kann.
Projekt-Maßnahmen
- Bio-Anbau ausweiten: Gesunde Nahrungsmittel für Leipzig und die Region.
- Wasserschutz gewährleisten: Neben „bio“ wird zusätzlich auf die Grund- bzw. Trinkwasserqualität für Leipzig und die Region geachtet.
- Ökosystemleistungen erweitern: Weitere Ökosystemleistungen wie Biodiversität oder die Renaturierung eines Gewässerabschnitts sollen gefördert werden.
Projekt-Methoden
Langfristig müssen die Aktivitäten nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch tragfähig sein. Dazu sollen regionale Wertschöpfungsketten entwickelt und etabliert werden. Die aktuelle Entwicklungssituation, sowie mögliche Szenarien auf Betriebsebene werden dafür mit landwirtschaftlichen Berechnungsprogrammen modelliert und die Erkenntnisse fließen in den von der Schweisfurth Stiftung moderierten Teilhabeprozess ein. Gemeinsam mit den Landwirten, dem Handwerk und innovativen Marktplätzen in Leipzig können so nachhaltige Wertschöpfungsketten entwickelt werden.
Ein potentieller Abnehmer der Erzeugnisse ist die Stadt Leipzig, die sich mit einem Stadtratsbeschluss für mehr Bio-Lebensmittel aus der Region in öffentlichen Einrichtungen einsetzt. Darüber hinaus sollen die Produkte auch allen BürgerInnen aus der Region zugänglich sein. Das stärkt das Bürgerbewusstsein über die Auswirkungen des eigenen Konsums und macht dies vor den Toren der Stadt erlebbar.
Die Akteure
In dem Projekt arbeiten die Kommunen (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) eng mit dem Wassergut Canitz (Leipziger Wasserwerke), dem privaten Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung (INL), der Schweisfurth Stiftung sowie dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) der Hochschule Trier zusammen.
Das BMBF fördert das Projekt im Rahmen von „Stadt-Land-Plus“. Die Fördermaßnahme ergänzt die Leitinitiative „Zukunftsstadt“ um die Perspektive der Stadt-Land-Beziehungen. Der Fokus liegt auf einem verantwortungsvollen Umgang mit Land- und Flächenressourcen.
Mehr Informationen zu Stadt-Land-Plus der Leitinitiative Zukunftsstadt finden Sie hier.
Projektname: WERTvoll
Startschuss: 2018
Status: läuft
Wirkungskreis: Raum Leipzig und Wurzener Land
Zielgruppe: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft
Maßnahmen: Entwicklung und Etablierung regionaler Wertschöpfungsketten
Ansprechpartner: Arian Gülker, Kontakt: aguelker [at] schweisfurth-stiftung.de
Gefördert durch: Bundesministerium für Bildung und Forschung/FONA
Mehr unter: https://wertvoll.stoffstrom.org/, Leitfaden „Das wertvolle Aktionsgericht“
Bio-Anbau, Gewässerschutz und Ökosystemleistungen – für eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums
Am 18. und 19. September trafen sich die Partner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts WERTvoll zur Auftaktveranstaltung im Wurzener Land bei Leipzig. Der Auftakt war geprägt durch Aufbruchstimmung und kreativen Kooperationsgeist.
Die Herausforderung
Stark wachsende Metropolen wie Leipzig benötigen für Wirtschaft, Verkehr und Wohnraum ständig mehr Landfläche. Sie wachsen also in der Regel auf Kosten der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Umlands; bisherige Ökosystemleistungen werden durch Überbauung deshalb dem regionalen Naturkapital entzogen. Auch der Stoffwechsel der Metropolen greift über die Nachfrage von Lebensmitteln, Trinkwasser und Energie (Versorgungsleistungen) auf dieses Umland direkt oder indirekt zu. Die konkreten Auswirkungen des eigenen Handelns sind dabei für BürgerInnen nur schwer erkennbar.
Das Projekt
Im Projekt WERTvoll will das Wurzener Land (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) gemeinsam mit der Stadt Leipzig in den kommenden fünf Jahren eine WERTvolle Stadt-Land-Partnerschaft gestalten. Ziel ist eine kooperative und sich positiv verstärkende Landnutzungsstrategie für die Region zu erarbeiten, bei der Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie jede und jeder BürgerIn einen Beitrag zu einer nachhaltigen Region im Alltag leisten kann.
Dabei stellen sich die Beteiligten der Herausforderung, auf den Projektflächen folgende Ziele zu vereinen:
- Bio-Anbau ausweiten: Gesunde Nahrungsmittel für Leipzig und die Region.
- Wasserschutz gewährleisten: Neben „bio“ wird zusätzlich auf die Grund- bzw. Trinkwasserqualität für Leipzig und die Region geachtet.
- Ökosystemleistungen erweitern: Weitere Ökosystemleistungen wie Biodiversität oder die Renaturierung eines Gewässerabschnitts sollen gefördert werden.
Szenario-Modellierung für langfristigen Erfolg
Das ist nur machbar, wenn die Aktivitäten langfristig nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch tragfähig sind. Dazu sollen regionale Wertschöpfungsketten entwickelt und etabliert werden. Das Besondere dabei ist, dass die aktuelle Entwicklungssituation, sowie mögliche Szenarien auf Betriebsebene mit landwirtschaftlichen Berechnungsprogrammen modelliert werden. Diese konkreten Erkenntnisse fließen in den von der Schweisfurth Stiftung moderierten Teilhabeprozess ein. Gemeinsam mit den Landwirten, dem Handwerk und innovativen Marktplätzen in Leipzig können nachhaltige Wertschöpfungsketten entwickelt werden.
Ein potentieller Abnehmer ist die Stadt Leipzig, die sich zum Beispiel mit einem Stadtratsbeschluss für mehr Bio-Lebensmittel aus der Region in öffentlichen Einrichtungen einsetzt. Darüber hinaus sollen die Produkte auch allen BürgerInnen aus der Region zugänglich sein. Das stärkt das Bürgerbewusstsein über die Auswirkungen des eigenen Konsums und macht dies vor den Toren der Stadt erlebbar. „Diese Zusammenarbeit und der Austausch zwischen Stadt und Land sind Kernanliegen der Schweisfurth Stiftung. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit den Beteiligten in den nächsten fünf Jahren und sind gespannt auf die innovativen Lösungen, die entstehen werden“, so Dr. Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung.
Die Akteure
In dem Projekt arbeiten die Kommunen (Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz und Lossatal) eng mit dem Wassergut Canitz (Leipziger Wasserwerke), dem privaten Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung (INL), der Schweisfurth Stiftung sowie dem Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) der Hochschule Trier zusammen.
Das BMBF fördert das Projekt im Rahmen von „Stadt-Land-Plus“. Die Fördermaßnahme ergänzt die Leitinitiative „Zukunftsstadt“ um die Perspektive der Stadt-Land-Beziehungen. Der Fokus liegt auf einem verantwortungsvollen Umgang mit Land- und Flächenressourcen.
Mehr Informationen zu Stadt-Land-Plus der Leitinitiative Zukunftsstadt finden Sie hier.
Der Stumme Frühling – Leopoldina-Studie zum Pflanzenschutz
„Wo einst der herrliche Gesang der Vögel erschallte, ist es merkwürdig still geworden.“
(Rachel Carson, Silent Spring)
Die Leopoldina-Studie „Der stumme Frühling“ wird ihrem Titel gerecht – sie tritt auf wissenschaftlich fundierte und praktisch orientierte Weise in die Fußstapfen von Rachel Carson. Dabei unterstreicht die Studie die Notwendigkeit eines umweltverträglichen Pflanzenschutzes in der Agrarwelt. Als Herausgeber fungiert die Leopoldina/Nationale Akademie der Wissenschaften, die die Studie im Frühjahr 2018 veröffentlicht hat. Zur Verbesserung des Pflanzenschutzes hat das Forscherteam konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt, um das gefährdete Ökosystem und unsere Lebensgrundlagen zu schützen. Die fundierten Forschungsergebnisse bestätigen den Weg der Schweisfurth Stiftung für eine ökologische Agrarkultur.
Harte Kritik an Zulassungsverfahren
Die Autoren der Leopoldina-Studie prangern die mangelnde Risikobewertung bei der Zulassung neuer Pestizide an. Drei ursprünglich zugelassene Neonikotinoide wurden beispielsweise im April 2018 verboten, weil sie sich im Nachhinein als verantwortlich für die Schwächung und den Tod zahlreicher Bienenvölker herausgestellt haben. Auch die kombinatorische Wirkung von mehreren Pestiziden – die in der landwirtschaftlichen Praxis üblich ist – wird im Zulassungsverfahren vernachlässigt. Ein solches Vorgehen beurteilt die Leopoldina zu Recht als „realitätsfern“. Auch bei den neu zugelassenen Pestiziden fordert die Leopoldina eine Phase der Nachzulassung.
Die Schweisfurth Stiftung engagiert sich im Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft ebenfalls für eine Überprüfung der Verteilung von Pestiziden in der ganzen Umwelt. Mit einer Baumrindenstudie wird erforscht, ob sich Pestizide wie Glyphosat über den Luftweg verfrachten.
Handlungsempfehlungen zu Pestizidabgaben und landwirtschaftlicher Ausbildung
Um eine umweltschonende Verwendung von Pestiziden zu fördern, schlägt die Leopoldina-Studie vor, Anreize zu schaffen. Mit einer Pestizidsteuer stünde mehr Geld für Schutzmaßnahmen und Forschung zu alternativen Pflanzenschutzkonzepten zur Verfügung. Dänemark habe bereits gute Erfahrungen mit ökonomischen Anreizen zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln gemacht. Diese Idee, an den wirtschaftlichen Strukturen der landwirtschaftlichen Produktion anzusetzen, sieht auch die Schweisfurth Stiftung als systemrelevanten Schritt in der Agrarpolitik.
Ein umfassenderes ökologisches und ökotoxikologisches Wissen muss den Landwirten vermittelt werden – und zwar vor der Anwendung der Pestizide. Dabei ist es wichtig, alle gesellschaftlichen Akteure einzubinden (Hochschulen, Berater, Agrarpolitik), damit auch Alternativen zum Einsatz kommen wie z.B. die mechanische Unkrautbekämpfung.
Umdenken für eine biodiverse Zukunft
Schädlingsbekämpfung, vereinfachte Bodenbearbeitung und ein ökonomisch wertvoller Arbeitszeitgewinn – dies versprechen sogenannte Pflanzenschutzmittel. Jedoch wurde inzwischen von verschiedenen Forscherteams bewiesen, „dass der gegenwärtige Einsatz von Pestiziden erhebliche schädliche Auswirkungen auf Ökosysteme und biologische Vielfalt hat.“ (Leopoldina-Studie 2017, 17).
Die Autoren der Studie fordern ein grundsätzliches Umdenken, da nach ihren Ergebnissen die intensive, konventionelle Landwirtschaft an ihr Ende gekommen ist. Ein integrierter und ökologischer Pflanzenbau – entwickelt im gemeinsamen Dialogprozess aller Akteure – bietet die Möglichkeit für eine umweltschonende Ertragssicherheit. Die Leopoldina-Studie skizziert einen vielversprechenden Weg hin zu einer nachhaltigen Agrarkultur.
Anmeldemöglichkeiten zur Mitmach-Konferenz Chiemgau
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist nur mit einer Anmeldung im Vorfeld möglich. Die Anmeldephase ist inzwischen leider beendet.
„Werkstatt Stadt – Land – Tisch“
Mitmach-Konferenz Chiemgau – Wie versorgen wir uns in der Region nachhaltig?
Sonntag, den 18. November 2018 von 09:00 bis 16:30 Uhr
Ort: Gasthof Hirzinger in Söllhuben
Ausführliche Beschreibung zu den Anmelde-Möglichkeiten:
1. Seien Sie TeilnehmerIn der Mitmach-Konferenz:
Sie haben die Möglichkeit sich an diesem Tag gleichzeitig über verschiedenste Aktivitäten in der Region zu informieren und können sich aktiv in die aktuellen Fragestellungen zur nachhaltigen Gestaltung der Region einbringen.
2. Werden Sie Arbeitstisch-LeiterIn:
Sie haben ein Projekt, eine Fragestellung oder eine Herausforderung, welches in Bezug zum Konferenz-Thema steht? Dann reichen Sie unten in diesem Formular Ihre Idee für einen Arbeitstisch bis zum 17.10.2018 ein. In vier 25-minütigen Tisch-Durchgängen präsentieren Sie in einer Kleingruppe Ihr Thema, kommen mit Interessierten in Kontakt und erarbeiten in der Gruppe praktische, konkrete nächste Schritte für Ihre konkrete Fragestellung und Herausforderung. Wir helfen Ihnen im Vorfeld bei der Konzeption und Methodik. Dafür findet am 08.11.2018 ein Vorbereitungs-Treffen statt.
3. Gestalten Sie einen Infostand beim „Markt der Herausforderungen und Möglichkeiten“:
Sie haben ein Projekt, einen Verein oder ein Unternehmen, dass sich für eine nachhaltige Gestaltung der Region Chiemgau engagiert? Dann bewerben Sie sich bis zum 17.10.2018 über dieses Formular. An den Infoständen besteht die Möglichkeit für Austausch und Information. Sie bekommen bis zum 01.11.2018 eine Rückmeldung, ob Sie dabei seien können.
4. Werden Sie HelferIn im Vorfeld oder am Veranstaltungstag:
Die Mitmach-Konferenz wird ehrenamtlich getragen. Von der Dekoration bis zur Organisation eines regionalen Mittagessen. Auch der Veranstaltungstag benötigt viele fleißige Hände. Unterstützung beim Aufbau, Einlass, Abbau oder Fotografieren und Filmen während der Veranstaltung. Geben Sie hier im Anmelde-Formular an, wie und in welchem Umfang Sie die Veranstaltung unterstützen möchten. Auch Spenden sind eine wertvolle Unterstützung der Mitmach-Konferenz.
Kontakt:
Schweisfurth Stiftung
Matthias Middendorf
werkstatt@schweisfurth-stiftung.de
Tel. 089 / 179595-14 oder 0157 / 79799930
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: werkstatt@schweisfurth-stiftung.de
Wenn Bauern, Ladner und Kunden über zukunftsfähige Landwirtschaft diskutieren…
…kommen viele Fragen auf den Frühstückstisch!
Ein Gastbeitrag von Anne Schweisfurth, Kuratoriumsvorsitzende der Schweisfurth Stiftung.
Vor Beginn des Bohlsener Mühlenfestes im Juni 2018 hatten geladene Gäste vier Stunden Zeit, sich darüber auszutauschen, welche Ideen und Fragen für sie persönlich hinter dem großen Begriff „enkeltaugliche“* oder „zukunftsfähige Landwirtschaft“ stecken. Bei dem Frühstücks-Workshop saßen 40 Menschen an schön gedeckten Tischen in der Remise, lernten sich erst einmal kennen und formulierten ihre Fragen zum Thema. Nach dem anschließenden Ranking der Themen und Fragen wurde in fünf wechselnden Tischgruppen angeregt diskutiert. Hier ein Auszug aus drei Debatten:
Wie muss sich Land und Landwirtschaft entwickeln, damit junge Menschen bleiben wollen? Sind große (Bio-)Betriebe per se schlecht?

Mühlenfest 2018 der Bohlsener Mühle, Fotograf: Thorsten Scherz (beide Fotos)
Diese beiden Fragen bewegten vor allem die Bäuerinnen und Bauern. Alle waren sofort bei der Sache und versuchten eine Einschätzung: Junge Menschen seien in der Regel sehr technik- und medienaffin, für sie habe Digitalisierung und Technisierung eine hohe Attraktivität, das bringe Arbeitserleichterung und mehr Freiheit, wie z.B. durch Melk-Roboter und die digital gesteuerte Feldarbeit. KritikerInnen warnen, dass hier die Gefahr liegt, Daten und Fachwissen zu monopolisieren und dass sich Bauern und Bäuerinnen von Wartungs- und Herstellerfirmen abhängig machen.**
Mir fällt dazu das Beispiel von Ceril ein, einem Jungbauern in Graubünden in der Schweiz, der nach seiner Ausbildung seinen Betrieb auf in-vitro-Fertilisation und Embryotransfer umstellte, viel investierte und von den neuen technischen Möglichkeiten überzeugt war. Auch die hohen Gewinnberechnungen lockten! Er wollte im Dorf bleiben, er wollte seinen Betrieb weiter entwickeln! Wir haben endlos diskutiert. 18 Jahre später treffen wir uns wieder und er ist Biobauer, hat eine Kükenaufzucht auf 1.200 qm Fläche und hegt und pflegt dort die kleinen Tiere. „Jetzt mache ich etwas sinnvolles“, war seine Antwort. „Das andere hat ja nicht geklappt.“ Sinn ist eben auch ein Wert.
Naturverbundenheit
Ist Naturverbundenheit ein Grund, als junger Mensch auf dem Land zu bleiben, dort hin zu ziehen, und was bedeutet das genau? Gerne in der Natur zu sein, die Natur zu beobachten, viel Wissen über die Natur zu sammeln? Einig waren wir uns darüber, dass viele Menschen weit weg sind von einem tieferen Naturverständnis oder -empfinden. Ein Schulbauernhofbesuch reicht dabei nicht aus, um Natur grundlegender zu begreifen. Das wäre jedoch unseres Erachtens Voraussetzung dafür, die Natur für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Kann vielleicht ein ökologisches Jahr mit handwerklichen Tätigkeiten für alle zu einer Lösung beitragen?
Großbetriebe
Immer größere Höfe was Fläche und Umsatz angeht?! Bauernsterben?! Keine Nachfolge?! Das sind die landwirtschaftlichen Realitäten, innerhalb derer die Bäuerinnen und Bauern handeln müssen. Realität und Zukunft!
Welche Entscheidungen aber sind zukunftsfähig? Wo ist die Messlatte?
Ein großer Betrieb kann sich arbeitssparende Technik viel eher leisten – und damit für junge Menschen attraktiv sein. Ist das zukunftsfähig?
Der Erhalt des Bodens ist eine der Grundlagen für die zukünftige Landwirtschaft: Ein großer Betrieb mit Viehhaltung kann mit anderen kooperieren und überschüssigen Hofdünger z.B. gegen Kleegras tauschen – und dabei noch die CO2-Emissionen verringern!*** Ist das zukunftsfähig?
Ich stelle mir vor: Eine Region mit wenigen großen Betrieben, allein auf weiter Flur. Ist das attraktiv für junge Menschen? Brauchen wir nicht Vielfalt? Artenvielfalt, vielfältige Hofformen, vielfältige Möglichkeiten zu arbeiten, sich zu begegnen, sich zu unterhalten?
Ist das zukunftsfähig?
Die Antworten, was enkeltauglich bzw. zukunftsfähig ist, sind nicht einfach, sind auch nicht einheitlich. Naturverständnis, miteinander sprechen und eine solidarische Haltung untereinander sind Wegweiser, mutig die Zukunft auf dem Land zu denken!
Die Schweisfurth Stiftung setzt sich für eine ökologische Landwende ein. Im Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft engagieren sie sich mit namhaften Bio-Herstellern und Bio-Händlern gegen Ackergifte, damit auch zukünftige Generationen unbelastete Lebensmittel ohne Glyphosat & Co. genießen können.
* Johannes Heimrath vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft erläutert, den Begriff habe er von Harald Welzer (vgl. ders.: Transformationsdesign – Wege in eine zukunftsfähige Moderne, München 2014)
** Vgl. Kritischer Agrarbericht 2018; Stig Tanzmann und Bernd Voß: Digitalisierung der Landwirtschaft.
*** FiBL Klimaschutz auf Biobetrieben, S. 15.
Flotte fleißige Flieger – der 1. Welt-Bienen-Tag
43.500.000.000 – so viele Honigbienen leben etwa in Deutschland. Sie erzeugen 20 % des Honigs, der bei uns verzehrt wird. Denn wir Deutschen naschen im Jahr pro Kopf ca. 1,1 kg Honig. Um den Nektar für diese Menge Honig zu sammeln, müsste eine einzige Biene über sechs Mal die Erde umfliegen – eine beeindruckende Leistung der Arbeiterbienen. Auch die Hummel, eine Wildbienenart, wird zunehmend für die Bestäubung in Gewächshäusern eingesetzt.
Damit es weiter summt und brummt
Am 20. Mai war der 1. Welt-Bienen-Tag – ein Gedenktag für diejenigen, die unsere Ernährung sichern. Denn ohne Bienen wäre unser Speiseplan mager, wie unlängst ein Supermarkt in Hannover veranschaulichte. Für einen Vormittag nahm er alle Produkte, für die die Bestäubung unerlässlich ist, aus den Regalen – ganze 60 % des Sortiments. Die Insekten, und somit auch die Bienen, sind akut bedroht: Im Zeitraum von 1989 bis 2015 sind 75 % der Insekten aus Deutschland verschwunden. Es liegt nahe, dass die Populationen durch Praktiken der intensiven Landwirtschaft stark zurückgegangen sind.
Wir alle sind gefragt
Nun macht die Politik erste zaghafte Schritte mit dem Verbot von drei Neonikotinoiden in Richtung Insektenschutz. Viele Umweltorganisationen haben ihre Forderungen an ein Aktionsprogramm Insektenschutz formuliert, Platzverweise für Bienengifte wurden ausgesprochen und viele weitere Aktionen sind geplant.
Enkeltauglich und Insektenfreundlich
Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, an dem sich auch die Schweisfurth Stiftung beteiligt, setzt sich für eine Förderung unabhängiger Forschung zu Ackergiften sowie für die Erarbeitung einer Roadmap hin zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft im Dialog mit Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft ein. „Eine enkeltaugliche Landwirtschaft kann nur im gemeinsamen Dialog entwickelt werden – für diesen setzen wir uns als Stiftung, auf der Basis unabhängiger Forschung, ein“, so Dr. Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung.
Weitere Informationen zum Bündnis und Möglichkeiten zur Unterstützung finden Sie hier.
Was bedeutet eigentlich „enkeltaugliche Landwirtschaft“?
Prof. Franz-Theo Gottwald erläutert im aktuellen Messemagazin zu den Bio-Regionalmessen die Hintergründe der Kampagne „Ackergifte? Nein Danke!“. Im ausführlichen Interview geht er auf das Konzept der enkeltauglichen Landwirtschaft ein: „Enkeltauglich muss nicht zwangsläufig exakt dem entsprechen, was heute als EU Bio oder Verbands-Bio festgezurrt ist. Es sind durchaus weitere Formen denkbar, beispielsweise Permakultur oder indigene Formen der Bewirtschaftung, wie es sie in kleinbäuerlichen Landwirtschaften auf anderen Kontinenten gibt.“ Sowohl ökologische als auch konventionelle Landwirte seien dazu aufgerufen, den Blick über den Tellerrand zu wagen und in einem sachorientierten Dialog eine zukunftsfähigen Landwirtschaft zu erarbeiten.
Der Umgang mit Böden, Pflanzen und Tieren aus ethischer Perspektive, die Mechanismen der Saatgut-Unternehmen und die Auswirkung neuer Technologien (Stichwort: Digitalisierung) auf die Landwirtschaft werden im Interview ebenfalls thematisiert.
Ist eine Koexistenz von konventioneller und Bio-Landwirtschaft möglich? Welche Herausforderungen bringt die rapide Entwicklung der Bioökonomie mit sich? Welche Rolle spielt der Verbraucher bei der Transformation der Landwirtschaft? Antworten auf diese, und weitere Fragen, lesen Sie hier:
Flüsse vor Gericht?
„Wasser verstehen“ – unter diesem Motto fand am Weltwassertag, dem 22. März 2018, das Wasser-Symposium mit dem Titel „H2O + x“ in der Schweisfurth Stiftung statt. Der Tag bot vielfältig Perspektiven aus Naturschutz, Landwirtschaft und Kunst auf das Lebenselement – im Fokus stand am Anfang der Wasserschutz. Eine sehr beeindruckende Herangehensweise an das Thema zeigte ein Vortrag zur Weltsicht indigener Völker auf Wasser und deren Wasserschutz-Bestrebungen. Zum Beispiel haben Flüsse in Neuseeland, Indien oder Ecuador in den letzten Jahren gesetzliches Klagerecht erhalten und können vor Gericht vertreten werden. In Neuseeland zum Beispiel gemeinsam von Mitgliedern des Parlaments und Repräsentanten der Maoris. Wie kam es dazu? Welche Wirkung haben die Gesetze?
Der Klimawandel und die weitreichende Umweltzerstörung sind unbestritten. Die Vereinten Nationen, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), der Club of Rome, sie alle warnen vor einer planetaren Katastrophe. Ein fundamentaler Wandel, eine Transformation des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur ist nötig, um die Grenzen des Planeten nicht zu überschreiten. Für die Vertreter der „rights of nature“ Bewegung heißt das, der Natur höchstmöglichen Schutz und höchsten gesellschaftlichen Wert zuzusprechen.
Rights of nature
Ziel ist es, der Natur weltweit juristisch einklagbare Rechte zu verleihen, diese anzuerkennen und zu verteidigen. Als Reaktion auf die enttäuschende Klimakonferenz in Kopenhagen 2009, fand 2010 in Cochabamba, Bolivien eine Klimakonferenz für die Zivilgesellschaft statt. Mehr als 32.000 Aktivisten, Wissenschaftler und Umweltschützer erarbeiteten damals die „Universelle Erklärung der Rechte der Natur“. In Ecuador und Bolivien sind solche Rechte der Natur bereits in der Verfassung verankert.
Pachamama, Mutter Erde, ist in der Verfassung Ecuadors als juristische Person anerkannt. Damit wird der Natur das Recht auf Respekt vor ihren Lebenszyklen, Strukturen, Funktionen und Entwicklungsprozessen zugesprochen. Seit 2014 ist in Ecuador die Privatisierung von Wasser verboten. Ebenso wenig kann Wasser Gegenstand einer kommerziellen Vereinbarung der nationalen Regierung mit einer anderen Regierung, eines multilateralen Abkommens oder eines privaten internationalen oder nationalen Unternehmens sein. Wasser soll ausschließlich ein öffentliches Gut sein. Das Gesetz bezieht sich auf die indigene Kosmovision, eine Weltanschauung, welche die Werte und Bräuche der Urvölker Ecuadors beschreibt. Integraler Bestandteil dieser Kosmo-Vision ist Buen Vivir.
Buen vivir als Gesellschaftsform
S.E. Jorge Jurado, ehemaliger Wasserminister von Ecuador (2008-2010), beschreibt das Konzept Buen Vivir so: „Das würdevolle oder gute Leben (Buen Vivir) ist für mich eine Gesellschaftsform, in der ich sicher bin, dass meine Bedürfnisse gedeckt sind, ohne dass dadurch Bedürfnisse anderer beeinträchtigt sind. Es bedeutet ein Leben in Einklang mit der Natur und in einer Gesellschaft, in der niemand zurückbleibt, wo genug für alle da ist und es niemandem an etwas fehlt.“
Wasser ist Teil des Naturerbes, ein Gut, das essentiell für das Leben ist und damit auch wesentlich für das würdevolle Leben gemäß dieser holistischen Kosmo-Vision. Eine Weltsicht, die auch vermehrt in ökologischen Debatten in Deutschland Einzug findet.
Wasserschutz in Deutschland
In Deutschland genießt Wasser noch keine juristischen Rechte, aber es gibt zahlreiche Verbände und NGOs, die sich für den Wasserschutz einsetzen. Die Schweisfurth Stiftung vergibt jedes Jahr den mit 20.000 Euro dotierten Wolfgang Staab-Naturschutzpreis für besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung in Fluss- und Auenlandschaften. Die Bewerbungsfrist für den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis endet zum 1. Dezember des Vorjahres.
Dialog und Forschung für eine enkeltaugliche Landwirtschaft
Ein erschreckender Verdacht erhärtet sich: Pestizide, die in der industriellen Landwirtschaft in großem Stil auf Äckern ausgebracht werden, machen nicht vor dem Feldrand halt. Sie verbreiten sich flächendeckend durch die Luft, werden eingeatmet und gelangen so direkt in unseren Körper (Urinale). Diese Forschungserkenntnisse waren Anlass für die Gründung des „Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft“, das durch Forschung und Dialog Wege hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft entwickelt. Auf der Biofach 2018, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, präsentierte sich das Bündnis bestehend aus der Bürgerinitiative Landwende, der Schweisfurth Stiftung und namhaften Bio-Herstellern und Bio-Händlern zum ersten Mal der Öffentlichkeit.
Vor mehr als 130 Interessierten erklärten die Beteiligten ihr Ziel einer enkeltauglichen Landwirtschaft, die es im Austausch mit Politik, Gesellschaft und konventioneller Landwirtschaft gemeinsam zu gestalten gilt. Die Schweisfurth Stiftung beteiligt sich als Prozessbegleiter und Brückenbauer zwischen Bündnispartnern, Wissenschaft und BürgerInnen.
Dialog mit konventioneller Landwirtschaft
Besonders wichtig ist dem Bündnis „intensiv ins Gespräch mit den konventionellen Landwirten zu kommen“, betont Stefan Voelkel, Geschäftsführer des gleichnamigen Öko-Getränkeherstellers. Gemeinsam soll im offenen Gespräch eine Roadmap entwickelt werden hin zu einer Landwirtschaft, die „die Lebensgemeinschaften auf den Äckern in ihrer ganzen komplexen Vielfalt hütet“, so Johannes Heimrath, Sprecher der Bürgerinitiative Landwende: „Dies stellt das zentrale Bemühen einer enkeltauglichen Landwirtschaft dar.“
Baumrinden-Studie untersucht Ackergifte
Die Schweisfurth Stiftung unterstützt das Bündnis insbesondere durch die Koordinierung unabhängiger Forschung. Nach der Pilotstudie „Baumrinde 2017“, bei der u. a. eine Pestizidbelastung im Englischen Garten in München festgestellt wurde, finanziert das Bündnis eine unabhängige Baumrinden-Untersuchung in Deutschland. Dabei soll dem Verdacht nachgegangen werden, dass die Verfrachtung von Pestiziden nicht am Rand konventioneller Felder haltmacht, sondern sich flächendeckend durch die Luft ausbreitet. Sollte die Vermutung einer flächendeckenden Verbreitung der Pestizide über Städte und Bio-Äcker bewiesen werden, ist das Nebeneinander von ökologischer und chemischer Landwirtschaft gefährdet.
Verantwortung für eine zukunftsfähige Landwirtschaft übernehmen
Die Bürgerinitiative Landwende hat die Kampagne „Ackergifte? Nein danke!“ ins Leben gerufen. Um den Dialog in Gesellschaft und Politik zu intensivieren, unterstützt die Schweisfurth Stiftung als Bündnispartner die Kampagne. Gemeinsam setzen sich die Akteure des Bündnisses dafür ein, dass die Landwirtschaft auch noch für unsere Enkel „taugt“. Heike Kirsten von Rapunzel fasste auf der Biofach das Anliegen der Bündnispartner zusammen: „Wir haben nur diese eine Welt: Das bedeutet höchste Verantwortung, die Erde so zu bewirtschaften, dass sie auch für nachfolgende Generationen lebenswert erhalten bleibt.“
Einladung zum Mitmachen
Das Bündnis freut sich sehr über ein Engagement weiterer Bio-Betriebe, NGOs und Privatpersonen. Als Bündnispartner gestalten Sie zusammen mit bekannten Bio-Herstellern und Bio-Händlern die Wege hin zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft. Durch Baumpatenschaften und Spenden unterstützen Sie die Studien zu zentralen Forschungsfragen und intensivieren den Dialog in der Gesellschaft.
Die ganze Palette – Biologische Vielfalt als Stärke der ökologischen Landwirtschaft
„Es geht um unsere Zukunft, nehmen wir es in die Hand“ – Mit toller Eigeninitiative organisierte eine Gruppe von Studierenden der ökologischen Agrarwissenschaften (Uni Kassel/Witzenhausen) im Dezember 2017 die 25. Witzenhäuser Konferenz. Über 185 TeilnehmerInnen diskutierten an fünf Tagen das Thema Biodiversität im Ökolandbau in kreativen Workshops und mit hochkarätigen Referenten wie beispielsweise Prof. Dr. Peter Feindt (Humboldt-Universität Berlin, Wissenschaftlicher Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen). Unterstützt wurde die Jubiläumskonferenz unter anderem durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die Schweisfurth Stiftung.
Hauptthema Diversitätsverlust
„Der Schwund der Biodiversität, der […] unberechtigterweise einen weit geringeren Stellenwert einnimmt als der Klimawandel, ist wesentlich durch die herkömmliche Art der Landbewirtschaftung verursacht. Biobetriebe könnten Vorreiter einer Landbauwende werden, Vorreiter einer Landwirtschaft, die ‚Landschaft produziert‘“, lautete das Fazit von Dr. van Elsen, Gründer der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Soziale Landwirtschaft.
Die Stabilität unserer Ökosysteme ist durch den Rückgang der biologischen Vielfalt stark bedroht. Dabei spielt die Landwirtschaft eine tragende Rolle – der Ökolandbau nimmt seine Verantwortung wahr und wirkt dem Verlust der biologischen Vielfalt mit angepassten Maßnahmen entgegen. Die Wissenschaft ist dabei gefragt, neue Ansätze (z.B. Open Source Saatgut) zu entwickeln und bestehende Projekte, z.B. mit Bezug zu den Sustainable Development Goals zu analysieren.
Philosophie und Praxis für mehr biologische Vielfalt
Dem theoretischen Einstieg in die Konferenz folgte Bodenhaftung. In Witzenhausen wurden zahlreiche Praxistipps und Forderungen für einen Wandel präsentiert:
- Wie setzen wir unseren Wunsch, die Umwelt zu schützen, in praktisches Handeln um? In dem philosophischen Eingangsvortrag „Boden und Natur bewahren“ sprach Prof. Feindt über das bewusste „Zum-Handeln-Kommen“.
- In den anschließenden Workshops „Naturschutz durch soziale Landwirtschaft“ und „Umweltbildung für Kinder und Jugendliche“ entwickelten die Teilnehmenden Strategien, mit denen die Relevanz von Boden und Natur aufgezeigt werden kann.
- An den folgenden Tagen widmeten sich die Teilnehmenden Einzelbereichen der landwirtschaftlichen Biodiversitäts-Praxis im Rahmen von Vorträgen zur Zucht von Zweinutzungshühnern, alten Nutztierrassen und vergessenen Obstsorten.
- Neben einer gelungenen Jubiläumsfeier, die exemplarisch große biologische Vielfalt im Menü anbot, lief auch der preisgekrönte Film von Wim Wenders über Sebastião Salgado „Das Salz der Erde“. Der Film regt mit seinen beeindruckenden Bildern auf ästhetisch-überzeugende Weise zum Nachdenken über die Bedeutung biologischer Vielfalt an.
Die Experten der abschließenden Podiumsdiskussion stellten an die zukünftige Regierung eine klare Forderung: Die Politik muss die biologische Landwirtschaft auf ihrem Weg unterstützen. Denn damit kann der Erhalt der Biodiversität garantiert sowie Interessen der Erzeuger, der Verbraucher und der Gesamtgesellschaft berücksichtigt werden. Unterstützung ist dafür von Seiten der Gastronomie, der Verbände und der Zivilgesellschaft gefordert.
Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft
Ein Bündnis von namenhaften Bio-Herstellern, Bio-Händlern, der Bürgerinitiative Landwende und der Schweisfurth Stiftung wollen über den heutigen Tag hinaus für gute Lebensmittel sorgen. Das Bündnis möchte, dass auch zukünftige Generationen ökologischen Landbau betreiben und unbelastete Nahrung zu sich nehmen können. Eine Anzahl der heute verwendeten Ackergifte breiten sich zunehmend und flächendeckend über das Land aus. Wenn das nicht gestoppt wird, droht die Gefahr, dass ökologische Landwirtschaft zukünftig nicht mehr möglich ist. Es ist höchste Zeit für eine echte Landwende.
Wie kann ein pragmatischer Wandel hin zu einer Landwirtschaft ohne Ackergifte funktionieren? Um Antworten auf diese Frage zu finden, hat sich das Aktionsbündnis zwei Hauptziele gesetzt:
- Förderung unabhängiger Forschung zu Ackergiften
- Erarbeitung einer Roadmap hin zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft im Dialog mit Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft
Hintergrund
Die Studie „Urinale 2015“ belegt, dass bei nahezu allen Menschen, auch bei denen, die überwiegend Bio-Produkte kaufen, Glyphosat im Körper nachgewiesen werden kann. Wie aber kommt Glyphosat in den Körper? Eine Pilotstudie 2018 zeigt mittels der Analyse von Baumrinden, dass Ackergifte weiträumig über die Luft verfrachtet werden und damit auch die Existenz der ökologischen Landwirtschaft bedrohen. Die weiträumige Verbreitung von Ackergiften über die Luft ist im Zulassungsprozess von Pestiziden in Europa jedoch bisher kaum berücksichtigt. Offene Fragen wissenschaftlich zu fundieren, den Dialog mit Entscheidungsträgern zu suchen und damit eine Änderung der Bewertungsgrundlage zu ermöglichen, das ist das Bestreben des Bündnisses.
Aktionen 2018
Für 2018 hat das Bündnis eine umfangreiche Studie zur Analyse von Baumrinden in Auftrag gegeben. Damit soll eine belastbare Grundlage für die Abschätzung der Luftverfrachtung von Ackergiften geschaffen werden. Parallel dazu lädt das Aktionsbündnis Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zum Dialog ein und informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse.
Beteiligung
Das Aktionsbündnis freut sich über Unterstützung. Privatpersonen können über die Bürgerinitiative Landwende aktiv werden. Interessierte Unternehmen können sich bei der zentralen Koordinationsstelle, der Schweisfurth Stiftung, über verschiedene Beteiligungsformen am Bündnis oder die Unterstützung der ‚Baumrinden Studie 2018’ informieren.
Werden Sie zum Beispiel Standort-Pate. Standort-Paten (Privatpersonen oder Unternehmen) beteiligen sich an der Finanzierung weiterer Standorte für die Baumrinden-Studie 2018. Dadurch wird die Aussagekraft der Studie erhöht. Gerne prüfen wir gemeinsam mit Ihnen, ob ein Standort in Ihrer Nähe möglich ist.
Die MacherInnern
Im Aktionsbündnis „Ackergifte? Nein danke!“ haben sich Bio-Hersteller und Bio-Fachhändler zusammengeschlossen, die ausschließlich auf Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft setzen und sich für eine enkeltaugliche Landwirtschaft einsetzen. Das Bündnis macht mit seinen Aktivitäten die Leistungen von Unternehmen sichtbar, die sich zu 100% bio verpflichtet haben.
Bündnispartner
Allos, basic, Bohlsener Mühle, ebl-Naturkost, Morgenland, Neumarkter Lammsbräu, Ökoland, Rapunzel, Sonnentor, St. Leonards Quelle, SuperBioMarkt, Voelkel
Förderpartner
Arche Naturprodukte, Chiemgauer Naturfleisch, Hermannsdorfer Landwerkstätten, Mauracher Bio-Hofbäckerei, Naturgut, Isana Naturfeinkost, Öma Beer, Riegel Weinimport
Initiatoren
Bürgerinitiative Landwende und basic
Projektname: Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft
Startschuss: 2018
Status: läuft
Wirkungskreis: deutschlandweit
Zielgruppe: Privatpersonen und Unternehmen
Maßnahme: unabhängige Forschung, Erarbeitung einer Roadmap
Ansprechpartner: Dr. Niels Kohlschütter, Kontakt: nkohlschuetter [at] schweisfurth-stiftung.de
Mehr unter: http://enkeltauglich.bio
Teamwork statt Höfesterben – neue Wege für die Landwirtschaft
Zum ersten Fachtag Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) hat das SoLaWi Netzwerk am 24. Januar nach Berlin eingeladen. Der Zuspruch war überwältigend: Über 160 Menschen haben sich angemeldet, der Saal in der Heinrich Böll Stiftung war voll, die Atmosphäre konzentriert und die Debatten lebhaft. Die Schweisfurth Stiftung war einer der Förderer des Fachtags.
Gemeinsam säen, gemeinsam ernten
„Die SoLaWi Landwirtschaft hat für mich Zukunft. Während immer mehr Bauern ihre Landwirtschaft aufgeben, wächst das SoLaWi Netzwerk beständig an“, erklärt Mathias von Mirbach vom Kattendorfer Hof, einer der ersten SoLaWi Landwirte in Deutschland. „Was mir früher gefehlt hat war ein Gegenüber, mit dem ich mich austauschen und gemeinsam Verantwortung übernehmen kann. Dieses Gegenüber habe ich im Rahmen der SoLaWi mit seinen Mitgliedern gefunden. Außerdem ist die Finanzierung viel nachhaltiger – wir bauen auf eine engagierte und verlässliche Community.“ Gemeinsam werden die Produktionskosten gedeckt und die Ernte geteilt. Auf dem Kattendorfer Hof kommen einmal im Jahr die Mitglieder zusammen. Die Kosten des landwirtschaftlichen Betriebs werden offen gelegt und in sogenannten „Bieterrunden“ gibt jeder solange verdeckt an, wie viel er oder sie geben will und kann, bis die Kosten gedeckt sind. Im Gegenzug erhält jeder nicht nur Anteile der Ernte, sondern auch das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft und übernimmt Verantwortung für eine enkeltaugliche Lebensmittelproduktion in seiner Region. Das ist solidarische Landwirtschaft.
Multi-Stakeholder Einbindung
Mit dem ersten SoLaWi Fachtag hat das Netzwerk ein weiteres Gegenüber gefunden – den Dialog mit Politik, Forschung und Gesellschaft. Wie wichtig dieser Austausch ist, wurde im Impulsdialog zwischen Stephanie Wild vom SoLaWi Netzwerk und Dr. Niels Kohlschütter von der Schweisfurth Stiftung deutlich. An Hand der Studie „Wie essen wir 2030?“ zeigten die beiden auf, dass eine vielfältige und regionale Landwirtschaft fördernde politische Rahmenbedingungen braucht. Zum Beispiel, dass Junglandwirten der Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen erleichtert wird und diese nicht an den meistbietenden Großinvestor vergeben werden. Prof. Franz-Theo Gottwald betonte zudem, dass Landwirte für einen erfolgreichen Einstieg Unterstützung benötigen, z.B. in Form von Beratung zu Organisationsform oder Prozessmanagement. Um das zu leisten, braucht die Politik wiederum Beispiele aus der Praxis, die alternative Wirtschaftsformen glaubwürdig vorleben und sich aktiv am politischen Diskurs beteiligen.
Die Agrarexperten von SPD (Rainer Spiering, MdB), den Grünen (Friedrich Ostendorff, MdB) und der Linken (Dr. Kirsten Tackmann MdB) zeigten sich vom Niveau der Beiträge und den Ideen aus der Zivilgesellschaft beeindruckt. Besonders ein Vorschlag von Judith Hitchman, Präsidentin URGENCI (CSA international), neue Zielindikatoren in der Agrarpolitik festzusetzen (z.B.: Wie viele Menschen können von einem Hektar Fläche ernährt werden) wurde intensiv diskutiert. Es bleibt zu hoffen, dass viele Modelle und Vorschläge aus der Zivilgesellschaft für eine nachhaltige Agrarpolitik von der nächsten Regierung aufgegriffen und unterstützt werden.
Headerfoto: ©Solidarische Landwirtschaft/Schweisfurth Stiftung
Für eine enkeltaugliche Region Bodensee-Oberschwaben
Ein Gastbeitrag von Dieter Koschek zum von der Schweisfurth Stiftung organisierten Erfolgs-Workshops der Mitmach-Konferenz der Region Bodensee-Oberschwaben
45 MacherInnen aus der Region Bodensee-Oberschwaben kamen sechs Monate nach der ersten Mitmach-Konferenz zur nachhaltigen Gestaltung der Region, organisiert von der Schweisfurth Stiftung und dem wirundjetzt e.V., in Ravensburg für ein Austauschtreffen zusammen – ein großer Erfolg!
Ziel des „Erfolgs Workshops“ war es, die Vernetzung der Aktiven dauerhaft zu stärken. Rund 20 Initiativen von Biberach bis Konstanz waren vertreten und konnten konkrete Umsetzungserfolge präsentieren:
- Der erste Humus-Stammtisch zu Fragen rund um Humusaufbau, hat auf Initiative von Wolfgang Abler (CarboCert) im September in der Region stattgefunden.
- Die Gründungsinitiative Regionalwert AG Bodensee-Oberschwaben hat den Vorvertrag mit der Regionalwert AG Freiburg abgeschlossen.
- Die Kooperation zwischen den bestehenden und in Gründung befindlichen Solidarischen Landwirtschaften konnte durch ein Beratungsangebot von David Steyer (Gärtner der Solawi Ravensburg) verdichtet werden.
Veerle Buytaert vom Klimaschutzmanagement des Gemeindeverbandes Mittleres Schussental nutzte das Treffen, um die Arbeit der mittlerweile sieben KlimaschutzmanagerInnen der Region vorzustellen, z.B. ein Film mit Tipps zum energieeffizienten Heizen und Lüften oder Rad-und Wandertouren zu vorbildlichen Klimainitiativen und Betrieben.
Danach stand das Mitmachen und Austauschen an sechs Thementischen im Zentrum:
- Der BUND Ravensburg initiiert den „Schussental-Blog“ und suchte beim Workshop nach MitdenkerInnen und MitmacherInnen. Der Blog soll täglich eine wichtige Nachricht aus der Region, die sonst zu kurz kommt oder gar untergeht, online stellen.
- In 2018 soll ein Austauschtreffen der regionalen Solidarischen Landwirtschaften stattfinden. Seit der Konferenz im Mai wurden mindestens vier neue Solawi-Initiativen bekannt, die von den Erfahrungen der bestehenden Gruppen profitieren können.
- Ein Tisch stand im Zeichen der Kooperation in der Landwirtschaft. Themen waren der Humusaufbau, Kooperation zwischen Verbrauchern und Erzeugern sowie die Verbindung von regionalen und Bio-Initiativen. Dabei wurde an eine Vermarktungsperspektive gedacht, die Waren mit diesem Prädikat an die Läden der Region verteilen. Der Landkreis Ravensburg mit seinen 370 Bio-Landwirten zur hat einen Antrag zur „Bio-Modell-Region“ in Baden-Württemberg gestellt. Ähnliche Öko-Modellregionen gibt es bereits in Hessen und Bayern.
- Ein weiteres Anliegen war es, die Kommunikation zwischen Politik und Initiativen zu stärken. Aktionen wie Baumpaten, Beteiligungen an Weihnachtmärkten, einer engen Zusammenarbeit mit Schulen und der Beteiligung bei größeren Veranstaltungen wurden mit dem anwesenden Kreisrat diskutiert.
- Am Tisch mit dem Titel „Formate 2018“ wurde über konkrete Ideen für das kommende Jahr gesprochen. Die Vorschläge reichen von einer weiteren selbstorganisierten Mitmach-Konferenz bis hin zur Wiederbelebung der ehemaligen Bio-Messe Ravensburg. In diesem Rahmen wurde auch die Regionalwert AG vorgestellt. Nach dem Beispiel der Freiburger AG soll Kapital zur Unterstützung der Ökolandwirtschaft in der Region gesammelt werden. Die Ziele: Kleine und große Höfe stärken, die Umstellung auf Bio-Anbau unterstützen und gute, regionale Lebensmittel verantwortlich erzeugen.
- Der letzte Thementisch erarbeitete ein Modell des idealen Dorfes mit Möglichkeiten für erfolgreiche Gemeinschaftsentwicklung. Viele der Ideen spiegelten sich in den Tätigkeiten der anwesenden Initiativen wider.
Das Vernetzungstreffen hat den Informationsaustausch zwischen und die Vorstellung von alten und neuen Initiativen ermöglicht. Der persönliche Kontakt zwischen den Initiatoren und Aktiven stellt einen hilfreichen Resonanzboden für den Erfolg der Wandelinitiativen in der Region Bodensee-Oberschwaben bis hin zur großen Transformation dar.
„Es war schön zu sehen, dass viele der regionalen Akteure ihre Beziehungen festigen konnten. Das gab uns das Gefühl: wow, wir gemeinsam bewegen etwas in der Region und wir haben der Welt etwas zu sagen“, so Mitorganisator Simon Neitzel von wirundjetzt e.V. im Nachgang der Veranstaltung.
Dies wurde auch durch die Unterstützer des Erfolgs-Workshops deutlich. Neben der Stadt Ravensburg, den KlimaschutzmanagerInnen, der Schweisfurth Stiftung und der Regionalen Netzstelle Nachhaltigkeitsstrategie (RENN.süd) unterstützte auch der vegane Caterer v2o die Veranstaltung.
Ein Nachbericht von Dieter Koschek (wirundjetzt e.V.). Den gesamten Beitrag finden Sie auf der Homepage von wirundjetzt e.V.
Wir kooperieren „für eine Agrarkultur, die diesen Namen wieder verdient“
Die Schweisfurth Stiftung im Interview mit Stephan Illi über die Entwicklungen im Ökolandbau, Transparenz und Kooperation als Schlüssel für die Zukunft, die Projekte wir-kooperieren und Kulturland Genossenschaft sowie Wünsche an die nächste Bundesregierung.
Herr Illi, Sie arbeiten seit 1993 mit landwirtschaftlichen Betrieben an der Umstellung und Weiterentwicklung hin zu einem ökologisch und sozial verantwortlichen Landbau. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation im Öko-Landbau ein? Befinden wir uns auf dem richtigen Weg?
Stephan Illi: Aus meiner Sicht ist ja ein Weg immer dann richtig, wenn man schaut wo er hinführt, daraus lernt und dann neu bewertet, ob das die richtige Richtung ist. Der Ökolandbau ist die nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung. Die Entwicklung ist aber die gleiche wie im konventionellen Landbau: die meisten Betriebe wachsen, spezialisieren sich, bauen Vielfalt ab und kleinere hören auf. Da im Hintergrund dieselben Marktmechanismen wirken, also z.B. Preisdruck aus internationalen Märkten, Intransparenz über die Herkunft der Waren und extreme Konkurrenz über den gesamten Wertschöpfungskreis, ist das ja irgendwie auch logisch.
Wo liegen die größten Hürden auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft?
SI: Eine große Hürde ist für mich die Intransparenz: Viele Verbraucher wissen fast nichts mehr über Landwirtschaft und lassen sich durch die schönen Bildchen der Werbung beeindrucken. Konsumenten wieder näher an die landwirtschaftliche Erzeugung heranzuführen sehe ich als eine sehr große Aufgabe von Menschen, die wirklich etwas verändern wollen. Außerdem müssen wir Kooperationsmodelle entwickeln, statt ewig an Konkurrenz zu denken. Wenn wir nicht lernen, auf allen Ebenen besser zusammenzuarbeiten, zum Wohl von Mensch und Natur, geht aus meiner Sicht die oben genannte Entwicklung einfach so weiter.
Die Schweisfurth Stiftung unterstützt seit 2014 das Projekt wir-kooperieren bei dem Sie Betriebsgemeinschaften beraten und Strategien für eine erfolgreiche Zusammenarbeit entwickeln. Wie läuft das Projekt?
SI: wir-kooperieren ist ein spannendes Projekt, weil es eine gute Grundlage für Zusammenarbeit schafft. Es ist auf die Zusammenarbeit in Betriebsgemeinschaften auf Höfen ausgerichtet, aber auch auf alle anderen Arten der Kooperation übertragbar. Besonders schön ist, dass es von Höfen gut aufgegriffen wird, und auch einige Öko-Berater damit arbeiten.
Transparenz, Verständnis und Vertrauen aufbauen, das sind drei Schlagworte aus ihrem „Werkzeugkasten“ für eine harmonische Zusammenarbeit. Wie erreichen Sie das mit Ihren Projektpartnern?
SI: Als wichtig sehe ich das Bemühen, ehrlich und gemeinsam an den genannten Punkten zu arbeiten. Transparenz herzustellen braucht einerseits technische Voraussetzungen, also z.B. für alle zugängliche Daten und Dateien und andererseits methodische Voraussetzungen: Die Gemeinschaften sollten sich regelmäßig treffen und es dabei schaffen, auch über Unangenehmeres zu reden. Wir müssen lernen uns als Menschen mit Bedürfnissen, großen Potentialen und eben auch Schwächen wahrzunehmen. Wenn diese beiden Dinge gelingen, entsteht unserer Erfahrung nach Vertrauen.
Sind Netzwerkpartnerschaften erfolgreicher als „Einzelkämpfer“?
SI: Ganz sicher nicht grundsätzlich, denn wenn viel gestritten wird, kostet das unendlich viel Kraft. Aber das Potential von gemeinschaftlich verantworteten Betrieben und Netzwerkpartnerschaften ist größer, einfach weil man sich gegenseitig stärken, beraten und unterstützen kann und, wenn das gelingt, nachhaltigere Entscheidungen trifft. Und das Zusammenarbeiten kann man zu einem guten Stück auch lernen – das ist ja die Idee hinter wir-kooperieren. Das bewusste sich Einlassen auf die Zusammenarbeit ist ein großes und sehr schönes Lernfeld, das man überall anwenden kann – sogar in der Beziehung zu seinem Lebenspartner und den Kindern.
Mit einem anderen Projekt Kulturland Genossenschaft organisieren sie Gemeinschaftseigentum an Grund und Boden für die bäuerlich geführte ökologische Landwirtschaft. Privatpersonen können z.B. für den Gegenwert von 5.000€ Genossenschaftsanteile kaufen und erwerben damit 2.000 m² Land, das wiederum von einem der neuen Höfe im Programm bewirtschaftet wird. Die Mitgliederzahl konnte im letzten Jahr verdoppelt werden, die Einlagen verdreifacht. Was ist Ihre Vision für dieses Projekt?
SI: Das Schöne an dem Projekt, bei dem die Schweisfurth Stiftung auch beteiligt ist, besteht aus meiner Sicht darin, dass ein besserer Umgang mit den explodierenden Pacht- und Bodenpreisen möglich ist, wenn sich Konsumenten und Biobauern stärker vernetzen. Bürger mit etwas Geld auf dem Konto investieren einen Teil davon in die Landsicherung für Höfe, deren Arbeit sie unterstützenswert finden. Das ist ab 500 € möglich und nach oben unbegrenzt. Dabei kann das entstehen, was ich bereits vorhin angedeutet habe: Beziehung und eine Art Partnerschaft von Bürgern mit Landwirten. Je regionaler es stattfindet, umso besser. Modelle wie dieses sollten noch sehr stark verbreitet werden: Sie dienen den Bauern und den Bürgern, denn sie sichern das Land für Höfe und sind dabei eine durchaus sichere Geldanlage.
Die gemeinsame Sicherung von Land für regional eingebundene Biobauern ist eine der wichtigen Voraussetzungen, um eine neue Agrarkultur zu ermöglichen, die diesen Namen wieder verdient.
Die Bundestagswahl liegt gerade hinter uns, welches Gesetz wünschen Sie sich von der nächsten Bundesregierung?
SI: Ich könnte da ein ganzes Bündel von Gesetzen vorschlagen, bleibe aber mal beim Thema Transparenz. Wenn wir bei allem was wir einkaufen wüssten, wo und wie es entstanden ist, könnte sich nach und nach etwas verändern. Über das Internet wäre das doch leicht möglich, man müsste eben die passenden Methoden entwickeln. Ebenso dürften keine irreführenden Angaben und unzutreffenden Bilder gemacht werden. Und weiter gedacht: Wir Bürger müssten in alle notwendigen staatlichen Informationen, abgesehen von persönlichen Daten, einblicken können. Ist es nicht absolut verrückt, wenn die europäische Zulassungsbehörde zustimmt, dass Glyphosat [Anmerkung der Redaktion: Derzeit ist der Film Roundup, der Prozess online abrufbar] aufgrund geheim gehaltener, firmeneigener Untersuchungsergebnisse von Monsanto zugelassen werden kann? Wir öffnen damit Lobbyismus und Bestechlichkeit Tür und Tor und schaffen die totale Intransparenz! Ich denke, wenn man das Thema Transparenz durch entsprechende Gesetzgebung ernsthaft angeht und zudem mehr Volksabstimmungen in Bund und EU erlaubt, entsteht mehr Mündigkeit der Bürger und die Politikverdrossenheit geht zurück.
Ergebnis dieses Vorgehens wären mit hoher Wahrscheinlichkeit bessere, regionalere und vor allem nachhaltigere Produkte. Und ein wichtiger Schritt in Richtung Sicherung einer gutenLandwirtschaft sowie nachhaltigen Ernährungskultur, welche immer mehr Konsumenten wollen. Also alles Themen, für die sich auch die Schweisfurth Stiftung mit großer Kraft einsetzt.
Vielen Dank, Herr Illi!
Stephan Illi
ist Berater für Kooperationen und Organisationsentwicklung sowie Projektleiter von wir-kooperieren.org. Der studierte Agraringenieur war sieben Jahre lang geschäftsführender Vorstand im Demeter Bundesverband in Darmstadt. Zuvor war er 13 Jahre als Geschäftsführer der Demeter Milchbauerngemeinschaft und Demeter Erzeugerberater in Bayern mit dem Schwerpunkt Umstellungsberatung tätig. Er lebt in Prien am Chiemsee.
Was hat das Schnitzel auf dem Teller mit der Qualität von Honig zu tun?
Dieser überraschende Zusammenhang wurde beim Treffen im Rahmen des Aktionsbündnisses „Ackergifte? – Nein Danke!“ im September 2017 deutlich. Vertreter des Bio-Fachhandels, der Aktion GEN-Klage und des Europäischen Berufsimkerverbandes trafen am Runden Tisch in der Schweisfurth Stiftung auf zwei Honig-Produzentinnen aus Mexiko. Die indigenen Maya Imkerinnen berichteten über ihre derzeitige Lage in Mexiko.
Seit die mexikanische Regierung 2012 die Genehmigung erteilte, unter anderem auf der Halbinsel Yucatán genetisch veränderte Soja-Monokulturen großflächig anzupflanzen, wurden riesige ehemalige Waldgebiete in Monokulturen verwandelt. Damit einher geht der Rückgang der Artenvielfalt und der intensive Einsatz des Pestizids Glyphosat. Auch die Bienen bleiben vor den Auswirkungen nicht verschont. Im Honig können seither immer wieder deutliche Rückstände von Glyphosat oder gentechnisch veränderten Pflanzen nachgewiesen werden, was auch bedeutet, dass der Honig in Europa nicht verkauft werden darf. Damit ist ein Teil des kulturellen Erbes der Maya durch den wegfallenden Markt unmittelbar bedroht.
Sojaanbau führt zu einseitigem Speiseplan für Bienen
Wenn man an Soja und Nahrung denkt, kommen vielen Menschen Produkte wie Tofu, Sojamilch oder Fleischersatzprodukte in den Sinn. Tatsächlich wird der Anbau von Gen-Soja vor allem indirekt über den Fleischkonsum gefördert. Etwa 80% der weltweiten Soja-Ernte wird als relativ günstiges Futtermittel für Nutztiere verwendet. In der EU ist der Anbau von Gen-Soja verboten, der Import jedoch erlaubt. Da die EU-Länder selbst nicht genug Futtermittel für ihre Nutztiere produzieren, werden große Mengen an Soja importiert. 80% der weltweit angebauten Sojapflanzen sind offiziell genverändert, somit auch der Großteil des Futtermittels in der EU.
Das Fazit: Höherer Fleischkonsum => mehr Bedarf an Sojafuttermittel => mehr Soja-Anbau => weniger Pflanzenauswahl für die Bienen => mehr Belastung im Honig
Was kann ich als Konsument*in tun?
Durch bewussten Fleischkonsum können wir indirekt einen Teil dazu beitragen, dass langfristig Honig in guter Qualität und ohne Glyphosat- oder Gentechnikrückstände in den Supermarktregalen zu finden ist. Bewusster Konsum bedeutet zum Beispiel weniger Fleisch, Bio-Fleisch oder Fleisch mit der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ zu essen. Damit verringert sich der Bedarf an Soja und der Anreiz Gen-Soja illegal anzubauen.
Konsequenzen kulinarischer Genüsse aus der Ferne
Es gibt guten regionalen Honig, wozu brauche ich dann Honig aus Mexiko? Die Konsequenzen exotischer Genüsse sind oft schwer zu durchschauen. Am Runden Tisch wurde an diesem Tag deutlich, dass ich mit einem bewussten Fleischkonsum sowohl meine Freude am Honig als auch die Maya-Imker in Yucatán unterstützen kann.
Die Autorin Fenja Hehl studiert Umweltbildung an der PH Weingarten und absolviert aktuell ein Praktikum in der Schweisfurth Stiftung.
Die internationale Vielfalt des Urban Gardening
„Soll ich die Bohne in meinen Hinterhof in Aleppo pflanzen oder lieber gleich meinen Hunger damit stillen, bevor sie möglicherweise später jemand schneller erntet als ich?“ Vor allem bei konkreten Projekten wurde es besonders spannend auf der von der Schweisfurth Stiftung unterstützten Internationalen Urban Farming Conference in Berlin am 11. und 12. September 2017.
177 Teilnehmende aus 30 Ländern spiegelten die Vielfalt der vertretenen Projekte wider. Marielle Dubbeling von der RUAF Foundation bezeichnete in ihrer Eröffnungsrede diese Vielfalt als Möglichkeit, um auf die unterschiedlichen Herausforderungen beim Urban Gardening individuelle Antworten zu finden.
Urbanes Gärtnern von Berlin bis Rosario
Vor Herausforderungen stehen sowohl die Projekte im globalen Süden, als auch die Teilnehmenden aus dem Norden. So beschrieben zum Beispiel die Mitglieder des Gemeinschaftsgartens Almende Kontor bei der Exkursion auf dem Tempelhofer Feld die Schwierigkeiten, die mit dem Strukturwechsel von einer „freien Gestaltung“ hin zu per Luftbild dokumentierten und nummerierten Beeten verbunden sind.
Mit ganz anderen Problemen beschäftigen sich die Projekte im globalen Süden: Am zweiten Konferenztag lag der inhaltliche Fokus darauf, welche Rolle Urban Farming hier in Krisenzeiten übernimmt, beziehungsweise inwiefern Krisen das urbane Gärtnern fördern. Dies wurde unter anderem in den Beiträgen von Javier Alejandro und Laura Bracalenti aus Rosario/Argentinien oder Zoé Beau von 15th Garden in Syrien deutlich.
Bei der Podiumsdiskussion und auch später bei der Abschlussdiskussion im Fishbowl-Format wurden inhaltliche Spannungen thematisiert, die mit dem Engagement des Nordens im Süden verbunden sein können. Zum Beispiel, wenn Studenten mit dem festen Vorsatz in den Süden reisen, dort etwas nach ihren Vorstellungen ändern zu wollen. Oder bei Projekten, die auf Grund des unterschiedlichen Materialzugangs im Norden und Süden nur bedingt übertragbar sind. Schade, dass kaum Zeit dafür blieb, mehr auf die Impulse, Fragen und Erfahrungen aus dem Publikum einzugehen.
Stadt-Land-Beziehung: eine internationale Herausforderung
Dr. Niels Kohlschütter, Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung, war mit einer interaktiven Präsentation des Stiftungs-Projekts Werkstatt Stadt – Land –Tisch vertreten. Die Werkstätten bieten Akteuren aus Stadt und Land einen Raum, um kreative Ideen, Produkte, soziale Innovationen oder das lokale Netzwerk weiterzuentwickeln. Der Fokus liegt dabei auf einer nachhaltigen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Die Gestalterinnen und Mitmacher sind unter anderem Bürger*innen der Region, Landwirt*innen und Gärtner*innen, lokale Initiativen und Projekte, Start-ups, Handwerksbetriebe rund um die Lebensmittelverarbeitung oder Teilnehmende aus Politik und Verwaltung.
Der Vortrag knüpfte thematisch an den Workshop „Vernetzung Stadt-Land“ vom Vortag an: „Spannend! Sowohl der interaktive Einstieg in die Poster-Präsentation, als auch das Projekt Werkstatt Stadt – Land –Tisch an sich“, zeigte sich Martina Kolarek von der Initiative Die Boden Schafft Berlin interessiert, während immer mehr Menschen zu der regen Diskussion dazukamen.
Die Präsentation wird auf der Homepage der Grünen Liga zum Download bereitstehen.
Begeisterte Teilnehmer bei der ersten Mitmach-Konferenz
Rund 150 TeilnehmerInnen kamen am 7. Mai 2017 in Ravensburg zur „Werkstatt Stadt-Land-Tisch: Mitmach-Konferenz zur nachhaltigen Gestaltung der Region Bodensee Oberschwaben“ der Schweisfurth Stiftung und des Vereins wirundjetzt e.V. zusammen. Ziel war es die unterschiedlichsten GestalterInnen der Region zu vernetzen und neue Kooperationen und nächste Schritte zu erarbeiten – und das ist auf beeindruckende Art und Weise gelungen! Neben dem erfolgreichen Erfahrungsaustausch gibt es ganz konkrete Ergebnisse aus der Arbeitsphase: Zum Beispiel den regelmäßigen Humus-Stammtisch in Ravensburg, geplante Solawi-Neugründungen und neue Mitgliedsunternehmen für das Projekt Bürgerkarte. Im Herbst 2017 ist zudem ein gemeinsamer Nachbereitungs-Workshop geplant. Bilder von der Veranstaltung finden Sie auf der Facebook Seite der Schweisfurth Stiftung.
Sonntag 7. Mai 2017, 10:00 Uhr in Ravensburg: Der Schwörsaal im Waaghaus ist gut gefüllt. Rund 150 Personen aus (Land-)Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft finden sich zur Mitmach-Konferenz des Vereins wirundjetzt e.V. und der Schweisfurth Stiftung ein. Auf einem belebten „Markt der Herausforderungen und Möglichkeiten“ präsentieren 24 Projekte, Initiativen und Unternehmen ihre Ideen und Konzepte für die Region vom Bodensee über Oberschwaben bis hin ins Allgäu: Über nachhaltige und alternative Landwirtschaftskonzepte wie am Gemeinschaftsstand von vier Solidarischen Landwirtschaften, das Projekt Yes! We Can Farm, Initiativen wie Foodsharing, Urban Gardening Projekte und die Gemeinwohl-Ökonomie oder ein Start-up für CO2-Zertifikate durch nachhaltigen Humus-Aufbau. Alle greifen das Themenfeld „Nachhaltig leben“ auf ihre Art und Weise auf.
Kernteam plus Schweisfurth Stiftung
Die Mitmach-Konferenz ist das Ergebnis einer langen Vorbereitung. Seit Herbst 2016 organisierte ein Kernteam aus regionalen Initiativen und Einzelpersonen rund um wirundjetzt e.V. die Konferenz komplett ehrenamtlich. Unterstützt haben die Veranstaltung viele regionale Kooperationspartner und einige Sponsoren, sowie die Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeit – RENN.süd. Die Schweisfurth Stiftung übernahm die Projektentwicklung und koordinierte die Konferenz federführend mit den regionalen Partnern.
Eröffnet wurde die Konferenz durch das Grußwort von Veerle Buytaert, Klimaschutzmanagerin des Gemeindeverbandes Mittleres Schussental und Leiterin der Stabsstelle Klimaschutz der Stadt Ravensburg. In Vertretung für den Schirmherren der Veranstaltung, Dr. Daniel Rapp, Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg, spannte Frau Buytaert den Bogen von der globalen Agenda-2030 der Vereinten Nationen, bis hin zum Engagement für den Klimaschutz in der Region Bodensee-Oberschwaben. Im nächsten Programmpunkt lernten die TeilnehmerInnen in vier Impulsvorträgen spannende und innovative Projekte aus der Region kennen: Von der Bedeutung des Bodens und der nachhaltigen Bewirtschaftung von Land durch die Kulturland Genossenschaft, über alternative Konzepte am Beispiel der solidarischen Landwirtschaft, ein neues Konzept einer Bürgeraktiengesellschaft für die Region durch die Regionalwert AG, bis hin zur regionalen Ökonomie am Beispiel des sozial-innovativen Kundenbindungsprojektes der Bürgerkarte.
Anschließend wurde in Kleingruppen an Thementischen zu aktuellen Herausforderungen im Themenfeld „Nachhaltig leben“ gearbeitet. Insgesamt 14 Initiativen und Unternehmen beteiligten sich daran. Konkrete Ergebnisse des ergiebigen Austausches sind unter anderem: ein regelmäßiger Humus-Stammtisch, mehrere geplante Solawi-Neugründungen, drei neue Mitgliedsunternehmen für das Projekt Bürgerkarte, ein Filmprojekt zum Thema Humus-Zertifikate-Handel, ein Nachbereitungs-Workshop für die Mitmach-Konferenz – und ganz nebenbei wurde die Vermarktungsfrage für ein Bruderhahn-Projekt gelöst.
Zudem wurde deutlich, dass die Vernetzung und der öffentliche Auftritt für die KlimaschutzmanagerInnen aus der Region große Vorteile bringen und ihre Arbeit vorantreibt. „Die Teilnahme an der Mitmachkonferenz hat uns fundamental gestärkt. Es hat uns ermöglicht in kurzer Zeit konkrete und gezielte Fortschritte zu machen, unser Netzwerk auszubauen und unsere Kompetenzen weiter zu entwickeln“, sagt Veerle Buytaert, Leiterin der Stabsstelle Klimaschutz der Stadt Ravensburg, nach der Konferenz.
„Es ist schön zu sehen, dass wir mit der Veranstaltung auf ein konkretes Bedürfnis der regionalen Initiativen eingehen konnten. Viele haben sich diesen Raum zum Zusammenkommen und gemeinsamen Arbeiten gewünscht“, so Matthias Middendorf, Leiter des Projekts „Werkstatt Stadt-Land-Tisch“ der Schweisfurth Stiftung. Eine positive Bilanz zieht auch Simon Neitzel, Vorstand von wirundjetzt e.V., der die Veranstaltung gemeinsam mit Matthias Middendorf organisiert hat: „Die vielen Projekte sind bekannter und glaubwürdiger geworden. Es konnte eine Begegnung auf Augenhöhe stattfinden. Einige haben neue Kooperationspartner gefunden und alle Projekte haben bessere Voraussetzungen für die Zukunft“.
Im Nachgang der Mitmach-Konferenz finden verschiedene Informationsveranstaltungen, Workshops, Fortbildungen, Stammtische, Aktionen und Beratungstreffen der teilnehmenden Initiativen statt. Alle Termine und AnsprechpartnerInnen werden fortlaufend über die Homepage von wirundjetzt e.V. kommuniziert und an alle TeilnehmerInnen per E-Mail geschickt. „Nun gilt es die entstandenen Ideen und Kooperationsmöglichkeiten weiter voranzutreiben“, so Matthias Middendorf. Dafür ist im Herbst ein gemeinsamer Nachbereitungs-Workshop für die LeiterInnen der Thementische und weitere interessierte Personen geplant.
Die Schweisfurth Stiftung wird das Format in andere Regionen übertragen und freut sich über Anfragen und Angebote von Regionen und Kooperationspartnern.
Land, Landschaft, Landwirtschaft 2071
Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Hubert Wiggering und Dr. Dietmar Schallwich, Universität Potsdam
2017 – 2071! Nicht nur ein Zahlendreher, sondern zwei Blickrichtungen, nach vorne und zurück. Wie gehen wir heute und wie werden wir im Jahre 2071 mit unserem Land, mit unserer Landschaft umgehen? Gewiss ist, dass auch 2071 die Landwirtschaft noch die vorrangige Flächennutzerin sein wird. Aber welche Landwirtschaft wird das sein? Diese Debatte erhitzt bereits heute die wissenschaftliche Diskussion wie auch die landwirtschaftliche Praxis und die Politik. Gerade letztere müsste dabei aufzeigen, wo es langgehen soll und damit gegebenenfalls Wahrheiten aussprechen, die auch mal wehtun können. Der zunehmend industriell ausgerichteten Landwirtschaft steht eine eher kleinstrukturierte, auf familiären Betrieben fußende Landwirtschaft entgegen. Der Fachbegriff würde Agrikultur lauten, ein besonders treffender Begriff, da er die Kultur gleich mit umfasst. Geht diese Kultur bei der industriellen Landwirtschaft verloren?
Zudem wird nicht ganz ohne Grund behauptet, dass die Landwirtschaft auch vollständig auf den Ökolandbau umgestellt werden und immer noch eine wachsende Erdbevölkerung ernähren könnte.
Wo müssen wir umdenken?
Wenn wir etwa über zu wenig Anbaufläche sprechen, implizieren wir immer, dass wir bei unseren jetzigen Ernährungsgewohnheiten bleiben und die Fläche dabei vor allem für den Anbau von Futtermitteln benötigen. Aber Verhaltensänderungen und Lebensstile sind für den einzelnen Menschen und für die Politik gleichermaßen ein schwieriges Thema.
Auch kommen die verschiedenen Facetten der urbanen landwirtschaftlichen Produktion, vom Gärtnern bis zum wirklichen Landwirtschaften, auf den innerstädtischen Flächen und vor allem vertikal, auf dem Balkon oder an der Hauswand. Diese Entwicklung ist nicht zu unterschätzen. Gleichwohl werden größere Mengen an Getreide und anderen Feldfrüchten auch künftig in der Fläche, im ländlichen Raum produziert werden.
Dabei geht es auch immer wieder um die zukünftige Entwicklung der ländlichen Räume, um Kulturlandschaften – eine besondere Verantwortung nicht nur der Land-, sondern auch der Stadtbevölkerung!
Landwirtschaft 4.0 – die Digitalisierung ist nicht mehr wegzudenken
Über allem liegt die Diskussion um die fortschreitende Digitalisierung, die die Landwirtschaft ganz besonders (be-)trifft. In der Landwirtschaft 4.0. steuert der Landwirt über eine entsprechende Netzinfrastruktur den gesamten Produktionsprozess mittels seines Tablets oder Smartphones – ein cyberphysisches System also, kurz CPS. Das sind komplexe Softwaremodule, die mit Sensoren und Geräten vernetzt sind und kontinuierlich große Datenmengen aus allen möglichen Prozesssegmenten erfassen, auswerten und dabei verdichten und mit örtlichen Geodaten verschneiden, sprich veredeln. Am Ende stehen keine Rohdaten, sondern Smart Data, die in Echtzeit über meist drahtlose Kommunikationseinrichtungen ins globale Netz eingespeist und für die weiteren Entscheidungs- und Steuerungsprozesse zur Verfügung gestellt werden, welche ihrerseits mehr und mehr autonom, also ohne Eingriff des Menschen, ablaufen. Das passiert dann alles nicht mehr im ländlichen Betrieb, sondern irgendwo in der sogenannten Cloud.
Der Beruf Landwirt im klassischen Sinne hat sich dieser digitalen Entwicklung – im Jahr 2071 – längst angepasst. Die Landwirtschaft teilt sich in terrestrische, aquatische und vielleicht auch schon extraterrestrische Landwirtschaft auf, jeweils horizontal und vertikal gegliedert. Die Entscheidungen bezüglich der Produktion werden im Detail nicht mehr vom Management des jeweiligen landwirtschaftlichen Industriebetriebes getroffen, sie werden in Form einer „erweiterten Realität“ (augmented reality) über ein „Agrotablet“ an die Agronomen übermittelt und allenfalls noch mit einem OK quittiert, wenn nicht übergeordnete strategische Interessen etwas anderes vorgeben. Aus der Vielzahl und Vielfalt der Daten (Big Data) zu betriebsspezifischen Rahmenbedingungen, konkreten Standortgegebenheiten und aktuellem jahreszeitlichen Wetterverlauf sind präzise Handlungsempfehlungen geworden, in die auch bereits hochgerechnete Marktanalysen und mögliche konkurrierende Nutzungsinteressen eingeflossen sind. Der Landwirt als Produzent und Vermarkter muss sich darum nicht mehr kümmern, sondern verfolgt sie allenfalls aus Interesse. Im Jahr 2017 mag es uns etwas eigenartig anmuten, dass so ein Agrotablet unaufgefordert mit dem Landwirt Kontakt aufnimmt und Veränderungen über den Zustand der landwirtschaftlich genutzten Flächen, Produktionstürme oder Aquakulturen und die entsprechenden Reaktionen und Maßnahmen darauf nur noch mitteilt, aber 2071 wundert sich darüber niemand mehr. Die Landwirtschaft hat sich mit allem, was dazu gehört, auf die Digitalisierung eingelassen. Die Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette – ausgehend von der Primärproduktion, bis in alle Facetten der Veredelung – sind in Echtzeit verfolgbar.
Flächennutzung im Jahr 2071
Bereits Landwirtschaft 4.0, insbesondere aber Landwirtschaft 7.0 basiert auf einer in sich konsistenten landwirtschaftlichen Infrastruktur. Um die Stadt herum werden ringförmig Felder zum Anbau von Pflanzen als Energielieferanten angelegt, die die primäre Aufgabe haben, die aus neuartigen Abwassersystemen gewonnenen „Schlämme“ zu reinigen und als Ressource nutzbar zu machen. Von dort aus werden Energierohstoffe etwa in Form von Biogas zurück in die Stadt geführt. Gärreste wie konzentrierte Biogasgülle werden durch Umkehrosmose ausgefiltert und fließen als Nährstoffe ins weitere Umland, wo im nächsten Ring vor allem jenes Gemüse angebaut wird, das nicht für die Kultivierung in den vertikalen Produktionstürmen oder auf den Dachgärten und Freiflächen in der Stadt geeignet ist. Diesem Ring schließt sich ein weiterer mit klassischer, flächenbezogener Landwirtschaft an. Die Produktionsschwerpunkte passen sich dabei den lokalen natürlichen Gegebenheiten an, d. h. auf besseren Böden wird Ackerbau (ohne Tierhaltung) betrieben, gefolgt von Grünlandgebieten mit Tierbestand. Eine solche Entwicklung ist nicht nur bis 2071 denkbar, sondern wir sind mancherorts schon heute auf dem Weg dahin.
Digitale Technik erhöht dabei zweifelsohne die Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft, gewährleistet eine stärker umweltschonende Produktion und gleichzeitig eine bessere Qualität der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Umweltprobleme von heute wird es nicht mehr geben, vielleicht oder sicherlich dafür neue. Skandale um Lebensmittel- und Versorgungssicherheit werden auch ganz anders aussehen. Wie? Es wird immer stärker um Sabotage und Eingriffe in die Systemabläufe gehen; terroristische Anschläge, seien sie politisch oder kommerziell motiviert, erobern eine neue Aktionsebene – der neue Begriff ist Cyberkriminalität.
Was passiert mit den kleinbäuerlichen Strukturen?
Landwirtschaft 4.0 und Smart Farming findet oft schon in den Hinterhöfen der Wohnsiedlungen statt, aber auch draußen auf dem Bauernhof und auf dem Acker. Die Landwirtschaft wird im Zuge der Digitalisierung durch eine Reihe von Intensivierungs- und Modernisierungsprozessen zu einer industriellen Wirtschaftsform. Es wird für Produzenten wie Konsumenten teilweise schwer zu akzeptieren sein, was da bereits passiert und noch passieren wird.
Die Pflege der bäuerlichen Kulturlandschaft wird allenthalben gleichgesetzt mit dem Erhalt der kleinbäuerlichen Struktur aus vielen kleinen familiären Betrieben. Diese können jedoch in dem System Landwirtschaft 4.0 kaum noch bestehen, es sei denn, sie finden immer wieder Nischen für sich. Wird es auch eine Rückbesinnung auf die traditionelle bäuerliche Landwirtschaft geben? Vielleicht ist ein Nebeneinander die Lösung dieses Konfliktes: Neben den klassischen familiären Betrieben bekennt sich die Landwirtschaft dazu, ein Industriezweig zu sein, der höchst innovativ auf den Märkten mitmischt, regional und global, im Jahr 2071.
All dies sind Facetten der Diskussion um die zukünftige Landwirtschaft, die in dem Buch „Land, Landschaft, Landwirtschaft 2071“ aufgegriffen und in einer Erzählung miteinander verwoben werden, auch um die jeweiligen Zusammenhänge und Wechselbeziehungen aufzuzeigen. Manchmal geschieht dies subtil, manchmal provokativ, manchmal auch im Detail analysierend, und immer können Sie sich Ihr Urteil daraus ableiten. In der Erzählung helfen Ihnen dabei Personen, die als Politiker, Wissenschaftler, Berater, Landwirte, Lebensmittelhändler oder einfach als Privatpersonen auftreten. Letztlich müssen wir uns in der Realität aber unabhängig vom Urteil der fiktiven Personen entscheiden, welche Landwirtschaft wir zukünftig wollen. Denn Kühe können auch im 37. Stockwerk eines landwirtschaftlichen Produktionsturmes nach allen vorgeschriebenen Regeln als Nutztiere gehalten werden, wegen oder trotz aller Diskussion um das Tierwohl. Am Ende des Tages müssen aber Sie entscheiden, ob Sie das wollen oder nicht.
„Weiter wie bisher ist keine Option!“ hieß es bereits im letzten Weltagrarbericht der Vereinten Nationen.
Das Buch zeigt auf, wie vielschichtig die Überlegungen zur Landwirtschaft und zur zukünftigen Produktion von Nahrungsmitteln sind. Auch wenn wir uns oft selbst im Wege stehen, gibt es immer Lösungen. Und wir werden in die Verantwortung genommen. Das gilt gleichermaßen für die Landwirte als Primärproduzenten, für die Veredelungsindustrie wie für uns alle als Konsumenten. Dies gilt aber auch für die Wissenschaftler, die vielen Berater und die Politiker, die zukünftig einfach nur die richtigen Entscheidungen treffen müssen. Bereits heute lässt sich erahnen, wie schwierig dies auch im Jahre 2071 sein wird, wenn die Landwirtschaft und die Welt sich dramatisch verändert haben werden.
Das Buch „Land, Landschaft, Landwirtschaft 2071“ wurde im Rahmen der von der Schweisfurth Stiftung herausgegebenen Buchreihe „Agrarkultur im 21. Jahrhundert“ gefördert. Es ist 2017 im metropolis Verlag erschienen und hier erhältlich.
Gemeinsam für eine lebenswerte und nachhaltige Region Bodensee
Die erste Mitmach-Konferenz des Ravensburger Vereins wirundjetzt e.V. und der Münchner Schweisfurth Stiftung, lädt Initiativen und Engagierte aus Zivilgesellschaft, (Land-) Wirtschaft, Politik und Verwaltung, sowie alle interessierte Bürgerinnen und Bürger am 7. Mai nach Ravensburg zur Vernetzung und Mitarbeit für eine zukunftsweisende, lebenswerte und nachhaltige Region Bodensee-Oberschwaben ein.
Zahlreiche regionale Initiativen, Vereine und Unternehmen engagieren sich seit Jahren unabhängig voneinander auf unterschiedliche Weise für einen sozial-ökologischen Wandel. Die Mitmach-Konferenz bietet allen Akteuren einen Raum und die Plattform, um den gemeinsamen Erfahrungsschatz zu heben, neue Ideen zu sammeln, an Herausforderungen zu arbeiten und so gemeinsam noch höhere Wirkung für die Region zu entfalten.
Impulsvorträge und Erfahrungsaustausch
Mehr als 100 Aktive aus Zivilgesellschaft, (Land-)Wirtschaft, Politik und Verwaltung kommen am 7. Mai von 10:00-18:00 Uhr in Ravensburg zur „Mitmach-Konferenz zur nachhaltigen Gestaltung der Region Bodensee-Obrschwaben“ zusammen. In vier Impulsvorträgen erhalten die Teilnehmenden Einblicke in die regionalen Projekte Kulturland Genossenschaft, Solidarische Landwirtschaft Ravensburg e.V., Initiative für eine Regionalwert AG und das Projekt Bürgertaler. Der Nachmittag steht ganz unter dem Motto Mitmachen. An Thementischen sollen die Herausforderungen, Zukunftsvisionen und Möglichkeiten zur Einbindung von BürgerInnen diskutiert werden. „Wir möchten diese einmalige Gelegenheit nutzen, um mit Kollegen, Freunden und interessierten BürgerInnen über vielversprechende Projekte zu diskutieren und neue Ideen zu sammeln“, sagt Simon Neitzel vom wirundjetzt e.V. Mit dabei sein werden Vertreter von: Bürgerkarte, yes we can farm, ReWiG Allgäu eG, weiteren solidarischen Landwirtschaften aus der Region, sowie diverse Vertreter von Nachhaltigkeitsakteuren, Vereinen und Verbänden. Die Schirmherrschaft hat Dr. Daniel Rapp – Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg inne.
Das Projekt Stadt-Land-Tisch
Mitorganisator Matthias Middendorf, Projektleiter bei der Schweisfurth Stiftung, zum Hintergrund: „Die Idee zur Konferenz entstand bei einem Weiterbildungsseminar. Im Gespräch mit Aktiven wurde deutlich, dass es großen Bedarf an Vernetzung und Austausch zwischen den vielen erfolgreichen Projekten in der Region gibt. Unser Ziel ist es, Synergien aufzudecken, neue Kooperationen zu initiieren und das Schwarmwissen aller Teilnehmenden zu nutzen“.
Die Konferenz ist bereits das vierte Veranstaltung der Reihe „Werkstatt Stadt – Land –Tisch“ der Schweisfurth Stiftung. Im Frühjahr fanden bereits Workshop-Formate in Ulm, Freiburg und Altheim statt. Weitere Termine sind in Planung. Der Name Stadt-Land-Tisch ist dabei Programm: Es gilt Menschen aus der Stadt und vom Land an einen Tisch zu bringen, neue Perspektiven zu entdecken und gemeinsam konkrete Lösungsschritte für ökologische, soziale und kulturelle Herausforderungen zu finden. Die persönlichen Erfahrungen der Teilnehmenden aus der Praxis stehen im Vordergrund.
Das vollständige Programm finden Sie in dem Flyer zum Download als PDF.
Die kostenlose Anmeldung zur Mitmach-Konferenz Bodensee ist bis 2. Mai unter dem Anmeldeformular auf dieser Seite möglich: https://schweisfurth-stiftung.de/stadt-land-tisch/bodensee/
Anmeldung zur Mitmach-Konferenz Bodensee-Oberschwaben
„Werkstatt Stadt – Land – Tisch“
Mitmach-Konferenz zur nachhaltigen Gestaltung der Region Bodensee-Oberschwaben
Für die Anmeldung bitte das untenstehende Formular ausfüllen und absenden.
Die Veranstaltung hat am 7. Mai stattgefunden. Einen Nachbericht finden Sie hier.Bei Rückfragen melden Sie sich bitte bei Matthias Middendorf: mmiddendorf@schweisfurth-stiftung.de
Einladung und Anmeldung
Sonntag, 07. Mai 2017, 10:00 – 18:00 Uhr
Schwörsaal im Waaghaus, Marienplatz 28, 88212 Ravensburg
Wer versorgt unsere Dörfer und Städte? Woher kommen unsere Lebensmittel? Welche neuen (Land-) Wirtschaftskonzepte können unsere Region nachhaltig beleben? Kann eine Art Regionalwährung zur Stärkung unserer regionalen Wirtschaft beitragen?
Die regionale Mitmach-Konferenz „Werkstatt Stadt – Land – Tisch“ hat zum Ziel, GestalterInnen und MacherInnen der Region Bodensee-Oberschwaben sichtbar zu machen, zu unterstützen und zu vernetzen. Es werden gemeinsame Bedarfe und nächste Schritte für eine zukunftsweisende, lebenswerte, enkeltaugliche und innovative Region Bodensee-Oberschwaben erarbeitet. Die Veranstaltung richtet sich an alle Interessierte, jung und alt, an BürgerInnen, Engagierte, Initiativen, Projekte, Unternehmen, an Politik und Verwaltung. Es entsteht an dem Tag der Raum zum Mitmachen. Bringen Sie hier Ihr Tun und Ihre Ideen ein! Wir freuen uns auf Ihre aktive Mitgestaltung.
Die Mitmach-Konferenz wird veranstaltet von der Schweisfurth Stiftung und wirundjetzt e.V. und findet in Kooperation mit den Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien – RENN.süd – vom Rat für Nachhaltige Entwicklung statt. Die Schirmherrschaft hat Dr. Daniel Rapp – Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg inne.
Vollständiger Programm-Flyer zum Download als PDF.
Für die Teilnahme entstehen Ihnen keine Kosten. Für ein Bio-Catering an dem Tag sorgt:
Kontakt:
Schweisfurth Stiftung
Matthias Middendorf, werkstatt@schweisfurth-stiftung.de
Tel. 089 / 179595-14 oder 0157 / 79799930
wirundjetzt e.V.
Simon Neitzel, werkstatt@wirundjetzt.org
Tel. 0151 / 21615968
Anmeldeformular:
Bauernhof braucht Region – Region braucht Bauernhof
„Ist das ein Schaf oder ein Wollschwein?“ – so lautete die erste Frage der Kinder als wir mit dem Auto auf den Breitenwegerhof bei Freiburg im Breisgau fuhren. Die Antwort gab Betriebsleiterin Katharina Goetjes wenig später bei der Hofführung mit 25 bunt gemischten Teilnehm enden. Auf Initiative der Schweisfurth Stiftung und in Kooperation mit RegioWerk trafen sich am 4. April 2017 Menschen mit unterschiedlichen beruflichen und privaten Hintergründen aus und rund um Freiburg. Ziel war es, neue Möglichkeiten zu entdecken, die sowohl dem Hof helfen, als auch den Bedürfnissen der Menschen aus der Region gerecht werden. Sprich, die Beziehung zwischen Stadt und Land zu stärken.
Hof braucht Region
Der erste Teil der Werkstatt Stadt-Land-Tisch stand unter dem Blickwinkel „Hof braucht Region“. Während der Hofführung wurde direkt erlebbar, was die Menschen, die am Hof arbeiten leisten. Die Kälber auf dem Breitenwegerhof dürfen morgens und abends direkt am Euter der Mutter oder einer Amme trinken. So kommen sie in den Genuss von wichtigen sozialen Kontakten, die ein Eimer mit Milch als „Trinkstelle“ nicht bieten kann. Eindrucksvoll war der Vergleich verschiedener Hühnerrassen. Einerseits die Hybridhühner mit einer hohen Legeleistung, die jedoch nicht vermehrt werden können. Andererseits gleich nebenan das Zweinutzungshuhn der Rasse „Le Bleues“. Diese legen zwar weniger Eier, setzen dafür aber etwas mehr Fleisch an, sodass sie sich auch als Masthuhn eignen. Trotz der Zweinutzung müsste ein Ei der Rasse „Le Bleues“ nach aktuellen Berechnungen des Breitenwegerhofes das Doppelte kosten, um wirtschaftlich zu sein. Im Rahmen einer Seminararbeit an der Universität Freiburg ist eine ausführliche Datenerhebung und betriebswirtschaftliche Berechnung geplant.
Ausmisten, Käseschmieren und Treckerfahren
Eine Besonderheit der „Werkstatt Stadt – Land – Tisch“ in Südbaden war, dass vier Erfahrungsbotschafter im Vorfeld die Möglichkeit hatten, jeweils einen Tag auf dem Hof mitzuarbeiten – vom Ausmisten, Käseschmieren bis hin zum Treckerfahren. Ihre unmittelbaren Eindrücke vom Hofleben und dem Reichtum, der in der Beziehung zum Land liegt, waren wertvolle Beiträge, die den Workshop-Tag bereichert haben. „Mein romantisches Bild der Landwirtschaft wurde zerstört, aber gleichzeitig habe ich mich selten so glücklich und zufrieden gefühlt wie am Ende dieses Tages“, so einer der Botschafter.
Region braucht Hof
Im zweiten Teil der Werkstatt Stadt-Land-Tisch war die Kreativität der Teilnehmenden gefragt. Der Fokus lag auf den Fragen: Was wünscht sich die Region vom Hof? Wie können sich die Menschen der Region am Hof miteinbringen? Aus der Vorarbeit und der Hofführung haben sich folgende Themenfelder herauskristallisiert:
- „Soziale Landwirtschaft“ (z.B. Arbeit mit Menschen mit Behinderungen oder Personen mit Burnout)
- praktische „Mitmach-Aktionen“ auf dem Hof
- Potentiale für „neue Geschäftsmodelle“ (z.B. Frozen Joghurt in Demeter Qualität)
- „Region braucht Hof“ (Verbindung von Einkauf und Erlebnis, Ursprung der Lebensmittel aufzeigen)
Es geht weiter
Als wir abends vorbei an den Mangalitza Wollschweinen nach Hause fuhren, wurden die neu-entwickelten Ideen und Konzepte eifrig diskutiert. In Kleingruppen werden die gehobenen Möglichkeiten für Region und Hof konkretisiert. Anfang Mai geht es weiter. Interessierte sind herzlich willkommen und können sich bei werkstatt@regio-werk.de oder werkstatt@schweisfurth-stiftung.de melden.
Werkstatt Stadt-Land-Tisch
Der Name Stadt-Land-Tisch ist Programm: Es gilt Menschen aus der Stadt und vom Land an einen Tisch zu bringen, neue Perspektiven zu entdecken und gemeinsam konkrete Lösungsschritte für ökologische, soziale und kulturelle Herausforderungen zu finden. Die persönlichen Erfahrungen der Teilnehmenden aus der Praxis stehen im Vordergrund.
Nächste „Werkstatt Stadt-Land-Tisch: Mitmach-Konferenz Chiemgau“ am 18.11.2018 in Riedering:
„Wie versorgen wir uns in der Region nachhaltig?“ – zu dieser Frage veranstaltet die Münchner Schweisfurth Stiftung gemeinsam mit zahlreichen Nachhaltigkeitsakteuren aus dem Chiemgau am 18. November 2018 in Riedering die zweite Mitmach-Konferenz Deutschlands. Initiativen und Engagierte aus (Land-)Wirtschaft, Politik und Verwaltung, sowie alle interessierten BürgerInnen sind eingeladen, Projekte vorzustellen. Ziel ist die Vernetzung und Mitarbeit für eine zukunftsweisende, lebenswerte, enkeltaugliche und innovative Region Chiemgau.
Mehr Informationen zur „Mitmach-Konferenz Chiemgau“ finden Sie unter diesem Link.
Nachhaltigkeit leben und stärken – Auftakt von RENN.süd
Sie verkaufen krummes Gemüse in Kantinen und retten es so vor dem Unterpflügen; Sie setzen auf Gemeinschaft und Verantwortung statt auf Marktwirtschaft; Sie backen gemeinsam mit SeniorInnen Kuchen und helfen ihnen so zum Anschluss an die Gesellschaft: Initiativen wie foodsharing, Querfeld und Kuchentratsch oder Projekte der solidarischen Landwirtschaft gestalten unser lokales Ernährungssystem neu und bringen frischen Wind in starre Systeme. Genau diese Dynamiken standen bei der Auftaktveranstaltung von RENN.süd im Zentrum des Workshops „Soziale Innovationen in der Landwirtschaft“ der Schweisfurth Stiftung.
Die vom Rat für Nachhaltige Entwicklung neu eingerichteten Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien in Süddeutschland (RENN.süd) bieten den vielen verschiedenen Akteuren und Initiativen, die sich in Bayern und Baden-Württemberg für ein nachhaltiges Leben engagieren, eine Plattform zum Austausch. Ziel ist es, ihr Engagement über Veranstaltungen oder Weiterbildungen zu fördern und zu verbreiten. Der Fokus der Aktivitäten liegt hierbei auf kleineren Kommunen und ländlichen Gemeinden. Der Startschuss von RENN.süd erfolgte am 11. März 2017 in Ulm. Die Schweisfurth Stiftung hat die Auftaktveranstaltung „Forum für Initiativen rund um nachhaltiges Leben“ mit einem Workshop-Beitrag mitgestaltet.
Im Workshop mit dem Titel „Soziale Innovationen in der Landwirtschaft“ haben sich die TeilnehmerInnen mit den aktuell spannenden Dynamiken in der Land- und Ernährungswirtschaft beschäftigt. In allen Bereichen, ob Erzeugung, Verarbeitung, Handel oder auf Netzwerkebene, lassen sich Projekte und Unternehmungen beobachten, die versuchen, gesellschaftlichen und ökologischen Problemen kreativ zu begegnen. Beispiele sind die über 130 deutschen Betriebe der solidarischen Landwirtschaft, die innovativen Projekte gegen Lebensmittelverschwendung wie foodsharing und das Start-up Querfeld, die Sozialunternehmen Kuchentratsch und nearbees oder die sogenannten Ernährungsräte, welche seit letztem Jahr in einigen deutschen Städten das lokale Ernährungssystem mitgestalten.

Gruppenarbeitsphase
Das Ziel der verschiedenen, parallel stattfindenden Workshops war es, die alltäglichen Herausforderungen der Akteure zu identifizieren: Wo besteht überregionaler Unterstützungsbedarf? Wo und wie kann RENN.süd unterstützend und fördernd wirken? Als Hemmnisse nannten die TeilnehmerInnen zum Beispiel, dass sich wenig neue Akteure in den Projekten engagieren und wenig Austausch mit der Politik stattfindet. Für viele Projekte ist es zudem notwendig, sich weiter zu professionalisieren. Schließlich wünschen sich viele Initiativen mehr Wertschätzung, vor allem von öffentlichen Stellen. Vom überregionalen Austausch zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen und Bereichen erhoffen sich die TeilnehmerInnen mehr „inhaltliche Tiefe“ für ihre Arbeit.
„Ich setze auf den Erfolg der RENN.
Nachhaltigkeit ist – trotz der komplexen Inhalte – sehr einfach:
Menschen in den Mittelpunkt stellen, langfristiges Denken ermutigen,
Ungewohntes möglich machen.“
Prof. Dr. Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung
Die Ergebnisse aus den insgesamt 14 verschiedenen Workshops werden nun im Nachgang aufbereitet und der identifizierte Bedarf aufgegriffen, damit die Veranstaltung Wirkung zeigt. RENN.süd wird in den nächsten Jahren als Kooperationspartner unterstützend bei Veranstaltungen, Publikationen, Ausstellungen und ähnlichen Aktionen auftreten. In Kürze werden die Bedingungen für Kooperationen veröffentlicht. Die nächste Möglichkeit zur Mitgestaltung des Netzwerks bietet sich am 18. Mai bei einem Strategieworkshop in Ulm. Interessierte Nachhaltigkeitsakteure können sich hierfür bei den AnsprechpartnerInnen anmelden. Eine Zusammenarbeit mit RENN.süd ist für alle Initiativen und Akteure interessant, die sich mit Fragestellungen rund um das Thema „nachhaltig leben“ beschäftigen, zur Bewusstseinsbildung beitragen oder den Austausch zivilgesellschaftlicher Akteure und Initiativen fördern. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.
Fruchtbare Gärten in der Betonwüste
Schon langsam kommt wieder Bewegung in die Gärtnerei und den Garten im Leipziger Westen. Die ersten Vorbereitungen für das Frühjahr beginnen, die Anzucht von Jungpflanzen im Glashaus ist bereits in vollem Gang. Wir sind zu Besuch bei einem wahren Leuchtturmprojekt für nachhaltige Stadtteilentwicklung – der ANNALINDE gGmbH.
Ein Garten für alle
ANNALINDE betreibt urbane Landwirtschaft mitten in einem Wohngebiet in Leipzig. In mobilen Hochbeeten aus recycelten Paletten, in Reissäcken oder in Tetra-Paks werden Pflanzen angebaut. Die eifrigen Gärtner aus der Nachbarschaft verwenden dafür sortengerechtes Saatgut, chemische Düngemittel sind tabu. Dabei packen alle mit an – Kinder, Jugendliche, Erwachsene und passionierte Gärtner schaffen gemeinsam eine Oase der biologischen Vielfalt. Das Obst und Gemüse wird nicht nur zusammen gesät, gepflanzt und geerntet, sondern auch im Café vor Ort verarbeitet und konserviert. Zum Ursprungsprojekt, dem Gemeinschaftsgarten, kam im Jahr 2012 eine 5.000 m2 große Gärtnerei dazu und 2016 pachtete das gemeinnützige Unternehmen eine weitere Brachfläche und setzte darauf eine Streuobstwiese an.

Bei unserem Besuch Anfang Februar 2017 befand sich die Gärtnerei im Stadtteil Lindenau noch im Winterschlaf.
Die Möglichmacher
Neben Mitgründer und Geschäftsführer Dominik Renner und dem Gärtner Philipp Scharf wird das Projekt unter anderem von einer Auszubildenden und bis zu fünf Bundesfreiwilligendienstleistenden getragen. „Es ist wirklich beeindruckend wieviel Herzblut die Beteiligten in das Projekt stecken – man fühlt sich hier sofort willkommen. Gleichzeitig ist die ANNALINDE gGmbH ein sehr professioneller und perfekt organisierter Betrieb, der eine Vielzahl an Projekten umsetzt und dafür bereits zahlreiche Auszeichnungen erhielt“, findet unser Mitarbeiter Matthias Middendorf, der die Gärtnerei im Anfang Februar besucht hat.
ANNALINDE Akademie
Seit 2014 bietet die gGmbH mit der ANNALINDE Akademie auch Umweltbildung für Schulen, Kitas und Unternehmen rund um den nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln und Ressourcen. Die vielseitige Vorhaben der ANNALINDE wurden bereits als UN-Dekade-Projekt Biologische Vielfalt und als Werkstatt N Projekt ausgezeichnet und erhielt den Leipziger Agenda-Preis 2014 und 2015 sowie den 1. Preis in der Kategorie „regionaler Garten- und Gemüsebau“ beim Wettbewerb „BodenWertSchätzen“. „Das Projekt ANNALINDE zeigt, wie wichtig Gärten für Menschen und ihre Städte sind. Besonders beeindruckend ist die Vielzahl der Angebote, die der Garten bietet. Die Menschen haben Spaß und finden dort Ausgleich zu ihrem oft stressigen Alltag. Gleichzeitig lernen sie etwas über die Natur, die Vielfalt und vielleicht auch über sich selbst. Ein tolles Projekt, das als gutes Beispiel auch für andere Städte dient“, sagt UN-Dekade-Botschafterin Shary Reeves.

Hinter den Kulissen beginnt im Frühjahr 2017 bereits die Anzucht von Jungpflanzen für die neue Saison in der Gärtnerei.
Zukunftspläne
Im Förderprojekt „Urbane Agrikultur im Leipziger Westen“ entwickelt das gemeinnützige Unternehmen die drei Bereiche Soziales, Ökologie und Ökonomie bis 20 18 kontinuierlich weiter. Es gibt schon zahlreiche Ideen für neue, einzigartige Projekte und die bestehenden Initiativen sollen weitergeführt und ausgebaut werden. Mittelfristig ist ein eigener Inklusionsbetrieb im Sinne einer sozialen Landwirtschaft in der Gärtnerei geplant. Für diese Weiterentwicklung wird die ANNALINDE gGmbH vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und von der Stiftungsgemeinschaft Anstiftung & Ertomis gefördert. Die Schweisfurth Stiftung unterstützt das Projekt im Rahmen seines Entwicklungs- und Forschungsfeldes Stadt-Land-Tisch.
Einen inspirierenden Einblick in den grünen Stadt-Garten von ANNALINDE gibt dieser Filmbeitrag aus der ARTE-Reihe „Stadtoasen“.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.
Call for papers – Urban Farming Konferenz in Berlin
Der GRÜNE LIGA Berlin e.V. lädt Akteure aus dem Bereich Urban Farming und Interessierte zum internationalen Vernetzungstreffen nach Berlin ein. Teilnehmer aus aller Welt werden am 11. und 12. September 2017 ihre Forschungs- und Praxisarbeiten vorstellen und verschiedene Berliner Urban Farming Projekte besuchen. Ziel der Konferenz ist es, Initiativen und Strategien für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu stärken und neue Kooperationen aufzubauen. Wichtig ist den Organisatoren ein gleichberechtigter Austausch zwischen globalem Süden und globalem Norden.
Wer kann teilnehmen?
Die Einladung richtet sich an KommunalvertreterInnen, Vertreter der Zivilgesellschaft (NGOs, Landwirte, Gärtner, Vereine), Vertreter aus der Wissenschaft sowie aus dem Bildungsbereich und an AktivistInnen der Urban Farming Bewegung. Gemeinsam werden sie der Frage nachgehen, welchen Einfluss urbane Agrikultur auf die Ernährungssouveränität und auf die Entwicklung globalisierter bzw. glokalisierter Stadtgesellschaften hat.
Call for papers
Experten und Aktivisten sind herzlich eingeladen, bis 10. März ihre Beiträge zu folgenden vier Panels der Konferenz einzureichen:
• Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität
• Klima und Umwelt
• Recht auf Stadt / Zugang zu Ressourcen / Lokales Wirtschaften
• Bildung / Empowerment / Qualifizierung
Genauere Informationen finden Sie im offiziellen Call for Papers:
Die Unterstützer der Konferenz
Mitorganisatoren der Konferenz sind Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der einen Welt. Unterstützt wird die Konferenz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der Heinrich Böll Stiftung, der anstiftung und dem fdcl Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V. Auch die Schweisfurth Stiftung fördert die Konferenz im Rahmen ihres Entwicklungs- und Forschungsfeldes Stadt-Land-Tisch finanziell und wird vor Ort einen Workshop gestalten.
Wachsende, globale Bewegung
Urban Farming erhält in vielen Städten auf der ganzen Welt wachsende Aufmerksamkeit und Zuspruch – und das aus gutem Grund: Eine aktuelle Studie der John Hopkins Universität zeigt auf, dass Urban Farming zur Lebensmittelsicherheit in Städten beitragen und die Begrünung und landwirtschaftliche Nutzung brachliegender Flächen die Gesundheit der Anrainer verbessern kann. Als größter Vorteil gilt jedoch, dass urbane Agrikultur Zusammenhalt, Wohlbefinden und Engagement in der Gemeinschaft fördert und Menschen dazu animiert, sich direkt mit der Lebensmittelproduktion auseinanderzusetzen. „Urbane Agrikultur alleine kann die vielen Probleme unserer Lebensmittelproduktion nicht lösen. Sie kann jedoch einen wichtigen Beitrag zur nötigen Transformation leisten und mit dafür sorgen, dass Lebensmittel sozial gerecht, ökologisch und wirtschaftlich zukunftsfähig angebaut werden“, sagt die Hauptautorin der Studie, Raychel Santo.
Urban Farming Konferenz Berlin
Termin: 11./12. September 2017
Ort: Räume der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin Mitte
Call for Papers: Einreichung bis 10. März 2017
Headerfoto: © ANNALINDE gGmbH
Urbane Agrikultur im Leipziger Westen
Landwirtschaft in die Städte zurückholen und dabei wirtschaftliche, ökologische und auch soziale Zwecke gleichermaßen einbeziehen. Diesen Ansatz verfolgt die ANNALINDE gGmbH in Leipzig. Die Schweisfurth Stiftung unterstützt die sozial-innovative Gärtnerei aus Gründen der Vorreiterrolle in Sachsen.
Nachhaltige Stadtentwicklung in Leipzig
Landwirtschaft in der Stadt hat in Leipzig eine lange Tradition. Alleine im Stadtteil Lindenau gab es zu Beginn des letzten Jahrhunderts mehr als 40 Gärtnereien, die vor allem Zierpflanzen anbauten. Seit Juni 2011 leistet die ANNALINDE gGmbH im Leipziger Westen einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung. Das Projekt betreibt mittlerweile einen Gemeinschaftsgarten, die letzte verbliebene Gärtnerei im Stadtteil, eine Streuobstwiese auf einer Brachfläche eines ehemaligen Güterbahnhofs und die ANNALINDE Akademie, die als Schnittstelle zwischen den Projektflächen dient und umweltpädagogische Arbeit leistet. Ein Förderprojekt, welches durch die Schweisfurth Stiftung unterstützt wird, soll in den kommenden zwei Jahren die Multifunktionalität der Gärtnerei in sozialer, ökologischer und ökonomischer Dimension weiterentwickeln.
Gärtnerei, Gemüseangebot und Gemeinschaftsbildung
Die ANNALINDE Gärtnerei verbessert mit ihren 5.000 Quadratmetern die Verfügbarkeit von gesunden und lokalen Lebensmitteln über das Angebot von Abokisten mit Gemüse und Kräutern. Durch eine Kooperation mit den Lindenwerkstätten Panitzsch der Diakonie kann seit 2015 das Angebot an Lagergemüse erhöht werden. Neben der gesunden Ernährung ermöglicht das gemeinnützige Unternehmen neue Impulse für die lokale Wirtschaft, stärkt soziale Teilhabe und die Gemeinschaftsbildung im Stadtteil. Urbane Landwirtschaft steigert zudem die Biologische Vielfalt in der Stadt.
Zielsetzung des Projekts
Im Förderprojekt „Urbane Agrikultur im Leipziger Westen“ möchte ANNALINDE die drei Bereiche Soziales, Ökologie und Ökonomie bis 2018 kontinuierlich weiterentwickeln. Letztlich sollen weitere marktfähige Produkte und Dienstleistungen angeboten und das Projekt verstetigt werden. Neben Mitgründer und Geschäftsführer Dominik Renner und dem Gärtner Philipp Scharf, wird das Projekt unter anderem von einer Auszubildenden und bis zu vier Bundesfreiwilligen-Dienstleistenden getragen. Mittelfristig ist ein eigener Inklusionsbetrieb im Sinne einer sozialen Landwirtschaft in der Gärtnerei geplant. Für diese Weiterentwicklung wird ANNALINDE vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert und zusätzlich durch die Stiftungsgemeinschaft Anstiftung & Ertomis unterstützt. Die Schweisfurth Stiftung fördert ANNALINDE im Rahmen des Förderprojektes durch die Mitfinanzierung einer Auszubildenden- und Bundesfreiwilligendienst-Stelle.
Im Sommer 2017 folgt an dieser Stelle ein Bericht zum Projektfortschritt. Bis dahin bietet Ihnen dieser Filmbeitrag aus der ARTE-Reihe „Stadtoasen“ einen inspirierenden Eindruck von den Tätigkeiten der ANNALINDE gGmbH.
Projektname: Urbane Agrikultur im Leipziger Westen
Startschuss: 2016
Status: läuft
Wirkungskreis: bundesweit
Zielgruppe: Bürgerinnen und Bürger in Leipzig
Maßnahme: Förderung der sozialen Dimension des Projektes durch die Mitfinanzierung einer Auszubildenden- und Bundesfreiwilligendienst-Stelle
Leitung / Ansprechpartner/in: Dominik Renner, ANNALINDE gGmbH
Mehr unter: http://annalinde-leipzig.de/projects/urbane-agrikultur/
Headerfoto: © ANNALINDE gGmbH
Guter Nährboden für Solawis
Die Idee lokal und fair (Bio)Lebens-Mittel zu produzieren klingt sehr gut, und doch werden bisher nur vereinzelt landwirtschaftliche Betriebe nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft (Solawi) geführt. 120 Solawis stehen ca. 290.000 „normalen“ Betrieben gegenüber, so die derzeitige Bilanz. Es stellt sich die Frage, welche Maßnahmen nötig sind, um den Solawis einen besseren Nährboden zur Verfügung zu stellen, so dass sie an weiteren Standorten Wurzeln schlagen können. Franz-Theo Gottwald nennt in seinem Interview zur Sendung Die Kürbis-Flatrate – Wie eine alte Idee die Landwirtschaft belebt des ZDF, drei Ebenen, auf denen Investitionen notwendig sind:
1. Konsumwende
Die Grundlage stellt eine Konsumwende dar, hin zu nachhaltigem Essen und Trinken. Karl von Koerber, Begründer der Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung, hat folgende sieben Grundsätze für eine Konsum- und Ernährungswende benannt:
1. Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel (überwiegend lakto-vegetabile Kost)
2. Ökologisch erzeugte Lebensmittel
3. Regionale und saisonale Erzeugnisse
4. Bevorzugung gering verarbeiteter Lebensmittel
5. Fair gehandelte Lebensmittel
6. Ressourcenschonendes Haushalten
7. Genussvolle und bekömmliche Speisen*
Solawis zeigen in der Praxis einen Weg der nachhaltigen Versorgung mit Lebens-Mitteln auf. Mehr noch – mit ihren Trägern leben sie einen Wandel vor und regen damit zu Reflexion und einem Bewusstseinswandel für einen verträglichen Lebensstil an.
2. Der Unterschied zwischen Preis und Kosten
Wenn die „wahren“ Preise von Lebens-Mitteln im Supermarkt für den Kunden transparent wären, würde diese Sichtbarkeit (hoffentlich) zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit den Produkten führen – von der Auswahl, Lagerung und Konservierung bis hin zur Zubereitung der Nahrungsmittel. Denn der „wahre“ Preis enthält auch bisher nicht berücksichtigte Kosten, wie die global spürbaren Umwelt-, Klima-, Sozial- und Bodenverlustkosten, um nur einige zu nennen. Lebensmittel müssten bei Vollkostenrechnung etwa 30 bis 50 % teurer sein. Bei der sogenannten „Integration der externen Kosten“ handelt es sich um eine strukturelle Herausforderung, die politische Schritte erfordert. Dies betrifft insbesondere die Besteuerung ausgelagerter Produktion und ihrer negativen Auswirkung auf die Umwelt.
3. Ein Netzwerk der Verwurzelung
Das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft leistet bereits viel in der Unterstützung von bestehenden und geplanten Solawis. Doch der Aufbau einer breiten Solawi-Landschaft benötigt weitere Investitionen in bestehende Institutionen. Neben rechtlicher und technischer Expertise sind Hilfestellungen unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll, z.B. in Rechtsberatung, Unterstützung im Management von Kooperationen und beim Sichern von Agrarflächen. Denn viele kleine Betriebe bringen Wissen auf diesen Ebenen nur bedingt mit, so dass Tools und Hilfe zur Selbsthilfe essenziell sind.
* übernommen aus Koerber, Karl von (2014): Fünf Dimensionen der Nachhaltigen Ernährung und weiterentwickelte Grundsätze – Ein Update.
Ein neues altes Konzept – die Solawi
Bisher nimmt die solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi, nur eine Nische im gewerblichen Anbau von Gemüse und Ackerbau ein. Zum Weltbodentag 2016 am 5. Dezember können in Deutschland 117 Betriebe gezählt werden, die sich unter dem Begriff zusammenfassen lassen – von der Gemeinschaftsgärtnerei Wildwuchs in Gehrden im Umland von Hannover und dem Hof Hollergraben in Schönwalde, über den Lindenhof in Gelsenkirchen bis hin zum Kartoffelkombinat in München. Das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die solidarische Landwirtschaft von seinem Nischendasein zu befreien, Neugründungen anzuregen und zu fördern sowie bestehende Höfe mit Rat und Tat zu unterstützen. Das basisdemokratische und partizipativ organisierte Netzwerk ist ein Zusammenschluss von Menschen, die sich für die Solawi engagieren und die Bewegung mitgestalten wollen.
Global, saisonal und genügsam zugleich?
Die Wiege der Solawi liegt in Japan, wo sie unter dem Namen Teikei bekannt ist. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Phänomen zunehmend ausgebreitet. Im englischsprachigen Raum ist es als Community Supported Agriculture kurz CSA und in Frankreich als Associations pour le maintien d’une agriculture paysanne (AMAP) bekannt. Weltweit lässt sich ein Wachstum der Bewegung verzeichnen, vornehmlich im Gemüseanbau. Um eine veritable Alternative zu werden, muss jedoch ein Umdenken auf breiterer Basis stattfinden, hin zu mehr Suffizienz. Suffizienz (lateinische sufficere) bedeutet in diesem Sinne freiwillig, also aus Einsicht, die Ressourcen zu schonen und sich auf das Notwendige zu beschränken. Die Beschränkung würde mit Blick auf die Solawi bedeuten, dass nicht alles immer verfügbar sein kann, sondern Lebensmittel je nach Saison angeboten werden.
Von Transparenz, Ressourcen und Verantwortung
Die Solawi für die Masse ist somit an bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Sie erfordert neben der genannten Einsicht des Einzelnen eine Änderung des grundlegenden Wertemusters – weg von dem Streben nach Quantität hin zu mehr Qualität. Denn der Anbau jenseits der Massenproduktion ist zeit- und damit auch kostenintensiv. Bisher nicht kalkulierte Kosten durch Umweltverschmutzung oder soziale Missstände werden bei der Solawi allerdings berücksichtigt und somit durch Produktions- und Konsumänderungen vermeidbar. Die Produkte, zumeist ökologisch hergestellt, haben daher einen anderen Wert – in Bezug auf die Nährstoffdichte aber auch was die gesellschaftliche Verantwortung des Einzelnen für Mitmensch und Mitgeschöpfe angeht. Die regionale Produktion schont zudem Ressourcen, und das nicht nur durch kürzere Lagerung und Transportwege.
Botschafter für den ursprünglichen bayerischen Genuss
„Ein Wirt ist immer auch ein Geschichtenerzähler – denn mit Geschichten machen wir unsere Gäste neugierig, bringen sie näher an die Herkunft der Rezepte und stellen Bezug zu regionalen Wurzeln her. Für mich ist es wichtig, dass meine Köche, Kellner und Gäste wieder mehr spüren woher unser Essen kommt. Die Kalbskopfschnitte stammt nun einmal nicht aus der Plastikverpackung“, erzählt Ulli Portenlänger, Besitzer des Alten Wirts in Grünwald, im Rahmen der Aktionswochen Kulinarisches Erbe Bayern auf dem Teller.
Traditionsreiche Köstlichkeiten aus ganz Bayern
Der Alte Wirt hat dieses Jahr bereits zum zweiten Mal an den Aktionstagen teilgenommen. Insgesamt in zehn Gasthäusern aus allen Bezirken Bayerns wurde Anfang November 2016 die traditionelle Speisenherstellung mit außergewöhnlichen Spezialitäten gewürdigt: Vom Zocker-Brot beim „Huber Wirt“ in Pleiskirchen/Altötting über Schwammerl mit Dotsch beim „Alten Schuster“ in Weiden/Oberpfalz bis hin zu Zwetschgenbaames im „Kulmbacher Kommunbräu“ gab es zahlreiche kulinarische Schätze zu kosten. „Wir freuen uns sehr über die gute Zusammenarbeit mit den Betrieben, die unsere Projekte zum Wachsen und Reifen bringen. Mit der Aktion Kulinarisches Erbe Bayern auf dem Teller können wir die Wertschätzung und Sichtbarkeit für das traditionelle Handwerk erhöhen, kulinarisches Brauchtum wiederbeleben und die regionalen Partnerschaften zwischen Betrieben stärken“, sagt Prof. Franz-Theo Gottwald, Vorstand Kulinarisches Erbe Bayern e.V. (KEB) und Vorstand der Schweisfurth Stiftung. Die Schweisfurth Stiftung ist eines der Gründungsmitglieder des KEB und unterstützt die Projekte des Vereins seit dem Jahr 2010.
Nahe am Ursprung
Der Alte Wirt in Grünwald ist ein Musterbeispiel für die gelebte regionale Vernetzung des Ernährungshandwerks. Ab vier Uhr früh weht aus seinem Haus der Geruch von frischem Schwarzbrot. Seit März ist darin die Bio-Bäckerei BrotZeit eingemietet und versorgt das Gasthaus mit traditionellen, bayerischen Backwaren. Aktuell gibt es passend zur Jahreszeit lecker duftendes Rote-Rüben-Brot. Ganz so kurz ist der Lieferweg der anderen Lieferanten, die Portenlänger alle persönlich kennt, nicht. Dennoch, Metzger, Fischer, Imker, Winzer und Landwirte stammen aus der umliegenden Region. Für Gastronomen bedeuten solche persönlichen, lokalen Netzwerke zwar etwas mehr Arbeit, da anstatt eines Großhändlers viele Lieferanten Produkte liefern, doch geschmacklich zahlt sich dieses Engagement auf jeden Fall aus.
Gut Ding‘ braucht Weile
„Wie sagt man? Das teuerste an der Zubereitung ist die Zeit. Gute Speisen brauchen Zeit, sie müssen rasten und ihren Geschmack langsam entfalten“, erklärt Ulli Portenlänger. Nicht nur die Gerichte brauchen Zeit, auch bei den Gästen, Köchen und dem Servicepersonal war zu Beginn Überzeugungsarbeit gepaart mit Geduld nötig. „Die Vielfalt der Zubereitungsarten, die traditionellen Rezepte und der nachhaltige Umgang mit Nahrungsmitteln sind vielen jungen Leuten kaum mehr geläufig. Mit Geschichten machen wir sie langsam wieder neugierig und geben die einzigartigen Lebensmittel und Rezepte weiter“, fährt Portenlänger fort.
Neuauflage der Aktion im Jahr 2017
Auch im nächsten Jahr werden Feinschmecker wieder in den Genuss alter Spezialitäten kommen – die Aktionswochen Kulinarischen Erbe Bayern auf dem Teller werden 2017 erneut stattfinden. Zudem arbeitet der Verein an einem neuen Austauschprogramm für Köche, um die junge Generation über die Grenzen Bayerns hinaus mit neuen Rezepturen und Traditionen in Kontakt zu bringen. Langfristiges Ziel ist die Etablierung eines Bayerischen Staatspreises für Betriebe, die sich besonders für den Erhalt des kulinarischen Erbes einsetzen.
Weitere Informationen zu allen teilnehmenden Restaurants und zum Verein finden Sie unter www.kulinarisches-erbe-bayern.de/
Zusammenarbeit will gelernt sein
Der Traum: Als Betriebsgemeinschaft zusammen einen Bauernhof bewirtschaften. Die Realität: Wo Menschen zusammen arbeiten, entstehen Auseinandersetzungen. Der Weg: Methoden anwenden, die verhindern, dass der gemeinsame Erfolg gefährdet wird. Und gegebenenfalls Hilfe von außen hinzuziehen. Genau dies bietet Stephan Illi zusammen mit seinem Partner Thomas Schmid an. Sie haben „Wir kooperieren“ gegründet gemeinsam mit Unterstützern wie der Schweisfurth Stiftung und der Software AG Stiftung. Mit ihrem „Methodenkoffer“ lernen Betriebsgemeinschaften, Konflikte zu lösen und Strategien für gute Zusammenarbeit zu entwickeln. Im Interview erklärt Illi, was Berater in schwierigen Situationen leisten können und wie der gemeinsame Traum vom Hof dauerhaft Wirklichkeit wird.
Schweisfurth Stiftung: Wie viele landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften konnten Sie seit dem Start von wir-kooperieren.org betreuen?
Stephan Illi: Seit Oktober 2015 arbeiten wir mit acht Betriebsgemeinschaften zusammen. Der Schwerpunkt liegt bisher in Baden-Württemberg und Süddeutschland. Sie haben ganz unterschiedliche Betriebsstrukturen, gemeinsam ist ihnen aber, dass sie sich durch die Verteilung der Verantwortlichkeiten im Gegensatz zu den Familienbetrieben eher in Richtung Vielfalt und Diversifizierung entwickeln. Die Bandbreite reicht von Höfen, die durch zwei Familien betrieben werden, bis zu großen vielfältigen Gemeinschaften mit über 60 Mitarbeitern und zu großen Höfen mit sozialer Landwirtschaft.
Wo liegen aus Ihrer Erfahrung die größten Herausforderungen, wenn sich Menschen zusammentun, um gemeinsam einen Hof zu bewirtschaften? Bei welchen Problemen werden Sie am häufigsten hinzugezogen?
In der Regel haben die Betriebsleiter beim Start eines Hofprojektes nur wenig Erfahrung damit, wie Zusammenarbeit gut funktioniert. Jeder der Beteiligten hat seine eigene Vision vom Hof, seine eigenen Aufgaben und Rollen. Selbst unter den gleichen Begriffen versteht möglicherweise jeder etwas anderes. Dadurch kommt es über die Jahre zu einer Fülle von Missverständnissen. Das kann dazu führen, dass man sich unverstanden und in seiner Person und seinen Stärken nicht gesehen fühlt. Obwohl einem das nicht bewusst ist, interessiert man sich dann entsprechend auch weniger für die Situation der anderen. Es wird immer schwerer, sich wirklich zu begegnen. Der zuerst positive Blick auf die Kollegen wandelt sich. Darunter leidet die Arbeitsfreude. Es gibt öfter Streit, wichtige Entscheidungen werden blockiert und letztlich verschlechtert sich auch die wirtschaftliche Situation des Hofes.
Gut ist, wenn die Beteiligten in einem möglichst frühen Stadium dieser Abwärtsspirale Beratung suchen. Oftmals passiert das aber deutlich zu spät. Es ist ja auch nicht leicht zu bemerken, dass die Spannungen an der Gesamtsituation liegen und nicht in erster Linie daran, dass der Andere nicht meinen Erwartungen entspricht.
Was tun Sie, um die Situation zu verbessern, und wie lange dauert ein solcher Prozess?
Wir werden ja hinzugezogen, weil sich zum Beispiel die Kommunikation in der Gemeinschaft deutlich verschlechtert hat. Es geht also darum, einander wieder zuzuhören, eigene Bedürfnisse mitzuteilen und die der anderen kennen zu lernen, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und die eigenen Aufgaben zu klären. Entsprechend gehen wir, wie auf www.wir-kooperieren.org dargestellt, an die gemeinsame Arbeit. Aus den Bedürfnissen, Wünschen und Zukunftsbildern aller Projektbeteiligten wird ein gemeinsames Leitbild erarbeitet. Dann erstellt das Hofteam mit unserer Hilfe eine Strategie, die klärt, wie und bis wann sie die gemeinsam festgelegten Ziele angehen. Die Aufgaben jedes Einzelnen werden so genau wie möglich festgelegt. Sehr wichtig ist uns das Thema wirtschaftliche Planung und Transparenz. Es soll deutlich werden, was jeder Einzelne zum Gesamterfolg des Hofes beiträgt. Mit unseren Methoden kann man schnelle Verbesserungen erreichen, denn die Gesprächsfähigkeit sollte sich schon nach den ersten Treffen erhöhen. Wenn man nach einigen Monaten gemeinsamer Arbeit wieder über alles reden kann und viel Klarheit über den Betrieb geschaffen ist, treten persönlichere Themen in den Vordergrund. Also Fragen wie: Wie schafft man es, dass sich die verschiedenen Charaktere nicht verletzen und gegenseitig runterziehen, sondern ihre Stärken nutzen?
Insgesamt dauert es 2-3 Jahre, bis sich die Kultur der Zusammenarbeit nachhaltig verbessert, indem Transparenz hergestellt und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufgebaut wird.
Gibt es auch Fälle, in denen Sie den Klienten raten, die betreffende Betriebsgemeinschaft aufzugeben?
Solange die Menschen Hoffnung haben, besteht immer die Chance zu positiver Veränderung. Nur wenn die wirtschaftliche Situation schon sehrschwierig ist, kann es sein, dass sich keine gemeinsame Lösung finden lässt.
Was kostet Ihre Beratung die Klienten?
Vom Beratungsdienst Ökologischer Landbau Ulm wird die Beratung für seine Mitglieder im Rahmen seiner im Mitgliedsbeitrag enthaltenen Dienstleistungen angeboten. Thomas Schmid ist dort angestellt und führt diese Beratungen durch. In anderen Regionen berate ich auf Tagessatzbasis. Die Idee hinter wir-kooperieren.org ist aber auch, dass die Betriebsgemeinschaften zumindest einige Schritte ohne externe Begleitung machen können. Denkbar ist natürlich auch, dass andere Berater mit den Methoden arbeiten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von wir-kooperieren.org?
Genau letzteres ist unser Wunsch: Dass auch andere Berater unsere Methoden aufgreifen und sich mit uns darüber austauschen. Zudem möchten wir unsere Methoden für wertschöpfungsübergreifende Kooperationen weiterentwickeln. Und wir möchten die Wahrnehmung dafür schärfen, dass auch ein Familienbetrieb − zum Beispiel mit mitarbeitendem Hofnachfolger − eine Art Betriebsgemeinschaft ist. Auch innerhalb von Familien funktioniert die Zusammenarbeit oft nicht „einfach so“. Ein gemeinsam erarbeitetes Zukunftsbild, Aufgabenklärung, eine sorgfältige Jahresplanung und regelmäßiger Austausch sind wichtig, wenn es funktionieren soll.
Insofern arbeiten wir daran, dass sich die Methoden von wir-kooperieren.org noch deutlich mehr als bisher verbreiten.
Stephan Illi
ist Projektleiter von wir-kooperieren.org. Der studierte Agraringenieur war sieben Jahre lang geschäftsführender Vorstand im Demeter Bundesverband in Darmstadt. Zuvor war er 13 Jahre als Geschäftsführer der Demeter Milchbauerngemeinschaft und Demeter Erzeugerberater in Bayern mit dem Schwerpunkt Umstellungsberatung tätig. Seit 2013 ist Stephan Illi freier Berater. Er lebt in Prien am Chiemsee.
Solawis – die Zukunft der Landwirtschaft?
Der Buschberghof in Schleswig-Holstein war 1988 der erste in ganz Deutschland, der als Solidarische Landwirtschaft (kurz Solawi) betrieben wurde. Damals wagten die Jungbauern, die den Hof übernommen hatten, ein neues Konzept. Die auf dem Hof erzeugten Lebensmittel werden seitdem nicht mehr an Großhändler oder auf dem Wochenmarkt verkauft. Stattdessen verteilt sie der Erzeuger direkt an eine Gruppe privater Haushalte. Im Austausch dafür finanzieren die privaten Abnehmer die Arbeit des Hofs durch einen jährlich festgelegten und meist monatlich zu zahlenden Betrag, der alle Kosten des Betriebes deckt. Hofbetreiber und Abnehmer*innen bilden also eine eigene Wirtschaftsgemeinschaft.
Geteiltes Risiko, geteilte Ernte
Die Vorteile: Der Landwirt muss seine Arbeit nicht mehr vom Preisdruck diktieren lassen. Er kann so arbeiten, dass er gesunde Lebensmittel erzeugt, weniger ertragreiche, aber schädlingsresistente Sorten kultiviert, Landschaft und Natur schützt. Die teilnehmenden Haushalte bekommen im Gegenzug die gesamte Ernte, teilweise auch weiterverarbeitete Lebensmittel wie Brot oder Käse. Sie bezahlen also nicht mehr für ihre Nahrungsmittel, sondern für die ökologisch sinnvolle Bewirtschaftung des Betriebes. Alle teilen sich Verantwortung, Risiko, Kosten und letztlich die Ernte.
Solawis werden immer beliebter
Zehn Jahre dauerte es, bis die ersten Nachahmer ebenfalls den Schritt zur Solawi taten. In den letzten Jahren steigt die Zahl der so bewirtschafteten Höfe stetig. Aktuell gibt es mindestens 109 bestehende Solawi-Betriebe und 106 Solawi-Initiativen in Deutschland. Sie bezeichnen sich auch als Gemeinschaftshöfe, Landwirtschafts- oder Versorgungsgemeinschaften. Einige Höfe sind strikt basisdemokratisch organisiert, in anderen haben die Erzeuger bei Betriebsentscheidungen weitgehend freie Hand. Einzige Voraussetzung bleibt immer, dass das jeweilige Konzept von der Gemeinschaft aus Bauern und Privatleuten getragen wird.
Was können Solawis zusammen bewirken?
Können neue Wirtschaftsformen und –Initiativen, wie Solidarische Landwirtschaft, Aquaponik-Konzepte oder Urban Gardening Projekte das etablierte Ernährungssystem in Deutschland verändern? Wie können sie dabei zusammenarbeiten und einander unterstützen? Diese Fragen untersucht das gemeinsame Forschungsprojekt „nascent – Neue Chancen für eine nachhaltige Ernährungswirtschaft durch transformative Wirtschaftsformen“ der Universität Oldenburg, der Hochschule München und der anstiftung. Die Schweisfurth Stiftung ist Beratungspartner des Projekts. Insgesamt 26 Unternehmen und Initiativen, wie die Münchner Produktionsgemeinschaft Kartoffelkombinat, die Leipziger urbane Landwirtschaft ANNALINDE oder die TAGWERK Genossenschaft, unterstützen das Forschungsprojekt mit ihrem vielfältigen Praxiswissen. Zehn Transferpartner, darunter das 2011 gegründete Netzwerk Solidarische Landwirtschaft, helfen bei der Verbreitung der Ergebnisse.
Mehr aktuelle Informationen zu Solawis finden Sie hier:
Broschüre zum Weiterlesen:
„Solidarische Landwirtschaft – Gemeinschaftlich Lebensmittel produzieren“
Über Fortschritte und Ergebnisse des Projekts „nascent“ können Sie sich hier informieren:
„nascent – Neue Chancen für eine nachhaltige Ernährungswirtschaft durch transformative Wirtschaftsformen“
Sie überlegen, sich einer Solawi anzuschließen? Hier finden Sie Initiativen in Ihrer Nähe:
Interaktive Landkarte für Solidarische Landwirtschaft
Profil und Interview vom Kartoffelkombinat auf relaio.de – Der Plattform für nachhaltiges Unternehmertum der Hans Sauer Stiftung
Beitragsbild: © David Freudenthal, mit freundlicher Unterstützung der Hans Sauer Stiftung
Garteln in der Stadt: Interview mit Britta-Marei Lanzenberger
Die Gartensaison 2016 hat begonnen! Rund 50.000 Münchnerinnen und Münchner garteln in den unterschiedlichen gemeinschaftlich organisierten Urbanen Gärten. Aktuell werden Samen und Setzlinge getauscht und neue Pflanzen gezogen. Wir haben zu Saisonbeginn mit Britta-Marei Lanzenberger gesprochen, die das Projekt „Urbane Gärten München“ koordiniert, welches u.a. durch die Schweisfurth Stiftung gefördert wird.
Schweisfurth Stiftung: Das „Netzwerk Urbane Gärten München“ wurde 2011 initiiert. Was war der Anlass für die Gründung der Initiative?
Britta-Marei Lanzenberger: Die BürgerStiftung München hatte damals festgestellt, dass sowohl sie, als auch die Selbach-Umwelt-Stiftung, teilweise in Kooperation mit dem Referat für Umwelt und Gesundheit, Schulgärten gefördert hatte. Gleichzeitig förderte die BürgerStiftung gemeinsam mit der anstiftung & ertomis einen interkulturellen Garten in München. Da der Stiftungszweck teilweise inhaltlich mit der Schweisfurth Stiftung und der Gregor Louisoder Umweltsstiftung übereinstimmte, bot es sich an, diese Überschneidungen auch durch eine gemeinsame Förderung zu einem größeren Schwerpunkt zusammenzubinden. Dieser ist die Förderung von Urbanen Gärten in München. Dazu gehört Öffentlichkeitsarbeit, politische Arbeit, Netzwerkarbeit und Bildungsarbeit.
Was konnte in den vergangenen fünf Jahren durch die Arbeit des Netzwerks erreicht werden?
Es wurde eine Webseite erstellt, die alle Informationen zu Urbanen Gärten enthält. Es gab eine Recherche als Bestandsaufnahme aller Gärten in München – also Urbane Gärten, Schulgärten, therapeutische Gärten, Kleingärten, Krautgärten, deren Standorte auf einer differenzierten Karte auf der Webseite dargestellt wurde. Es wurden und werden Treffen und runde Tische mit den verschiedenen Gartengruppen organisiert; jährlich zwei Netzwerktreffen, zu denen alle Gärten eingeladen werden. Ein Kongress in der Technischen Universität München zum Thema und seine vielen ökologischen, sozialen und Bildungs- und Klimafunktionen fand großen Anklang. Als größtes Problem in München stellt sich nach wie vor die Frage nach Flächen, es gibt mehr Nachfrage als Angebot. Ein Gespräch mit der Stadtbaurätin wurde gesucht, verschiedene Referate eingebunden, ein Ansprechpartner gefunden. Das Netzwerk präsentiert sich und die Gärten regelmäßig auf öffentlichen Veranstaltungen, wie dem Saatgutfestival, dem Streetlife Festival oder dem PARKing Day. Es ist wichtig, der Öffentlichkeit aufzuzeigen, wie viele Gärten es in München gibt und welche Aufgaben sie haben. Dazu haben wir einen Strukturplan erstellt, der die Bedeutung von Gärten in der Stadt aufzeigt.
Wo sehen Sie aktuelle und zukünftige Herausforderungen für das „Netzwerk Urbane Gärten München“?
Die größte Herausforderung ist die zunehmende Verdichtung der Stadt. Grundstücke werden immer rarer und teurer. Es geht dabei ja nicht nur um Flächen zum gemeinsamen Gärtnern sondern um Freiflächen überhaupt. Freiflächen bedeutet für uns eben nicht nur professionell gestaltete Flächen zur vorgeschrieben Nutzung sondern ungestaltete Flächen, die den BürgerInnen zur Verfügung stehen, um sie selber nach ihren Wünschen und Bedürfnissen völlig frei zu gestalten – oder vielleicht gar nicht gestalten – zu können. Um dieser Forderung Nachdruck zu geben, müssten sich aber die GärtnerInnen zusammenschließen und ihr Tun als gesellschaftlich-politische Handlung wahrnehmen. Das ist leider bisher kaum der Fall. Da wir in einer konsumorientierten Wohlstandgesellschaft leben, haben wir nicht wie in anderen Ländern (z.B. Kuba) den Druck, uns selber um die Herkunft von unseren Lebensmitteln zu kümmern. Das Gärtnern ist eine Art Luxusbeschäftigung. Wie wichtig diese Beschäftigung aber für unsere seelische Gesundheit ist, erkennen erst ganz wenige Menschen.
Was würden Sie sich wünschen?
Ich wünsche mir, dass die Bedeutung und die positiven Einflüsse von Urbanen Gärten von der Stadtpolitik mehr wahrgenommen und anerkannt werden. Gartenflächen dürfen nicht als Konkurrenz zu Bauflächen wahrgenommen werden. Von den einzelnen Gärten – also den Gärtnerinnen und Gärtnern – wünsche ich mir, dass sie selber mehr über ihre Beetränder hinausschauen und ihr Tun – wie schon oben genannt – als gesellschaftlich wichtigen Beitrag erkennen. Dazu gehört auch mehr Vernetzung und Zusammenhalt untereinander.
Mit welchen Problemen sind die Gärtnerinnen und Gärtner, sowie die Gärten an sich, konfrontiert? Gibt es Vandalismus oder Diebstahl?
Erfahrungsgemäß gibt es die größten Probleme innerhalb der Gartengruppen – da sind immer Menschen, die sehr aktiv sind und viel für die Gemeinschaft tun, und solche, die sich weniger engagieren und vielleicht nicht so gemeinschaftsorientiert handeln. Häufig sind die Hauptverantwortlichen überfordert und ziehen sich irgendwann zurück. Wenn es einen starken Wechsel bei den GärtnerInnen gibt, ist es schwierig, die Gruppe aufrecht zu erhalten und die neuen immer wieder einzubinden. Es gibt auch Fälle von Diebstahl, das kommt auch auf die Lage und Gestaltung der Gärten an. Man muss damit rechnen, dass mal ein Kohlkopf geklaut wird – bei uns waren es letztes Jahr allerdings alle 10 auf einen Schlag, das ist dann schon ärgerlich. Vandalismus ist glücklicherweise sehr selten.
Wie kann der interessierte Münchner Bürger mitgärtnern oder selbst einen Garten im urbanen Raum gründen? An wen kann ich mich wenden, wenn ich aktiv werden möchte?
Am besten auf unserer Webseite informieren. Da sind alle Gärten mit Ansprechpartner aufgelistet und beschrieben. Ein Garten sollte möglichst in der Nähe der Wohnung liegen oder auf dem Weg zum Arbeitsplatz, sonst geht die Lust daran schnell verloren. Dann sollte man prüfen, ob einem der Garten, das Konzept und die Menschen dort ansprechen. Möchte man selber einen Garten gründen, sollte eine Fläche vorhanden sein und möglichst auch Mitmacherinnen. Konkrete Unterstützung bei Gründung und Umsetzung gibt die anstiftung.
Welche Veranstaltungen und Aktionen sind vom Netzwerk in diesem Jahr geplant?
Am 26.6.2016 ist Tag der Offenen Gartentür, an dem sich einige Gärten in München beteiligen. Am 17.7.2016 wird es eine Fahrradtour durch die Urbanen Gärten im Osten von München geben. Im September werden wir wieder am Streetlifefestival teilnehmen. Und am 11. November 2016 findet wieder unser Netzwerktreffen statt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Britta-Marei-Lanzenberger
betreut seit Mai 2014 das Projekt „Netzwerk Urbane Gärten München“ und engagiert sich selbst im WerkBox³-Kultgarten. Das Netzwerk-Projekt geht auf eine Initiative von fünf Stiftungen, darunter die Schweisfurth Stiftung, im Jahr 2011 zurück. Es wird zudem durch das Münchner Referat für Gesundheit und Umwelt gefördert. Mehr Informationen zur Münchner Stiftungsinitiative für Urbanes Gärtnern finden Sie in unserer Projektbeschreibung.
Zum anschaun und mitmachen:
Großstadtgärtner in der BR-Mediathek: Ein Film von Julia Seidl
Einladung zur Webinar-Reihe der anstiftung: Kompost- und Trockentrenntoiletten für Gemeinschaftsgärten
Tomaten aus dem Hochhaus: Vertical Farming
Die schnell wachsende Weltbevölkerung braucht immer mehr Lebensmittel. Dabei werden Ackerflächen immer knapper − allein durch falsche Nutzung wie monokulturellen Anbau, Überweidung und zunehmende Versiegelung verliert die Menschheit jedes Jahr 24 Milliarden Tonnen fruchtbarer Böden. Auch Bauern gibt es immer weniger: Die Menschen zieht es vom Land in die Städte. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2050 fast 80 Prozent der gesamten Weltbevölkerung in Städten leben. Wer wird dann die notwendigen Lebensmittel produzieren? Und wo?
Hochmoderne Gewächshäuser mitten in der Großstadt
Eine Lösung, die in jüngster Zeit verstärkt beforscht wird, ist das so genannte Vertical Farming, auf Deutsch: Vertikale Landwirtschaft. Die Idee dahinter: Wenn man in der Fläche nicht mehr Lebensmittel anbauen kann, weicht man in die Höhe aus. In Hochhauskomplexen (englisch: farmscrapers) können auf verschiedenen Etagen in geschlossenen Kreislaufsystemen Nahrungspflanzen wie Spinat, Kräuter, Auberginen, Tomaten, Mais, Salate, Kartoffeln und Karotten angebaut werden. Sie wachsen nicht auf Erde, sondern auf anorganischem Substrat wie in einem hochmodernen Gewächshaus. Künstliches Licht sorgt für gute Wachstumsbedingungen. In den unteren Etagen ist sogar Nutztierhaltung oder Aquakultur denkbar.
Gute Erträge mit wenig Wasser und Dünger
Vertical Farming bietet auf den ersten Blick vielfältige Vorteile gegenüber anderen Formen des Lebensmittelanbaus. In der vollständig kontrollierten Umgebung sind die Erzeuger von Jahreszeiten und Wetterverhältnissen unabhängig. Außerdem lassen sich neben Anbauflächen und Wasser auch große Mengen an Dünger und Pflanzenschutzmitteln einsparen. Durch die Produktion von Lebensmitteln direkt in der Stadt entfallen Transportkosten und –Emissionen. Hinzu kommen ausgezeichnete Erträge: Aufgrund der effizienten Bewässerungs-, Beleuchtungs- und Steuerungstechnologien können bis zu dreimal schnellere Ernten erzielt werden als mit konventionellen Anbaumethoden.
Gesunder Boden ist unersetzlich
Trotzdem können High-Tech-Gewächshäuser gesunde Bodenflächen nicht ersetzen. Schließlich ist intaktes Erdreich mehr als die Grundlage für Ackerbau. Es reguliert als wichtiger Kohlenstoffspeicher das Klima und sorgt mit seiner Filterfunktion dafür, dass aus Regenwasser wieder nutzbares Trinkwasser wird.
Komplex und Teuer
Auch wenn die technischen Möglichkeiten faszinierend sind, bietet Vertical Farming keine flächendeckende Lösung für die Welternährung. Hier werden Lebensmittel nicht mehr vom Bauern erzeugt, sondern von Ingenieurshand designt. Das notwendige Know-how und Equipment, die hohen Immobilienpreise in den urbanen Ballungszentren und der gigantische Energieaufwand machen diese Technologie sehr teuer.
Für Entwicklungsländer kaum geeignet
Länder, in denen Armut und Mangel an Lebensmitteln herrscht, können solche Projekte weder finanzieren noch die nötige Energieversorgung sicherstellen. Deshalb werden sie vom Vertical Farming kaum profitieren. Dabei besteht gerade in diesen Gebieten großer Bedarf an einer effizienteren Landwirtschaft. Kostengünstige Lösungen sind nötig, welche moderne und traditionelle Elemente der Lebensmittelherstellung verbinden. Nur so kann Hunger schnell, wirkungsvoll und unter Respektierung der Ernährungssouveränität von Land und Leuten bekämpft werden.
Spinat in Singapur, Buntbarsche in Berlin
Bisher stehen daher die meisten Vertical Farms in wirtschaftlich starken Metropolen. Seit 2012 züchtet die Firma Sky Greens in Singapur erfolgreich Spinat, Salate und anderes Blattgemüse in einer Vertical Farm. In Washington baut man derzeit an einer der größten Stadtfarmen weltweit. Und im Berliner Süden eröffnete ECF Farmsystems im Frühjahr 2015 auf einem ehemaligen Fabrikgelände die größte Vertical Farm Europas. Auf 1.800 Quadratmetern wachsen hier Gurken, Tomaten und Spinat. Das Besondere: Die Nährlösung, auf der das Gemüse wurzelt, stammt von Buntbarschen, die in dem gigantischen Gewächshaus für den Verzehr gezüchtet werden. Auf diese Weise können bis zu 90 Prozent Wasser eingespart werden.
Mini-Gemüsefarmen für Wohnung und Büro
Auch in München tut sich Einiges: Hier hat die Association for Vertical Farming ihren Sitz, die internationale Konferenzen organisiert, Netzwerke knüpft und als Think Tank fungiert. Das Münchner Start-Up agrilution hat einen plantCube entwickelt, eine etwa kühlschrankgroße Mini-Farm. Privathaushalte, Büros oder Gastronomen können sich mit dem Gemüseanbau-Würfel ganzjährig Kräuter und Salate selbst züchten. Einen grünen Daumen braucht man dafür nicht: Der plantCube funktioniert nahezu vollautomatisch. Die so erzeugten Lebensmittel, so das Versprechen von agrilution, erreichen aufgrund der idealen Wachstumsbedingungen „ein Optimum an Qualität, Geschmack und Nährstoffgehalt“. Bleibt abzuwarten, ob sich diese Form der Gemüsezucht durchsetzt − Vorbestellungen für den Pflanzenwürfel werden jedenfalls bereits entgegengenommen.
Mehr Infos zum Thema finden Sie hier:
Association for Vertical Farming in München: https://vertical-farming.net/
Einblicke in die grünen Hochhäuser von Spiegel TV auf Youtube oder im Futuremag von ARTE
Der Gemüseanbau der Zukunft: ARD-Film der Reihe W wie Wissen in der Mediathek.
Wie Raumpioniere Dörfer zum Blühen bringen
In Bad Alexandersbad in Oberfranken, kurz vor der tschechischen Grenze, beträgt das Durchschnittsalter der Einwohner 57 Jahre. Für die Region prognostiziert die Landesregierung in den nächsten 10 Jahren einen Bevölkerungsrückgang von 5 -10 Prozent. Die Folge: Ortskerne verwaisen. Um trotzdem noch Investoren und junge Familien anzulocken, werden immer mehr Neubaugebiete ausgewiesen. Die gewachsene Dorfstruktur verschwindet.
Wie man diesen Problemen entgegenwirken kann, sollte die Tagung „Landgemeinden im Aufbruch“ im Frühjahr 2016 zeigen. Im Zentrum der Tagung standen sogenannte „Raumpioniere“ aus Oberfranken und der Oberpfalz. Das sind Bürger, die sich in Eigeninitiative und ehrenamtlich für eine lebenswerte Neugestaltung ländlicher Gemeinden einsetzen. Auch die Schweisfurth Stiftung unterstützt solche Raumpioniere, beispielsweise im Rahmen des Projekts DorV UG.
Lernen von Raumpionieren
Anliegen der Veranstaltung „Landgemeinden im Aufbruch“: Entscheider aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft mit den Raumpionieren zusammenzubringen. Dazu hatten die ökologische Akademie und das Zentrum für nachhaltige Kommunalentwicklung nach Bad Alexandersbad geladen. Hier wurden zahlreiche Praxisbeispiele für eine Wiederbelebung dörflicher Strukturen vorgestellt.
Ein experimenteller Dorfladen in Oberfranken
Ein von Raumpionieren ins Leben gerufenes Projekt ist beispielsweise Dola, der Dorfladen in Thierstein, einer Gemeinde mit 1100 Einwohnern im oberfränkischen. Das Dorf hat schon seit Jahren keinen Lebensmitteleinzelhändler mehr vor Ort – bei der Einwohnerzahl rentiert sich ein klassischer Laden einfach nicht. Deshalb finanziert sich der neue Dorfladen durch den Verkauf von Anteilen an die Thiersteiner Bürger. Die Eröffnung ist für Mai 2016 geplant.
Ein sozialer Kulturort in Niederbayern
Auch die Mitglieder des Vereins Eiskeller Haindling e.V. haben das Schicksal ihres Dorfes selbst in die Hand genommen. Mit der Schließung des Wirtshauses und des Kramerladens waren die letzten sozialen Treffpunkte in Haindling, das zu Stadt Geiselhöring gehört , verloren gegangen. 2004 schlossen sich die Bewohner des Ortes im Verein zusammen. Sie bewegten die Stadtverwaltung dazu, den ehemaligen Eiskeller in Haindling zu kaufen und zu sanieren. Heute betreibt der Verein in dem Gebäude ein Café und einen Laden. Auch Lesungen, Konzerte und Seminare organisieren die Mitglieder in den Räumen und sorgen so für ein vielfältiges kulturelles Angebot. Das Konzept trägt sich und erwirtschaftet sogar Überschüsse, die ebenfalls für einen sozialen Zweck zum Einsatz kommen. Eiskeller Haindling e.V. finanziert mit dem Erlös acht Patenschaften für Schülerinnen in Tansania.
Ein Konzerthaus in der Oberpfalz
Das bisher größte von Raumpionieren entwickelte Projekt ist das Konzerthaus Blaibach. Auch in Blaibach gab es einen verwaisten Ortskern, immer weniger junge Menschen und rückläufige Übernachtungszahlen im ortsansässigen Hotel. Die Blaibacher beschlossen, ihre Gemeinde mit Hilfe von innovativer Architektur und hochkarätigen Musikevents wieder attraktiv zu machen. 2014 wurde das Konzerthaus Blaibach eröffnet. Es ist eines der modernsten Konzerthäuser Europas mit 200 Sitzplätzen. Rund 50 ausverkaufte Konzerte finden hier pro Jahr statt. 1,6 Millionen Euro hat der Bau gekostet, dessen Architektur mit dem Deutschen Architekturpreis ausgezeichnet wurde. Finanziert wurde das Projekt von Land und Kommune, von Stuhlpaten, Sponsoren und Spendern. Heute kommen Besucher aus der ganzen Welt in die Oberpfalz, um Musik im Vorzeige-Konzerthaus zu hören und das Gebäude zu besichtigen.
Expertenvorträge zur nachhaltigen Entwicklung in ländlichen Räumen
Neben Arbeitsgruppen und einem Marktplatz der Raumpioniere bot die Tagung in Bad Alexandersbad drei Experten-Vorträge. Manfred Miosga, Professor für Stadt- und Regionalentwicklung an der Universität Bayreuth, zeigte in seinem Vortrag, dass sogenannten peripheren ländlichen Räumen eine „doppelte Peripherisierung“ drohe. Zum einen schwinde die ländliche Infrastruktur, zum anderen wanderten deshalb die Einwohner in die Städte ab. Moritz Kirchesch vom Netzwerk Ländliche Räume (BLE) stellte eine kontroverse These auf: Der Breitbandausbau sei viel weniger wichtig als die Innenentwicklung der Dörfer und die Entwicklung von alternativen Wohn- und Nahversorgungskonzepten. Inspirierende Projekte von Raumpionieren wie den Badebus Langenfeld, eine mobile Zahnärztin in Brandenburg und das Amvieh-Theater stellte schließlich Kerstin Faber vom Projektbüro für Raumentwicklung, Politikberatung und Kommunikation vor.
Ein unternehmerisch denkender Bürgermeister
Die Tagung bildete zugleich den Startschuss eines Beratungsprojekts der Universität Bayreuth für die Gemeinde Bad Alexandersbad statt. Als Berater engagieren sich hier sechs Geologiestudent*Innen und ihr Professor. Am Vorabend der Tagung berichtete Bürgermeister Peter Berek interessierten Tagungsteilnehmern von Initiativen, die er in seiner Gemeinde bereits umgesetzt hat, um sie für junge Menschen attraktiver zu machen. Beispielsweise wurde hier einer der erste 24-Stunden-Kindergarten gegründet. Eltern, die im Schichtdienst arbeiten, können ihre Kinder nun bereits ab 6 Uhr morgens betreuen lassen.
Die ökologische Neuorientierung eines Kurorts
Das bisher teuerste Projekt ist die Erweiterung des Bäderhauses von Bad Alexandersbad um eine Therme, die noch in diesem Jahr fertiggestellt wird. Sie soll vollständig mit regenerativen Energiequellen betrieben werden. Damit bildet sie den Kern der neuen „alternativen“ Ausrichtung des Kurortes nach dem Motto „Gesundheit und Energie aus der Natur, mit der Natur, für die Natur“. Auch die Umstellung auf LED-Leuchten in der gesamten Gemeinde (als erste Gemeinde Deutschlands) ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Fazit: Kommunen brauchen Flexibilität
Die meisten der auf der Tagung vorgestellten Projekte wurden nicht von Bürgermeistern und Verwaltung initiiert und verwaltet. Dennoch brauchen die Ideen der Raumpioniere die Mitarbeit der Gemeinden. Neben der notwendigen finanziellen Unterstützung von Kommune, Land oder EU braucht es auch die Bereitschaft in den Ämtern, ungewöhnliche neue Konzepte zu akzeptieren und zu fördern.
Weiterführende Web-Links und Lesetipps
Das Thema interessiert Sie? Dann finden Sie hier Material zum Weiterlesen:
- Rural Roadmap. Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung nachhaltiger Dörfer und Landgemeinden (Europäische ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung)
- Edition Bauhaus 35: Raumpioniere in ländlichen Regionen (Kerstin Faber und Philipp Oswalt, Hg.)
DORV belebt Dörfer neu
In Deutschland grassiert das Dorfsterben: Drei Viertel aller Gemeinden verlieren Einwohner. Immer mehr junge Menschen zieht es in die Städte. Die Älteren bleiben zurück und haben mit fehlender Infrastruktur, der Abwanderung von Arbeitsplätzen, schwindenden Einkaufsmöglichkeiten und sozialer Vereinsamung zu kämpfen. Postamt, Metzger, Bäcker und der Dorfgasthof sind in vielen Dörfern längst verschwunden. Dafür fressen sich Gewerbegebiete, in denen sich die immer gleichen Ketten ansiedeln in die Naturräume rund um Städte: Parkplatz- und Asphaltwüsten prägen das Bild.
Tante Emma kehrt heim
Das Projekt DORV (Dienstleistung und Ortsnahe Rundum Versorgung) tritt dem Dorfsterben entgegen. Das Prinzip ist einfach: Vor Ort wird ein DORV-Zentrum geschaffen, eine Art moderner Tante-Emma-Laden, der Lebensmittel, Dienstleistungen, soziale und medizinische Dienste anbietet. Außerdem werden hier Kommunikations- und Kulturangebote organisiert, die das soziale Leben im Ort bereichern. Hier können sich insbesondere die nicht (mehr) mobilen Menschen und die jungen Familien im Ort rundum versorgen und auch soziale Kontakte pflegen.
Multifunktionale Nahversorgung
Brot, Fleisch, Gemüse und andere Dinge des täglichen Bedarfs kaufen, Autos an- und ummelden, Geld abheben, Reisen buchen, Post aufgeben, Kaffee trinken, Kleidung zur Annahme für die Reinigung bringen: All das können die Bürger in einem DORV-Zentrum wohnortnah erledigen. Um sicherzustellen, dass Angebot und Nachfrage zusammenpassen, werden die Dorfbewohner schon bei der Planung des Zentrums von Projekt DORV nach ihren Wünschen und Bedürfnissen befragt. So werden die Menschen vor Ort als dauerhafte Nutzer*innen und Kunden*innen gewonnen. Die Rundum-Versorgung hat viele Vorzüge: Sie stärkt die regionale Identität und schafft wohnortnahe Arbeitsplätze. Durch die Vermarktung regionaler Produkte von ortsansässigen Landwirten bleibt die Wertschöpfung im Ort. Dorfwirtschaften und Cafés mit Kulturangeboten fördern außerdem das Gemeinschaftsgefühl, neue Einwohner finden schneller Anschluss.
Kooperation gefragt
Der Aufbau eines DORV-Zentrums verlangt nicht nur Koordination, sondern auch Kooperation. Gewerbetreibende, Kirchen und Sozialverbände sind gefragt, gemeinsam zu überlegen, was vor Ort gebraucht wird und wie es sich gemeinsam mit den Bürger*innen umsetzen lässt. Ein Kompetenzteam von Projekt DORV prüft anschließend mit einer Bedarfsanalyse die Voraussetzungen für die Einrichtung eines DORV-Zentrums. Während der Entstehung und auch im laufenden Betrieb beraten die DORV-Experten die Betreiber. So wird der langfristige Erfolg des jeweiligen Zentrums gesichert. Seit 2004 sind bundesweit 25 solcher Nahversorgungseinrichtungen entstanden. Weitere sind in Planung, auch in den Nachbarländern Österreich, Frankreich und in den Niederlanden. Dass dieses Konzept nicht nur im ländlichen Raum funktioniert, zeigt sich derzeit in einem Pilotprojekt. Das Quartvier-Zentrum in der 90.000-Einwohner-Stadt Düren (NRW) befindet sich bereits in der Umsetzung.
Projektname: DORV-Zentrum
Startschuss: 2004
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal, regional
Zielgruppe: Dörfer und Stadtviertel
Maßnahme: Belebung des ländlichen Raumes, multifunktionale Nahversorgung
Ansprechpartner: Heinz Frey, DORV, frey@dorv.de
Mehr unter: www.dorv.de bzw. www.quartvier.de
Von Experten lernen und mitdiskutieren: Das Münchner Forum Nachhaltigkeit
Ernährungssicherung, Umweltschutz, Klimawandel, Post-Wachstum, Mobilität, Fracking, Ressourcenschutz, Energiewende, Globalisierung – das Münchner Forum Nachhaltigkeit (MFN) bietet eine Informations- und Diskussionsplattform rund um aktuelle Nachhaltigkeitsthemen.
Was genau passiert beim Fracking? Was sind Gemeingüter? Wie kann man seinen ökosozialen Anspruch auch im Alltag nachhaltig umsetzen? Das MFN sucht gemeinsam mit interessierten Gästen auch auf schwierige Fragen konkrete, praxistaugliche Antworten. Seit 2005 laden der Verein oekom e.V., die Selbach-Umwelt-Stiftung und die Schweisfurth Stiftung bis zu acht Mal im Jahr zu den Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen ein.
Expertinnen und Experten machen komplexe Themen zugänglich
Die Veranstaltungen sind meist schnell ausgebucht. Kein Wunder, denn die Referentinnen und Referenten sind hochkarätige Experten.Naturwissenschaftler und Politiker Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, der ehemalige UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Nahrung Prof. Dr. Jean Ziegler, Dr. Hans R. Herren, Co-Vorsitzender des Weltagrarberichts, Silke Helfrich, Gründerin des Commons-Instituts, Prof. Dr. Michael Braungart, Mitbegründer des Cradle-to-Cradle-Prinzips – das sind nur einige der Vortragenden, die in den vergangenen Jahren den Münchnern das Thema Nachhaltigkeit in seinen verschiedenen Ausprägungen näher gebracht haben.
Beliebte Veranstaltungsreihe mit starken Partnern
An unterschiedlichen Veranstaltungsorten wird eine breite Öffentlichkeit angesprochen: Rund 1.500 Gäste erreicht das MFN jährlich mit seiner Vortragsreihe. Begleitet von starken Kooperationspartnern wie der Die Umwelt-Akademie e.V., der Bürgerstiftung München, Green City e.V., der Hochschule für angewandte Wissenschaften München sowie der Ringvorlesung Umwelt der Studentischen Vertretung der TU München werden hier Fragen behandelt, die auf unsere Zukunft entscheidenden Einfluss haben werden.
Sie haben Interesse an dieser Veranstaltungsreihe? Alle Termine, Veranstaltungsinformationen und Anmeldemodalitäten finden Sie hier.
Ab sofort können Vorträge auch beim Youtube-Kanal des MFN abgerufen werden.
Projektname: Münchner Forum Nachhaltigkeit
Startschuss: 2005
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal, regional
Zielgruppe: Interessierte an Themen rund um Nachhaltigkeit
Maßnahme: Mitveranstalter
Ansprechpartner: Dr. Manuel Schneider, oekom e.V.
Mehr unter: mfn-net.de
Wo Kinder gut essen lernen: Bildungswerk Kronsberghof
Gemüse, Milch, Eier − für die meisten Kinder kommen Nahrungsmittel heute aus dem Supermarkt. Wer sie wie herstellt, lernen die wenigsten. Dabei ist dieses Wissen die Grundlage für eine gesunde Ernährung und für die Wertschätzung von Lebensmitteln. Deshalb bietet das Bildungswerk Kronsberghof gGmBH Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion hautnah zu erfahren.
Lernort Bauernhof
Mit den jeweils altersgerecht konzipierten Bildungsangeboten des Kronsberghofes werden die ganz Kleinen ebenso angesprochen wie Abiturienten. Das Bildungswerk vermittelt Kindergartengruppen und Schulklassen an Bauernhöfe und lebensmittelverarbeitende Betriebe in der Region. Hier erleben die Teilnehmer, wie Korn wächst und zu Brot verarbeitet wird, wie die Tiere leben, die Milch, Eier und Fleisch liefern. Trägerin des Bildungswerks ist die Schweisfurth Stiftung zusammen mit dem Verein „Ländliche Erwachsenenbildung in Niedersachsen e.V.“.
Der Ernährungsführerschein
Grundschulkinder der dritten Jahrgangsstufe können beim Bildungswerk den „Ernährungsführerschein“ machen. In sieben Unterrichtseinheiten und bei einem Vormittag auf dem Bauernhof lernen die Kinder, woher die Lebensmittel kommen, wie sie verarbeitet und gelagert werden und wie man einfache, gesunde Gerichten zaubert. Das Gelernte wird in einer Theorie- und Praxisprüfung abgefragt, das erworbene Wissen in einem Führerschein mit Passbild und Stempel dokumentiert. Es wird die Kinder ihr Leben lang begleiten − beim Einkaufen, in der Küche und am Esstisch. Daneben gibt es viele weitere spannende Angebote für Schüler, Eltern und Lehrer.
Die aktuellen Kurse und Aktivitäten finden Sie auf http://www.bildungswerk.leb.de
Projektname: Bildungswerk Kronsberghof
Startschuss: 1997
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal, regional
Zielgruppe: Kinder, Jugendliche, Lehrer, Eltern
Maßnahme: Die Schweisfurth Stiftung ist einer der rechtlichen Träger des Bildungswerkes und sorgt für kontinuierliche Weiterarbeit.
Leitung / Ansprechpartner/in für alle Ernährungsthemen: Karen Lau vom Bildungswerk Kronsberghof, karen.lau@leb.de
Mehr unter: www.bildungswerk.leb.de
Mehr grün wagen: Stiftungsinitiative für Urbanes Gärtnern
Gibt es in meiner Nähe einen Gemeinschaftsgarten? Wo bekomme ich Tipps, um eigenen Kompost herzustellen? Und kann mir jemand sagen, wo es gutes Saatgut gibt? Die Stiftungsinitiative für Urbanes Gärtnern bietet Antworten und vernetzt Selbstversorger und Gärtner in und um München.
Es grünt!
Um die 50.000 Münchnerinnen und Münchner sind bereits in unterschiedlich gemeinschaftlich organisierten Gärten in und um München aktiv. Die Vielfalt an städtischen Nutzgärten ist groß und die Nachfrage nach ihnen wächst. Dabei treffen traditionelle Formen des Gärtnerns auf neue, sozial innovative Nutzungskonzepte. Das Ergebnis sind Gemeinschafts-, Nachbarschafts- und Krautgärten, aber auch Interkulturelle, Pädagogische und Therapeutische Konzepte. Dazu kommen Schul- und Experimentier-, sowie Kleingärten. Alle Projekte bilden neue Räume der Begegnung, des Selbermachens und der Integration. Dabei sensibilisieren die Gärten die Stadtbewohner für lokale Lebensmittel und ihre Qualität.
Die Stiftungsinitiative für urbanes Gärtnern setzt sich seit 2011 für die Anerkennung und Ausweitung dieser neuen Formen des urbanen Gärtnerns in München ein und sorgt dafür, dass die Akteure im Großstadtdschungel zueinanderfinden.
Gemeinsam den Austausch fördern
Die Initiative bringt gemeinsam das Thema “Mehr Gärten in der Stadt” voran. Dazu haben sich die Schweisfurth Stiftung, die Bürgerstiftung München, die Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis, die Selbach Umweltstiftung und die Gregor Louisoder Umweltstiftung zusammengeschlossen. Das Projekt wird zudem durch das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München unterstützt. Die Aufgaben sind die Vernetzung der urbanen Gärten, Öffentlichkeitsarbeit, politische Arbeit, die Organisation von Netzwerktreffen und Workshops, sowie die Betreuung des eigens entwickelten Internetportals.
Onlineplattform der Urbanen Gärten
Für die Arbeit wurde im Auftrag der Stiftungsinitiative eine Bestandsaufnahme der urbanen Gartenaktivitäten in und um München durchgeführt. Die Ergebnisse sind in die Entwicklung des Internetportals geflossen, welches seit Januar 2013 online ist. Das Portal stellt alle urbanen Gärten und Aktivitäten, sowie das Netzwerk von Organisationen aus dem Bereich urbane Landwirtschaft und Stadtökologie vor. Zudem gibt es Hintergrundinformationen, einen Terminkalender, ein Forum und ein „Schwarzes Brett“, auf dem zum Beispiel Pflanzen, Geräte oder Grundstücke angeboten und gesucht werden können. Außerdem verlinkt das Internetportal der Initiative auf eine eigene Übersichtskarte, auf der alle urbanen Gärten in München verzeichnet werden.
Projektname: Stiftungsinitiative für Urbanes Gärtnern
Startschuss: 2011
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal
Zielgruppe: Urbane Gärten in und um München, GärtnerInnen, Interessierte
Maßnahme: Gründungsmitglied der Stiftungsinitiative
Ansprechpartnerin: Britta-Marai Lanzenberger, Bürgerstiftung München
Mehr unter: http://urbane-gaerten-muenchen.de/
Wenn zwei sich streiten, freut sich: keiner.
Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Gerade junge Menschen auf dem Land schließen sich vermehrt zu gemeinschaftlich geführten Höfen zusammen. Dabei gibt es neben bürokratischen auch menschliche Hürden zu überwinden. Unterschiedliche Vorstellungen, Arbeitsweisen, Pläne und Werthaltungen treffen aufeinander – und nicht immer entwickeln sich daraus innovative Ideen, sondern es kommt zu handfesten Auseinandersetzungen. Konfrontation ist wichtig und gesund, doch was ist zu tun, wenn das soziale Miteinander nicht klappt und deshalb die gesamte Hofexistenz in Frage gestellt wird?
Zusammenarbeit kann man lernen!
Hier setzt das Projekt „Wir kooperieren“ an, das von der Schweisfurth Stiftung, der Software AG-Stiftung und von der Cocreatio Stiftung für Kooperation und kollektive Entwicklung gefördert wird. Es bietet Werkzeuge, die landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften besser auf ihre Aufgaben vorbereiten und den Prozess des Miteinanders begleiten. Denn: Kooperation kann man lernen.
Wegweiser für mehr Kooperation: In 12 Schritten zum Erfolg
Das Handwerkszeug für ein gutes Miteinander – Formulare, Anleitungen, Checklisten, Beispiele – ist auf der Homepage des Projektes zu finden. Die Werkzeuge sind direkt anwendbar und mit Praxisbeispielen versehen.
Die Werkzeuge sind in 12 Bereiche untergliedert:
• Diagnose
• Prozessvereinbarung und Überblick
• Leitbild
• Strategie und Ziele
• Aufgaben und Zuständigkeiten
• Fertigkeiten und Weiterbildung
• Planung und Steuerung
• Information und Vertrauen
• Verträge und Vereinbarungen
• Ressourcen
• Begegnung und Teamentwicklung
• Zukunftsfähigkeit
Seit Mitte August ist die Internetseite des Projektes online: Unter www.wir-kooperieren.org können sich Interessierte und Betroffene informieren und die Tools kostenlos herunterladen.
Erfahrungs-, Spiel- und Lernraum: Das ganz andere Schullandheim
Schullandheim einmal anders − das Dorf für Kinder und Tiere in Herrmannsdorf bei München schafft Nähe: Zwischen Menschen untereinander, zwischen Mensch, Tier und Natur. Kinder haben hier die Möglichkeit, fernab von Smartphone und Spielkonsole das Dorfleben mit allen Sinnen zu erfahren. Sie pflanzen, ernten und verarbeiten ihr eigenes Gemüse, versorgen die Tiere und stellen Lebensmittel selbst her. Außerdem organisieren sie sich im Rahmen eines Dorfrates, verteilen demokratisch Aufgaben und Pflichten. Daneben gibt es viel Zeit für Entdeckungen und Spiele in und mit der Natur.
Das Projekt Dorf für Kinder und Tiere findet in den Sommermonaten statt und wird von der Schweisfurth Stiftung gefördert.
Sie möchten sich über das Dorf für Kinder und Tiere informieren oder mit einer Schulklasse teilnehmen?
Kontakt:
Dorf für Kinder und Tiere e.V.
Herrmannsdorf
85625 Glonn
Tel.: 08093 / 9094-0
info@dorfkindertiere.de
www.dorfkindertiere.de
Projektname: Dorf für Kinder und Tiere
Startschuss: 2006
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal
Zielgruppe: Kinder, Eltern, Lehrer, Schulen
Maßnahme: Jährliche Förderung
Mehr unter: dorfkindertiere.de
Stadt Land Tisch
Den ländlichen Raum entwickeln
Essen ist Information. Lebensmittel sorgen dafür, dass der menschliche Leib Information empfängt und verarbeitet. Sie sind wie Schulbücher des Lebens – voller Geschichten. Über den Boden, in dem sie gewachsen sind, über Menschen, die sie angebaut, großgezogen und verarbeitet haben. Essen ist Kultur-Geschichte. Geschrieben wird sie von vielen Autoren: Bauern und Verbrauchern, die heute in der Mehrzahl in Städten leben, Verarbeitern und Händlern. Damit sie sich an einen Tisch setzen, um die Lebens-Mittel-Kultur bewusster und kooperativer zu gestalten, realisiert die Schweisfurth Stiftung unter dem Motto Stadt-Land-Tisch eine Reihe von Projekten. Der Fokus liegt auf sozialen Entwicklungen in ländlichen Räumen, solidarischer Landwirtschaft, Kooperationen zwischen Bauern, Städtern, Lebensmittelhandwerkern, Vermarkten, zwischen Innovatoren und Organisationen, zwischen Praxis und Wissenschaft.
wir-kooperieren.org
Was brauchen wir für ein gutes Leben? Wie lassen sich Betriebsgemeinschaften nachhaltig entwickeln? Welche Kooperationsmöglichkeiten gibt es zwischen Stadt und Land und was braucht es für ein gutes Miteinander?
Tolle Idee − und dann?
Der zündenden Idee, einen Biohof gemeinsam zu bewirtschaften, folgt oft eine Phase harter Um- und Auseinandersetzung. Unterschiedliche Vorstellungen, Arbeitsweisen und Weltanschauungen prallen aufeinander. Damit aus solchen Prozessen eine erfolgreiche und fruchtbare Kooperation für möglichst alle Beteiligten wachsen kann, arbeiten wir gemeinsam mit der Software AG Stiftung und Projektleiter Stephan Illi an einer Studie zur „Förderung der Zusammenarbeit von biodynamischen Bauern als Impuls zur Diversifizierung des Ökolandbaus“.
Ziel ist es, gemeinsam herauszufinden, wie sich zwischenmenschliche Konflikte bei der Gründung oder Führung von Hofgemeinschaften in der Landwirtschaft lösen lassen. Kernstück des Projekts ist eine gezielte Beratung, mit deren Hilfe die Beteiligten Entwicklungsprozesse erfolgreich umsetzen können.
Einzigartiges Beratungsangebot
Da es bisher kaum Angebote gibt, die Zusammenarbeit systematisch und grundlegend zu erlernen, schließt dieses wegweisende Projekt eine große Lücke. „Auf der Webseite www.wir-kooperieren.org wird die zielgerichtete Beratung ergänzt durch praktisches Handwerkszeug zum Herunterladen“, so Projektleiter Stephan Illi. Das Angebot richtet sich an bestehende ebenso wie an in Gründung befindliche Hofgemeinschaften.
Solidarische Regionen
Wie groß der Wunsch nach Nähe zwischen Bauern und Konsumenten tatsächlich ist, zeigt das Projekt „Solidarische Regionen“. Zur Jahreswende 2014/2015 wurden über vier Monate hinweg Biokunden, Biobauern sowie Verarbeiter und Händler der Biobranche befragt: Wünschen Sie sich eine tiefergehende Beziehung über die Wertschöpfungskette hinweg? Und wenn ja, wie sieht dieses Interesse konkret aus?
Wer macht was und wie?
Die Auswertung zeigte deutlich, dass ein wachsender Anteil der Verbraucher gerne mehr über regionale Erzeuger und Hersteller wissen will. Auch die Gesichter und Geschichten hinter den Lebensmitteln kennenzulernen, ist den Konsumenten zunehmend ein Anliegen. Ebenso wurde großes Interesse an mehr Teilhabe festgestellt, etwa durch Mitfinanzierung von Betriebsinvestitionen. Einige der Befragten wollten gerne ganz konkret auf Höfen mitarbeiten.
Im Artikel Erfolgsrezept Kooperation: Durch gute Zusammenarbeit Veränderungen vorantreiben finden Sie aktuelle Informationen zum Projekt.
Gefördert durch
Kulinarisches Erbe Bayern
Sie sind zu gut, als dass sie in Vergessenheit geraten dürfen. Und sie sind kulinarisches Erbe Bayerns, das erhalten werden will: Adöpfeldätscher, Nonnenfürzchen, Quärkla und viele mehr.
Das Projekt Kulinarisches Erbe Bayern zeigt die ganze Vielfalt der natur- und heimatverbundenen Küche Bayerns. Es macht alte Rezepturen wieder hoffähig und zeigt, mit welch vielfältige Zutaten Bayerns Fauna und Flora unseren Tisch deckt.
Tiere, Pflanzen, Rezepte: Vom Aussterben bedroht
Die traditionelle bayerische Küche orientierte sich ursprünglich an den lokalen Kulturlandschaften, Gepflogenheiten und Jahreszeiten. Bäuerliche Landwirtschaft und traditionelle Handwerkskultur haben so über die Jahrhunderte eine vielfältige Ernährungskultur entstehen lassen. Doch viele einzigartige Gerichte gerieten immer mehr in Vergessenheit. Mit ihnen verschwanden nach und nach auch seltene Haustierrassen, Getreide-, Obst- und Gemüsesorten sowie kostbare Rezepturen.
Vergessenen Genuss neu entdecken
Der Verein Kulinarisches Erbe Bayern, der von der Schweisfurth Stiftung mitbegründet wurde, unterstützt das traditionell arbeitende Handwerk, um gemeinsam das kulinarische Brauchtum wiederzubeleben.
Mit ausgewählten Restaurants finden regelmäßig Aktionswochen statt, die das kulinarische Erbe auf die Teller der Gäste bringen. Wer sich gerne selbst an den traditionsreichen Rezepten versuchen möchte, findet auf der Website des Vereins Kulinarisches Erbe Bayern ausgewählte Spezialitäten aus den sieben Regionen Bayerns. Daneben können Interessierte sich auf Workshops weiterbilden und verlorengeglaubte Gaumenfreuden neu entdecken.
Projektname: Kulinarisches Erbe Bayern
Startschuss: 2010
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal – regional
Zielgruppe: Gastronomen, Verbraucher
Maßnahme: Gründungsmitglied des Trägervereins, Koordination, Pressearbeit
Ansprechpartner: Dr. Wolfgang Filter, Landesinnungsverband für das Deutsche Bäckerhandwerk
Mehr unter: kulinarisches-erbe-bayern.de
Divinus halitus terrae – auf der EXPO 2015 in Mailand
Eindrücke und Gedanken von Prof. Franz-Theo Gottwald
Divinus halitus terrae – der göttliche Atem der Erde empfängt die Besucher der EXPO 2015 in Mailand. In Worten auf der eindrucksvollen Ausstellungshalle der UN. Doch auch die Präsenz der großen Sponsoren aus Lebensmittelindustrie und Energiewirtschaft empfängt einen – noch vor dem Passieren der Besucherkontrolle und auf dem gesamten Gelände. Divinus halitus terrae, dieses Leitmotiv einer lebendigen Erde habe ich als ein ermutigendes Zeichen erlebt für das große Menschheitsprojekt des 21. Jahrhunderts: Nachhaltiges Wirtschaften. Die Besucher werden im Pavillon Zero – Zero als ein Hinweis auf „Null Hunger“ als Schwerpunktthema der UN – gleich auf eine der wichtigsten Ressourcen hierfür hingewiesen: das über die Jahrtausende gesammelte Wissen zur Ernährungssicherung. Imposant dargestellt mit einem 24 Meter langen und 50 Meter hohen „Archiv des Wissens“. Eine künstlerisch und inhaltlich hervorragend inszenierte Präsentation über Nahrung als kulturbildende Kraft.
Slowfood als Schlusspunkt der Ausstellung
Auch wenn viele engagierte Slowfood Mitglieder – wie ich höre – enttäuscht sind über die „schlechte Platzierung“ der exzellenten Slowfood-Präsentation am Ende des 1,5 km langen Ausstellungsareals – so habe ich gerade diesen Platzierung als zukunftsweisend wahrgenommen. Nach einem längeren Weg, der bei der UN beginnt, kommen die Besucher über viele verschiedene Optionen (147 ausstellende Teilnehmer) wie die Menschheit in Zukunft ernährt werden kann, am Ende zu Slowfood – und hier auf den Geschmack der Biodiversität, der Regionalität, der Bäuerlichkeit und der Handwerkskunst.
Unterschiedlichste Blickwinkel auf die Zukunft der Ernährung
Die Länder-Präsentationen in Mailand sind so vielfältig wie die Esskulturen auf dem Planet Erde. Mit dem übergeordneten Expo-Thema „Feeding the planet. Energy for life“ setzen sie sich mal mehr, mal weniger auseinander. Die folgenden vier Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Perspektiven auf die Zukunft der Ernährung sein können.
Niederlande: Kann die Technik alles richten?
Die Niederlande legen den Fokus zu 100 % auf industrielle, technische Lösungen. Gentechnik, „Fünf-Sterne-Hotels für Hühner“, „Schmerzfreie Gänseleber“ gehören unter anderem dazu. Eine Präsentation, die die Befürworter einer sozialen und ökologischen Ernährungszukunft konfrontiert und zu Widerspruch reizt. Ob wohl die knietief im Wasser stehenden Kühe auf dem Ausstellungsareal der Holländer eine metaphorische Bedeutung haben?
Ökolandbau auf der Expo: Ein Nischenthema
Apropos Bio und Ökolandbau: Bei meinem dreitägigen Expo-Besuch habe ich keine explizite Präsentation hierzu entdeckt. Dass Sepp Braun aus dem Raum München zu den sechs Expo-Botschaftern im deutschen Pavillon gehört, hat mich gefreut. Gleichzeitig hat es mich auch traurig gestimmt, dass dieser Ökopionier-Landwirt, „nur“ als „Bodentüftler“ vorgestellt wird, ohne dabei Bio auch nur zu erwähnen.
Deutschland: Vom Urban Gardening zum virtuellen Supermarkt
Im deutschen Pavillon werden die Zusammenhänge zwischen Boden, Wasser, Klima und der Ernährung verdeutlicht. Auch der Aufruf, bewusst zu konsumieren, fehlt nicht.
Mein persönliches Resümee: Deutschland fordert die Besucher auf, aktiv zu werden, sei es beim Urban Gardening, sei es bei sozialer und klimagerechter Erzeugung. Wie das alles mit Milchkuh-Optimierung (ein Exponat der Universität Bonn) und virtuellem Supermarkt zusammen gehen soll, ist offen geblieben.
Frankreich: Wo Nahrungsaufnahme zelebriert wird
Wie könnte es auch anders sein: Frankreich nimmt die kulinarische, gastronomische Seite der Ernährung in den Blick, ebenso wie das Zelebrieren von Essen und Trinken. Selbstbewusst inszeniert in einem architektonisch gelungenen Pavillon in Form einer offenen Holzkonstruktion.
Österreich: Luft als Lebensmittel
Das am Eingang der Expo von der UN inszenierte Motto „Divinus halitus terrae“ hat Österreich atem-bar und konsequent umgesetzt. Die Besucher werden eingeladen, durch eine original österreichische Bergwelt zu spazieren und tief durchzuatmen. Ganz nebenbei erfahren sie dabei etwas über die Bedeutung guter Luft als Lebensmittel, als Gemeingut, als Klimamacher und vieles mehr aus dem zukunftsrelevanten Wissen um die Pflege von Kulturlandschaften.
Mein Ausblick
Mein Expo-Besuch war im übertragenen Sinne ein Moment des Luft- und Inspiration-Holens sowie des Beobachtens, wie in den letzten Jahrzehnten ein Bewusstseinswandel im Hinblick auf Landwirtschaft, Ernährungsgewohnheiten, Energieerzeugung und -verbrauch weltweit angestoßen wurde. Auch und gerade von der vielgestaltigen Umweltbewegung.
Gleichzeitig waren meine Expo-Tage heiße Tage. Buchstäblich, denn es hatte gefühlte 50 Grad unter den Zeltplanen der Expo-Plazza. Und im übertragenen Sinn: Bis wir bei den Idealen von Slowfood ankommen werden, ist es noch ein langer, schweißtreibender Weg. Glauben Sie mir – es lohnt sich, ihn zu gehen.
Ihr Franz-Theo Gottwald
Lebensmittel – Schulbücher des Lebens
Lebensmittel – Schulbücher des Lebens
Essen ist Information. Lebensmittel sorgen dafür, dass der menschliche Leib Information empfängt und verarbeitet. Sie sind wie Schulbücher des Lebens – voller Geschichten. Über den Boden, in dem sie gewachsen sind, über Menschen, die sie angebaut, großgezogen und verarbeitet haben. Essen ist Kultur-Geschichte. Geschrieben wird sie von vielen Autoren: Bauern und Verbrauchern, die heute in der Mehrzahl in Städten leben, Verarbeitern und Händlern. Damit sie sich an einen Tisch setzen, um die Lebens-Mittel-Kultur bewusster und kooperativer zu gestalten, realisiert die Schweisfurth Stiftung unter dem Motto Stadt-Land-Tisch eine Reihe von Projekten. Der Fokus liegt auf sozialen Entwicklungen in ländlichen Räumen, solidarischer Landwirtschaft, Kooperationen zwischen Bauern, Städtern, Lebensmittelhandwerkern, Vermarktern, zwischen Innovatoren und Organisationen, zwischen Praxis und Wissenschaft.